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Störung >rr Bezieher Bezirdsanzeiger — E « 1 G « » " » " " «>«««» a g — — — I« Fülle höherer Gen Kt, Krieg, Ltrek oder sonstiger irgend Welcker Störung de» Betrieben der Zet ung oder der «efSrderungsetnrichtungen, hat der Bezieher keinen AnOmch «Us Lieferung oder Rochlieserung der Zeitung oder «uf Rück« johlung des -Bezugspreises. - Wöchentlich 0.Ü5 NM bet freier Zustellung > bei Abholung wöchentlich 0.55 NM; durch die Post monatlich 2.60 RM freibleibend Bank« Konten: Pulsnitzer Bank, Pulsnitz un Commerz» und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz Anzeigen-Grundzahlen in Sh?: Die 41 mm breite Zeile (Moffe'S Zeklenmeffer 14) 1 mm Höhe 10 H/, in der Amtshauptmannschast Kamenz 8 SA/; amtlich 1 mm 30 und 24 -H/; Reklame 25 Tabellarischer Satz 50°/° Aufschlag. — Bei zwangsweiser Einziehung der Anzetgengebühren durch Klage oder in KonkursfSllen gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis >/,10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Taaeblatt ikt das uir Nerüffentlickuna der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauptmannschast u. des Finanzamtes zu Kamenz d« «Mt-g-üch?- un7d!- ^ «r°ßn°und°rs und Weißbach behördlich«,-Ns bestimmte Blatt >u,st. - «.sch-ft,stelle- Pulsnitz, «lbertstr.be Nr. 2 Druck u»7 »erlag von » L-S-^ (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz Nummer 232 Freitag, den 4. Oktober LS2S 81. Jahrgang Ium Tode Dr. Stresemanns Trauerbeflaggung bis Sonntag — Begräbnis auf Staatskosten — Aufbahrung der Leiche im Reichstag Gustav Stresemann Von vr. R. Michaelis. """ Mit dem Hinscheiden des Reichsaußenministers ist ein Mann dahingegangen, der in der Geschichte Deutschlands und der deutschen Politik sich einen dauernden Platz erworben hat. vr. Stresemann war ohne Zweifel der populärste und angefeindetste Staatsmann zugleich. Die Zahl seiner Freunde, und Anhänger und die Zahl seiner Gegner dürften sich viel leicht ungefähr die Waage gehalten haben, aber es gibt nun einmal keinen Staatsmann, der nicht mitten drin stände im Kampfe der Meinungen und Ansichten. Wir wollen heute nicht aufrechnen, was Gustav Stresemann uns war, wollen mcht darüber rechten, ob seine politischen Taten zum Nutzen oder zum Schaden des Reiches waren; darüber wird die 'Geschichte entscheiden. Mag der einzelne zu vr. Stresemann stehen wie er will, das eine wird man ihm nie absprechen -tonnen, daß Gustav Stresemann ein Mann des Willens und der Energie war. Damit besaß er zwei Eigenschaften, die urdeutsch sind, zwei Eigenschaften, die unserem Volke aber im mer noch nicht Gemeingut genug geworden find. Seine Hin gabe an das richtig Erkannte, der Mut, allen Hindernissen und Hemden zum ^rotz sein Ziel zu erstreben, und das unbe- Dtttrauen auf die Berufung und die Zukunft des deutschen Volkes haben Or. Stresemann zu der Kraft befähigt, r allen Anfeindungen gegenüber und mitten im Kampf der Partelen aushielt und arbeitete. cm^-^aÄ^ann ist ein echter Sohn des Volkes. Am 10. wial 1878 wurde er in der Cöpenicker Straße in Berlin ge boren, wo sein Vater einen kleinen Vierverlag hatte. Er war in seiner Jugend durchaus nicht ein Mensch, dem seine Umgebung und seine Lehrer Großes voraussagten. Aber er war von Jugend auf ein weitintercssierter Mensch der seine Augen und Ohren überall hatte und der sich seine Gedanken über das machte, was an ihn herantrat. Als der Neunzehn jährige die Universität bezog, da warf er sich zunächst den schöngeistigen Dingen in. die Arme, für die er als Schüler schon schwärmte. Zwei Männer in der Geschichte bealeiteten ihn in allem seinen Denken und Streben: Napoleon und Goethe. In den schweren Tagen des Krieges im Jahre 1917 veröffentlichte Stresemann tiefgründige Studien, die er nannte „Napoleon und wir . Nicht einmal seine aufreibende Arbeit als Staatsmann konnte ihn aus diesen Napoleon-Studien Herausreißen. Und dann sein Goethe. Seinen Goethe kannte er so gut wie auswendig. Die Witwe des früheren Führers der Nationalliberalen Partei, Ernst Basiermann, erzählt einmal, wie Stresemann auf der Rück fahrt von einem Ausflug an der Adria, begeistert von der Natur, begann, Goethe zu rezitieren. Er steigerte sich ganz in seine Begeisterung hinein und wob bis zum sinkenden Abend die Gesellschaft in Goethes Gedankenwelt. — Mit der so viel gelästerten Arbeit über die Entwicklung des Groß- Berliner Flaschenbierhandels nahm der Student Gustav Stresemann Abschied von der Universität, um ms praktische Leben einzutreten. Ein kleiner Büroraum m Dresden, durch eine spanische Wand von den übrigen Räumen getrennt, war der erste Arbeitsraum des Herrn Assistenten. Aber diese Umgebung, die eigentlich nicht dazu angetan war, Begeiste rung und Freude am Schaffen zu wecken, konnte den lungen Stresemann nicht beeinflussen. Schon damals zeigte er seinen unbeirrbaren Optimismus, der ihn sein ganzes Leben dis zum letzten Tage begleitet hat. Er arbeitete und hoffte mit seiner Arbeit Werte zu schaffen. Und er hatte Erfolg. Er setzte sich durch, und sein erstes Werk war die Schaffung zweier mächtiger Wirtschaftsgruppen, des Verbandes Sächsische? I n d u serieller und des Bundes Deutscher Industrieller. Dom Gebiete der Wirtschaftspolitik bis zum parlamen tarischen Leben war nm: ein kleiner Schritt. Im Jahre 1906 hörten die politischen Kreise zum ersten Male von ihm. Es war auf dem Parteitag der Nationalliberalen in Goslar, wo der Achtundzwanzigjahrlge m einer großen Anklagerede gegen die Führer der Partei die Aufmerksamkeit erregte. Damals warf er der Partei vor, es fehle ihr an Hunger nach Mackt. Der Erfola dieses Auftretens war seine Wahl in den Reichstag für oen Wahlkreis Annaberg im Erz gebirge. Seine politische Laufbahn wurde dadurch geför- dert, daß der Führer der Nationalliberalen, Ernst Basser mann, an dem jungen Stresemann Gefallen fand. Zwischen beiden Männern entspann sich trotz des Altersunterschiedes eine enge Freundschaft, und Bassermann erkannte, daß Die letzten Tage vor -em Tode. Or. Stresemann hatte sich nach der Völkerbundtagung in Genf, wo er infolge der Anstrengungen der Haager Kon- ferenz bereits mehrfach das Bett hüten mußte, auf den Rat seiner Aerzte zur Erholung nach dem Vierwaldstädter See begeben. In den letzten Tagen seines dortigen Aufenthaltes hatte er sich einen Katarrh geholt, der durch die Rückfahrt nach Berlin wesentlich verschlimmert wurde, Or, Stresemann wollte sich zuerst wegen seines allgemeinen schwächlichen Ge sundheitszustandes noch einige Zeit am Pierwaldstädter See aufhalten. Er sah sich aber genötigt, infolge der innenpoli tischen Entwicklung und der drohenden Krise wegen der Ar beitslosenversicherung nach Berlin zu kommen. Dom Vier waldstädter See aus hatte Or. Stresemann noch dringend ge beten, von einer Einberufung des Reichstages abzusehen und die Sozialreform mit der allgemeinen Finanzreform in einigen Monaten zu verbinden. Die Mehrheit des Kabinetts beschloß trotzdem die Einberufung des Reichstages. — Auf den Rat seiner Aerzte legte sich Or. Stresemann in Berlin die größte persönliche Zurück- Haltuna aus. Am Montaa nahm Or. Stresemann an einer Äeichsaußenminister vr. Stresemann Beratung Ses Reichsausschusses der Deutschen Volkspartei teil. Dort hielt er eine einstündige Rede. Seine Partei- freunde äußerten damals schon Bedenken über den Gesund- heitszustand Or. Stresemanns. Am Dienstag wurde Or. Stresemann von den Aerzten wieder bereits Bettruhe be fohlen. Am Mittwoch nahm er gegen den Rat seiner Aerzte an einer Fraktionssitzung der Volkspartei teil. Einige Stun- den vorher hatte der Reichskanzler mit Rücksicht auf den Ge- fundheitszustand des Außenministers diesen zu einer ent scheidenden Besprechung über die innenpolitische Lage am Krankenlager aufgesucht. Bei der Rückfahrt aus dem Reichs- tag machte der Außenminister einen sehr geschwächten Ein druck. Auch in der Fraktionssitzung hatte er sich in einer län geren Rede nur mit Mühe verständlich machen können. Die Ergebnisse der volksparteilichen Fraktionsberatungen ent sprachen nicht ganz dem Wunsche Or. Stresemanns. Am Mittwoch abend konnte Or. Stresemann dem Reichskanzler mitteilen, daß seine Fraktion in der Sozialfrage Stimmenthaltung beschlossen hätte, worauf der Reichskanzler erklärte, daß die Reichsregierung im Amte bleiben würde, wenn das Gesetz im Reichstag eine Annahme fände. Or. Stresemann hatte die Absicht, auf der Konferenz der Ministerpräsidenten der Länder eine Rede über dieHaagerKonferenzzu halten. Als Or. Stresemann dann gegen zehn Uhr abends am Mittwoch zu Bett gehen wollte, traf ihn in Anwesenheit der ihn ständig begleitenden Krankenschwester ein Schlaganfall. Die Aerzte vermochten Or. Stresemann nicht zu retten, als sich herausstellte, dass sogleich eine Lähmung der rechten Seite eingetreten war. Or. Stresemann ist dann aus der Bewußtlosigkeit nicht mehr erwacht. Er entschlief Donnerstag früh um 5.25 Uhr. Die Todesursache. Ueber den letzten Verlauf der Krankheit Or. Strese manns erklärte Professor Zonbeck, der den Außenminister seit Jahren behandelte, Or. Stresemanns Nierenleiden habe sich in der letzten Zeit erheblich gebessert, dagegen zeigte das Allgemeinbefinden schon seit längerem starke Ermüdungs erscheinungen. Diese Erscheinungen seien auf die aufreibende Tätigkeit Or. Stresemanns zurückzuführen gewesen. Gegen den Rat der Aerzte sei vr. Stresemann nach dem Haag ge fahren. Und Or. Stresemann habe sich aus seinem aufopfern den Pflichtbewußtsein heraus keine Schonung auferlegt, wie er es hätte tun müssen. Die Trauerseier im Reichstag. Infolge des Ablebens des Reichsaußenministers wurde die Reichstagssitzung am Donnerstag um eine Viertelstunde ver schoben. Der Platz, auf dem Or. Stresemann auf der Ministerbank gesessen hatte, war mit schwarzem Flor umhüllt. Auf dem Ab geordnetenplatz des Verstorbenen war ein Strauß weißer Chry santhemen nieüergelegt worden. Der Reichskanzler Muller hatte mit den Mitgliedern des Kabinetts am Regiorungstisch Platz ge nommen. Kommunisten und Nationalsozialisten wohnten der Sitzung nicht bei. Vizepräsident vr. Esser eröffnete die Trauersitzung. Die Abgeordneten erhoben sich. vr. Esser sagte: „Meine Damen und Herreni Trauer erfüllt heute die Herzen des deutschen Volkes. Ein treuer Hüter seines Lebens- und Kampfwillens ist in den Sielen gestorben. Der Deutsche Reichstag trauert um eines seiner hervorragendsten Mitglieder. Ein Hinblick auf die politische Lauf- bahn Stresemanns folgte. Vizepräsident Esser fuhr fort: „Dass Or. Stresemann vor schweren Aufgaben nicht zurückschreckte und baß er mit zäher Willenskraft den bis dahin in der Innen- untz Außenpolitik ihn Ablehnenden gegenllbergestanden und sich für seine Politik eingesetzt hat, bleibt sein geschichtliches Verdienst. Nach seiner Kanzlerschaft blieb er Außenminister bis auf den heu tigen Tag. Was er auf diesem schwierigen Posten für Deutschland geleistet hat, steht in ehrenden Lettern im Lebensbuch unseres Volkes und Vaterlandes eingetragen. Der Deutsche Reichstag hat diesem Dank hiermit tiefbewegt Ausdruck gegeben.* — Anschlie ßend sprach Reichskanzler Müller: „Tief erschüttert steht die Reichsregierung, stehen die Regierungen der Länder mit dem Reichstag an der Bahre Gustav Stresemanns, dieses Staatsmannes, der seine Kraft im wahrsten Sinne des Wortes für sein Volk und für sein Land verzehrt hat.* Es ist ein tragisches Geschick, daß er den Abschluß des Werkes nicht erlebt, dem er die letzten Jahre un- die letzte Kraft seines Lebens gewidmet hat. Es war immer sein Ziel, die Befreiung Deutschlands zu erreichen. Gerade nach dem Abschluß der Kon- ferenz im Haag, die der Regelung der Kriegsschulden und die der Räumung des besetzten Gebietes gewidmet war, muß ein uner- bittlicher To- ihn aus unseren Reihen reißen. Stresemann war ein Streiter un- Kämpfer. Ihm tat der Kampf wohl. Er war ihm Lebensbedürfnis, und er hat, wie alle Streiter und Kämpfer, Gegner und Feinde in Menge gehabt. Die Reichsregierung ist der Ueberzeugung, daß dereinst die Geschichte, die weniger beeinflußt sein wir- vom Streite der Parteien in der schweren Nachkriegs zeit, ihm gerecht werden wir- als einem Manne, -er erfolgreich gearbeitet hat für sein Volk, der für sein Land und für sein Volk gelebt hat und gestorben ist. Nicht nur sein« Gatlin, nicht nur seine Kinder, sondern die weitesten Kreise des deutschen Volke» trauern um diesen Mann.* Vizepräsident Esser betonte, daß er unter anderen Um ständen dem Haus« vorgeschlagen hätte, die Sitzung zum Zeichen der Trauerseier aufzuheben. Um aber die dringend notwendigen Gesetze zu verabschieden, schlage er vor, die Sitzung bis 11 Uhr auszusetzen. Das Haus war damit einverstanden. Hindenburgs Beileid. Reichspräsident v. Hindenburg sandte an Frau Strese- mann folgendes Beileidstelegramm: „Tiefbewegt sende ich Ihnen und den Ihren den Ausdruck meiner herzlichen Teil- nahm« zu dem plötzlichen Tode Ihres Gatten, der bis zum letzten Atemzuge so treu für sein Vaterland gearbeitet hat. Gez. v. Hindenburg.* Außerdem hat im persönlichen Auftrage des Reichspräsidenten Staatssekretär vr Meißner den Söhnen des verstorbenen Reichsministers sein tiefempfundenes Bei- leid ausgesprochen. Graf Westarp hat für die deutschnatio- nale Reichstagsfraktion dem Reichskanzler das Beileid zum Tode des Reichsaußenministers ausgesprochen. Die Beileids- kundgebungen an Familie und gn die Deutsch« Dolksvartei