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Nr. 216. Pulsnitzer Tageblatt. — Montag, den 16. September 1929. Seite 3. um gänzlich ve rro st ete Waffen handeln, die schon seit Jahren dort gelagert hätten und in keiner Weise ge pflegt worden seien. Der ausgemauerte Schacht, in dem die W".f^n ^sunden sind, soll nicht eigens für diesen Zweck her- gerichtet sein, vielmehr handelte es sich um einen alten unbe nutzten Schornstein. Durchsuchungen wurden auch vorge- nommen in dem Schlafzimmer der im Wochenbett liegenden Hrau Vick, die am Freitag vormittag entbunden hat. Ein zweites Geständnis. Die polizeilichen Vernehmungen im Altonaer Polizei- Präsidium stehen kurz vor dem Abschluß. Am Montag bereits soll der größte Teil der bisher Verhafteten der Staatsanwalt- schäft übergeben werden. Die Untersuchung der ganzen An- gelegenheit wird dann so bald als möglich von Altona nach Berlin verlegt werden. Schon jetzt werden die Ermittlungen gegen die Nationalsozialistische Arbeiterpartei von Berlin aus geführt. Nach dem bereits erfolgten Geständnis des Landvolk syndikus in Gütow, Weschke, der das Beidenflether Atten tat vom 28. November vorigen Jahres eingestanden hat, ist im Altonaer Polizeipräsidium das zweite Geständnis erfolgt. Einer der Verhafteten hat zugegeben, das Attentat in Schles wig am 30. August dieses Jahres ausgeführt zu haben. Beide sagen aus, daß sie unzufrieden gewesen wären mit den bestehenden Verhältnissen. Sie hätten sich Feuerwerkskörper gekauft und seien dann zur Tat geschritten. Sie hätten keinerlei Auftrag zu den Attentaten bekommen. Freilassung von drei Nationalsozialisten. Die im Altonaer Hauptbahnhof verhafteten National- sozialisten, der Redakteur Ehlers von der „Schleswig- Holsteinischen Tageszeitung", der Gaugeschäftsführer der N. S. D. Ä. P. für Schleswig-Holstein, Brix-Altona, sowie der Kaufmann Rentzsch aus Pinneberg wurden auf freien Fuß gesetzt Erneut erschienen aber Kriminalbeamte in den Räumen der „Schleswig-Holsteinischen Tageszeitung" und verhörten eingehend einen Angestellten. Die Kriminal- beamten fahndeten nach einigen Urschriftstücken zu einem Roman des verhafteten Hauptschriftleiters Uhse. In dem Besitz des fraglichen Angestellten befand sich nur die Ur- schrift des Romans „Christian Klee, der Soldat des Frie- dens". Von einer Beschlagnahme dieser Schriftstücke wurde jedoch abgesehen. Anscheinend sucht man nach den Urschrift- stücken des Romans „Pazifismus", die jedoch nicht vor- gefunden wurden. Vier Haftentlassungen in der Bombenangelegenheit. Berlin. Das preußische Landeskriminalpolizeiamt teilt mit: Die vom preußischen Landeskriminalpolizeiamt im engen Einvernehmen mit den zuständigen Polizeibehörden Ar.ona, Berlin, Flensburg, Hamburg, Hannover, Harburg- Wilhelmsburg, Kiel, Lübeck und Schleswig durchgeführten umfassenden polizeilichen Ermittlungen in der Bomben attentatssache sind »ach eingehender Prüfung des umfang reichen beschlagnahmten Schriftenmaterials und der zahl reichen Zeugenaussagen zu einem gewissen Abschluß gelangt. Die Feststellungen haben ergeben, daß die ver schiedenen Bombenanschläge auf eine einheitliche Be wegung rechtsradikaler aktivistischer Kreise zurückzuführe« find. Don den in Berlin fcstgenomincnen 11 Personen wurden sm Laufe des Montagvormittag sieben Personen dem zu ständigen Richter vorgeführt. Die übrigen vier, Buscht, Laß, Or. Salinger und Techow, wurden im Laufe des Sonntags entlassen, da das zur Zeit vorliegende Material für ihre Ueberführung nicht ausreicht. Von den in Altona sich in polizeilichem Gewahrsam befindlichen 24 Personen erscheinen 23 derart stark belastet, daß gegen sie von der Polizei richterliche Haftbefehle erwirkt werden. Zu diesen 23 Personen gehören u. a. folgende leiten den Persönlichkeiten der Landvoltbewegung: der Landwirt Klaus Heim aus St. Annen-Osterfeld, Anstifter und Leiter von Sprengstoffanschlügen, und Hofbesitzer Wilhelm H a m k e n s - Tetenbüll, ferner die Angestellten der Zeitung „Das Landvolk" Nickel, Kühl, Bruno von Salomon, John Johnsen, Weschke, Muthmann, schließlich noch die Landwirte Schade- Kathen, Matthes, beide auf Grund des Geständnisses des Eschke, sowie Amandus Unschädlichmachung der griechischen Räuberbande um jeden Preis Athen. Zu dem Raubüberfall auf eine Reisegesellschaft bei Trikkala Mrd PemE, daß zur Verfolgung der Tzatza-Vande bisher 3000 Mann Militär aufgeboten worden sind. Man verhehlt sich aber nicht, daß die Aus- sichten auf Erfolg gering sind, da die Spur verloren ist. Der Räuberhauptmann Tzatza hat das ihm überbrachte Lösegeld von 550 000 Drachmen für die Geiseln als völlig ungenügend zurückgewiesen und verhandelt mit den Ver wandten der Geiseln. Seine frechen Forderungen über- steigen alles bisher Dagewesene. Ganz Griechenland sieht mit höchster Spannung der Weiterentwicklung dieser Komödie zu. Die Zeitung „Kathimerini" richtet wegen der Ereignisse bei Trikkala beispiellose Angriffe gegen die Re gierung. Die Staatsautorität habe völlig versagt, und nicht einmal in Operetten seien ähnliche Dinge möglich. Wie weiter gemeldet wird, sind die von den Räubern verschleppten Reisenden noch alle am Leden, befinden sich aber nach wie vor in der Gewalt der Räuber. Einen der Gefangenen ließen die Räuber frei, nachdem sie sich davon überzeugt hatten, daß er aus einer armen Familie stammt. An den Schwiegersohn des einen ebenfalls ver schleppten Senators richteten die Räuber einen Brief, in dem sie mitteilten, es sei eine Schande, daß er seinen Schwiegervater noch immer in der Gefangenschaft belasse, obwohl er doch gut das Lösegeld zahlen könne. Sie hätten deshalb beschlossen, ihn wegen des Verhaltens zum Tode zu verurteilen, und sie würden dieses Urteil zur gegebenen Zeit vollziehen. ' Athen, 16. Sept. Ministerpräsident Venizelos hat den Innenminister angewiesen, die Tzatza-Räuberbande um jeden Preis schleunigst unschädlich zu machen. Er billige den Regierungsentschluß, die Lösegeldzahlung für die von den Räubern Verschleppten aus staatlichen Mitteln zu ver s weigern. Inzwischen hat die Polizei die Spur der Räuber verloren. Auch von den Geisel» liegen keine Nachrichten vor, sodaß die Besorgnis um ihr Schicksal wächst, zumal die Lösegeldüberbringer unverrichteter Sache zurückkehrten. Alle Zeitungen haben Sonderberichterstatter entsandt. Die Oppo sitionspresfe greift die Regierung scharf an und erklärt, sie sei zwar zum Durchgreifen entschlossen, lasse aber ihre Ab sichten durch parteipolitische Interessen durchkreuzen. Aus aller Welt. Schwere Explosiv« i« einer Drogerie. Berlin, 14. September. Wie der Lokalanzeiger aus Mailand berichtet, explodierte am Freitag in Parma das Benzinlager einer Drogerie. Das Haus stürzte ein und ge riet in Brand. Die Feuerwehr kämpfte verzweifelt gegen den Brand, um die unter den Trümmern begrabenen Personen zu bergen. Es wurden 4 Tote und 12 Schwerverletzte aus den Trümmern gezogen. Munitionsfund i« einem Berliner Untergrnnd- bahnwage» In einem Wagen der Berliner Untergrundbahn, der auf dem Untergrundbahnhof Spittelmarkt gereinigt werden sollte, fand man eine Kiste mit 388 Schuß Jnfanteriemuni- tion, ferner etwa 200 Gramm Schwarzpulver und kleine Zündhütchen. Der Besitzer der Kiste konnte nicht ermittelt werden. Die Polizei ist der Ansicht, daß es sich dabei um Leute handelt, die diese Dinge gern unauffällig los werden wollten. Paul Müllers zweites Ozeanboot zerschellt Wie aus Elizabeth-Stadt in Northcarolina gemeldet wird, ist das zweite Boot des Deutschen Paul Müller, der bekanntlich in einem Segelboot den Ozean überquert hatte, an einer Felsenklippe zerschellt. Paul Müller konnte von einem Küstenwachschiff an Bord genommen werden. Schwere Flugzeug-Unfälle i« Amerika 13 Todesopfer In den Vereinigten Staaten haben sich drei schwere Flugzeug-Unfälle ereignet, die insgesamt 13 Todesopfer for derten. Bei Marylown in Wisconsin stürzte ein großes Passa gierflugzeug aus ziemlicher Höhe ab und geriet in Brand. Die sechs Insassen, darunter die beiden Führer, wurden ge tötet. In -der Nähe von Oakland (Kalifornien) stürzte ein Flugzeug ab und durchbrach das Dach eines Hauses. Das Flugzeug und das Haus gerieten in Brand. Bei diesem Unglück gab es drei Todesopfer. Augenzeugen berichten, daß der Absturz infolge Flügelbruches erfolgte. Bei Chicago stießen außerdem zwei Flugzeuge in ziemlicher Höhe zusammen und stürzten ab. Aus den Trümmern wurden vier Todes opfer geborgen. Furchtbare Explosionskatastrophe. 17 Tote und 20 Schwerverletzte geborgen. Wien. In Parma ereignete sich eine folgenschwere Explosion. Ein Haus, in dem sich die Amtsräume und daq Magazin einer großen Drogenhandlung befanden, wurde durch eine Explosion völlig zerstört nnd stürzte zn- sammen. Unter den Trümmern konnten bisher 17 furcht bar verstümmelte Tote und 20 Schwerverletzte geborgen wer den. Man muß jedoch befürchten, daß noch weitere Tote unter den Trümmern begraben liegen. Ein vierjähriges Kind konnte erst fünf Stunden nach der Katastrophe «ater de» Trümmer« hervorgezogen werden, war aber w««derbarer- weise vollkommen unverletzt geblieben. Ueber die Ursache -er Katastrophe herrscht «och keine Klarheit. Scheckfälscher und Fmanzmmister Klotz auf freien Fuß gesetzt. Parks. Der Scheckfälscher und Schwindler Klotz, früherer französischer Finanzminister u«d Erfinder der 132 Milliarden Tribute und des geflüaelte« Wortes „Der Boche bezahlt alles", der am 12. Juli 1928 vom französischen Gericht z« zwei Jahren Gefängnis verurteilt worden war, ist durch eine besondere Verfügung ans freie« Fuß gesetzt morde«. " Der erst« Schnee in Norbeuropa. Helsingfors. Aus Nordfinnland wird der erste Schneefall gemeldet. Selbst für den hohen Norden ist dies- mal der erste Schnee reichlich früh gefallen. Stadtbücherei Die Ausleihe ist Montag von 7—8 Uhr, Donnerstag und Freitag von 6—7 Uhr, der Lesesaal werktäglich von 6-9 Uhr geöffnet Neuerwerbungen: Sohnrey, Die hinter den Bergen. — Die Ge schichte vom schwarzbraunen Mädelein. — Das lachende Dorf. Irene ForbeS-Mosse, Don Jüans Töchter. — Die Last. — Berberitzchen. Leonhard Frank, Kart und Anna. Lebensbilder, Briefe: Erinnerungen eines Fünfzigjährigen. Willige, Der Kämpfer des Geistes (Lessing). Nnthan, Das Pedtskript. (Aufzeichnungen eines Armlosen.) Moritz Philipp, Anton Reiser. Richard Wagner, Mein Leben. Witkop, Kriegs- brtefe gefallener Studenten. Reisen und Abenteuer: Kapher, In russi scher Wildnis. Roberts, Gestalten der Wildnis. Sonnleitner, Kojas HauS der Sehnsucht. Artur Heye, Unterwegs — Wanderer ohne Ziel. Arne Borg, Wie ich um die Erde schwamm. Bilder von Tieren und von der Jagd: Thienemann, Rossitten. Jack London, Wenn die Natur ruft. Bengt Berg, Tookern (Der See der wilden Schwäne). — Abu Markub. — Die letzten Adler. Hagenbeck, Von Tieren und Menschen. Fleuron, Die rote Koppel. Gesamtwerke: Annette von Droste-HülShoff. Landeswrtterwart« Dresden cSeachdruM ondoten) Teils heiter, teils zeitweise Nebel- und Hochnebelbildung ohne erhebliche Niederschläge. Nachts erheblich kühl, tagsüber verhältnis mäßig warm, aber nicht mehr so hohe Temperaturen wie in der ersten Seplcmberhäiste. Schwache Winde aus nördlicher Richtung. eßalisivrks» l-lsinbl»ttri«ou. -laber »iL cksuu tris-ber uuck si»6 b-sser vor- erNebitzS» uu<l besou-lers vollmuOrlißSQ bereitst kür die Tagesarbeit al» »eitber. dlor««» -1««, stark -uLgegosserr, mit ^.oüerilsm ist er billiger »I» cb« raeiston I4iIL o4er 5abc>«. na-b 6«,«bma<1c mit krübstüLsgeträrrlc«, <leon 1 ptuircl --- Orter ob»« 2u4cvr, triolcerr. 5ie küble» 500 — 600 Tasse» tröstet »ur Dk-l 6.— ckerausrb; A/zrs Tans ^/-a/Z/Fsr' Tss rrrr^ ea. TU- .Leek»»»« Qiln* vi« »uL L« »väsri» los« «Uv NuLunrossurrttuI. 20000 - Preise trLI.— 21- 8«. b-l Lr— »»uL->«>-> <><!« «>» S« -r I—La» 1. LrtMaLt-L Z74. Der einzige Ueber- lebeude der „Dau" von der »Hessen" gerettet Mit dem Linienschiff „Hes sen" landete in Swinemünde der einzige Ueberlebende des in der Nacht zum 8. Sep tember in der Danziger Bucht untergegangenen dänischen Dampfers „Dan." Es ist der dänische Matrose Martin Malm, der von dem Linien schiff gerettet wurde, nachdem er die ganze Nacht hindurch in einem Boot getrieben war. Auf dem Boot hatten sich fünf Mann der schiffsbrüchi gen Besatzung befunden, von denen vier herausgespült wur den und ertranken. Der ge rettete dänische Matrose äu ßerte sich höchst anerkennend über die aufopferungsvolle Pflege an Bord des Linien schiffes. Auf der Sturmfahrt verletzte er sich beide Arme und Beine und ist noch in ärztlicher Behandlung. Er wurde, da er nur mit Hemd und Hose bekleidet war, an Bord des Linienschiffes völ lig eingekleidet. Ein» von der Besatzung veranstaltete Geld sammlung ergab einen nam haften Betrag, der dem Schiff brüchigen beim Verlassen des Schiffes ausgehändigt wurde. Schwerer Autobus- ««fall i« Berlin Am Sonntag abend ereig nete sich an der Friedrichstraße Ecke Dorotheenstraße ein schwe rer Verkehrsunfall. Ein Auto bus fuhr gegen eine Straßen bahn, wobei der Autobus umfiel. 30 Personen wurden mit Verletzungen in die Kli nik in die Ziegelstraße gebracht. Es handelt sich dabei in der Hauptsache um Insassen des Omnibusses, während die Fahr gäste der Straßenbahn mit dem Schrecken daoonkamen.