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Gegen den deutsch-polnischen Handelsvertrag. Die Besorgnisse der sächsischen Landwirtschaft. Der SächsischeLandbund hat an das sächsische Wirtschaftsrninistcrmm folgende Eingabe gerichtet: Die Verhandlungen Mlt Polen zwecks Abschlusses eines deutsch polnischen Handelsvertrages, die unter Ausschluß der Sffentlrchkett bisher geführt sind, sollen so gut wie ab- geschloßen sein. Las, was darüber zur Kenntnis weiterer Kreise gelangt ist, erfüllt die sächsische Landwirtschaft mit größter S o r ge. An das Ministerium richten wir die dringende Bitte, bei der Reichsregierung nachdrücklich Verwahrung einzulegen, daß ein Handelsvertrag mit Polen unter Preisgabe lebenswichtiger Interessen der deutschen Landwirtschaft abgeschlossen wird. Keinesfalls darf ein Vertrag, auch wenn er diese Interessen wahrt, in Kraft gesetzt werden, solange die Z o l l a u t o n o m i e für landwirtschaftliche Erzeugnisse nicht wiederher- gestellt ist. Keine Fichtenzapfen entwenden! Die Nachrichtenstelle in der Staatskanzlei teilt mit: Der reichliche Zapfenanhang der Fichte im Sächsischen Erzgebirge gibt Veranlassung, darauf hinzuwcisen, daß die Entwendung von Zapfen stehender Bäume nach 8 6 des sächsischen Forst- und Feldstrafgesetzes als Forst diebstahl bestraft wird. Auch die Entwendung am Boden liegender, noch nicht ausgefallener Zapfen ist verboten und wird nach K 14, Abs. 1, Nr. 2 6 a. G. als Übertretung bestraft. Da die Zapfen zur Samengewinnung gebraucht werden, sind die Forstbeamten angewiesen, alle Zuwider handlungen zur Anzeige zu bringen. Die VauMgleit im Monat September. (Mitteilung des Sächsischen Statistischen Landesamtcs.) Im Freistaat Sachsen wurden im Monat September 860 Baugenehmigungen für Neubauten mit Wohnungen erteilt, und zwar in den Regierungsbezirken Bautzen 71, Chemnitz 230, Dresden 186, Leipzig 285 und Zwickau 108. Diese Neubauten sollen insgesamt 3676 Wohnungen enthalten. Außerdem wur den 122 Baugenehmigungen für Um-, An und Aufbauten mit insgesamt 161 Wohnungen erteilt, von denen vier Not- und Behelfsbauten mit vier Wohnungen sein werden. Ausgeführt und baupolizeilich abgenommen wurden 828 Neubauten mit 2607 Wohnungen. Unter den Bauten be fanden sich 340 mit einem und 236 mit zwei Wohngeschossen und unter den Wohnungen 41 mit einem und zwei, 576 mit drei, 1438 mit vier und 552 mit fünf und mehr Wohnräumen. 815 Neubauten waren Wohnhäuser, davon 335 Ein- und 183 Zweifamilienhäuser. Weiterhin befanden sich unter den ab genommenen Neubauten 121, die von gemeinnützigen Bauver- einigungeu errichtet worden sind, und 156, die außerdem als gemeinnützige Bauten bezeichnet sind. Durch 164 Umbauten wurden 16S Wohnungen gewonnen, darunter fünf durch Not- und Behelfsbau. Ferner waren zwei Umbauten abgenommen, durch die nur Wohnungsabgänge (5) erfolgten. An Gebäudeabgängen waren im September 26 Häuser mit 78 Wohnungen zu verzeichnen. Die Berichtszeit erbrachte so mit insgesamt einen Zuwachs von 2698 Wohnungen (Monat September 1928: 2235; davon entfielen auf die Stadie: Chem nitz 22, Dresden 498, Leipzig 825, Plauen 19 und Zwickau 68. Nur Bauten ovne Wohnungen beträgt die Zahl der im September 1929 genehmigten Neubauten 282, von denen 272 wirtschaftlichen Zwecken dienen sollen. Abgenommen wurden 253 Neubauten, davon 241 zu wirtschaftlichen Zwecken. Nm-, An-, Auf- und Einbauten Wurden genehmigt 251, und 280 abgenommen. Ferner wurden 14 durch Abbruch, Brand usw. erfolgte Abgänge von Gebäuden, darunter fünf für wirtschaft liche Zwecke gemeldet. Nachwirkungen der Glashütte r Zahlungsschwierigkeiten. Das Recht des Beamten auf Pcrsonalaktenvorlegung. Der frühere Bürgermeister von Glashütte, Opitz, hatte einige Monate nach seinem Übertritt in den Ruhestand die Offenlegung seiner P e r s o n a l n a ch w e i s e und aller Auf zeichnungen und Schriftstücke gefordert, die von der Verwal tung über ihn geführt oder angesertigi worden sein sollten. Der Stadtrat war bereit, die eigentlichen Personalnachweise vorzulegen, lehnte aber das wcitergehendc Verlangen ab, weil die in Frage kommenden Akten und Schriftstücke, soweit sie überhaupt existieren, kein Urteil über die Person und das Dienstverhältnis des früheren Bürgermeisters enthalten, son dern ganz andere Dinge, deren Veröffentlichung im Interesse der Stadtgemeinde nicht erfolgen darf. Der Antragsteller habe auch keinensachlichenGrundsürein solches Ver langen, habe doch der Stadtrat darauf verzichtet, zivil- oder strafrechtlich gegen den Bürgermeister vorzugehen. Das Säch sische Oberverwaltungsgericht hat auf Abweisung der Klage erkannt. Der Kläger irre mit seiner Annahme, daß Artikel 129 der Reichsverfassung verletzt sei. Drese Ver fassungsbestimmung beziehe sich nur aus Beamte, nicht aber auch auf srühere Beamte. Trotzdem habe der Kläger einen Anspruch auf Vorlegung der eigentlichen Personalnach weise aus Grund der sächsischen Ministerialverordnung vom 7. Februar 1921, wonach Beamten die Einsichtnahme in ihre Personalnachweise zu gewähren ist, wenn sie dies, wie der Mer, innerhalb sechs Monaten nach ihrem Übertritt in den Ruhestand begehren. Eine derartige Bestimmung sei auch im Ortsgesetz von Glashütte enthalten. Dagegen sei die An- nähme des Klägers, daß ihm alle Schriftstücke usw. vorzu- legen seien, die über ihn geführt wurden, falsch. Die Sa ni er ungs alten von Glashütte und die Urschriften der Beschlüsse des Untersuchungsausschusses fallen nicht unter den Begriff des Personalausweises. Endlich werden die An nahmen des Klägers als völlig unhaltbar zurückgewiesen, daß Geheimarien über ihn existieren und daß das Sanie- ruygswerk von Glashütte lediglich zum Zwecke seiner Be- 'jöitiLnng vom Wrgermeisterposten inszeniert worden sei. Großfeuer in einem sächsischen Dorf. Mehrer Gebäude niedergebrannt.. In Gaustritz bei Nedersedlitz brach ein Brand aus, der großen Umsang annahm. Die Dresdener Feuerwehr und zahlreiche Wehren der Umgebung waren an der Brandstelle erschienen. Doch wurde die Bekämpfung des Feuers infolge Wassermangels außerordentlich erschwert. Der Feuerwehr gelang es, Verbindung mit einem zwei Kilometer von der Unglücksstelle entfernt liegenden Teich herzustellen, so daß die Löscharbeiten, die zeitweise unterbrochen werden mufften, wiederausgenom men werden konnten. Fünf Wirtschaftsgebäude sind niedergebrannt, zwei andere waren ebenfalls vom Feuer ergriffen. Das Großvieh konnte allgemein gerettet werden, war aber in der Dunkelheit zum Teil zerstreut, so daß man es wieder einfangen mußte. Das Feuer soll aus Brandstiftung zurückzusühren sein. das jetzt an der neuen Gesandtschaft des Freistaates Irland in Berlin angebracht wurde. Siedlung im deutschen Osten int not! 25 Jahre Deutscher Kolonialverein. Berlin. Die diesjährige Hauptversammlung des Deutschen Kolonialvereins, Gesellschaft für nationale Sied- lungs- und Außenpolitik, steht im Zeichen des Iubiläums- jahres. Die Hauptversammlung im Reichswirtschaftsrat wurde vom Präsidenten Föllmer mit einer Ansprache er öffnet, die dieses Tages befonders gedachte. An den Reichs präsidenten wurde folgendes Vegriihungstelegramm über sandt: „Bei der Feier des 25jLhrigen Bestehens des Deut schen Kolonialvereins gedenken wir in Treue unseres hoch verehrten Herrn Reichspräsidenten. Wir sprechen dabei die Hoffnung aus, daß es Ihnen gelingen möge, die berechtigten kolonialen Wünsche des deutschen Volkes ihrer Erfüllung näher zn bringen." Aus dem zur Verlesung gebrachten Jahresbericht ging hervor, daß auch das verflossene Vereinsjahr auf allen Ge bieten Fortschritte gebracht hat, indem es in größerem Maße als bisher möglich war, Auswanderer zu betreuen und zu leiten und vor allem dadurch auch zur Stärkung des Deutsch tums und des deutschen Wirtschaftslebens in Südwestafrika beizutragen. Generaldirektor Or. Bögler und General direktor vr. Thyssen sind dem Ehrenausschuß des Vereins beigetrcten. Bon anderen Persönlichkeiten, die sich diesem Ausschuß anschlossen, seien Gouverneur z. D. Schnee, M. d. R., Reichsminister a. D. vr. S ch i e I e, Präsident des Reichslandbundes und Konrad, Präsident des Reichs bundes der Kinderreichen, genannt. Sodann sprach Professor vr. Freiherr von Frey- tagh-Loringhoven, M. d. R., über das Thema: „Deutschland und das Mandatssystem." Das Anwachsen der kolonialen Interessen sei ein besonders erfreulicher Ausfluß des sich in vielem ankündigenden nationalen Erwachens. Wir müßten auch ohne Kolonien Kolonlalpolitik treiben. Voraussetzung dafür sei Erkenntnis der Rechts- und Sach lage und Vermeidung optimistischer Selbsttäuschung. Wir hätten heute keine Aussicht auf Rückerlangung der Kolo nien. Wir dürften uns durch die Phrasen des Artikels 22 der Döllerbundsatzung nicht irreführen lassen. Sie seien Die kleine Studentin Roman von P. Wild LopvrCkt bv Usrlo Nrüememn, Uüncd«v. s16 „Wenn Fräulein Koelsch glaubt, einer solchen Arbeit gewachsen zu sein", meinte er leichthin. „Seit Spätherbst sind meine Versuche auf einem toten Punkt angelangt. Solche Versuche brauchen viel Geduld." Ich kenne die Schwierigkeiten, bin sozusagen damit ausgewachsen. Mein Vater war Chemiker. Gerade die Schwierigkeit reizt mich, stärkt meinen Willen. Ich Hosse mit dem 8-Gas, in Verbindung mit dem viA-Luftstosf, durch bestimmte Erwärmung ein Leichtgewicht zu erzielen, wenn vorläufig auch dem Endresultat noch große Schwierigkeiten entgegenstehen. Die müssen bezwungen werden. Durch Zusatz zerstäubten und präparierten Schwefelsäuredampfes hoffe ich die Schutzluft herzustellen, die einer praktischen Ausnutzung sicher ist. Sie würde dann für bestimmte Höhenlagen regulierbar sein; das ist etwas sehr Wichtiges. Damit könnten nicht nur Gistgasen im Bergwerk, unter Tage, sondern auch anderen Gift- gasen neue Widerstände entgegengesetzt werden. Unter Glas, in der Retorte, kann ich Ihnen den Versuch im kleinen, soweit er mir bis jetzt gelungen ist, vorführen. Natürlich sind die Vorbedingungen im Freien durchaus andere, besonders durch die Beweglichkeit und Vielartig keit der verschiedenen Luftströmungen." Sie hatte sich in der Hoffnung, ihre geliebte Arbeit aufnehmen zu dürfen, förmlich in Eifer geredet. Der Kommerzienrat verfolgte mit Erstaunen den Ernst, den dies junge Ding dem schwierigen Problem entgegen brachte. Dabei kam ihm ein Erinnern. Sagte sie nicht soeben, daß ihr Vater auch Chemiker gewesen sei« „SMd Sie vielleicht mit dem verstorbenen Professor Koelsch verwandt?" „Das war mein Vater. Ihm verdanke ich das Inter esse sür die Chemie und die Unterlagen für meine jetzigen Versuche, soweit ich sie nicht beim Studium vertiefte." „So, die Tochter des berühmten Chemikers? Wir waren Studienfreunde." „Das wußte ich." „Und Sie schwiegen?" „Durste ich Sie beeinflussen? So etwas liebe ich nicht." „Nun, es hätte Ihnen nicht geschadet. Ich habe Ihren Herrn Vater als einen unserer hervorragendsten Chemiker hoch geschätzt. Leider hat uns Las Leben auseinander gebracht und nie wieder persönlich zusammengesührt. Sie müssen mir ein andermal von ihm erzählen. Zunächst ent scheiden Sie, ob Sie die Stellung antrcten wollen?" „Entscheiden, Herr Kommerzienrat? Wenn Sie mich im Laboratorium brauchen können, habe ich nichts zu ent scheiden. Wieder dort arbeiten dürfen, mit meinen Tiegeln, Retorten, Chemikalien, Dämpfen hantieren dürfen — ein solches Glück habe ich nicht mehr erwartet", sprudelte sie in unbeherrschter Freude heraus. Wie jung sie ist bei allem Ernst, lächelte der Kommer zienrat in sich hinein, wie impulsiv. Das wäre ihm als Sekretärin weniger angenehm gewesen; da war ihm eine ausgeglichenere Wesensart lieber. Temperamentvolle Jugend wirkte dort leicht deplaciert, wenigstens an seinen Ansprüchen gemessen. „Walter, zeige Fräulein Koelsch dein Laboratorium, und hernach ordnen wir dann das Geschäftliche." „Bitte, Fräulein Koelsch!" Walter Merder ging hinter ihr her aus dem Zimmer. — Der Kommerzienrat entnahm einem eingeschriebenen Briefe die Photographie einer Frau. Lange und eindring lich betrachtete er das schöne Frauenantlitz, fragend, for schend, prüfend. Dann durchlas er den Begleitbrief. Eine sympathische Handschrift, einfach, natürlich, klar, gut les bar, ohne die häßlichen Verschnörkelungen und albernen ' Modetorheiten, die manche elegant oder interessant finden, ' die aber in Wirklichkeit nur potenzierte Eitelkeit sind. Etwas Charakteristisches lag im Schwung der Buchstaben, ! die in gleitendem Fluß ineinander gliederten, sorgfältig,' ordentlich. Die verstärkten kurzen Unterstriche deuteten auf Energie; auch zeigte der Abstand von Wort zu Wort logischen Verstand, während das leise Aufwärts der End- - buchstaben auf weibliche Empfindungsfähigkeit schließen ließ — eine Eigenschaft, die ihm lieb war, denn vermänn lichte Frauen waren ihm, auch im Beruf, verhaßt. Die eingelaufenen Auskünfte hatten einwandfrei nur Gutes ergeben, so daß er kein Bedenken trug, Beate von Sundwig anzustellen. Als Mann der alten Schule verließ er sich trotz Einsicht in die modernen Fortschritte psycho- technischer Prüfungs- und Eignungsmethoden, die er als erster in seinem Werk eingeführt hatte, am liebsten auf seine persönliche Ersahrung, seine Menschenkenntnis, die ihn in den langen Jahren der Praxis nur selten enttäuscht hatten. Frau von Sundwig konnte berufliche Fähigkeiten und Zeugnisse nicht aufweisen, doch würde er sie bei persön licher Vorstellung erproben. Nur ein Bedenken war da: ihre auffallende, wenn auch diskrete Schönheit. Er übersah keinen Augenblick den Zauber, der von ihr ausging, und die Gefahr für seinen Sohn, dessen leichte Entflammbarkeit er kannte. Anderer- seits hatte er dessen Wort; innerhalb des Betriebes hatte er sich bis heute noch stets gezügelt. Und er würde die Augen offen halten. MU fester Hand warf er ein paar Zeilen auf das Papier. Fräulein Benger erschien auf sein Klingeln. „Lassen Sie das Telegramm besorgen und an dü gleiche Adresse hundertundfünfzig Mark telegraphisch a» weisen, dringend."