Volltext Seite (XML)
üer, den der Sommer seinen Blümentindern verleiht, der Herbstblumen milder Glanz spricht vom Scheiden. Wahrlich, das große Scheiden in der Natur hat begonnen, und darum gaben unsere Borfahren auch diesem Iahrcsabschnitt den Namen des Scheiding, da Mutter Natur eine Scheide grenze gesetzt hat zwischen Sommer und Winter. Wie „Herbst monat" ist dies eine Bezeichnung, die von jedermann ver standen wird, der Name „September" ist zwar landläufig, aber ebenso landfremd, da er lateinischen Ursprungs ist und bei den Römern den siebenten Monat bedeutete, nicht wie bei uns den neunten. Dieser Herbstmonat, in dem die Marienfäden ziehen, dieser Abgesang des Sommers — auch Spät- oder Altweiber sommer genannt — beschert uns meist noch heitere Tage, die Temperaturunterschiede sind nicht mehr so bedeutend, und Gewitterbildungen treten kaum noch auf. Das Wetter ist gleichmäßiger, ein strahlend blauer Himmel lacht über der Herbstlandschaft: „Du herbstlich frisches Himmelsblau, wie weckst du mich zu ernstem Sinnen, wenn sich durch die entlaubte Au die bleichen Silbernebel spinnen. Auf Höhen und Fluren sichest du all' deine bunten Freuden sterben, du aber strahlst in stolzer Ruh hoch über Wechsel und Verderben." So leitet uns der Scheidemonat mit sanfter Hand hin über in die Zeit des Absterbens, aber nicht, ohne uns vorher aus seinem Füllhorn noch köstlichste Gaben mannigfachster Art zu schenken. Im September wollen wir sehen, was des Sommers Arbeit uns im Obstgarten und auf den Wein- bergen an Früchten eintrug, jetzt hängen die Bäume voll, und wir können uns wieder einmal überzeugen, daß das kernhafte deutsche Obst den Vergleich mit den Obstsorten aller ande ren Länder aushalten kann. Auch hier heißt es — im über tragenen Sinne: „Nord, Süd, Ost, West — to Hus is 't best!" Drum: kauft deutsches Obst, gebt deutschem Gewerbe deutsche Gunst und helft an eurem Teil mit an der Minde- vung der Not auf dem Lande! Auch der Gemüsemarkt ist jetzt aufs beste bestellt, und wenn wir noch des in dieser Zeit so wohlschmeckenden Meister Lampes gedenken oder gar des Feld- oder Rebhuhns, dann müssen wir zugeben, daß dieser Monat uns den Abschied vom Sommer in der liebens würdigsten Weife erleichtert. Es sind nicht mehr die eigent lichen Tage der Rosen, doch ist immer noch goldene Zeit: „Noch sitz ich an des Lebens Schmaus, ein durstig ungestillter Zecher, und strecke kühn die Hände aus nach jedem vollen Freudenbecher." Unsere Knaben lassen die Drachen steigen auf den Stoppelfeldern, wir schauen ihnen zu und atmen tief und freudig die frische Hevbstluft, die uns der September beschert. Es heißt zwar: „Ach, wie so bald verhallet der Reigen" — doch im September werden wir uns der ganzen Schwermut dieser Worte noch nicht voll bewußt. September, Herbst. Mond — Abgang des Sommers! W. Für die Mußestunden. Kiebitze als Ozeanflieger. Infolge der vorherrschend ostwärts gerichteten Winde lind schon verschiedentlich amerikanische Vogelarten als sel tene Irrgäste an europäischen und afrikanischen Küsten beob achtet oder tot aufgefunden worden. Gerade die Ozeanflüge der letzten Zeit bewiesen es nun, wieviel schwieriger der Weg hinüber als herüber ist, weshalb bisher auch ein Vogelflug Aber den „großen Teich" in Richtung auf die Neue Welt für Landvogelarten als ausgeschlossen galt. Kürzlich ist nun eine große Schar Kiebitze von England aus „gestartet", gerade noch rechtzeitig, um der Welt zu beweisen, daß menschliche Technik das natürliche Können der Vögel noch nicht überflügelt habe. Daß die Tiere itn England beheimatet waren, ließ sich einwandfrei durch ..ine Geburtsurkunde nachweisen, die ein Exemplar in Ge stalt eines Aluminiumringes am Bein trug. Dieser Ring war im Jahre vorher von einem Arzt dem betreffenden Kie bitz als Iungvogel in England umgelegt und sein ungefähres Geburtsdatum einer englischen Vogelwarte mitgeteilt wor den. Mit mehreren seiner Art traf dieser Kiebitz mitten im Winter, 20. bis 23. Dezember, auf Neufundland ein. Die tofort angestellten Ermittlungen und Berechnungen englischer Ornithologen und Wetterkundiger über die Windstärke und -richtung, über die mutmaßliche Fluggeschwindigkeit und über die allgemeine Wetterlage auf dem Ozean, an der englischen, isländischen und grönländischen Küste ergaben, daß die Tiere etwa achtundvierzig Stunden unterwegs gewesen sein mußten. Vollkommen erschöpft und ausgehungert kamen daher auch die Wanderer an, und da gerade offenes Wetter in Neu fundland herrschte, fanden sie den Tisch reichlich gedeckt, wo durch sich der größte Teil bald wieder erholte. Ein glückliches Zusammentreffen günstiger Umstände hatte die Kiebitze wohl behalten hinübergebracht, aber nach einigen Tagen trieb sie ein heftiger Schneesturm abermals weiter. Zwischen Neu schottland und dem Festland erreichte wohl die letzten Ueber- lebenden ein trauriges Ende. Schade, daß die schon halb gelungene Selbsteinbürgerung des überaus nützlichen Wiesen» uogels so kurz vor dem Ziele noch scheitern mußte. Einzelne europäische Kiebitze sind übrigens in früheren Jahren schon in Nordamerika erlegt worden, so zum Beispiel ein Exem plar, das sich nach Alaska verflogen hatte. Riefen- und Zwergschecks. Beim Austausch der Ratifikationsurkunden überreichte der italienische Finanzminister dem Kardinalstaatssekretär einen Scheck über 750 Millionen Lire. Noch wertvoller war ver Scheck, den die Bank von England seinerzeit für chine- fische Rechnung der japanischen Regierung ausstellte: er lautete auf 11003 857 Pfund Sterling, 16 Schilling und 9 Pence. Dieser Betrag war die erste Rate der chinesischen Kriegsschuld von 1895. Als die Beeres-Gesellschaft die Kimberley Central Company käuflich erwarb, zahlte sie mit einem Scheck über 5 388 650 Pfund Sterling. In einem Land wie Amerika, das sich auch in Winzigkeitsrekorden ge fällt, gibt es natürlich auch den kleinsten Scheck der Welt. Er lautet auf einen Cent und wurde von dem amerikanischen Schatzamt für Cleveland ausgestellt zum Ausgleich des Be- rrages, der irrtümlicherweise bei einer Gehaltszahlung zu wenig berechnet worden war. Vor rund hundert Jahren war in England eine Banknote über einen Penny im Verkehr, die den Stempel der Bank von England trug. Es war ein Fehldruck, der zwanzig Jahre lang im Umlauf war und der Bank von England so argen Verdruß bereitete, daß man dem geschäftstüchtigen letzten Besitzer der Note, der in der Bank erschien und den Fehldruck für fünf Pfund Sterling zum Kauf anbot, das enorme Agio ohne weiteres zahlte. Junge Genies. Ausgehend von der Tatsache, daß Oberst Lindbergh seinen kühnen Ozeanflug im Alter von nur fünfundzwanzig Jahren unternahm, stellte ein Amerikaner jene Fälle zu- sammen, wo geniale Leistungen schon in sehr jugendlichem Alter vollbracht wurden. Alexander der Große er oberte die damals bekannte Welt mit 25 Jahren, Hanni bal Spanien mit 26, Cäsar war mit 28 ein mächtiger Feldherr und Politiker, Napoleon gewann Schlachten mit 24, Ney war Marschall mit 25 Jahren. Nelson führte das Kommando mit 23, Cromwell war mit 29 Jahren ein Staatsmann, Lincoln Gesetzgeber im Alter von 26, Kolumbus Leiter einer Expedition mit 25, Living stone mit 27 und Stanley mit 26 Jahren. James Watt befaßte sich mit den Grndlagen zur Erfindung der i Dampfmaschine im Alter von 23 Jahren. Edison machte I mit 24 wichtige Erfindungen, Wagner schuf mit 19 seine Erste Symphonie, im selben Alter Goethe sein erstes Schauspiel, Viktor Hugo mit 20 sein erstes berühmtes Werk, Balzac hatte mit 26 Jahren 31 Novellen vollendet, Michelangelo die große Madonna mit 26, Raffael ein Meisterwerk mit 21, und Beethoven, Mendels, sohn, Mozart, Chopin hatten ihren Weltruhm be- gründet, bevor sie das 29. Lebensjahr erreicht hatten. Erinnerung, wie gingst du all' die Zeit So farblos neben mir, so altbedächtig, Und heut trittst du so übermächtig, So frühlingsfrisch in meine Einsamkeit, Und lockst aus stillen, grün umwachsnen Tiefen Sehnsucht und Tränen, die so lange schliefen. 4 ->—.^--2 » « »L, 2 L s8 N'L Z cs I lj, I " yi? e-t xr . r» »x " el xx »x s WM A H SMlMbeilW E E MMj DM MMW WMkl lH! » Druck und Brrlag von E. L. Förster'- Erbe» (Inhaber: I. W. Moy r) - Schriftleiter: I. W. Mohr in Pulsnitz » «r «och einmal bricht die So««« U«aofhaltfam durch de« D«ft, U«d ei« Strahl der alte« Wo««« Rieselt über Tal ««d Kl«ft. Uad es leachte« Wald und Heide. Datz ma« sicher glaube« mag, Hi«ter allem Wi«terleide Liegt ei« ser«er Frühlingstag. Sonntags gedanken. —° Wir schreiben heute den 31. August. Am 31. August 1667 verstarb Johann Rist. Kennst du diesen Mann, lieber Leser? Gewiß nicht! Johann Rist war Pfarrer in Wedel bei Blankenese in der Nähe von Hamburg, aber nicht des halb kennen wir ihn, sondern was uns ihn bekannt gemacht hat, ist seine Tätigkeit als Kirchenlied-Dichter. Nimm dein Landesgesangbuch einmal zur Hand. Im Anhänge steht das Verzeichnis der Liederdichter, und da wirst du finden, daß wir Johann Rist nicht weniger als zehn Lieder verdanken. Es ist nur eine kleine Auswahl; im ganzen soll er über 600 gedichtet haben. Du wirst manches bekanntere Lied unter den genannten zehn finden, wenn die Lieder auch nicht zu denen gehören, die in Schule und Konfirmandenstunde oft auswendig gelernt werden. — Zwei kurze Erzählungen zu dem Liede: „O Ewigkeit, du Donnerwort" <Nr. 676). Eine adlige Dame, die den weltlichen Vergnügen ergeben war, hatte ein frommes Kammermädchen. Die Dame kam einst spät vom Kartenspiel nach Hause und fand das Mäd chen lesend in einem Erbauungsbuche. Sie machte zu dem Mädchen, indem sie ihm über die Schulter ins Buch sah, eine spöttische Bemerkung. Aber merkwürdig, die Dame konnte in der Nacht keine Ruhe finden und fing zu weinen an. DaS Mädchen kam erschrocken und fragte, was ihr fehle. Darauf die Dame: „Ach, ich habe in deinem Buche das Wort Ewigkeit gelesen und das läßt mich nicht zur Ruhe kommen!" Da wies das Mädchen mit herzlichen Worten auf den Herrn hin, der den Seinen die Ewigkeit zu einer seligen machen will. Von Stund an warf die Dame die Karten ins Feuer und wurde ein andrer, nämlich neuer Mensch. — Ein gottloser Handwerksbursche hatte unter Saufen und Fluchen eine Nacht mit bösen Genossen ver bracht. Da hörte er die Stimme des Nachtwächters: Wach auf, o Mensch vom Sündenschlaf, ermuntre dich, verlornes und bessre bald dein Leben. sSchaf, Wach auf, denn es ist hohe Zeit, dich übereilt die Ewigkeit, dir deinen Lohn zu geben. Vielleicht ist heut' dein letzter Tag; wer weiß doch, wie man ssterben mag?! Der Bursche steht, wie vom Donner gerührt, das Wort ist wie ein Schwert durch seine Seele gegangen. Es steht bei ihm fest: Es soll anders werden! Und er wurde mit Got tes Hilfe ein anderer Mensch. So mag Rist manchen Segen gebracht haben durch seine Lieder. Seine Wertschätzung spricht ein Zeitgenosse, der lüneburgische Generalsuperintendent Or. Walther 1651 in den Versen aus: „Mein Wunsch, der ist Herr Jefu Christ, Dem edlen Rist Sein Leben frist! — vr. o Heimat « Der Erdball brannte. Völkerhaß, Eroberungsdrang, Vernichtungswahn schleuderte die Kriegsfackel in alle Lande Europas. Heldenblut floß in tausend Strömen. Kanonen brüllten und legten in Trümmer und Asche alles, was in ihrem Wirkungskreis lebte und von Menschenhand geschaffen worden war. Städte und Dörfer, Menschen und Tiere wurden Opfer jenes letzten großen Völkerringens. Tausende und Abertausende vertrieb der Krieg von Haus und Hof. Wurden erbarmungslos verjagt vom Vater haus, von Feld und Wald und Heimatflur. Was ihnen lieb und wert geworden, mußten sie verlassen. Ohne Aus nahme und schonungslos. Und viele, viele standen vor dem grausamen Nichts, wanderten hinaus in fremde Lande, hinaus in die dunkle Leere eines neuen Lebens. Die Zeit verging. Der Frieden kam, und es vernarbte langsam manche Wunde, die der Krieg gerissen. Irgendwo, fern vom Vaterhaus, fanden jene Heimatlosen Brot und eine Stätte ihres Bleibens. Ein eisernes Muß zwang sie, sich hineinzufinden in eine neue Lebensform. Aber mochte auch die Zeit, der Balsam der Vergessenheit, ihr LoS er- leichtern, so flammte doch in tiefster Seele das ewige Feuer der Liebe und Sehnsucht zur alten Heimat, zum Vaterhaus. Mancher unserer Zeit schätzt sich so arm, ist mit dem, was er sein Eigen nennt, gar unzufrieden, dieweil ihm nicht noch größere Schätze in den Schoß gefallen sind. Strebt mehr und mehr nach Besitztümern und vergißt den einen großen Schatz, der uns allen heilig sein sollte: Die Heimat. Sie, nach der sich viele sehnen, die sie verloren. Sie, für die Hunderttausende in heißer Vaterlandsliebe ihr Leben ließen. Und welch ein wunderbarer Schatz ist sie doch! Tu deine Augen auf und schau dir an das herrliche Reich deiner Heimat! Mach dich frei vom Drangsal des Tages, vergiß, was dich bedrückt, und wandle in stiller Be schaulichkeit durch die trauten Straßen der Heimatstadt, durch Wald und Heimatflur! Du wirst, vermagst du nur zu schauen und zu verstehen, aus dem Born der Freude an der Schönheit deiner Heimat und Erinnerung an vergangene Zeiten manche Schätze sammeln können, die dich reich und frei machen. Sei glücklich und froh, daß du noch eine Heimat hast! Lerne sie lieben, und Halle ihr die Treue! Der Hei mat und dem Vaterland!