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Nr. 243. Pulsnitzer Tageblatt. — Donnerstag, den 17, Oktober 1929. Seite 3. Auf 111 Deutsche ein Auto. Nach den neuesten Sta tistiken kommt auf jeden III. Deutschen ein Auto. Es geht also mit Riesenschritten hinter Amerika her. Unaufgeklärte Todesursache. Im Marien-Hospital in Köln verstarb eine 25jährige kaufmännische Angestellte aus Berlin, die sich zur Zeit bei ihren Eltern zu Besuch' aufhielt, unter eigenartigen Umständen. Sie wurde in das Hospital gebracht, nachdem sie vorher bei einem Arzt Uber Schmerzen in den Beinen geklagt hatte. Der Arzt behan delte die Patientin auf Ischias und verabfolgte ihr zwei Spritzen. Bald darauf mußte sie ins Krankenhaus über- geführt werden, wo sie einem plötzlichen Tod erlag. Da sie in Berlin eine sehr gut bezahlte Stellung und auch keinerlei lebensübcrdrüssige Aeußerungen getan hatte, scheint Selbst mord ausgeschlossen zu sein. Die Kriminalpolizei ist mit der Aufklärung der Todesursache beschäftigt; die Oeffnung der Leiche ist angeordnet. Mit 6V 000 Mark geflüchtet. Der Kassierer der Nie- derrheini scheu A.-G. für Lederfabrikation in Wickrath, ist seit einigen Tagen spurlos verschwunden. Wie verlautet, soll er sich Unterschlagungen in Höhe von 60 000 Mark haben zuschulden kommen lasten. Großfeuer in einem oberfränkischen Dorf. InIssigau (Oberfranken) brach im Anwesen des Landwirts Frank ein Großfeuer aus, das den Besitz völlig einäscherte. Das Feuer sprang auf das Gebäude des Konsumvereins Uber, besten Dach vom Feuer zerstört wurde. Ein Stallgebäude ist niedergebrannt. Der Brand dehnte sich noch auf ein wei teres Anwesen aus, das gleichfalls völlig niederbrannte. Explosion und Feuer auf dem deutschen Lloydschiff „Havel". InNewYork brach infolge einer Explosion im Maschinenraum des dem Norddeutschen Lloyd gehören- den Motorschiffs ,Havel" Feuer aus. Ein Mann wurde verletzt. Die Explosion erfolgte nach dem Eintreffen de« „Havel" aus Tacoma. Lehrer und Rektor verprügelt. In einer Berliner Gemeindeschule ist es zu einem großen S ch ü lerstrei!' gekommen. In der Schule hatten die Eltern eine Versamm lung abgehalten, in deren Verlauf sie über den Lehrer und ' den Rektor herfielen und sie mißhandelten. Die Polizei" wurde alarmiert, die sofort alles absperrte. § 296 im neuen Strafgesetzbuch gestrichen. Im Strafrechtsausschuß des Reichstages wurde nach längerer Beratung der 8 296 des neuen Entwurfs, das ist 8 175 (Unzucht zwischen Männern) des zur Zeit geltenden Strafgesetzbuches, in der Abstimmung mit 15 gegen 13 Stim men gestrichen. Für die Streichung stimmten die Kommu nisten, die Sozialdemokraten, die Demokraten und der Abg. vi. Kahl von der Deutschen Volkspartei. Sonne und Mond. 17. Oktober: Sonne: A. 6.30, U. 17.00. Mond: A. 16L5, U. 4.4«. 18. Oktober: Sonne: A. 6.32, U. 16.58. Mond: A. 17.08, U. 6.06. Wovon man spricht. Die Tragödie eines Schloßherrn. — Die Programmliebe des Oberbürgermeisters. — Grausame Zahlen. — Ein Goldmacher, der uns was weismachen wollte. Aul * ,f Schloß Kittlau im Kreise Nimptsch erschießt sich ein Rittergutsbesitzer und nimmt seine Kinder mit in den Tod. Der Selbstmörder nennt 1700 Morgen sein eigen und begeht die fürchterliche Tat aus — Not! Wäre es früher denkbar gewesen, daß der Besitzer eines Rittergutes von 1700 Morgen aus Not zur Pistole gegriffen hätte? Nie und nimmer, es sei denn, daß verfehlte Spekulationen, Spiel an der Börse oder die Karten ihn in diese Notlage gebracht hätten. Dies hier war kein Karten- oder Börsenspieler, son dern ein Landmann, der ein ganz normales Leben führte, seine Felder bestellte und seinen ganzen Betrieb unter nor malen Verhältnissen aufrechterhielt. Und diese „normalen" Verhältnisse, unter denen gegenwärtig und wohl auch noch in den nächsten Jahren der Landmann zu wirtschaften hat, sind eben derartig, daß der Besitzer eines großen Rittergutes auf diese entsetzliche Weise aus dem Leben scheidet! Wie muß es da erst um die kleinen Landwirte bestellt sein? Welche Zukunft steht unserem ganzen Volke bevor, wenn die, die für unser tägliches Brot sorgen müssen, selbst nichts zu beißen und zu brocken haben, wenn die „Aufrechterhaltung" eines landwirtschaftlichen Betriebes unter „normalen" Verhält- nisten einen hoffnungslosen Kampf gegen Steuerdruck, Kredit not, Auslandskonkurrenz und Kapitalmangel bedeutet? Hätte man früher den Besitzer eines Rittergutes einen armen Schlucker genannt, man wäre glatt ausgelacht worden. 1700 Morgen besitzen und dabei doch auf der Straße liegen: wenn Es so auf den Höhen aussisht, wie sieht s dann erst in der Tiefe aus? Wenn die „Reichen" arm sind, was sind dann erst die Armen und das Land, das ste ernähren soll? Man stelle sich folgenden Fall vor. Ein Kaufmann oder Handwerker unternimmt eine Reise und hort unterwegs, daß bei ihm eingebrochen ist daß seine Angestellten die Waren veruntreut und die Bucher gefälscht haben. Wird dieser Kaufmann oder Handwerker nun sofort umkehren, um daheim nach dem Rechten zu sehen, oder wird er seine Reise seelen ruhig fortsetzen, um „programmäßiq" alle Städte zu besuchen, die in seinem Rciseplan verzeichnet sind? Es ist tausend gegen eins zu wetten, daß der Kaufmann auf das schönste Programm pfeifen und mit schnellstem Zuge heimwärts fahren wird. DerOberburger meisterder deutschen Reichs- hauptstadt dagegen liebt Reisen und Festprogramme über alle Maßen. Er sieht es für ein ungleich größeres Uebel an, wenn er auch nur in einer einzigen amerikanischen Stadt deu Willkommensgruß versäumt, als wenn er die Dinge in der ihm anvertrauten Stadt schief gehen läßt. Und die Dinge gehen mittlerweile in der deutschen Reichshauptstadt so schief, wie sie schiefer überhaupt nicht mehr gehen können. Der Oberbürgermeister läßt in Dollarika keinen. Ehrentrunk aus — der im Lande des Alkoholverbots wohl aus kristall klarem Wasser besteht —, während in Berlin der Krug schon längst so lange zu Wasser ging, daß er brach und sich eine — Schlammflut ergoß. Derweilen stellen aber die wißbegie- rigen und hartnäckigen amerikanischen Zeitungsreporter an Versteigerung im Palais Schaumburg in Bonn. Im Palais Schaumburg in Bonn fand di« Versteigt rung der Konkursmasse der Frau Alexander Zubkoff, gebo renen Prinzessin von Preußen, statt. Prinzessin Viktoria hatte bekanntlich vor 114 Jahren den russischen Emigranten Zubkoff geheiratet, der in kurzer Zeit ihr gesamtes Vermögen durchgebracht hat? Die Konkursmasse bestand aus dem ge samten Mobiliar des Palais'; darunter befanden sich wert volle Stücke, die Kaiser Wilhelm l. der Prinzessin geschenkt hatte. — Unser Bild zeigt einen kostbaren Prunkschrein aus dem Palais Schaumburg. Aus dem Gerichtssaal Ruhestöreude Geschäftsreklame Dresden. Eine für die Allgemeinheit interessante Entscheidung hat das Sächsische Oberlandesgericht gefällt. Ein Chemnitzer Geschäfts mann, der aus belebter Straße einen offenen Verkaufsladen für Musik- Waren besitzt, hatte, um das Publikum auf sein Geschäft aufmerksam zu machen, über dem Eingang seines GeschäftSkokaleS einen Sprech apparat mit Lautsprecher anbringen lasten, den er regelmäßig in den Nachmittagsstunden von 4—7 Uhr spielen ließ, sodaß die Musik deutlich auf der Straße zu hören war. Hierin wurde die Veranstaltung einer Musikaufführung auf der Straße erblickt und, da hierzu die behördliche das Oberhaupt der deutschen Hauptstadt unausgesetzt ein unA dieselbe Frage: „Ist es wahr, daß Sie, Herr Bürgermeister, auch? . . ., na, Sie verstehen schon." Der deutsche Ober bürgermeister hält diesem amerikanischen Kreuzfeuer in aller Gemütsruhe stand, in der Annahme, daß hierbei nicht nur die amerikanische Neugier, sondern auch die deutsche Würde am besten auf ihre Kosten kommt, und läßt in der deutschen Hauptstadt fünf grade sein!! * lleberall verfolgen uns Zahlen. Der Fehlbetrag des Richshaushalts beträgt 732 Millionen MarL Der Reparationsagent hat nach seiner eigenen Mit teilung im Laufe des letzten Jahres rund 2,7 Milliarden Mark zur Verfügung gehabt und hiervon rund 2,6 Milliarden ins Ausland „transferiert", d. h. zu Deutsch „befördert" oder „verschoben". Diese Verschiebung ist aber keine Schiebung, sondern die auf Grund unserer Tributverpflichtungen vor genommene Uebertragung aus dem deutschen Steuersäckel in die Taschen des Auslands. Unsere Auslandsverschuldung be trägt 15 Milliarden Mark. Nun sind Milliarden sozusagen astronomische Zahlen, aus denen man nicht recht klug wird, weil sie einem gewissermaßen über den Horizont gehen. Die Beschäftigung mit dieser Steuer- und Tribut-Astronomie ver ursacht Kopfschmerzen. Wenden wir uns daher lieber den kleinen Zahlen zu. Da haben wir: in Deutschland 4,6, in Frankreich 0,4, in England 0,3, in Amerika 0. Diese Zahlen geben die prozentuale Steuerbelastung der Einkommensklasse von 4000 Reichsmark in den einzelnen Ländern an. Sie sind leicht faßlich und gehen nicht über unseren Horizont, dafür gehen sie uns aber — über die Hutschnur, denn sie zeigen, daß der Steuerdruck in Deutschland sich zur Besteuerung der anderen Völker verhält wie die Daumschraube zum Samt handschuh. Und nun sollen gar noch die Streichhölzchen, das Bier und der Tabak gehörig verteuert werden. Du lieber Gott, denkt man sich eben, was ist denn schon Großes dabei, wenn ein Fug aus der geliebten Zigarre oder ein Schluck aus dem geliebten Hcnkeltöpfchen um den Bruchteil eines lum- pigen Pfennigs teurer wird! Leider verbraucht der Steuer zahler aber mehr als ein Streichhölzchen im Jahre, trinkt mehr als einen Schluck und raucht mehr als einen Zug. So schließt sich denn der Kreis der großen und der kleinen Zahlen der Milliarden und der Pfenmgbruchstücke, und das stets gleichbleibende Ergebnis ist, daß man uns die Daum- schrauben ansetzt, damit man die anderen mit um so zarteren Samthandschuhen anfassen kann. * Ei der Tausend! Herr Tausendin München soll also richtig Gold machen können! Nun hat sich die Menschheit vergeblich all die tausend Jahre den Kopf darüber zer brochen, wie man ohne Geld zu Gold kommen kann, hat Blut und Wasser geschwitzt, um den Stein der Weisen zu finden, und nun kommt über Nacht der Tausendsassa Herr Tausend und zaubert wie im Märchen aus Tausendundeiner Nacht aus Blei Gold hervor. Es scheint allerdings mehr — Blech zu sein. Mit dem Goldmachen soll es übrigens heut zutage gar nicht so schlimm bestellt sein; man kann gar wohl künstliches Gold machen, leider ist es aber teurer als natür liches Gold. Und wenn man endlich doch zu billigem Gold« kommen sollte, wird es auch wenig Sinn haben, denn was kann man sich schon für billiges Geld kaufen? Sa. Genehmigung nicht eingeholt worden war, die Nachbarschaft sich auch belästigt fühlte, gegen den Ladenbesitzer eine Strafverfügung wegen ruhestörenden Lärms ertasten. Das Amtsgericht hat die Strafe bestätigt. Der Angeklagte könne mit seinem Einwand, daß eine solche Geschäfts reklame üblich und notwendig sei, nicht gehört werden. ES sei uner heblich, ob die Ruhestörung nm Tage oder zur Nachtzeit erfolge, und ob es noch andere Betriebe und Unternehmungen gebe, die durch ihren Lärm die Rnhe in viel stärkerem Maße stören. Es stehe fest, daß der Angeklagte zu Reklamczwecken stundenlang hintereinander das Grammo phon geben ließ und damit die Grenze des Erlaubten weit überschritten habe. Es könne auch dahingestellt bleiben, ob durch die Musikveran staltung auf der Straße eine Verkehrsstörung eingetreten sei oder nicht; er genüge, daß sie geeignet war, eine solche Verkehrsstörung herbeizu führen. Die Revision des Angeklagten ist vom Oberlandcsgericht ver worfen worden, in dem es sich der RechtSausfastung der Bortnstanz an- gcschlofsen hat. Laudeswetterwart« Dresden sNachbruch verboten) Wechselnd bewölkt, dabet vereinzelt vorwiegend im Gebirge vor übergehend auch etwas Regen. Temperaturverhäitniste wenig geändert (teils etwas uuter, teils etwas über 10 Grad.) Winde aus westlicher Richtung, im Flachland schwach bis mäßig, im Gebirge frisch. Schkudtviehpreif« auf de» Diehhof Dresden vo» 17. Oktober «us. trt«b Schlacht vieh- Gattung Wertklasteu Preise sü in S Lebend gewicht r 80 k, tM Schlacht« ,«wicht »b«« schäft», »au, 11 I. Mud« k. Ochsen ») »ollfleischtg« au»gem. höchsten Schlachtwerle» 1, funoe . ...» 2. Liter, . b) sonst!,« vollflelschi,« I. Inno« . 2. Liter« . .) fl«ifchl,« ö) Holstein«! Weiderinder . belang!. 1 v. Su!I«u ,) jünger« vollfi«tschi,« h»chst«u Schlachtwerte, b) sonstige vollsteUchtgc ob« au— gemästet« ..... -) Mschio« - - - > L) «erino o«nährt« . . belangt. c. »LH, ,) jLn,ere oollstetschige HSchp«u Schlachtwert«« b) sonstio« vollfleischige od«r au», gemSftet« ,) fleischig L) gering -«nährt« . belangl. 0. Färsen <»aib.) ,) vollfleischto« an»o«m. HLchst«» Schlachtwert«, . . . b) sonst!-« oollsl«ischi-« . . — M Fr«flrr mätzi- -«nährt«, Jun,Vieh . - - I «25 II. «Ltd« d r Doppellkudrr, beste Mast beste Mast- uud Sau,Kälber mittlere Mast- uud Sau,« »Lldn ,erin,e jkSlder . . . ,er»n<>st« Kälber . . . LZ 2 I 148 13!! 133 gut 82 IN. Schaf, o d s beste Mastlümmer und jüngere Masthammel 1. Weidenmast 2. Stallmast . mittl. Mastlümmer, Slt. Mast bammel und gutaenShrte Schaf« fleischige» Schafvieh gering geuührte Schafe und Lümmer belangl. 693 1419 lV. Schweine ») Fettschweiue »d«r 300 Psund. bj Dollfleischige Schwein« von 240 bi» 300 Pfund . ,) Dollsicifchi-e von A>v-240Pfd. L) Pollfleischt,« vouieD—200 Pfd. »> Fleisch»,« von 120-IS0 Psd. . k) Kirischi,« uuter. 120 Psd. 86-87 87-88 85-86 108 112 114 schlecht kektungi Nächsten 8ooo»b«ock, üen 19. OIrt., abends V«9 Uhr werden alle »«u,- ObviÄvins ersucht sich zwecks Gemeinderatswahl- Besprechung in Gross Gasthof einzufinden vi« LinbsnuiF«,» AW WM MW V Alle WWise WWW 1. Sorte VS Pfg- 2. Sorte V2 Psg. Vorzügliche Kochen! Pflaumenkuchen' Aaffeestollen, 900 Gramm schwer 1.0V RM Strietzel, 400 Gramm schwer 0.50 RM Alle Backwaren gut »«d fei« liefert die GrotzbSckerei des Konfum - Derei« 8okort lockiges, welliges kaltkar auck bei keucktsr Dult uuä l^raospiratiou, nur äurck AU" „kso «ssrkrsusel-LLLenr». Werler Kopk ^virä scköner UAä amiekeuäkr. okne die sckääiicks Wirkung äer Dreunsokers. keinem Apparat oäer ?atellt- Kamm erzielen 8io solck^lvun^ervolle Frisur, wie mit k^eo-Lssenr. kür Damen uuä Herren! Originalpackung Uk. 2.—, Doppel- Packung ^k. 2 5^ Versanä gegen Vorausrakluug ocisr Nactmakms rurüglick Klk. 0.30 Nacknakme-Zpesev. Isku L vo-, Lind-«. Kosmstisoks kbtsilunA Ssrlin bi 20, Kolonlsstt. 145000 MVI. (sucd L-tellt) auk xute I. evtl, suck II. N^tk-ken äurck Selbst xeber ru 8^/,"/» Zinsen, SUSüuIsIAsn» I4LK ä. Iss. HUttaZ, OroÜrökro- äork, Lismarckstr. izi s. Vertreter per Oorlednslraise 0-ueraIäirelctiön vresäeo k. ä. kreistsat Sacks. Unterlagen erkoräerl. Spreckr. S—20 Ukr