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nunsl unv Lieve ausgeschmllckt. Dke alten Sättel zeigen am Knauf einen geschnitzten Pferdekopf, dk Steig bügel sind aus schwerem Messing. Um neun Uhr morgens setzt sich der Zug unter Glockengeläuts in Be wegung. Drüben, frnscits der Isar, hat er sich geordnet und zieht nun über die Brücke. Dumpfes und Helles Gemurmel der Gebete wird hörbar. Ein blauweiß umgürteter Stan dartenreiter eröffnet die Reihe, es folgt zu Pferde das Komitee, dann in geschmückten Wagen die Geistlich keit im Ornat. Vier prächtig ge schirrte Pferde, geputzt, Mähnen und Schweif durchflochten, werden von einem Bauern in alter Tracht vom Sattelpferd aus gelenkt. Dem Wagen der Geistlichkeit folgt ein halbes Hundert vierspänniger, vorsorglich geschmückter mit Dauern, Bäuerin nen, Dirndln und Burschen. Da- Der Schützen- Hauptmann 'sorgt für neue »Munition-. ^f^n Wagen mit köstlichen Dar- stellungen aus dem Dauernleben: Klausner und Ein siedler, Holzknechte und Flößer, Jäger und Almleute. Dann und wann ein Wagen mit Kindern: Engel und Bauern, Bäuerinnen und Heilige darstellend, rührend und köstlich in der Naivität der Erfindung und Darstellung. Der ganz« lange Zug bewegt sich auf den „Kalvarienberg- hinauf zu dem Hügel am Isarhang, auf dem die Leonhardi - Kapelle Die Holzknechte vom Karwsndel haben auch einen Wagen geschickt. steht. Droben wartet vor der Kapelle die Geistlichkeit an der Kirchenmauer. Nun geht's mit Reiter und Gespann in scharfem Trab um die Kapelle, und der Priester segnet jedes Pferd, jedes Gespann. Wenn das letzte Pferd gesegnet ist, setzt sich der Zug wieder in Bewegung zur Stadt hinunter. Schneidige Märsche schmettern den Häusern entgegen, und dann löst sich auf dem Marktplatz der Zug in Wohl gefallen auf. Mit dieser „Leonhardi-Fahrt- ist einer der schönsten deutschen Volksgebräuche überliefert worden, und jedes Jahr ist dieses Volksfest für die Tölzer Bevölkerung ein Fest der Freude. —— Hauswirtfchaftliche Kniffe —— Läßt fith der Deckel eines falsch zugeschraubten Glases nicht öffnen, so faßt man ihn mit einem Stückchen Schmirgelpapier an, und nun wird er sich leicht öffnen lassen. Knöpfe an Jumper« und sonstigen gestrick te» oder gewirkten Wollsoche« reißen nicht aus, wenn man aus der Rückseite des Gegenstandes einen großen weißen Wäscheknops befestigt. Gemüse -leibt beim Kochen schön grün, wenn man es nur mit wenig kochendem Wasser aussetzt und den Topf beim Kochen nicht zudeckt. Ueberhaupt sollte man jegliches Gemüse nur mit wenig Wasser ansetzen, und dieses ziemlich einkochen lassen. Durch ein Fmtgießcn des über flüssigen Wassers werden wertvolle Nährstoffe sinnlos ver nichtet. Eigelb hält sich einige Tage frisch, wenn man es mit sehr kaltem Wassec übergießt, das täglich zu erneuern ist Oelflaschen lassen sich leicht reinige«, wenn man zerkleinertes, natürlich sauberes Löschpapier und Salz in die Flasche gibt und die Flasche gehörig schüttelt. Das Salz löst die Rückstände des Oels von den Flaschenwänden; das Löschpapier saugt das Oel auf. Man muff die Flasche selbstverständlich mehrfach mit heißem Wasser spülen und in der Sonne oder am heißen Ösen trocknen lassen. Blumenkohl bleibt mehrere Tage frisch und schön weiß, wenn man auf die Rose Pergamentpapier legt und sodann die grünen Schutzblütter des Kohls fest darumlegt. ««—rm—o Für die Küche o—oo—o« Meerrettichsotze. Für 4 Personen. >/,—»/« Std. Zutaten: 1 kleine Stange Meerrettich, 40 A Butter, 1—2 Eßlöffel Mehl, Salz, Muskat, 1 Prise Zucker, '/, kleine Tasse Milch, etwa '/« Liter Fleischbrühe aus einem Maggi's Fleischbrühwürscl, 1 Eigelb, 1 Eßlöffel süßer Rahm. Zubereitung: Die bische, feste Meerrettichsiange wird abge schabt, gewaschen und auf einer Reibe seingerieben. Beim Reiben muß man die Stange möglichst gerade halten, damit das Geriebene kurz und nicht faserig wird. Falls die geriebene Masse nicht sofort verbraucht wird, übergießt man sie mit etwas heißer Milch. DaS Mehl wird nun mit der Milch und dem Meerrettich zu glattem Brei angerührt, nach und nach die nötige heiße Fleischbrühe zugegeben und das Ganze unter Rühren solange gekocht, bis dar Mehl nicht mehr vorschmcckt. Man würzt die ziemlich dick gehaltene Soße mit Salz, Muskat und beliebig einer Prise Zucker und rührt sie beim Anrichten mit dem mit süßem Rahm verrührten Eigelb ab. — Durch die Milch zugabe und die Prise Zucker wird die Schärfe des Meerrettiches ge mildert. ä. Sp. ——° Gesundheitspflege °——— Der Apfelgenvtz hat sich mit Recht immer weiter verbreitet, mehr aus dem instinktiven Gefühl, als aus Kennt nis seiner einzelnen Wirkungen. Viele haben sich an den Genuß eines Apfels vor dem Schlafengehen so gewöhnt, daß sie denselben nie mehr missen wollen, wül sie eben seine an genehme und gesundheitliche Wirkung verspüren. Darum ist es auch wisseuswert, was Dr. Stötzer darüber sagt, nämlich: „Der Apfelgenuß, besonders unmittelbar vor dem Schlafen gehen, ist ein bewährtes Mittel zur Förderung der Gesund heit. Der Apfel liefert nicht nur eine vorzügliche Nahrung, er ist zugleich eine der hervorragendsten diätetischen Mittel. Diese Frucht enthält mehr Phosphorsäure in leicht verdau licher Verbindung als irgendein anderes pflanzliches Erzeug nis der Erde. Sein Genuß, besonders unmittelbar vor dem Schlafen wirkt 1. vorteilhaft auf das Gehirn, 2. regt die Leber an, bewirkt 3., wenn regelmäßig genossen, einen ruhi gen Schlag desinfiziert 4. die Gerüche der Mundhöhle, bin det 5. die überflüssigen Säuren des Malens, paralysiert 6. hämorrhoidale Störungen, befördert 7. die sekretierende Tä tigkeit der Nieren, hindert somit 8 die Steinbildung, schützt 9. ferner gegen Verdauungsbeschwerden und 10. gegen Hals krankheiten." Wir fügen noch hinzu, daß reichlicher Äpfel genuß nach der Erfahrung eines amerikanischen Arzres ein Gegenmittel gegen die Gewohnheit zu reichlichen Biertrinkens ist. Aepfel verfeinern die GeschmackSncrven und erzeugen, aber nur bei reichlichem fortwährendem Gebrauch, Widerwil len gegen Bier. Saure Aepfel vor Schlafengehen gegessen, schränken die üblen Wirkungen des Bieres ein. Laß ruhig fließen der Tränen Lauf. Die Blumen sprießen im Regen auf. 4 find die Leide« nns znr Welt gegeben, Drnm herrscht in un» so Neid wie böse Last Datz wir im Kamps mit «ns und diesem Leben Zum kiiuft'gen Morgen läutern unsre Brnst, Und keiner wird zur Demut aufwärts schwebe«, Der nicht zuvor um seinen Stolz gewußt. Tieck. «— Sonntagsgedanken. —° Morgen ist der 10. November, der Geburtstag zweier Großer in Deutschlands Bauen: Luther und Schiller. Luther, Dr. Marti- uus, der schlichte Mönch in der Kutte der Augustiner-Eremiten, der mit dem Anschlag seiner 98 Thesen am 31. Oktober 1517 die ganze europäische Welt au» den Angeln hob und der — ganz ent gegen seinem Wunsche und Willen — zum Begründer einer neuen Kirche wurde, der Evangelisch lutherischen Kirche. Was wir durch Luther haben? Zuerst den Katechismus. Er ist uns bekannt — heute wohl nicht mehr so wie früher, seit dem er in der Schule nur noch selten und auf keinen Fall voll kommen behandelt wird — heute nur soweit, wie wir in der kurzen Zeit des Konfirmandenunterrichts, der doch so vieles andere mit umschließt, sertigbrlngen. Im Sommer ist er in Predigten der Menge wieder vahegebracht worden. Ob wir ihn heute wohl noch so einschätzen, wie Luther selbst, der in seinen Tischreden von ihm schreibt : Im selben habt ihr einen sehr seinen, richtigen, kurze» Weg der ganzen christlichen Religion und die sürnehmsten Haupt artikel kurz erfasset Sodann die Bibel, die deutsche Bibel. Un endlich viel Mühe hat es Luther un" seinen Freunden gekostet, die „Wacken und Klötze' durch Lie Uebersetzungsarbeit wegzuschaffeu, die Bibel in solche Worte zu .verdeutschen', daß sie von jedermann verstanden werden konnte. Ob wir auch dies heute noch würdigen, oder dar kostbare Gut der Bibel hiunehmen als etwa», das wtr ebensogut auch entbehren könnten? Hoffentlich nicht. Und Schiller! Ein Großer im Resche der Dichtkunst. Man sagt von Goethe, von Schiller: sie hätten ihre eigene Religion, oder gar keine als Freigeister; wir kennen auch von Schiller das Wort: Welche Reltgion ich bekenne? — Keine von allen, die du mir nennst! — Und warum keine? — Aus Reltgion 11 Man könnte darnach wirklich meinen, er habe nichts von Religion ge halten, und dennoch haben wir aus der andern Seite die .Worte des Glaubens', die uns deutlich zeigen, was er anerkrnnt und glauben will. „Drei Worte nenn ich euch inhaltsschwer', so säugt dieses Gedicht an. In ihm zeigt er un», daß dem Menschen nim mer jein Wort geraubt wird, solange er an drei Worte glaubt: Der Mensch ist srei geschaffen; gemeint ist die Geistessretheit, die den Menschen zum großen, wertvollen Menschen macht, und wäre er auch in Ketten geboren. An zweiter Stelle nennt er die Tu gend, besonders die göttliche, nach der der Mensch streben kann und soll. Und als Drittes und Größter nennt er Gott „Und ein Gott Ist, ein heiliger Wille lebt, wie auch der menschliche wanke; hoch über der Zett und dem Raume webt lebendig der höchste Ge danke; und ob alles in ewigem Wechsel kreist, es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist* Gott, unser höchster und letzter Ge danke. Wer so schreibt, der kennt diesen Gott; der läßt sich viel leicht nicht einzwängen in die Formen einer Kirche oder eine» reli giösen Bekenntnisses, der weiß aber sich eins mit dem Bekenntnis des großen Kirchenvaters Augustinus: Du, Gott, hast uns zu dir htngejchaffen, und unser Herz ist unruhig, bi» es Ruhe findet in dir! 0r. —' Das Tankmädchen von Belfast — Skizze von Richard Euringer Ein irischer Herbergswirt an der Landstraße nach Bel fast erhielt behördliche Erlaubnis, eine Tanksäule zu errich ten. Das HauS lag günstig an der Kreuzung vielbesahrener Chausseen, eine Meile von der Stadt. Er durfte mit er heblichem Umsatz rechnen. Und die Hoffnung trog nicht. Freilich stellte sich bald heraus, daß die Kunden sich tags in den Vorstädten hinreichend zu versehen pflegten und nur nachts, wenn die Christenmenschen schlafen, auf den gu ten Gedanken verfielen, ihren Vorrat aufzufüllen. Dann hupten sie ihm die Ohren voll, pochten und polterten so lange an die Wirtschaftstür, bis mit einem gelinden Fluch jemand in die Pantoffeln schlüpfte und sich erkundigte, ob denn das Haus brenne. Den Alten verdroß bald dies Geschäft. Weil es aber, je mehr er sich ärgerte, desto kräftiger seinen Zins abwarf, fand er einen Ausweg. Ec schrieb einer Schwester um sein Mündel, ein hübsches Mädel, das in die Fabrik ging, und übertrug ihr den Benzindienst. Tags hals sie schruppen, füllte Flaschen, bediente Gäste, nachts lag sie gekleidet auf ihrem Bett, wachend und schla fend, ausgescheucht von jedem Laut; denn in ihrer Müdigkeit mußte sie fürchten, einen Gast zu überhören. So riß sie denn oft das Fenster auf, wo doch nur ein Balken geächzt oder eine Tür gegangen. Manchmal, wenn sie aus der Ferne einen Wagen anbrummen hörte, betete sie, daß er es sei, der sie diese Nacht herausschreckte; denn dann hoffte sie auf Ruhe. Aber der Wagen schnurrte vorüber, und so lauschte sie auf den nächsten. Wenn sie dann eine Nacht hundertmal alle Nerven gespannt unv sich dem Schlummer hingab, kam gewiß der grobe Onkel, trommelte sie aus dem Bett, schrie, er jage sie aus dem Haus, wenn sie sich auf die faule Haut lege, statt ihr bißchen Dienst zu tun. Dann schlang sie bestürzt ihr Tuch um den Hals, strich das zerwühlte Haar aus der Stirn, schlüpfte in die leichten Schühchen, stolperte die Treppe hi nunter und erschien bleich und traumhaft vor dem Fremden, den die einsam leuchtende Säule aus dunkler Nacht gelockt. Nun geschah es, daß ein solcher später Gast sich in das schöne Mädchen verliebte. Im Schein der Helle stand sie rührend, so verschreckt und voller Anmut, daß ihn sein Begehren reute. Er schämte sich fast des bißchen Geldes, das er ihr in die Finger drHM. Sie nahm es stumm und zählte nicht nach. Aber der Fremde kam wieder und wieder. Er wußte, daß er sie aus der Unrast des Halbschlafes riß, wenn er leise sein Signal gab, aber er ahnte immer tiefer, daß er ihr dann den Schlummer schenkte, wenn er ihr gute Nacht gesagt. Sie hörte ihn kommen, ehe er sie rief. Aus all den dröhnenden Maschinen, die im Dunkel vorbeifegten, hörte sie diesen lautlosen Klang. Wenn die breiten Reifen sachte im Sand anrollten, stand sie lächelnd in der Tür, wie durch ein Zaubewort gerufen. Er nahm ihre Hand und liebkoste sie. Die Kronen uralter Bäume rauschten. Dis Nacht, von wehendem Wind bewegt, hüllte sie in Einsamkeit. Um diesen Einzigen wachte sie Nacht für Nacht. Um diesen Einzigen trug sie die Dienstbarkeit der Tage, fügte sich und klagte nicht. Um diesen Einzigen schlief sie nicht,