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Pulsnitzer Tageblatt : 25.06.1929
- Erscheinungsdatum
- 1929-06-25
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- Stadt Pulsnitz
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1840937203-192906250
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1840937203-19290625
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1840937203-19290625
- Sammlungen
- LDP: Bestände der Stadt Pulsnitz
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
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Zeitung
Pulsnitzer Tageblatt
-
Jahr
1929
-
Monat
1929-06
- Tag 1929-06-25
-
Monat
1929-06
-
Jahr
1929
- Titel
- Pulsnitzer Tageblatt : 25.06.1929
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schicksal für 59 Jahre fallen muß. Handelt es sich doch um die Annahme^ oder Ablehnung des Poung- Planes, zu dem die Reichsboten, die Vertreter des deutschen Volkes, Stellung nehmen sollen. / Vorstoß -er nationalen Opposition. Deutscher Reichstag. 8 4. Sitzung, Montag, den 24. Juni. Der Außenminister erschien kurz vor 1V Uhr. Präsident Löbe teilt mit, daß der sozialdemokratische Abgeordnete Krü- ger - Merseburg sein Mandat niedergelegt habe. Er führte aus, dc>ß von den Kommunisten ein Mißtrauensantrag gegen den Reichsaußenminister eingegangen sei. Dann gab der Reichstagspräsident das Wort dem Frak tionsführer der Dcutschnationalen Volkspartei, dem Grafen Westarp. Graf Westarp wies auf das Scheitern der AL- rüstungskomödie in Genf, auf das den deutschen Minderheiten an getane Unrecht, auf den vom polnischen Außenminister auf der Genfer Konferenz im Dezember provozierten Zusammenstoß hin. Nicht die Einsetzung der Pariser Sachverständigen- konferenz, nicht das Umschwenken der deutscl^en Sach verständigen aus das politische Gebiet und ihr Zurück weichen auf den Poung-Plan, nicht der Rücktritt Bög lers, nicht das Schlusiergebnis der Pariser Konferenz hätten den Reichstag veranlassen können, seine Stimme in die Waagschale zu werfen. Unsere Staatsform ist die des unbeschränkten Absolutismus. Der absolute Herrscher, die Parlamentsmehrheit der Großen Koa lition und ihr Ausschuß, die Regierung, entscheiden. Der Untertan hat," so fügte der Redner hinzu, „zu schweigen und die Lasten, Lie sein Herr und Gebieter ihm aufcrlegt, zu übnernehmen, nicht nur für sich, sondern für Kind und Kindeskind." Graf Westarp erinnerte an das Versailler Zwangsdiktat, er erinnerte daran, daß sich an dem Wesen der Fremdherrschaft und der Schmach nichts geändert habe. Mit tiefem Schmerz müsse man auf die tief« Kluft Hinweisen,, die auch heute noch das deutsche Volk spalte. Die Sozialdemokratie halte sich von allen Kundgebungen anläßlich der zehnjährigen Wiederkehr des Ver sailler Diktats fern. „Ich frage den Herrn Reichskanzler," so wandte sich Graf Westarp an die Regierungsbank, „wie sich das Reichskabinett zu den Kundgebungen des 28. Juni stellt?" Der Redner gab einen Rückblick aus die deutsche Außenpolitik der letzten fünf Jahre. Eingehend beschäftigte er sich mit der Ver ständigungsoffensive vr. Stresemanns. Er betonte, daß das Zu sammengehen des Außenministers und der Mitte-mit der Sozial demokratie dahin geführt habe, daß diese Politik dauernd dem sozialdemokratischen Illusionismus und Internationalismus Opfer bringen mußte. Das sei vielleicht der tiefste Grund für das Schei tern der deutschen Politik gewesen. Die Regelung der Verhältnisse im Westen hätte uns freie Hand im Osten geben sollen. Nichts sei ge- gelungen. Locarno habe uns die Räumung bringen sollen. Gerade die letzten Monate hätten der deutschen Politik auch auf diesem Gebiet neue schwere Mißerfolge gebracht. Als Ergebnis müsse man be tonen: „Schluß mit der Politik deutscher Vor leistung ohne gesicherte Gegenleistung! Schluß mit der Rücksicht auf den Phrasennebel der Genfer Atmosphäre. Der Dawes-Plan habe seine Probe nicht bestanden. Deutschland wollte unabhängige wirtschaftliche Untersuchung. Der Gegner wollte politische Verhandlungen über politische Forderungen. Deutschland lehnte die Verquickung der Tributschuld mit den alliierten Schulden an Amerika ab. Sie ist das Kennzeichen des Tributplans, der Deutschland über seine vertraglichen Verpflich tungen hinaus auf Höhe und Dauer der Iahreszahlungen der alliierten Schulden sestlegt. Die kommunizierenden Rohren zwi schen Räumung und Reparation stehen offen, und Frankreich ist in der Lage zu fordern, dass über die Räumung erst verhandelt werden soll, wenn der Young- Plan ratifiziert und die Internationale Bank in Tätig keit getreten ist. Die Abrechnung über diese Geschehnisse bleibe Vorbehalten. Graf Westarp wies auf die Höhe der Jahreszahlungen, ihre 5 0 jäh - rige Dauer, auf die teilweise Aufhebung des Transferschutzes und auf die nichtssagende Revisionsklausel hin. Die Bedinguungen gingen weit über die vertragsmäßigen Verpflich- tun gen hinaus. Belonders hob Graf Westarp hervor, daß der Bericht kein Wort enthalte, daß der Versailler Vertrag in Ar tikel 232 Deutschland den 1. Mai 1951 als Endtermin der Kontribution zusage. Deutschland solle wiederum eine Verpflichtung übernehmen, deren Undurchführbarkeit sich herausstellen werde. Deutschland solle sich auf weitere 6V Jahre bis zum Weissbluten belasten. Da habe es ein Recht darauf, zu wissen, ob und auf welchen Grundlagen man diese Belastung als möglich und durchführbar er achtet habe. Das habe der Sozialdemokrat Keil, deutlicher noch der preußische Ministerpräsident ausgesprochen, der im Landtag schon die 1659 Millionen des April-Memorandums für unmöglich erklärte. Der Redner schilderte dann die Einzelheiten des Plans, die die Lage Deutschlands gegenüber dem Dawes-Plan verschlech terten. Die Unmöglichkeit jedes wirtschaftlichen Fortschrittes würde in erster Linie die Massen der Arbeiter treffen. Was habe der Außenminister in Madrid und Paris erreicht? Zum Schluß begründete der Redner nochmals ausführlich die Forderung seiner Partei auf amtlichen Kampf gegen die Kriegs schuldlüge. Ehre und Freiheit hätten schon auf Erden Ewig keitswert! Oie Rede -es Reichsaußenmimsters. Als der Reichstagspräsident anschließend dem Reichsaußen- Minister das Wort erteilte, riefen die Nationalsozialisten: „Pfuil Weg mit Stresemann! Abzug! Eine große Pleite!" Der Ab geordnete Stöhr erhielt einen Ordnungsruf. Der Außen minister sprach vom Rednerpult. Er hatte in seinem Rücken einen Stuhl als Stütze. Er suchte die Haltung der Regierung, die bisher der außenpolitischen Aussprache aus- gewichen sei, dadurch zu rechtfertigen, daß er ausführte, es könne niemals irgendein Abkommen zustande kommen, wenn einer der Partner vorher seine Absichten in der Oeffcntlichkeit mitteile. Er werde sich deshalb auf einiges Wenige beschränken. Es sei keine Rede davon, daß das Parlament ausgeschaltet werde; das Parlament werde die Entscheidung in der Hand haben. Der Außenminister ging auf das Dawesabkommen und seine Unterzeichnung auch durch einen Teil der deutschnationalen Ab geordneten ein. Dann wandte er sich einer Auseinandersetzung zu, die er im Jahre 1926 mit dem Abg. vr. Quaatz gehabt habe. In diesem Jahre sei in der Berliner Presse eine Reihe von Auf sätzen erschienen, in denen zum Schluß immer wieder die Re vision der Dawesgesetze gefordert wurde. „Ich habe damals erwidert," sagte der Minister, „daß es politisch unmög lich wäre, den Versuch zu einer Revision zu machen. Im letzten September trat nun die andere Seite an den Reichskanzler mit dem Vorschlag einer solchen Revision heran. Herr Graf Westarp, glauben Sie, daß irgendeine deutsche Reichsregierung sich auf den Standpunkt stellen konnte gegenüber dem deutschen Volke und der Welt, daß wir eine solche Revision ablehnen." Graf Westarp gegenüber betonte vr. Stresemann, wir hätten nicht abwarten können. Wir hätten im September nur mit Ja antworten können. Etwas anderes wäre eine vollkommene politische Unmöglichkeit gewesen. Dann habe Graf Westarp eine zweite Frage gestellt, die politischen Einwirkungen auf die Sach- verständigen. Selbstverständlich sei eine ganze Reihe von Briefen des Kanzlers an die Sachverständigen vorhanden. Vor Entscheidungen in Paris hätte selbstverständlich der deutschen Reichsrcgierung Kenntnis über die Lage und die Gelegenheit gegeben werden müssen, ihrerseits ihre Auffassung mitzuteilen. Als darauf ein Zuruf der Nationalsozialisten ertönte, der Außenminister solle doch den Brief des Kanzlers vorlesen, meinte vr. Stresemann, das sei ganz unmöglich. Er werde sich einem derartigen Beschluß mit allen Kräften wider setzen. Cs sei sehr leicht, gegen den Poung-Plan und einen Plan, der noch darunter liege, die schärfste Rede zu halten. „Glauben Sie," so wandte sich der Minister an die Rechte, „daß irgendein Mitglied der Regierung den Poung-Plan für etwas Ideales hält und die Garantie für die Ausführung übernehmen würde. Wer kann denn in der ganzen Welt überhaupt eine solche Garantie übernehmen? Man kann nur für das nächste Jahrzehnt ein Urteil abgeben, und auch das ist schon ein Wagnis." Der Minister besprach dann die in Aussicht gestellten Erleich terungen. Diese Dinge müßten auf innerpolitischem Gebiet ge regelt werden. Eine Erleichterung auf Grund des Joung-Plans dürfe zur Behebung der Schwierigkeiten der Kassenlage nicht ver wendet werden, Zur Räumungsfruge erklärte der Minister, er sei nicht in der Lage, über Madrid etwas mitzuteilcn. Das würde das Ende dieser Besprechungen sein. Es bestünde aber Einmütigkeit im Kabinett, daß für alle Besprechungen über die Rheinlandräumung für die Reichsregierung Verhandlungen über eine Versöhnungskommisston außerhalb jeder Erörterung stünden. Die notwendigen Sicherheiten seien im Lo- .carno-Vertrag gegeben. Wir seien gewillt, gegebenenfalls daran die Verhandlungen, scheitern zu lassen. Niemals Werke Deutschland Vie Alleinschuld an der Herbeiführung des Krieges anerkennen. Auch im französischen und englischen Parlament werde nie mand mehr diese Behauptung aussprechen. Dr. Breitscheid (Soz.) redete über den Etat des Amtes. Er wünsche eine Demokrati sierung des auswärtigen Dien st es, eine Verwachsung i>er Beamten mit der Republik. Er erwarte den schleunigen Ab schluß des deutsch-estnischen Handelsvertrages und meinte, seine Partei billige es nicht, daß in dieser Frage ^nf die estnischen Gutsbesitzer, die sich erst 1926 aus materiellen Interessen ins Deutsche Reich eingeschlichen hätten, Rücksicht genommen werde. Hinsichtlich der Minderheitenfrage scheine die deutsche Delegation in Madrid manches versäumt zu haben. vr. Breitscheid erklärte, daß Graf Westarp im Gegensatz zu Geheimrat Hugenberg sich über den Poung-Plan geäußert habe, und meinte, seine Partei wisse das zu schätzen. Die Sozialdemokratie wolle, dass die Negierung den Boung-Plan als Grundlage für weitere Verhandlungen annehme. Sie müsse versuchen, auf dieser Grundlage Verbesserungen zu erreichen. Mit der Ratifizierung des Doung-Planes müsse die Gesa-.tliquidierung der Kriegsfolgen in Verbindung stehen. Daraus ergebe sich die Forderung der sofortigen völligen Räumung des Rheinlandes. Di-» Basis für einen wirklichen Frieden sei nicht möglich, solange fremde Truppen im Rheinland stän den. Jede weitere Kontrollkommission fei abzulehnen. Die Sozialdemokratie sei einig mit den Forderungen der französischen Sozialisten und der englischen Arbeiterpartei, die jetzt die Regierung übernommen habe. Die Sozialdemokraten hätte» immer die Be- hauptung von der Alleinschuld Deutschlands am Kriege als Lüge zurückgewiesen. Sie führe ihren Kampf gegen Schuldlüge und Abrüstung auf dem Boden des Internationalen Sozialismus. — Der Abgeordnete Ulitzka (Ztr.) erklärte, je länger man den Poung-Plan lese, desto schwerer werde die Entscheidung. Seine Partei folge der vom Reichsfinanzminister gewünschten Zurückhaltung, um die Hand- lungsfreiheit der Regierung für die politische Konferenz nicht einzuengcn. Würden wir den Plan nicht annehmen, so werde es in voller Verantwortlichkeit geschehen. Dann befände sich das Zentrum im Einvernehmen mit der Aeußerung seines Partei- vr'sitzenden: Lieber ein ehrliches Nein als ein falsches Jak Die Lösung des Reparationsproblems sei nicht nur eine Aufgabe Deutschlands, sondern aller beteiligten Länder. Wir müssten an die anderen Mächte appellieren: Was wollt ihr aus dem Poung-Plan machen? Soll er nur ein Schema zur Eintreibung der Forderungen an Deutschland sein? — Dann ist keine Möglichkeit der Annahme gegeben. „Wir verlangen in erster Linie Bescheid über die Stellung der Mächte zur Frage der Rheinlandräumung. Das ist eine Frage, die „mindestens gleichzeitig" mit der Entscheidung gelöst werden muß. Wir haben bereits alle Garantien erfüllt, die uns nach dem Vertrag von Versailles berechtigen, vor zeitige Räumung zu verlangen. Es bedarf keiner neuen Kontrollen mehr. Unser Volk muß einmütig hinter unseren Unterhändlern stehen, damit sie das Beste beim Poung-Plan er reichen. Wir verlangen die Räumung gratis und franko, aber nicht per Nachnahme. Die Franzosen verlangen die Feststellungs- und Versöhnungskommission." Bedauerlich sei es, daß in dem Pariser Plan eine Empfehlung -es Abbaues der hohen Schutzzoll- mauern völlig fehle. Zu erhoffen sei nach der Räumung eine Wiedergesundung der Grenzgebiete im Westen; aber auch den „deutschen Osten" dürften wir nicht vergessen. Bei der Liquidierung der politischen Kriegs folgen dürfe eine beschleunigte Rückgabe des Saargebietes nicht vergessen werden. Die Beschwerden der Minderheiten würden jetzt vom Völkerbund nach einem wohl durchdachten System von Drahtverhauen abgedrängt und begraben. Die Minderheiten- frage dürfe nicht mehr von der Tagesordnung des Völkerbundes verschwinden. Dann nahm der Kommunist Stöcker das Wort. Wenn es durch Paris zu einer Entspannung komme, dann nur, um gemeinsam gegen Sowjetrußland zu rüsten. Der deut sche General v. d. Lippe hatte erst kürzlich in Paris über das Militärabkommen gegen Rußland verhandelt. Auch der Indu strielle v. Rechberg hatte dem französischen Ministerpräsidenten Pläne unterbreitet, und zwar mit Wissen und Duldung des deut schen Botschafters v. Hoesch. Die sozialdemokratischen Minister seien mitverantwortlich für die arbeiterfeindliche Politik. Abg. vr. Schnee (D. Dp.) hielt eine eingehende und ernst liche Prüfung des Poung-Planes für notwendig und behielt sich die Stellungnahme seiner Partei zu diesem Plane durchaus und in jeder Beziehung vor. Eine selbstverständliche Voraussetzung sei die Rheinlandräumung, und zwar die Räumung ohne irgend welche Bedingungen. Der Redner betonte weiter, der Poung-Plan stehe auch im untrennbaren Zusammenhang mit der inneren Reform. Der Hauptwert müsse auf Steuererleichterungen gelegt werden. Mit Befremden habe die Dolkspartei von den Ausführungen des Abg. Breitscheid über die Aufhebung der Industricbelastung Kenntnis genommen. Die Betriebe müßten von dem entlastet werden, womit sie über den Dawesplan hinaus zusätzlich belastet seien. Dasselbe gelte für die Verpflichtungen der Landwirt schaft und der R e n t e n b a n k. Jeder Pfennig müsse für die Steuerentlastung verwendet werden. Abg. vr. Bredt (Wirtschllftsp.) fragte den Minister, ob er wirklich glaube, daß der Mittelstand die nach dem Poung- plan eintretende soziale Mehrbelastung aushalten könne. Der Mittelstand müsse eine Befreiung von allen Fesseln verlan gen, namentlich eine Garantie dafür, daß die Reichsbank unter keinen Umständen eine neue Inflation herbeiführen könne. Eine Revision werde auch am Poungplan einmal notwendig sein. Die wirkliche Frage, um die es gehe, sei die Räumung des Rheinlandcs und des Saargobietes. Erkaufen dürfe man die Räumung nicht, vr. Bredt mußte zugeben, daß Geheimrat Hugenberg in Marburg einen ungeheueren Erfolg gehabt habe. Trotzdem griff er den Partei führer der Deutschnationalen Dolkspartei in einer nicht mißzu- verstehenden Form an. Diesen Anschuldigungen gegen Geheimrat Hugenberg schloß sich auch vr. Haas (Dem.) an. Zur Sache meinte der Sprecher der Demokraten, daß man zunächst das Ge samtergebnis der Verhandlungen sehen müsse, um zu der Frage des Pariser Abkommens Stellung nehmen zu können. Die Räu mung des Rheinlandes ohne jede Kontrollinstanz müsse notwen dige Folge des neuen Zahlungsplanes sein. Es bleibe die große Aufgabe deutscher Außenpolitik, aus nationalen Gründen den Gedanken europäischer Gemeinschaft und den Gedanken der Völ kerverständigung zu vertreten. Abg. Emminger (Bayer. Dp.) kündigte an, daß der Reichstag vielleicht bald einmal die Folgerungen daraus ziehen werde, daß dec Völkerbund in den entscheidenden Fragen der Abrüstung und des Minderheitenschutzes versagt habe. Es sei ein großer Irrtum, daß die Regierungsparteien den Youngplan trotz aller Bedenken annehmen würden. Man müsse im Gegenteil feststellen, daß die Bedenken überwiegen. Auch die Reichsregie, rung betrachte ihn nur als Verhandlungsgrundlage. An der Spitze müsse allerdings die Forderung stehen: Räumung der besetzten Gebiete und Bereinigung der Saarfrage! Abg. Graf Reventlow (Nat.-Soz.) erklärte, der Reichsaußen minister sei auch diesmal wieder mit Mißerfolgen bedeckt und von dem Beifall seiner Claque umjubelt zurückgekehrt. vr.Stre- semann habe nur eine internationale Phantastepolitik getrieben. Es müsse alles getan werden, um ein Vertrauensverhältnis zwischen Deutschland und Italien herzustellen; auf diese Weise helfe man auch den Deutschen Südtirols. Dem Poungplan sagte der Redner schärfsten Kampf an. Abg. Hepp (Christl.-Nat. Bauernp.) wies darauf hin, daß für den Teil der Rechten, der dem Dawesplan zuge stimmt habe, ausschließlich nationale Beweggründe die Ver anlassung dazu waren. Er erinnere an den einmütigen Ruf des besetzten Gebietes, das von der Annahme des Dawesplanes eine Erlösung von unsagbaren Leiden erhoffte. Die an den Zahlungs plan und die Entwicklung der Wirtschaft geknüpften Erwartungen seien aber nicht eingetreten. Am meisten habe die Land wirtschaft unter der Außenpolitik der letzten Jahre gelitten. Aus wirtschaftlichen Untersuchungen sei zuletzt in Paris ein rein politisches Schachergeschäft geworden. Der zermürbenden Taktik der Gegenseite, unterstützt durch den Krämergeist gewisser Kreise in der Heimat, seien die deutschen Sachverständigen er legen. Die Christlichnationale Bauernpartei bekenne sich gegen über dem Poungplan zu einem ehrlichen Nein. Dann antwortete Abg. von Freytag-Loringhoven (Dnat.) dem Außenminister. Er sprach sein Befremden darüber aus, wie jener geredet habe. Er habe nicht eine Begründung seiner Politik gegeben, sondern innerpolitische Polemik getrieben, nicht von Paris geredet, sondern von Marburg und der Rede des Geheimrats Hugenberg vor den Studenten. Das wider spräche allem parlamentarischen Brauch. Bei Etatsbcbatten habe nicht die Opposition, sondern die Politik der Regierung im Mit telpunkt der Verhandlungen zu stehen. Der Redner betonte, er habe es nicht nötig, Herrn Hugenberg zu verteidigen. „Das Werk," sagte er, „spricht für den Mann, sein Werk, das in der Schaffung und Erhaltung einer nationalen Presse besteht." Abg. v. Freytag-Loringhooen wies darauf hin, daß der Außenminister dem Gebot staatsmännischer Klugheit zuwider stets die von ihm verfolgten Ziele vorher bekanntgegeben. Dor Locarno habe er verkündet, er werde ein englischssranzösisches Bündnis hindern und di« Frage der Ostgrenze aufrollen. Locarno habe nichts er bracht, als unsern freiwilligen Verzicht auf Llsaß-Lothringen, Eupen und Malmedy. Auf die Räumung der Ruhr und Köln- Hatten wir ein Recht. Im Aeltestenrat des Reichstages einigte man sich dahin, daß nach der zweiten Lesung des Reichshaushalts die An träge landwirtschaftlicher Art in zweiter Lesung erledigt werden sollen. Am Donnerstag und Freitag sollen dann die dritten Lesungen des Etats usw. stattfinden. Der Reichstag würde da nach am kommenden Freitag abend die Sommerpause eintreten lassen. Ueber die Tagung, die im August stattfinden und ver- mutlich am 2V. August beginnen soll, wurden Beschlüsse noch nicht gefaßt. '
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