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Nr. 165. PulSnttzn Tageblatt. — Donnerstag, den 18. Juli 1929. sollte, ist durch die ungünstigste Entwicklung der sozialen j Lage des Angestelllenstondes heute weithin zur Illusion ge worden. Mit der steigenden Mechanisierung des Wirtschafts betriebes sind die Möglichkeiten des Ausstiegs für den einzelnen sehr verringert. Eine Sicherung der Zukunft fehlt größtenteils. Die Not der älteren Angestellten ist schon oft besprochen worden, ohne daß Besserung festzustellen gewesen wäre. Die Arbeitslosigkeit, die nicht zuletzt durch die Rationalisierung auch für die Angestelltenschaft bcsondes gesteigert wurde, hat auch die Gefahr einer politischen Radikalisierung verschärft. Auch die Einkommensverhältnisse sind so, daß sie den An gestelltenstand mehr an das handarbeitende Proletariat heran rücken, als ihm die Stellung eines verbindenden Mittelstandes einzuräumen. Nach einer Statistik der Reichsversicherungsan stalt sür Angestellte verdienen mehr als zwei Drittel aller deutschen Angestellten weniger als 200 Mark monatlich, 85 Prozent weniger als 300 Mark. — (Die Mütterberatung) in Pulsnitz M. S. findet am Mittwoch, den 24. Juli, nachmittags 3 Uhr, in der Schule statt. Arzt wird anwesend sein. Grohnauvdorf. (Gemeindeverordnetensitzung.) In der am gestrigen Mittwoch abgehaltenen Sitzung der Gemeinde- verordneten wurden zunächst die eingegangenen Kostenanschläge für die Erbauung eines Waschhauses mit Kohlenschuppen im Gemeindehaus bekanntgegeben. Nach Kenntnisnahme der beiden Anschläge wurde die Erbauung des fraglichen Scliengebäudes an die Firma Gräfe, Pulsnitz, als dem Mindestsorderndm vergeben. Das Gebäude mutz bis 1 Okto ber erstellt sein. Wegen des Einbaues der Dachkammer in der Schule soll die gleiche Firma um Abgabe eines Kostenanschlages ersucht werden. Der Vorsitzende, Bürgermeister Söhnel, erhielt hierauf Vollmacht, den Anbau der Dachgeschoßkammer nach Eingang dieses Kostenanschlages an den Mindestforderndcn ohne weiteres zu vergeben. Im 2. Punkt der Tagesordnung wurde Herr Robert Brückner als ordentliches Mitglied und Vertreter der Gemeindeverordneten von Großnaundorf in den Vcr- waltungsausschuß der Landessparkassr Lichtenberg gewählt. Punkt 3 be faßte sich mit dem Entwurf eines Auseinandersetzungsvertrages zwischen Kirche und politischer Gemeinde Großnaundorf, die künftigen Kanio» ratslehen betreffend. Der Vertragsentwurf wurde im ganzen vorgelesen und fand in der gegenwärtigen Fassung nicht die Billigung der Ge- meindeverordmten. Man lehnte ihn ab, ohne indeß Abänderungsvor schläge zu machen zu den einzelnen Difftrenzpunkten. Man zieht einem Vertrag in der vorliegenden Gestalt lieber den vertragslosen Zustand vor und will die landesgesetzlicke Regelung abwartcn, zumal die Kirche seit dem 12. April d. I. wesentlich günstiger dastehl als vor diesem Zeitpunkt. Im letzten Punkt kamen Feuerlösch- und NotschlachtungS- fachen zur Sprache. Königsbrück. (Konkurs.) Ueber das Vermögen der Ida Seima verw. Berthold geb. Hönzsch und über das der Wally Gertrud Berthold, beide in Reichenau b. Königs brück, Mitinhaberinnen der Firma Hermann Hönzsch in Reiche nau, die dort Handels- und Lohnmüllerei, Brotbäckerei, Schneidemüllerei, Land- und Gastwirtschaft betreiben, ist am 13. Juli das Konkursverfahren eröffnet worden. Konkurs forderungen sind bis zum 17. August 1929 bei dem Amts gericht Königsbrück anzumelden. Bischofswerda. (Beschädigung eines Hau ses bei einem Autounfall.) Auf der (Staatsstraße Dresden—Bischofswerda begegneten einander ein Lieferwagen und ein Privatwagen aus Dresden in dem Ort Schmiedefeld. In diesem Augenblick versuchte ein anderer Wagen zwischen den beiden Gefährten hindurchzufahren. Dabei streifte er die Vorderachse des Lieferwagens. Der Führer, der die Herrschaft über die Steuerung verlor, fuhr in ein Haus hinein, dessen Vorderbau völlig zertrümmert wurde. Personen sind glück licherweise nicht zu Schaden gekommen. Bautze». (Großfeuer im Rittergut Lutto- W i tz.) Großfeuer brach in der Nacht zum Mittwoch auf Rittergut Lultowitz bei Bautzen aus. Die Pferdestallungen, Schweinestall und mehrere Schuppen mit Maschinen, ebenso die Futterböden, in denen ca. 51 Fuder Heu, 300 Zentner Weizen und ebensoviel Roggen und 200 Zentner Hafer la gerten, sind niedergebrannt. Das Vieh ist rechtzeitig ins Freie geführt worden. Die Ursache des Brandes konnte noch nicht ermittelt werden. Stolpen. MpferderArbeit.) Beim Fällen eines starken Baumes in Bühlau geriet der etwa 40 Zentner schwere Stamm ins Rollen und begrub den 56jährigen Gemeindearbeiter Bruno Prescher unter sich. Durch nach stürzendes Erdreich wurde der Verunglückte verschüttet, so daß es erst nach einstündigem Bemühen gelang, ihn frei zu legen. Prescher erlitt außer einem Oberarmbruch und verschiedenen Quetschungen auch Verstauchungen des ganzen Körpers. Bad Elster. (F r c q u e n z st e i g e r u n g in Bad Elster.) Trotz der langen Dauer des Winters und des teilweise in der ersten Jahreshälfte recht ungünstigen Wetters ist die Besucherzahl des sächsischen Staatsbades Elster von 11680 im Jahre 1928 aus 13 830 im entsprechen den Zeitraum vom 1. Januar bis 12. Juli dieses Jahres gestiegen, was einem Zuwachs von 18,4 Prozent entspricht. Diese Zunahme ist um so beachtlicher, da der Beginn der sächsischen Ferien sich erst ab 13. Juli auswirken wird und voraussichtlich eine weitere Steigerung der Besucherzahl zur Folge haben dürfte. Freiberg i. Sa. (Mordangelegenheit Zell mer.) Der Kaufmann Herbert Becker aus Stettin, der wegen des Mordes an dem Dienstknecht Zellmer im Wege- sarther Wald verhaftet worden ist, hat Haftprüfungs termin beantragt. Becker verlangt seine Freilassung. Er leugnet die Tat nach wie vor, obwohl die Sachen des Ermordeten bei ihm vorgefunden worden sind. Die Krimi nalpolizei prüft gegenwärtig die Frage, ob Becker noch an anderen Verbrechen beteiligt ist. Klingenthal. (Hindenburgs Glückwunsch zum 90jährigen Schützenjubiläum.) Auf ein anläßlich des 90jährigen Jubiläums der hiesigen privili- gierten Schützengesellschaft an den Reichspräsidenten ge richtetes Telegramm ging folgende Antwort ein: „Sehr geehrte Herren! Für die treuen Grüße von ihrem 90jäh- rigen Jubiläum spreche ich Ihnen meinen besten Dank aus. Ich verbinde damit meine herzlichsten Glückwünsche zu dem festlichen Anlaß. Mit freundlichem Gruß von Hindenburg." Wurzep. (Ueber einen Kommunisten«Besuch) in Wurzen schreibt das dortige Tageblatt: Sonntag vormittag wurde unsere Stadt wieder einmal durch einen Umzug auswärtiger, höchst« eines Feststellungs- und Versöhnungsausschusses und 3. die internationale Völkerbank, wie man sie heute nennt, die ihre besondere Verfassung erhalten und bereu Direktorium ge wählt werden soll. Gesetzentwurf zum Ausbau der Angestelltenversicherung. Berlin. Der Entwurf eines Gesetzes zum Ausbauder Angestelltenversicherung ist nunmehr dem Reichs rat zugegangen. In dem Gesetz ist vor allem ein Ausbau der Selbstverwaltung vorgesehen: die Mitglieder des Verwal- tungsrates sollen von den Arbeitgebern und den Versicherten gewählt werden; ferner soll die Bestellung der höheren Beam ten nunmehr dem Verwaltungsrat überlassen werden. Ferner vill der Gesetzentwurf die Versicherungsleistungen ausbauen. So ist in dem neuen Gesetz ein Versorgungsrecht für schuldlos geschiedene Ehefrauen, die damit den Witwen gleichgestellt werden, und ein Rechtsanspruch auf Versorgung der Eltern und Großeltern des Versicherten vorgesehen, die bis dahin von sem Versicherten unterstützt worden sind. poincare siegi aus der ganzen Linie! Paris. Die Kammer hat den sozialistischen Vertaguugs- antrag, der die Regierung auf eine bindende Erklärung zur Räumungsfrnge und zum Abrüstungsproblem festlegen wollte, mit 350 gegen 238 Stimmen abgelehnt. Damit ist das letzte Bollwerk der Opposition gefallen. Der Kampf um die Vorbehaltsklausel kann nur noch ein Scheingefecht werden, da die Regierungsmehrheit lediglich eine von Poincare ge billigte Formulierung des Vorbehalts aunehmeu kann. Die Aussprache, die der Abstimmung über den sozialisti schen Antrag voraufging, brachte wieder eine rednerische Be gegnung Blum — Briand. Der Sozialistenführer for derte erneut eine klare Beantwortung seiner Fragen. Der Einwand, daß auch der englische Außenminister Henderson ausweichende Erklärungen im englischen Unterhaus abgegeben habe, sei nicht stichhaltig, denn Henderson habe eben auf Frankreich Rücksicht nehmen und' eine weitere Zusammen arbeit mit der Pariser Regierung ermöglichen wollen. Briand erwiderte, daß es sich hier um eine interalliierte Frage handele. Die Regierung könne also nicht einfach sagen „das und das wollen wir", ohne sich mit den übrigen Mächten zu verständigen. Blum ließ sich nicht beirren- ' Briand habe von den Vereinigten Staaten Europas gesprochen. Ohne vor herige durchaus ehrliche Annäherung zwischen Deutsch land und Frankreich sei ein solcher Plan nicht zu verwirk lichen. Ja, mehr noch, ohne sie würde der Traum Briands ein überaus gefährliches Hirngespinst sein! Das Rheinland müsse also geräumt werden, und wenn die Regierung nicht antworte, solle die Kammer antworten! Briand protestierte. Er habe jede von ihm gewünschte Auskunft erteilt. Herr Blum müsse doch anerkennen, daß die Regierung alles getan habe, um der kommenden politischen Konferenz erneut Gelegenheit zu geben, den Frieden zu festigen. Briand erklärte weiter, er habe im September vorigen Jahres dem Reichskanzler Müller gesagt: „Wir wollen von Deutschland nichts Unmögliches verlangen. Wir können aber nicht zugeben, daß Frankreich 62 Jahre lang beträchtliche Zahlungen an seine Gläubiger leistet, während Deutschland keinerlei Anstrengungen macht." Der Reichskanzler habe das begriffen, und so seien die drei Punkte (Repavationsregelung, Räu mung und Einsetzung einer Schlichtungskommission für das entmilitarisierte Rheinlandgebiet) programmatisch festgelegt worden. Gewiß handele es sich bei dem Genfer Beschluß nicht um eine eigentliche Vereinbarung. Er könne zu der Räumungsftage hier an dieser Stelle nicht Stel lung nehmen, um die Arbeiten der Konferenz nicht zu er schweren. Abschließend sprach der Außenminister mit dem Hinweis auf den letzten Flug des „Graf Zeppelin" von den „glücklichen Ergebnissen" des Locarnogeistes. Zwar habe Locarno nicht alles gegeben, was man von ihm erwartete. Aber das Wort Locarno habe seine durchdringende Kraft schon unter Beweis gestellt. Und jetzt gelte es, die europäische Atmosphäre von den letzten giftigen Miasmen (Pilzen) zu reinigen. Die französische Regierung werde auf der bevorstehenden Konferenz die Interessen ihres Landes nicht „verschleu- wahrscheinlich Leipziger Kommunisten beglückt. In der 8 Stunde kam eine Anzahl Lastwagen aus Richtung Leipzig, und die Leute, die zum Roten Tag nach Riesa beordert waren, bildeten einen Demonstrations- zug durch Wurzen. Anlaß hierzu gab wahrscheinlich die Wiedersehens- feier der 78 er. Daß es bei diesem Umzug nicht ohne Rüpeleien ab- ping, war anzun hmen, weil infolge des Artillerietages verschiedene Einwohner die schwarzweihrote Fahne gehißt hatten Schon der Ber- kchrsschutzmann an der Kreuzung am Crostigall war der Horde ein Dorn im Auge, denn ein Radfahrer versuchte ihn über den Haufen zu fahren. Die schwarzweißivie Fahne am Hotel Pippig sollte dann heruntcrgcholt werden, was jedoch mißlang. Dafür gelang dieser Ver such am Hause des Herrn Bürgermeister Dr. Troitzsch. Die Fahne wurde in nicht wiederzugebender Weise beschmutzt. In der Friedrich - Ebert-Straße wurde ein Angehöriger des Wehiwoifs angegriffen und geschlagen. Nachdem diese Heldentaten vollbracht waren, b-stlegen die Helden am östlichen Ausgange der Start wieder die Wagen nnd fuhren in Richiung Rtcsa weiter. Eine Sipomannschaft, die am Schluffe des kommunistischen Zuges suhr, doch wohl, um ihn sicher durch Wurzen zu geleiten, könnte den besten Tatbericht geben, denn alles geschah vor ihren Augen I Das soll kein Borwurf gegen die einzelnen Mann« fchafren der Sipo oder der Polizei sein. Wenn sich sowas aber am hellichten Tage ereignen kann, so ist das doch ein Beweis dafür, daß das ganze System falsch ist und daß die Staatsautorität allmählich vor die Hunde geht. Wie uns weiter berichtet wird, haben dieselben Helden aus ihrem weiteren Zuge nach Riesa vom Auto aus mit Messern an langen Stücken die anläßlich von Schul und Kinderfesten aufge- hängten Girlanden und Fahnen zerschnitten. Freiberg, (Zum Lustmord in Freiberg.) Der Lustmörder Becker aus Stettin hat auch bis Dienstag nach mittag kein Geständnis abgelegt. Er wurde am Montag nachmittag von >/,3 Uhr bis abends >/,8 Uhr vom Amts richter vernommen, wobei ihm nochmals alles Beweismaterial vorgehalten wurde. Die Untersuchung erstreckte sich auch auf andere, auswärtige Mordsälle. Vor allem wird nachgeforscht, ob und wo sich Becker im Rheinland und in Westfalen auf gehalten hat und ob er etwa gar seine Hand in der Tra gödie Daube-Hußmann (Gladbach) im Spiele gehabt hat. Setre 2. Vern", sondern ihre Entscheidungen auf eine solide Grund lage stellen und so verfahren, daß Frankreich weder übers Ohr gehauen noch das Opfer werde. Biel Siroh ... Briands Meisterschaft, mit einer Rede nichts zu sagen, und es allen recht zu machen, hat sich wieder einmal glänzend bewährt. Der französische Außenminister hat nämlich in der französischen Kammer seinen hohen Chef, dem französischen Ministerpräsidenten Poincare sekundiert und zu den fran zösischen Schuldenabkommen mit England und Amerika und zum Zoung-Plan Stellung genommen. So nimmt die französische Presse zu Briands Kammer rede Stellung: „Er will sich seine volle Handlungsfreiheit als Unterhändler Vorbehalten. Er (Vriand)'hat ein Recht darauf zu schweigen. Aber er spricht gern, und er hat seine Ge danken gerade noch erraten lassen. Diese Gedanken waren so wunderbar vielfältig, daß sie mal die Sozialisten und mal die Nationalen beschwichtigen konnten." Und weiter spricht die französische Presse: „Briand war geistvoll, liebenswürdig und allegorisch (voll blumenreicher Sprache). Er will den Rhein nicht behalten, ihn aber auch nicht gegen ein Linsengericht eintauschen. Der Inhalt seiner Rede läßt sich in die Worte zusammenfassen: ,Ich kann Ihnen nicht alles sagen, aber schenken Sie dem Mann von Locarno Vertrauen'." Und weiter: „Biel Stroh und nicht das ge ringste Korn, das ist der ganze Ertrag." So kritisiert Frank reich die Briand-Rede. So war es verständlich, daß Poincare in der französischen Kammer mit 304 gegen 239 Stimmen einen Sieg errang, in dem die Vorbehalte der französischen Kammer zu den Schul denabkommen abgelehnt wurden; denn der Poung-Plan gibt Frankreich viel, Deutschland wenig. Was sagte doch PoincarS in seiner Rede: „Zum erstenmal hat sich Deutschland verpflichtet, Jahr für Jahr die gleichen Summen zu zahlen, die Frankreich an Amerika und England abzuführen hat. Und das ist doch ein entscheidender Vorteil, den bisher niemand hat er reichen können." Wie sprach Briand vor den französischen Deputierten: „Die amerikanischen Soldaten hätten nicht an der Sekte der Franzosen und Engländer gekämpft, um Geschäfte zu machen, sondern um dem Appell Frankreichs zu folgen, und Frank reich werde den .Edelmut' des amerikanischen Volkes nicht vergessen." Man kritisiere den Poung-Plan, wie man den Versailler Vertrag kritisiert habe. Er, Briand, habe es übev nommen, den Versailler Vertrag anzuwenden, und das sei nicht immer leicht. — Phrasen, nichts als Worte! „Es wäre doch bedauerlich, wenn Frankreich von vornherein sagte, was es auf den Konferenzen zu tun gedächte, denn wo zu wären dann solche Konferenzen noch nütze?" Wie ein Fuchs hat es Briand vermieden, sich irgendwie für Frank- reich auf die Saar- und Rheinfrage festzulegen. Und Briand hat es sehr leicht, unangenehmen Zwischenfragern in der Kammer zu antworten, er habe das Mögliche getan, um die Durchführung des Poung-Planes zu ermöglichen. Denn nach diesem Plan muß Deutschland 62 Jahre lang jährlich durch schnittlich 2 Milliarden Reichsmark zahlen. Und wenn Briand endlich in seiner Kammerrede sagte, „der Friede werde nichi allein aus der kommenden Neparationstonferenz hervor gehen, sondern aus einer allgemeinen Konferenz der europäi schen Länder", so werden wir Deutschen uns an den Kopf fassen und fragen: Wann soll denn endlich die Befriedung Europas kommen? Briand ist eben ein ausgefeimter Fuchs, dem gegenüber die ehrlichen deutschen Politiker einen schweren Stand haben werden. Da ist es zwar wichtig, wenn sich der deutsche Reichskanzler gegen die französischen Unwahr heiten wendet und erklärt: „Die Reichsregierung hat sich niemalsmit einer ständigen Kontrollkommission am Rhein einverstanden erklärt" Sind Deutschlands Vertreter auf der kommenden Neparationskonferenz, über deren Tagungsort man sich nach einer Erklärung des englischen Ministerpräsi denten MacDonald immer noch strittig ist, nicht unerbitb lich fest, dann wird Herr Briand auf dieser Konferenz mit seinem Wort- und Phrasenschwall neue Triumphe — nicht zum Besten Deutschlands — feiern können. Mehr E h r l i ch k e i t in der europäischen Außenpolitik tut not und die Wahrheit darüber, daß Deutschland mit dem Toung-Plan unmögliche Sklavenarbeit auf 62 Jahre auf erlegt wird. Harzburgs Bergwelt durch eine Schwebebahn erschlossen. Harzburg. Die Harzburger Schwebebahn — seit lan gem Wunsch und Wille der Harzburger Bürger — ist fertig. Vom Talbahnhof oberhalb der Eichen ziehen sich die stähler nen Stricke über die Hänge des Burgberges zum Gipfel. Ein einhalbes Jahrhundert alter Traum hat sich verwirklicht. Harzburgs Bergwelt ist durch die Bahn, die ein neues kühnes Projekt schon weiter führen will, in engste Verbindung mit dem Ort selbst gebracht. Gemeinsam haben der braunschwei gische Staat und die Stadt Bad Harzburg die Schwebebahn erbaut, gemeinsam haben Stadt und Kommune die Pläne beraten und die Arbeiten gut geheißen. Mit der neuen Harzburger Bahn ist die erste Teilstrecke der großen Harz schwebebahn Bad Harzburg — Richtung Brocken fertiggestellt und damit eine Verkehrsnotwendigkeit erfüllt worden. Mit der Einweihung der Bahn ist gleichzeitig eine Auto busverbindung vom Hauptbahuhos zum Talbahnhof er öffnet worden. In wenigen Minuten bringen die eleganten schweren Autobusse die Gäste zur Bergbahn und dann in kurzer Zeit zur Höhe. Mittwoch vormittag wurde die Bahn mit einem kurzen Festakt der Oeffentlichkeit übergeben. Nach kurzen Ansprachen brachten die kleinen Wagen, die - in den Farben der Stadt gehalten sind, die Gäste über die waldumkränzten Höhen zum Burggipfel, den in grauen Vorzeiten eine stolze Burg krönte. In wenigen Minuten erlischt der Lärm der Stadt, und weit schweift der Blick über das herrliche Land. Westwärts liegt Goslar. Aus dem Süden, inmitten prangender grüner Wildnis, ragt mächtig und stark der Brocken. In Sonnenglut glaubt man nord wärts die Dächer und Türme Braunschweigs zu sehen. Interessant sind die technischen Einzelheiten, die ge legentlich der Eröffnung der Bahn bekannt wurden. Am 18. März 1929 wurdm die ersten Messungen vovgerwmmen. Ungefähr vier Monate dauerte der Bau.