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Str. 133. PulSnitz« Tageblatt. — Dienstag, den 11. Juni 1929. Seite 2. AuS diesem Grunde wurden bereits verdächtige Personen amtlich vernommen. Bischofswerda. <Auszeichnung.) Dem Ehren vorsitzenden des Gastwirtsvereins für Bischofswerda und Umgegend, Herrn Hotelbesitzer Otto Vobian, „Goldner Engel", Altmarkt, wurde die höchste Auszeichnung des Deutschen Gastwirtsbundes, Sitz Berlin, die goldne Nadel, für seine langjährige Tätigkeit zur Förderung und Hebung des deut schen Gastwirtsstandes, feierlich überreicht. Dies ist um so ehrender, als diese Auszeichnung an sächsische Gastwirte nur sehr selten verliehen worden ist. Bautzen. (Bevorstehende Heimkehr der Bautzener „Spione".) Nach hier vorliegenden Nachrichten ist in den nächsten Tagen die Heimkehr der drei in der Tschechoslowakei wegen Spionageverdachts verhafteten Bautzener Bürger zu erwarten. Es hat sich herausgestellt, daß der tschechische Soldat das Märchen von der Verleitung zur Desertion erfunden hat, um seinen Diebstahl nicht eingestehen zu müssen. Dresden. (Paddlerunfälle.) Am Sonntag fuhr ein mit zwei Personen besetztes Paddelboot auf das Seil der „fliegenden Fähre" bei Antons und kenterte. Der Führer des Bootes vermochte sich durch Schwimmen zu retten. Seine jugendliche Begleiterin wurde durch einen auf der Fähre befindlichen Monteur aus dem Wasser gezogen. — Bei Niedervogelsang stürzte ein mit zwei Paddlern besetztes Boot infolge, des heftigen Windes um. Die beiden Paddler klammerten sich an das Boot, bis ihnen Hilfe gebracht werden konnte. Pirna. (Schwefelsäure auf der Straße.) Ker wurde der Polizeiwache gemeldet, daß auf der Neuen Dresdener Straße ein Rad- bzw. Motorradfahrer gestürzt seien. Eine Untersuchung ergab, daß die Straße von einen etwa ein Meter breiten Streifen Schwefelsäure bedeckt war. Die Gestürzten hatten zum Teil am Körper so schwere Brandwunden erlitten, daß sie dem Krankcn- hause zugeführt werden mußten; auch ihre Kleidungsstücke waren durchgebrannt und die Rüder beschädigt worden. Es stellte sich heraus, daß ein Glasballon mit Schwefel säure auf einem Transport gesprungen war. Klotzsche. (Tödlicher Unfall.) Ein entsetzlicher Vorgang trug sich am Montag 3 Uhr nachmittags in Klotzsche unweit vom Kurhaus zu. In dem Augenblicke, als ein Radfahrer ein Pferdegeschirr überholen wollte, fuhr noch ein Kiaftradfahrer in gleicher Richtung vorüber. Letzterer und der Radfahrer gerieten dabei aneinander und kamen zum Sturz. Der Kraftradsahrer siel so unglücklich von einem im selben Moment aus Dresden kommenden und nach Lausa fahrenden Lastkraftwagen, daß ein Rad des schweren Fahr zeuges über dessen Kops hinwegging, was den sofortigen Tod zur Folge hatte. Es handelte sich um den 20 Jahre alten Schneidergehilfen Hugo Brückner aus Laußnitz bei Königs brück, der als solcher auf Weißer Hirsch beschäftigt war. Der tödlich verlaufene Unfall lehrt erneut, wie unvorsichtig ein Ueberholen zu dritt ist, noch dazu, wenn man Fahrzeuge aus der entgegenkommenden Richtung nahen sieht. — (Ein Unfall) trug sich ferner in der ersten Morgenstunde des Montag ebenfalls in Klotzsche zu. Oberhalb vom „Weißen Roß" fuhren zwei Reichswehrangehörige mit ihrem Kraftrad auf ein Pferdegeschirr auf, kamen zu Fall und mußten später wegen der dabei erlittenen Verletzungen mit der Straßenbahn nach Dresden weiterfahren. Deren Kraftrad war bei diesem Zusammenstoß beschädigt worden. Meitze«. (Schweres Bootsunglück.) Mon tag mittag wurde die Motorfähre „Forelle", die den täg lichen Verkehr zwischen den beiden Elbufern vermittelt, von dem stromaufwärts fahrenden Eilsrachtmotorschiff „Pirna" gerammt. Das Fährschiff brach auseinander und sank. Die Fahrgäste, deren Zahl noch nicht feststeht, sprangen zum Teil ins Wasser. Fünf Personen wurden gerettet. Eine der ge retteten Frauen starb kurz darnach im Krankenhaus. Der Boolssührer hat einen Nervenzusammenbruch erlitten und vermag bis jetzt keine genaueren Angaben über das Unglück zu machen. Es wird angenommen, daß er die Geschwindig keit des Eilsrachtschiffes unterschätzt und versucht hat, noch vor ihm über den Strom zu gelangen. Von anderer Seite wird behauptet, daß das gesunkene Fährboot mit etwa 20 Personen besetzt gewesen sei. Das Unglück sei so schnell vor sich gegangen, daß die meisten der Insassen nicht Zeit hatten, über Bord zu springen. Sie seien von dem über das ganze Schiff gespannten Sonnensegel unter Wasser gedrückt und kamen nicht mehr an die Oberfläche. Von dem Boote schwammen nur einige Trümmer aus dem Wasser weiter. Das Eilfrachtschiff hat nur unerhebliche Beschädigungen da vongetragen. — (Weitere Einzelheiten zu dem Boots Unglück.) Zu dem schweren Fährbootunglück, mit dem die Meißner Jahrtausendfeier einen so tragischen Ab schluß fand, wird uns noch gemeldet: In den späten Nach mittagsstunden hatte sich der Führer des Unglücksbootes so weit erholt, daß er einzelne Angaben machen konnte. Er versicherte, auf dem Boote seien nur sechs Personen gewesen. Dem steht allerdings die Angabe eines Geretteten entgegen, der von acht Personen spricht. Außer dem Bootsführer wurden durch das Rettungsboot des Frachtdampsers und einige Boote, die sofort vom Ufer abstießen, vier Personen aus dem Wasser gezogen. Eine Frau namens Lauterbach gab nur noch schwache Lebenszeichen von sich und alle an ihr im Krankenhause angestellten Wiederbelebungsversuche blieben erfolglos. Weiter ist ein Kaufmann Jurk aus Meißen abgeschwommen und ertrunken, ebenso der Steinsetzer Mar- kisch aus Meißen. Das Dampfervnglück hat also mindestens drei Tote gefordert. Augenzeugen des Unglücks, die den drohenden Zusammenstoß vor Augen sahen, waren darüber verwundert, daß der Ellfrachtdampser keinen Gegendampf gab. Es ist noch nicht festgestellt, ob eine Unachtsamkeit des Führers oder ein Versagen der technischen Einrichtungen vortiegt. Die erste Meldung, wonach das verunglückte Fähr boot mit 20 Personen geschätzt gewesen sei, hat sich als übertrieben herausgestellt. Konzert des Manner-Gesangvereins Dresden Sonnabend, de« 8. Juni im Saale des Schützenhanses Der Dresdner Männer-Gesangverein trat bei diesem Konzert unter Musikdirektor Otto Winters zielbe wußter, mit den Geheimnissen wirksamer Zeichensprache wohlvertrauten und auf künstlerische, plastische Klangwirkungen hinarbeitender Stab führung in Stärke von ungefähr 80 Mann aufs Podium. Trefflicher Vollklang uns deutliche Aussprache bezeugten die gute Schulung. Der Abend stand im Zeichen der LcapeUa-Musik. Aus dem vorwiegend ältere Chöre berücksichtigenden eisten Teile des Programms verdienen besonders genannt zu w.rdm „Feldeinsamkeit' von Wendel (etwas mehr piano der begleitenden St mmen wäre erwünscht gewesen), „Am Waldrand" von dem Dresdner Komponisten Paul Schöne (ehemals Dirigent des Männer.Gesangsvrreins) mit dem reizenden Refrain,, Die Biene summt, der Häher schrie über der blühenden Heide", das liebliche Volksliedchen Süchers ,,s' Herz" und Kremsers „Wenn der Vogel na schen will". Unter Winters Leitung wußre sie die Sängerfchar mit schönem Gelingen zu erfüllen; es war offenbar sehr fleißig studiert worden. Ein etwas herber Klang der Stimmen war der Wirkung nicht sehr abträglich. J rter-ffrnt wurden durch glunzvollen Bortrag die Werke neuerer Meister, Kurt Kämpfs „Jugend", „Marianne vom Rhein" und Nößlcrs „Wenn nur der Rhein nicht wär". Die Musik beider Autoren ist zwar in jeder Hinsicht modern: rafft icrt in den Klangeffekten, ver feinert, harmonisch kompliziert, seelisch vertieft, aber im Grunde ihres Wesens doch von der alten Faktur: erfüllt von einem gewissen Schmiß, von Melodieseligkeit und Gefühlsüberschwang. Rößlers Werk mußte auf Verlangen wiederholt werde». Kurt Kämpf gehört nicht zu den Kompo nisten, die k.inen anderen Ergeiz haben als möglichst „modern" zu wirken, sondern er schreitet, organisch verwachsen mit per Musik der Väter auf dem Wege fort, der in die Zukunft führt. Seine Musik ist von überraschender Selbständigkeit, Sicherheit und Kraft. Die Musiken Josif Reiters „Daheim" und Karl Göpferts „Der Schmied" bietet hübsche Stimmungsmomente und wuchtige Dynamik-Steigerungen. Die Werke stellen allerdings an die Jntoualionssicherheit, das rythmische Gefühl und die Vortragskunst des Chores große Ansprüche. Der Vor trag dieser Chöre ergab ein selten fchönes, ausgeglichenes Klangbild. Der Verein bewährte sich auch hier als eine namentlich in den tieferen Stimmen über hübsches Material verfügende, wohldisziplinierte Sänger- schar, der das rythmische Element gleichsam „im Blute steckt". Soli stisch betätigte sich an diesem Abend Frl. Erna Berger von der Staatsoper Dresden und als Begleiter der Eyorrepetitor, Herr Rolf Schröder. Beide Künstler, die uns Stücke echter, wertvoller Musik aus alter und neuerer Zeit in vollendeter Ausführung boten, wurden mit Recht von der leider nur sehr unvollzählig erschienenen Hörerschaft durch brausenden Beifall ausgezeichnet. Man mußte sich überhaupt wundern, daß der Abend nicht biffir besucht war, denn der Dresdner Männer-Gesangverein genießt einen guten Ruf und sein Dirigent, Herr Musikdirektor Winter, ist schon als langjähriger Chorleiter des Dresdner Madiigal-Chores eine bekannte Persönlichkeit, dazu noch eine erstklassige Solistin. Eina Berger streute eine Handvoll Lieder leicht und anmutig wie frischgepflückte Blum n unter die Menge. Wa« sie gesanglich biet't, ist so innig, empfiudungsrein und schlickt-innerlich, daß der Eindruck einer sehr anziehenden, selbstsicheren Künstlernatur bleibt. Musterhaft ist die Sümmtechnik dieser Sopranistin, grundmusi- kalifch ihre Phrasierung und das Entfalten einer schön geschwungenen ebenmäßig fließenden Gesangslinie. Ihr äußerst angenebmer Sopran besticht durch den guten Sitz des Tones und die vortreffliche Beherr schung des gesanglichen Apparates: Feines, trogsähiges Piano, ausge zeichnete Eprachbedandlung. in der Koleratur von köstlichem Wohlklang. Als Begleiter b>währte sich Herr Rolf Schröder in glänzender Weise. Seine Aufgabe war sehr groß durch die durchweg anspruchsvollen Begleitungen, die er sehr lythmisch, mit feinstem Verständnis dem Sänger folaend, durchführte. — Der Rest des Abends war einem feucht-fröhlichen Kommers unter Vorsitz des Justizrcndant Karl Birus gcwidmct Die vereinten G-sangvereine von Pulsnitz, unter Leitung des Herrn Lehrer Böhme, begrüßten ihre Gäste mit einem „Grüß Gott", im Namen der Vereine sprach Herr K i i c n sp o t t, Herr Rechtsanwalt vr. Schulze- Dresden, der Vorstand des Männer- Gesangvereins, dankte namens seines Vereines für all die Liebe, mit der man dm Verein ausgenommen. Allgemeine Lieder wechselten mit Solovorträgen des Blasquartetts des Dtänner-G sangvereins Dresden und des Soloquartetls des Kam«, zer SängcidundiS. Es herrschte von Anfang an echte, rechte, ungezwanaene Sängerfröhlichkeit. Möge in den Vereinen im Sinne der vielen Wünsche noch lange und oft zum Preise des deutschen Liedes, zur Verherrlichung des Vaterlandes und zur Erbauung und Freude der Menschen gesungen werden. Das wäre der beste Lohn, der Veste Erfolg dieses Abends, d4. dtutscbsn, Ksmenr. Chemnitz. (Landes-Posaunenfest.) Die im Christlich cv. - luth. Jungmännerbund zusammengeschloffenen Posaunenchöre hielten am Sonntag ihr diesjähriges Landes posaunenfest unter Leitung des Landesposaunenmeisters Pfarrer Adolf Müller-Dresden in Chemnitz ab. Mehr als tausend Posaunenbläser waren aus allen Teilen Sachsens hier ein getroffen. Eingeleitet wurde das Fest mit einer Morgenmusik auf verschiedenen Plätzen der Stadt. Zu einer gewaltigen Kundgebung gestaltete sich die Massenaufführung mittags auf dem Theaterplatz. In der Festvcrsammlung am Nachmittag im Kaufmännischen Vereinshause hielt der Vorsitzende des evangelischen Jungmännerbundes, Oberkirchenrat Reimer- Dresden, die Festansprache. Mit einer Abendmusik auf dem Johannisfriedhof fand das Fest seinen Ausklang. — Montag vormittag sand noch eine nichtöffentliche Bläserversammlung statt, woran sich ein Ausflug nach Lichtenwalde anschloß. Meerane. (Ein gefährlicher Einbrecher.) Ein hier wohnhafter 34jähriger Arbeiter wurde kürzlich in einem Nachbarorte festgenommen, als er gerade ver stecktes Diebesgut fortschaffen wollte. Nach Ermittlung der Kriminalpolizei hat der Verhaftete zahlreiche Ein brüche in Wcstsachsen und in Thüringen ansgesührt. In der Hauptsache hat er bei seinen Einbrüchen Dorfwirt schaften, Bauerngüter und Lebensmittelgeschäfte heim gesucht und dort reiche Beute gemacht. Bad Lausick. (Das neue JugendheimBuch- h e im.) Die Weihe des von der Ortsgruppe^m Verband für Deutsche Jugendherbergen neuerrichteten Jugendhofes Buchheim bei Bad Lausick fand statt. An die offizielle Feier schloß sich eine Besichtigung des zweckmäßig und freundlich eingerichteten Jugendhofcs an. Reichenbach i. V. (Unfall eines D-Zuges.) Bei der Einfahrt auf dem oberen Bahnhof Reichenbach im Vogtland entgleisten von dem Berlin—Münchener D-Zug Nr. 28 die Lokomotive und der Tender mit allen Achsen. Verletzt wurde niemand. Betriebsstörungen sind nicht entstanden. Die Ursache des Unfalles konnte noch nicht festgestellt werden. Die Anlagen zum tzoung-Plan veröffentlicht. Berlin. Der amtliche Wortlaut der Anlagen zum Doung-Bericht ist ebenso wie eine Sonderdenkschrift der Sachverständigen der Hauptgläubigerländer über die Kriegs- schuldzahlungen nunmehr veröffentlicht worden. Es han delt sich um insgesamt acht Anlagen, die zum Teil wesent liche Bestimmungen enthalten. Anlage 1 behandelt die Richtlinien für die Organisation der Bank für internatio nale Zahlungen. Das genehmigte Kapital der Bank soll einen der Währung des Landes des Domizils normier ten Betrag im Gegenwerte von rund 100 Millionen Dollar ausmachen. Bei Gründung der Bank soll das gesamte ge- nehmigte Kapital ausgegeben werden, jedoch sollen nur 25 v. H. jedes Anteilscheins für diesen Zeitpunkt eingezahlt sein. Um die Bank auf die Deine zu stellen, wird ein Or ganisationsausschuß eingesetzt. Die Einlage der deutschen Regierung wird 100 Millionen Reichsmark nicht übersteigen. Weiter bestimmt die Anlage, daß die deutsche Regierung die Zahlungen an die Dank in Teilzahlungen leisten soll. 5 v. H. des jährlichen Reingewinns sollen dem gesetzlichen Reserve fonds der Bank zufließen, bis Vieser 10 v. H. des jeweiligen eingezahlten Grundkapitals der Bank erreicht hat. Nach die ser Ueberweisung soll der jährliche Reingewinn für die Aus schüttung von 6 v. H. des eingezahlten Grundkapitals ver wendet werden. Ein Restbetrag des jährlichen Reingewinns soll zu 25 v. H. einer Sonderrücklage zufließen zu dem Zweck, Deutschland die Entrichtung der letzten 22 Annuitäten zu erleichtern. Die Anlage 3 behandelt die Frage der Mobilisierung. Das Reich darf die verpfändeten Einnahmen nur mit Zu stimmung der Bank für irgendeine andere Anleihe oder einen anderen Kredit belasten. Sollte zu irgendeiner Zeir das Gesamtaufkowmen der verpfändeten Einnahmen 150 v. H. der höchsten von Deutschland nach dem vorliegen den Plane zu entrichtenden Haushaltszahlung unterschrei ten, io kann die Dank verlangen, daß zusätzliche, zu sofortiger Wiedererreichung dieses vom Hundertsatz ausreichende Ein künfte verpfändet werden. — Transferaufschub und Zahlungsaufschub sind nach Anlage 4 hintereinander geschaltet. „Deutsche sm- wir, und Deutsche bleiben wir." Das Bekenntnis des Bundes der Saarvereine. Münster. Die neunte Tagung des Bundes der Saar vereine brachte eine machtvolle von dem Bund veranstaltete „Deutsche Kundgebung für das abgetrennte Saar- und Pfalz- gebiet und gegen die Saarlüge". Die Kundgebung in der Stadthalle stand ganz unter dem Eindruck der Rede, die Professor vr. Schreiber. MUnster, M. d. R., dem Saarproblem widmete. Das Saargebiet sei und bleibe ein rein deutsches Gebiet nach Siedlung und Geschichte. Der Redner belegte dies in einem historischen Rückblick seit Beginn des 5. Jahrhunderts. Die Politik der Schöpfung eines künstlich konstruierten Saarstaates lag, so führte vr. Schreiber weiter unter anderem aus, von vornherein nicht in der Linie jener Völkerverständigung und jenes Friedens gedankens, auf den Wilson und die Entente sich immer wie der beriefen. Wir empfinden hier die Dissonanz zwischen Ler politischen Theorie der Selbstbestimmung und der rauhen. Praxis harten Diktats als äußerst bitter. Auch heute noch, nach zehn Jahren, jeden Tag von neuem, so schloß der Red ner, wird es in unzähligen Fällen immer wieder offenbar, daß 800 000 deutschen Menschen an der Saar ihr Recht nicht zuteil wird, wie es verheißen ist und wie es sein sollte. Und die immer wiederkehrenden einhelligen Proteste beweisen das er schreckende Ausmaß und das Unwürdige des Unrechts. W i r warten auf die Bereinigung mit hochgemutem Sinn, mit helfendem Herzen, mit tiefinnerlichem Verstehen. Den Saardeutschen und uns selbst rufen wir die Losung zu: Deutsch sind wir und deutsch bleiben wirl Am Sonntag abend hielt auf dem Domplatz zu Münster i. W. der Stadtschulrat Bongard (Saarbrücken), Vorsit- zenver des Saar-Sängerbundes, die Schlußansprache der großen Kundgebung für das abgetrennte Saar- und Pfalz gebiet und führte dabei unter anderem aus: Die innere Not unserer Tage wird nicht überwunden durch Festreden oder B u ß p re d ig te n, durch poli tische Schlagworte oder leeres Kulturgerede, sie wird nur überwunden, wenn ein jeder von uns die un- geheure Verantwortung fühlt und lebt, die in den Worten Volksgenosse und Volksgemeinschaft liegt. Der Vorsitzende der Volkspartei zum Pariser Abkommen. Düsseldorf. Auf dem Parteitag der Deutschen Volks- Partei des Wahlkreises Düsseldorf-Ost gab der Vor- sitzende der Neichstagsfraktion, Reichsminister a. D. vr. Scholz, eine Darstellung der politischen Gegenwarts- läge und kam dabei auch auf den Abschluß der Pariser Reparationsverhandlungen zu sprechen. Wir hätten gewiß einige unverkennbare Vorteile errungen, wie die Beseit gung der Kontrolle bei der Reichsbahn, Reichsbank und Wirtschaft, aber in derHöhe und Dauer der Tributzahlun gen sei das Ergebnis leider sehr wenig erfreulich. Ebenso wenig seien die Transferierungsfrage und diy Revisionsmöglichkeit ausreichend geklärt. Wir müßten aber ernstlich prüfen, ob das Gutachten der Sach verständigen eine tragbare Grundlage bedeute. Wenn wir schließlich zu einer Bejahung der Möglichkeit der Annahme kommen sollten, dann müßte klar sein, daß solche außer gewöhnlichen und hohen Leistungen aus der Wirtschaft nur dann herausgeholt werden könnten, wenn wir im Inneren und in unserer Wirtschafts- und Finanzpolitik einen Zustand herstellten, der allein die Wirtschaft dazu befähige, solche Lasten zu tragen.