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Als nach weiteren zehn Minuten Herr von Krischt er scheint, begibt sich der Bankdirektor mit ernster Amtsmiene zum Schalter und mustert mit allen vorschriftsmäßigen Zwei feln Figur, Augen, Haar. „Darf ich zur Legitimation", spricht er nach den Vorstellungspräliminarien; „um das Wert papier bitten, das Ihnen Herr von Olten mitgab!" Erstaunt fragt Herr von Krische: „Den Pfandbrief?" „Bitte!" — Und die Direktion der Landwirtschafts bank stellt fest, daß der junge Herr im Besitz des Preu- ßischen Hypotheken-Pfandbriefs Litera M Serie III Nr. 23659 ist. — In Ordnung also. Herr Streng gibt Anweisung zur Auszahlung, Herr Mankus leert die Barkasse. Herr Krische unterschreibt die Quittung, doppelt für einfach gültig. — Sehr einfach. In der Frühe des nächsten Tages ist einer der ersten Kunden, die im Schalterraum der Landwirtschaftsbank er scheinen, Herr von Olten. Schmunzelnd zahlt er viertausend Mark ein. Herr Streng aber verläßt den hohen Direktions sitz, um den fleißigen Umsatzkunden persönlichst zu begrüßen. Fragt auch ganz beiläufig: „Bleibt Ihr Herr Schwager län gere Zeit auf Gallstein?" „Mein Schwager?" brummt verwundert der Gallsteiner. „Schwager? — Ich habe doch keinen Schwager!" Ueber Herrn Streng zuckt eine Hitzewelle. „Verzeihung!" wendet er beklommen ein. „Ich sprach doch gestern tele fonisch mit Ihnen. Sie gaben mir Auftrag, Ihrem Schwa ger, Herrn von Krische, zehntausend Mark zu Lasten Ihres Kontos . . ." „Hören Sie auf!" winkt der Gallsteiner ab. „Sie phantasieren, — gestern war ich den ganzen Tag nicht zu Hause, habe also auch nicht mit Ihnen telefoniert! Was ist denn los?" Herr Streng erstattet einen ausführlichen Bericht. Als er zu Ende ist, antwortet der von Gallstein: „Schreiben Sie zuerst mal die Zehntausend auf Ihr Verlustkonto, nicht aber auf die Debetseite meiner hübschen Rechnung. Sie sind be trogen worden. Es gibt keinen Herrn von Krische!" „Aber ich telefonierte doch mit Gallstein!" stöhnt Direktor Streng. Herr von Olten verzieht das Gesicht. „Erkundigen Sie sich mal beim Amt. Gestern war kein Mensch im Haus. Mit wem haben Sie denn gesprochen?" Streng ruft die Aufsicht an. — „Das Gespräch, gestern von Ihnen um 16,23 Uhr nach Gallstein angemeldet, ist um 16,36 Uhr infolge Ihrer eigenen telefonischen Weisung gestrichen worden " „Wir haben doch das Ferngespräch nicht streichen lassen!" keucht Herr Streng. — Der Gallsteiner nimmt ihm den Hörer aus der Hand. „Sie nicht, Herr Streng!" erklärt er und tippt mit dem Finger gegen die Stirn. „Sie nicht, aber Ihr Herr Krische, von irgend einem Apparat aus. In der Stadt na türlich. — Ich durchschaue den Trick: der Mann ist ein Schwindler, aber ein Stimmakrobat. Zuerst rief er mit meiner Stimme an, gab den Zahlungsauftrag und meldete sich selbst an. Die Sache mit der Quittung komplizierte die Aktion, weckte Ihr Mißtrauen und beschwichtigte es nachher umso mehr. Ihr Anruf erreichte Gallstein gar nicht, sondern wurde beim Amt von dies-m jungen Mann abbestellt, im Namen der Bank. Das geht doch — Dann rief der Kerl Sie an, kopierte das Fräulein vom Amt, machte ein bißchen Hokuspokus und ahmte dann wieder meine Stimme nach, gab das Erkennungszeichen, das er später vorweisen konnte. Sehr einfach!" Herr Streng wischt sich die Tropfen von der Stirn: „Angenommen, Ihre Konstruktion stimmte, wie weiß dieser Mensch, daß Ihr Schwager Krische heißen müßte, und weiter, daß Sie über zehntausend Emm, täglich fällig, verfügen können?" Herr von Olten poliert mit dem Daumen die Glatze. „Ehrlich gestanden, — ich kenne den Gauner!" sagt er mit nachdenklicher Langsamkeit. „Hören Sie: Vor zwei Tagen traf ich abends im „Goldnen Löwen" ein paar Bekannte zu einem Spielchen. Zu uns gesellte sich ein fremder Gast, der sich Graf Glattenbach nannte. Dieser Glattenbach — ver mutlich identisch mit Ihrem Krische — verlor in der Nacht an mich runde viertausend Reichsmark. Er gab sein Ehren wort, die Schuld innerhalb von drei Tagen bezahlen zu wollen. Nun, der Graf Glattenbach hat sein Wort gehalten, er sandte mir gestern vier Mille durch Wertbrief. Ich habe sie eben eingezahlt." „Er hat sie von den zehntausend Mark genommen, die er erschwindelt hat", begreift Herr Streng. „Sicher, wir fachsimpelten die Nacht hindurch, er kannte also einigermaßen meine Verhältnisse. Aber das ist nicht Grund genug, nun mir die Zehntausend anzukreiden!" „Mein Verlustkonto!" gibt Herr Streng zu. „Der Schuft!" „Schuft?" — Der Gallsteiner grinst. „Immerhin Kavalier. — Seine Ehrenschuld hat er prompt bezahlt." Setzt etwa- durch der Ehemann, So ist er auch schon Haustyrann. Jedoch der Mode mit Vergnügen Tut sich das weibliche Geschlecht stet- fügen, 'S kann noch so wiedersinnig sein, Die Mode wills. Mann sagt nicht nein? Wie glücklich war doch Eva dran, Sie legt' das Feigenblatt nur an. Sobald dasselbe war verschwunden, Hat sich die Mode eingefunden, Und nun begann die Wandelzeit Und hat nicht ausgehört bis heut. In Modebüchern kann man lesen, War alles ist schon dagewesen. Jahrhundertlang regiert die Fülle der Kleiderformen, 'S war der Mode Wille. Eng, weit, lang, bunt Und meist gehörig ungesund. Dem lieben weiblichen Geschlecht War alles passend, alles recht. Und in der allerneusten Zeit War's zum Evakoftüm nicht weit. Auf einmal aber, Leser höre, Da macht die Mode plötzlich Kehr«. Du deutsche Frau, nimm dir'- zu eigen: Du darfst nicht mehr die Beine zeigen! Bis zu den Knöcheln muß er reichen der Rock. Das ist dafür ein Zeichen, daß nur. die Frau, die gleich der Pinte Bevorzugte die schlanke Linie, Darf wieder werden voll und rund Und dadurch, Gott sei Dank, gesund. Das Fräulein auch? bist nicht gescheit, Trägt weiter noch das kurze Kleid; Will es sonst zu sehr mit betrifft den Bubikopf und Lippenstift. —o Eine „Lenz"geschichte ° Bon Max Grube (Meiningen). Der durch seine „Schlangenkunde,, und „Die Schlan gen und ihre Feinde" bekanntgewordene Naturforscher Lenz unternahm einst von Marienwerder aus, wo er als Lehrer tätig war, einen Ausflug in die weitere Umgebung, um Tiere zu sammeln. Dabei hatte er das Mißgeschick in einen Sumpf zu geraten, aus dem er sich nur mit großer Anstrengung her ausarbeiten konnte, froh genug, daß er nur seinen schönen Strohhut als Opfer der schwarzen Macht zurücklassen mußte. Mit Schmutz bedeckt, vor Frost zitternd, langte er endlich in einem Dorfe an, stürzte ins Wirtshaus und bat um einen erwärmenden Grog. Der Krüger, der den in so verwahrlostem Aufzuge kommenden Gast mit mißtrauischen Augen betrachtet hatte, kam zwar dem Verlangen nach, ersuchte aber als vorsichtiger Mann um sofortige Bezahlung. Da mußte der unglückliche Gelehrte gewahren, daß er auch seine Börse verloren hatte, während er aus dem Sumpfe heraus kroch. Mit Hilfe des zufällig eintretenden Gendarmen wurde die fragwürdige Gestalt nun vor den Ortsschulzen gebracht, 2 -der ihm nach seiner Legitimation fragte. Die hatte der ver dächtige Mensch natürlich nicht bei sich. „Mein Name ist Harald Ottmar Lenz, Lehrer in Marienwerder." „Das kann jeder sagen. Weisen Sie sich aus!" Da fiel dem Gelehrten ein, daß er das naturgeschicht liche Schullehrerbuch für die Provinz geschrieben hatte. Das müsse der Lehrer besitzen. Es wäre auch nicht unmöglich, daß dieser ihn persönlich kenne. Er bat, den Lebrer holen zu lassen Während Lenz vor Frost klappernd auf einer Bank Platz nahm, wurde ins Schulhaus geschickt. Der Lehrer war anwesend, aber daS Buch wurde gefunden und gebracht. „Sie wollen dieser Lenz sein und dies Buch geschrie ben haben?" — „Jawohl." „So? Das wollen wir bald sehen." Der Dorfge- waltige klemmte sich die Brille auf die Nase, schlug das Buch auf und fragte dann: „Was steht auf der Seite vier undachtzig ?" „Das wissen sie nicht?! Sie Landstreicher, Schwind ler und Zechpreller! Marsch, ins Loch." „Wie gefällt Ihnen die deutsche Frau?" Line internationale Rundfrage JedeNation sieht sie anders Ein Berliner Journalist hat nach Schluß des Internationalen Frauenkonkresses den ver schiedenen Vertreterinnen auf dem Kongreß anwesenden Nationen die Frage gestellt: „Wie gefällt Ihnen die deutsche Frau" und gibt uns folgenden Bericht: Die Fraazöfi«: Das Auffallendste an der deutschen Frau ist das über aus gesteigerte Interesse, das sie für alle möglichen Dinge des Werktages empfindet. Dieser Wissensdurst ist stärker als bei uns in Paris, was aber sicher zum Teil auch darauf zurückzuführen ist, daß wir in Frankreich noch kein Frauen wahlrecht kennen. Am deutlichsten spiegelt sich aber der Unter schied bei der Jugend. Die deutsche weibliche Jugend be teiligt sich in geradezu staunenswertem Umfang an ernsten Auseinandersetzungen, so daß man nur zu den optimistischen Schlüssen über die Heranwachsende deutsche Generation kom men kann. Die Engländerin: Die Welt hat sich normalisiert. Wie man bei Ihnen in Deutschland nicht das Empfinden hat, in einem fremden Lande zu sein, so gleicht auch die Deutsche der Eng länderin. Besonders die junge deutsche Frau. — Die Deutsche imponiert durch die Sicherheit des Auftre tens, durch ihre liebenswürdige, aber bestimmte Art, die Dinge anzupacken und durch ihren — wo sie auch politisch und weltanschaulich stehen mag — tiefen Ernst. Die Rumänin: Die Deutsche versteht es wie ihr männlicher Partner geradezu fabelhaft zu organisien. Das kommt wohl da her, daß sie so peinlich genau alles bis ins Letzte überdenkt, Auch die deutsche Küche ist viel besser, als man in Her Welt sonst erzählt, aber zu teuer ist sie noch. Man kleidet sich sehr rationell in Deutschland und versteht es sehr geschickt, unnötige Ausgaben zu vermeiden. Die Holländerin: Früher war die Deutsche eigentlich nur weiblicher Unter offizier. Stramm und laut. Jetzt kennt man sie kaum wieder. Liebenswürdig wie nur irgendeine andere. Sie gefällt überaus durch ihren fortschrittlichen Geist, der ebenso rasch wie entschlossen mit überlebtem Seelengerümpel und modrig gewordenen Gemütsbalast auszuräumen weiß. Di« Frau im Sprichwort der Völker. Die Völker der Erde kennzeichnen in verschiedener Art das Wesen der Frau durch das Sprichwort. Der Nordländer sagt: „Ein braves Weib macht zehn brave Männer!" und „ein frommes Weib und eine fromme Mutter kann man mit Gold nicht aufwägen!" In Schottland sagt man: „Da» Schwert der Frau ist die Zunge; richtig und mit Weisheit geführt, kämpft es für die beste Lehre auf Erden!" und „Die bescheidene Frau ist schnell im Hören und langsam im Reden!" Der Russe philosophiert: „Auch die häßliche Frau klagt, wenn ihr der Spiegel zerbricht!" und „Wer der Frau Essig als Trank gibt, darf nicht Honig als Speise von ihr ver langen!" — Die Chinesen sagen: „Die Frau kann nie bester sprechen, als wenn sie schweigtl" und „Männer spen den den Frauen nur Lob, um Nutzen daraus zu ziehenl" Der Spanier sagt: „Alle Wege der Frauen führen zur Liebe zurück!" Der Japaner sagt: „Mit dem Alter wird die Frau törichter und weiser zugleich!" und „Viele Frauen kennen ihren Geist bester als ihr Herzl" Vom Zuhause. Groß find die Aufgaben der Frau, die aus der Woh nung ein Heim, ein Zuhause schaffen will. Es ist nicht ge tan mit all den notwendigen äußerlichen Dingen, die gewiß nicht fehlen dürfen und die für manche den ganzen Tag und all ihre Kraft ausfüllen, nein, wichtiger als dies ist dis innere Gestaltung des Heims, in dem sich Mann und Kin der behaglich fühlen sollen. Ueber ihrer vielen sorgenden Arbeit, über dem Denken an den andern Tag und seine Forderungen vergißt die Frau gar zu oft di« Seele, die eigene und die der Ihren. Tief unter Alltagshast liegt das Fordern dieser Seelen ver schüttet. unter Staub und Lärm, daß oft die feine, stille Stimme nicht mehr heraufdringen kann. Die Hausgenossen aber suchen bewußt oder unbewußt diese Stimme, die aus der Wohnung ein Heim macht und aus dem Hause ein Zu hause. Finden sie die in der Welt, die ihnen die Frau und Mutter daheim schafft — und sei sie noch so schlicht — so werden sie dort ihre Wurzeln haben, ihren Ruhepunkt, auch wenn sie weit fort sind. Und doch verstehen es nur so wenig Frauen, diese tief verschüttete Stimme hervorzuholen, ihr achtsam zu lauschen, ihr freudig zu dienen. Sie meinen, sie hätten keine Zeit dazu Denn viele von ihnen halten immer noch an den Gewohnheiten vergangener leichterer Zeiten fest und halten vieles im Hause für notwendig, was bei richtiger Eintei lung durchaus nicht notwendig wäre. Das ist der Punkt, an dem die Frau einsetzen muß, richtige und planmäßige Einteilung der Arbeit über die richtige Zeit. Die andere große Gefahr aber liegt darin, daß die Frau nur gar zu leicht geneigt ist, ihre Arbeit — auch wenn sie ihr nur Pflicht und keine Freud« ist — den Forderungen der Heim-Seele voranzusetzen. So sehr ist sie oft im Alltags gleichmaß, auch innerlich eingesponnen, daß sie diese Forde rungen oft gar nicht mehr sieht. Vielleicht will ihr Mann ein wenig bei ihr sitzen und über dies oder das mit ihr sprechen. Sie aber fühlt die oft nicht laut ausgesprochene Bitte kaum. Sie läuft davon zu irgendeiner Arbeit, die ebensogut noch eine Stunde oder zwei hätte warten können. Aus unzähligen Kleinigkeiten baut sich das Zuhause auf, und eines seiner Grundpfeiler ist der Frau und Mutter Fähigkeit: Zur rechten Stunde Zeit zu haben, das ist der Boden, auf dem dann eine rechte Harmonie im Heim erwächst, und damit die gestaltende, lebenschaffende, kuliurfördernde Kraft der Familie Diese Zeit sich zu schaffen, trotz aller äußeren Ungunst und Widerstände, ist die Aufgabe der Frau die sie mit gutem Willen und Ueberlegung lösen muß, und die ihr ein weites Wirkungsgebiet schafft, über ihr eigenes Leben hinaus in kommende Zeiten und deren Kultur hinein. 3