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- Grohes Wohnzimmer mit alte» Möbeln, die durch das ruhige, - unaufdringliche Muster der Tapete gut zusammengefaßt werden (Di, Tapezierte Diele mit geometrischem Wandmuster beiden unteren Bilder zeige» Arbeiten des Architekten Harry Rosenthal) Bild rechts: Kamin Site in der gleichen Diele Men laßt fest uns halten, am schönen Neuen uns erfreuen." Die Verwirk- »uchung dieses Wortes wird manchem schwer, der zwar das Bestreben fühlt, Lebens- und Wohnweise in Harmonie zu bringen, der aber innerlich zu sehr mit vertrauten und lieb gewordenen Formen verwachsen ist, als daß er sie restlos über Bord werfen möchte. In so manchen Wohnhäusern neuesten Stile- besteht die Einrichtung aus alten Möbeln, weil — fa weil eben zwei Seelen (das „Ach!" seufzt der Architekt) — in des Bauherrn Brust wohnen. Der Liebhaber und Sammler wertvoller Kunstwerke sucht diesen einen passenden Rahmen zu schaffen. Es kommt dabei manch seltsame Verschmelzung alter und neuer Formen heraus, auch manch reizvolle Wirkung. Die Möglichkeit eines Ausgleichs zwischen den Gegensätzen gibt meist die Wand, die den Hintergrund für die Dinge im Raume bildet. Infolgedessen muß die Wandbekleidung den allerverschiedenslen Bedürfnissen gerecht werden können. In der Tat sind von Stilformen und phantastischen Ornamenten über geometrische Muster und einfache Farbakkordflüchen bis zur Einfarbigkeit alle erdenkbaren Abwandlungen der Tapete verfügbar. Viele Muster verfolgen nur das Bestreben, der Wand eine stofflich-warme Oberfläche zu geben und sie vor Be schmutzungen zu schützen, im übrigen aber ganz neutral zu sein, so daß keine Reibung auf kommt. Hierher zählen vor allein die jetzt so beliebten Canvastapeten. Manche geometrischen Muster gehen sehr gut auch mit gradlinigen antiken Möbeln etwa der Biedermeierzeit zusammen. Wer natürlich in seiner Einrichtung dem Grundsatz der voll kommenen Stilreinheit huldigt, der wird auch die Tapete entsprechend wählen müssen. Nicht hin- gehörig wirken Stilmöbel vor gestrichenen Wänden, denn gerade die vergangenen Zeitabschnitte, die sie schufen, legten den grüßten Wert auf die Waudbekleidung, und die Linien der Möbel verlangen eine Weiterleitung auf der Wandfläch«, wenn sie sich nicht „hart im Raume stoßen" sollen. Es wäre, in diesen! Zusammenhang betrachtet, übrigens falsch und ungerecht, wollte man die Begriffe „antik" und „unsachlich" kurzerhand gleich setzen. Sachlichkeit heißt in erster Linie Blumenecke mit Wandbekleidung im englischen Geschmack (Innenarchitekt Kreiser) Zweckdienlichkeit, und viele alte Möbel, besonders Sitzmöbel, bieten ein Höchstmaß an Bequemlichkeit unbeschadet ihrer deko rativen Formgebung. Feinsinniges Ver ständnis wird auch solchen alten Stücken selbst in einer nenzeitlichcn Umgebung ein Plätzchen anzuweiscn wissen, an dem sie ihre treuen Dienste diesem und kommenden Geschlechtern erweisen können. Auch hier gilt das Wort, daß „der Buchstabe tötet, aber der Geist lebendig macht", und der neue Wohnstil folgt in erster Linie dem Grundsatz der Zweckmäßigkeit in der Ver wirklichung hygienisch-praktischer For derungen. Er hat wohl seine fanatischen Anhänger, die sich da und dort in einer neuen Bilderstürmerei gefallen. Aber jede Bewegung braucht Fanatiker, nm sich durchznsetzen. Schließlich ist, soweit es die Wohnung angeht, für jeden die Haupt sache, daß er selbst in ihr sich behaglich fühlt. Wi.