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pulsnrherTageb!att Donnerstag, den 15. August 1929 Beilage za Nr. 189 81. Jahrgang Dämon Künstler. Roman von Magda Trott. Copyright by Greiner L Co., Berlin NW 6. (Nachdruck verboten.) Lm Beruf verunglückt. Ein Zimmerinann abgestürzt. Ein schwerer Unglücksfall ereignete sich bei den Bau- «rbeiten am Blücherplatz in Leipzig. Hier stürzte der 24 Jabre alte Zimmermann Iohannes Uhl aus großer Betrug mit Znvalidenversicherungsmarken. Grober V e r 1 r a u e n s b r u ch beim Dresdener Landesversicherungsamt. Der Verwaltungsassistent der Landesversicherungs anstalt .Dresden, Moritz Pennewitz, wurde vom Schöffengericht Dresden wegen Wiederverwertung hoch wertiger Invaliden Versicherungsmarken zu einem Jahr und sechs Monaten Zuchthaus und 1000 Mark Geldstrafe oder 32 Tagen Zuchthaus Ersatzstrafe und zum Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte für die Dauer von drei Jahren verurteilt. Seine Mitschuldigen, ein Tischler meister und ein Handelsvertreter, wurden mit je neun Monaten Gefängnis und je 500 Mark Geldstrafe bestraft. Bon den Rädern zermalmt. Ans der Eisenbahnstrecke Leipzig—Leutzsch, in der Nähe der Elsterflutbrücke, wurde der vollkommen zer- stückelte Leichnam eines Mädchens aufgefunden. Der Leich nam wurde nach der Anatomie gebracht. Wie mitgeteilt wird, handelt es sich um die Hausangestellte Helene Hed wig Poschwitz, die in der Nacht zum Dienstag sich vor den Zug geworfen hat. Die Gründe zu diesem Selbstmord sind noch nicht bekannt. Höhe ab. Der Mann zog sich schwere Kopfverletzungen, Rücken- und Brustquetschungen zu. Er wurde mit dem Rettungsautomobil der Feuerwehr nach dem Kranken haus gebracht. Vom Erntelvagen gefallen. Das Rettungsautomobil der Leipziger Feuerwehr wurde nach Heil er bl ick gerufen. Hier war der 15 Jahre alte Erntearbeiter Plach von einem beladenen Erntewagen gestürzt, und hatte sich schwere Brustquet schungen zugezogen. Er wurde dem Leipziger Krankenhaus St. Georg zugeführt. Nach Angaben des Plach ist ihm auf dem Wagen plötzlich übel geworden, er hat sich nicht mehr halten können und stürzte ab. Todessturz eines Glasers. In Leipzig stürzte der 20jährige Glaser Erich Eberhard aus Leipzig-Lindenau aus dem vierten Stock werk eines Grundstückes in der Grimmaischen Straße ab. Eberhard, der mit Glaserarbeilen beschäftigt war, durch schlug bei seinem Fallen zwei Lichtfenster und fiel in ein Ladengeschäft, wo er schwer verletzt liegenblieb. Auf dem Wege ins Krankenhaus verstarb er. Aus aller Well. Oer Mor-im Personenzug Berlin—Breslau. , Der Täter in der schlesischen Hauptstadt verhaftet. § Breslau. Der von der Breslauer Kriminalpolizei ver haftete Neichsbannermann Otto Iaschek, der von Beruf Bäcker ist, wurde auf dem Breslauer Polizeipräsidium einem Verhör unterzogen. Dabei hat er das Geständnis abaeleat. 31. Fortsetzung. Beharren Sie noch immer auf dem Standpunkt, Fräulein Silling?" kann nicht anders handeln, Herr Rechenberg," sagte sie leise „Um meine Ruhe, um meinen Frieden haben Sie mich gebracht, und jetzt kommen Sie zu mir mit der Bitte, Ihnen zu helfen?" „Erbarmen Sie fich meines Bruders!" „Sie haben sich meiner nicht erbarmt!" „Er geht zugrunde, Herr Rechenberg!" , geht es ihm nicht anders als inir, da ich mich m Sehnsucht nach Ihnen verzehre. Sie haben all meine » — denn ich liebe dich, Mine, jetzt weiß ich es, daß nh dich liebe und nicht mehr von dir lassen kann, was auch kommen mag." Da ^g er vor ihr auf den Knien wie ein gefällter Baum, umschlang chre Knie und rief erstickt: ,^ch kebe dich! Hunderten von Frauen habe ich diese Worte schon g? agt, ohne daß mein Herz dabei einen Schlag tat, jetzt werde ich fmrch dich dafür gestraft. Hunderte von Frauen habe ich belogen, und nun kommt eine, die mein JNNerMs in Flammen auflodern läßt, und diese eine stößt mich zurück. — Die Strafe ist schwer, aber verdient. Ich habe nicht gewußt, was es heißt, von der Liebe zum Wahnsinn gebracht zu werden, ich habe Niemals geglaubt an diese alles verzehrende Leidenschaft. Nun muß ich einsehen, daß ich rettungslos verloren bin, wenn du mich nicht erhörst." Mit wachsbleichem Gesicht hatte sie ihn angehört, ihre Augen brannten fiebernd heiß- „Willst du mein Verderben?" fuhr er sie rauh an. Sie wandte sich, von innerer Qual ergriffen, ab. Aber um so h«ß«r umschlang er sie. l Skt Schüleran-rana zu den Höheren j Schulen. Im Verordnungsblatt des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung wird eine Verordnung über den Schüler andrang zu den Höheren Schulen zur allgemeinen Kennt nis gebracht. Danach betrug die Zahl der in die sächsischen Volksschulen zu Ostern aufgenommenen Grundschüler im Jahre 1920 93 000 und sank bis zum Jahre 1924 auf 38 000, während sie 1929 wieder auf 81 000 stieg. Für das Jahr 1934 wird mit einer Aufnahmezahl von 79 000 zu rechnen sein. Aus diesen Zahlen ergibt sich, daß von 1930 ab mit einem wesentlich stärkeren Andrange zur Höheren Schule als in den letzten Jahren zu rechnen ist. Von Ostern 1934 ab wird wieder mit einem festeren Dürch- schnittssatz (75 000) gerechnet werden können. Es machen sich also für die Schuljahre 1930, 1931 und 1932 besondere Maßnahmen nötig, um dem erhöhten Andrang Rechnung zu tragen. Sie müssen angesichts des überaus bedrohlichen Standes der Staats- und Gemeinde finanzen mit besonderem Ernste geprüft werden. Als solche Maßnahmen kommen in Frage: 1 die Aufnahme einer größeren Schülerzahl in jede Sexta, wobei die Zahl von 40 einschließlich der Sitzenbleiber in der Regel nicht überschritten werden möchte; 2. die Zusammenlegung von Klassen; 3. möglichste Einschränkung der Gabelung der jetzigen Obersekunden bzw. Untersekunden. Eine Maß nahme, nicht nur vorübergehender Art, aber für die Zeit des Andranges von besonderer Bedeutung ist viertens die ständige Verfeinerung der Schülerauslese. Sie hat sich nicht auf die Neuaufnahmen zu beschränken, sondern für alle Klassen darauf hinzuwirken, daß Schüler, die nach Begabung und Leistungsfähigkeit den notwendigen An forderungen der Höheren Schule nicht entsprechen, einer für sie geeigneteren Bildnuasanstalt zugeführt werden. Die Schulen werden verar t, dem Ministerium Bericht über die getroffenen Maßnahmen nnd deren Erfolg zu erstatten. Es wird dabei darauf hingewiesen, daß damit ge rechnet werden muß, daß aus Anlaß des zu erwartenden Andrangs Erweiterungsbauten an staatlichen Schulge bäuden bei der ungünstigen finanziellen Lage des Lan des nicht vorgenommen werden können und daß das Gleiche annehmbar auch bei den städtischen Höheren Schu len der Fall sein wird. Außerdem sieht das Ministerium bei Städten, die mehrere höhere Schuten unterhalten (Insbesondere den Großstädten), einem zusammengefaßten Berichte über das gesamte städtische Schulwesen entgegen, der sich insbesondere auch darüber zu äußern hat, durch welche Maßnahmen der nbelstaud vermieden werden soll, daß Schulen mit starkem Andrange gute Schüler zurück- weisen, Während Schulen mit geringerem Andrange schwächere aufnehmen. Schweres Eisenbahnunglück in Polen. 8 Tote. — 16 Schwerverletzte. Warschau. Auf der Lodzer Eisenbahnhaltestelle K a - roIew hat sich ein schweres Eisenbahnunglück ereignet. In- folge falscher Weichenstellung stieß ein einfahrender Personen zug mit einem ausfahrenden Güterzug zusammen, wobei beide Lokomotiven sowie 19 Waggons ganz oder teilwe,se zertrüm mert wurden. Soweit bisher festgestellt werden konnte, sind 8 Personen, und zwar ein Zugführer, 2 Maschinisten und 5 Soldaten getötet sowie 16Personenschwer verletztworden. Da einige Wagen des Personenzuges, in dem sich ein Militärtransport befand, in Brand gerieten, befürchtet man, daß unter den verkohlten Trümmern noch einige Leichen begraben liegen. Unfall oder Verbrechen? Vor einigen Tagen wurde bei Arlberg die Leiche des siebzigjährigen Berliner Rechnungsrats Vendt gefunden. Die Ermittlungen haben ergeben, daß die Leiche Wendts offensichtlich beraubt worden ist. Die Uhr und die Brieftasche des Ermordeten fehlten. Des Mordes ver- dächtig ist ein Begleiter Wendts, der dem Rechnungsrat von der Alpinen Beratungsstelle empfohlen worden war. Der Begleiter ist seit einigen Tagen spurlos verschwunden. Aus fallen ist auch, daß er niemand von dem Tode Wendts Mit teilung gemacht hat, obwohl er wahrscheinlich noch bis zuletzt bei ihm gewesen ist. Gendarmerie und Polizei pnd augen- blicklick, damit beschäftigt, den Aufenthaltsort dieses ver- „Du mußt mein werden, du sollst meine grenzenlose ! Liebe sehen, vor keinem Opfer schrecke ich zurück, vor keinem, denn ich fühle es, daß mir dein Besitz den ver lorenen Frieden der Seele zurückgeben kann." „Schweigen Sie, Herr Rechenberg! Ich darf Ihre Worte nicht anhören, es ist tausendfache Sünde, und ich will vor meinem Gewissen schuldlos bleiben." „Sünde sollte es sein, wenn ich dir von den Gefühlen, die uns Gott ins Herz legte, spreche; Sünde sollte es sein, wenn ich dich frage, ob du vor Gott und den Menschen die Meine werden willst?" Mit einem Aufschrei streckte sie ihm beide Arme ent gegen, aber er riß sie nur erneut an sich. „Ich liebe dich, Mädchen! Bin nur von dem einzigen Gedanken beherrscht, dich zu besitzen. Ich kenne keine Hindernisse. So drücke ich jetzt diesen Kuß auf deine Lippen, den Verlobungskuß, meine Aline!" „Nein — nein, denken Sie an Sigunde!" „Sprich in diesem Augenblick nicht von ihr. Ich fühle ! mich weder schlecht, noch verworfen, ich weiß, daß ick, mich diesmal in meiner Liebe nicht täusche, weiß, daß kern un- ! wahres Wort über meine Lippen kommt, wenn ich dir j wiederhole: du bist das Weib, nach dem ich ein Leben lang ! suchte, du erst hast mich erkennen gelernt, was wahre, tiefe Liebe ist!" „Und täuschest dich wieder!" „Nein," entgegnete er mit feierlicher Stimme. „Ich fühle es, Aline, ich kenne mich ja so genau mit allen Schwächen und Fehlern. Gutes und Böses ringt in mir, aber das Böse hatte in den letzten Jahren die Uebermacht in mir gewonnen. Ich weiß, wie groß meine Schuld ist, weiß, wieviel ich verbrach, aber auch das weiß ich, daß in deinem Besitz mein Läuterungsprozeß beginnt. Etwa» Heiliges ist in mir, etwas Neues, Ungekanntes, und das ist deine Liebe!" „Ich darf dich nicht länger anhören!" „Nichts Inneres bindet mich mehr an Sigunde. Wie zwei Fremde leben wir nebeneinander, nur ein morsches Band, das sich eine Zeitlang um uns schlang, hält uns noch zusammen. Aber meine Hände sind wieder stark und kraftvoll geworden und reißen Liese morsche Fessel entzwei." ven Stich gegen den ermordeten Chauffeur Rademacher ge rührt zu haben. Das sei im Verlauf eines Streites ge schehen, der aus einer ganz nichtigen Ursache heraus begann. Auf einer Station haben mehrere Reichsbannerleute, darunter auch Stirn, Hahn und Iaschek, bis zur Abfahrt des Zuges auf dem Bahnsteig verweilt, um dort Wasser zu trinken. Als sie bemerkten, daß der Zug abfuhr, seien sie in den nächst stehenden Wagen gesprungen. In diesem Wagen saß Rade macher. Die Reichsbannerleute stolperten, als sie durch das Abteil Rademachers in ihren Wagen gehen wollten, über feine Beine, worauf Rademacher ihnen Schimpfworte nach gerufen habe. Als die Reichsbannerleute dann in ihrem Wagen an langten, der sehr voll war, entsannen sie sich, daß im Abteil Rademachers noch mehr Platz war, und kehrten wieder nach dort zurück. Hier stolperten sie zum zweiten Male Uber Rade machers Beine. Nach der Darstellung der Reichsbannerleute sei Rademacher darüber so erregt gewesen, daß er dem einen von ihnen an die Kehle gesprungen sei. Es hätte sich ein heftiges Handgemenge entwickelt. Während dieses Hand gemenges hat nun Iaschek dem Rademacher den Stich ver- setzt, der den Tod herbeiführtc. Ueber das Ergebnis einer neuerlichen Vernehmung des verhafteten Reichsbannermannes Iaschek gibt die Bres- lauer Kriminalpolizei folgenden amtlichen Bericht heraus: Ueber seine Beweggründe erklärt Iaschek, er wäre auf einer Station kurz vor Frankfurt-Oder von seinem Kameraden Stirn aufgefordert worden, zusammen mit noch zwei an- deren Kameraden nach vorne zu kommen, um einem un- bekannten Mann, der in einem Abteil 2. Klasse den Stirn angefallen haben soll, einen Denkzettel zu verab- folgen. „Und Sie?" Er sah von ihr fort. „Mine, ich bin nicht immer wahr gewesen, ich hab?, wenn es galt, mein Ziel zu erreichen, ost und mit Ueber- legung gelogen. Aber denken wir jetzt nicht daran. Frage auch nicht, was alles in meinem Leben geschehen ist. Du wirst die Meine werden, Sigunde wird mich freigcben " Mine schwieg. Sw mußte wieder daran denken, daß sie dieser treulosen Frau gewiß keinen Schmerz zufügte, wenn sie dem geliebten Mann jetzt ihre Zusage gab. Sigunde hatte sich schon während ihrer Ehe mit Freun- den getröstet. Es würde ihr vielleicht erwünscht fein, freizukommen. Und nun ihr das zum Bewußtsein kam, war nichts weiter in ihr als Jauchzen und Freude. „Bernhard!" "ANne, — endlich, endlich mein!" Sie lag in seinen Armen, das Gesicht mit Freuden tranen überströmt lachte sie selig zu ihm auf und wußte nur das eine, daß die Qual ihres Innern endlich vor- über war, daß Licht und Sonne ihren Einzug halten würden. Ei versprach ihr, auf den Bruder zu achten, ver- sprach ihr auch, die Angelegenheit Mit Sigunde rasch ins reine zu bringen, damit sich ihrem Glück nicht mehr zu lange dieses ungestillte Sehnen entgegenstelle. Und Aline schied von dem Geliebten mit dem wonnigen Be wußtsein, frei von jeder Schuld zu bleiben und dem Glück Tür und Tor öffnen zu dürfen. Aber auch Rechenberg beschloß, die entscheidenden , Schritte nicht noch länger hinauszuschieben. In ihm war nichts weiter als das stürmische Verlangen, Aline zu seinem Weibe zu machen. Die Hindernisse, die sich ihm entgegenstellten, dünkten ihm gering, er würde Sigunde zur Seite schieben, wie er es schon mit so vielen Frauen getan hatte, er würde das Band, das er in einem ihm heute unerklärlichen Rausche geknüpft hatte, skrupellos zerreißen. Sigunde erschien ihm heute nicht mehr be- gehrenswert, er hielt es nicht einmal für notwendig, nach überbrückenden Ausreden zu suchen, er wollte ihr selbst verständlich die Wege ebnen und war bereit, Lie Schuld auf sich zu nehmen. , . .