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Nr. 143. Pulsnitzer Tageblatt. — Sonnabend, den 22. Juni 1929. Seite 6. Ltm das Republikschuhgesetz. Deutscher Reichstag. 9 2. Sitzung, Freitag, den 21. Juni. Auf der Tagesordnung der Reichstagssitzung stand zunächst die zweite Beratung des Gesetzentwurfs über den Verkehr mit unedlen Metallen. Die Ausschußfassung wurde in zweiter und dritter Beratung angenommen. Es folgte die zweite Beratung des Gesetzent wurfs zur Verlängerung des Republikschutz- gesetzes um drei Jahre. Abg. vr. Everling (Dnatl.) erklärte, die Sozialdemokratie habe kein Recht, anderen Parteien Unfolgerichtigkeit vorzuwerfen. Sie verwerfe mit viel Geräusch die Todesstrafe und betreibe dennoch dieses Gesetz, das mehr Todesstrafen vorsehe als irgend eines. Sie rede vom freiesten Freistaat der Welt und feiere mit viel Flaggentuch die Verfassung, um sie gleichzeitig zu brechen und die wesentlichsten Grundrechte aufzuheben und zu Privilegien der Republikaner zu machen. Die Monarchie habe ein derartiges Schutzgesetz nie nötig gehabt. Das Gesetz sei aus einem Gesetz zum Schutz der Republik bereits zu einem Gesetz zum Schutze der Revolution gegen die historische Wahrheit geworden. Die Flagge der Republik habe man zur Falls gemacht, insbesondere in den Seebädern. Leute legten sich auf die Lauer, um denun zieren zu können. Zur Pressebeschränkung sei nur auf das Zitat der „Affensteißcouleuren" des Dichters der Demokratie Heinrich Heine hingewiesen, das zum Verbot einer ostpreußischen Zeitung führte und zur wirtschaftlichen Schädi gung 6es Betriebes und seiner Angestellten. Das Gesetz zum Schutz der Republik sei Vas Einsallstor für die Politisierung der Justiz. Das Gesetz habe der Republik nicht einen Anhänger ge schaffen, wohl aber eine Vergiftung der politischen Atmosphäre hervorgebrachl. Abg. Maslowski (Komm.) nennt das Republikschutzgesetz ein Ausnahmegesetz gegen die Arbeiterklasse. Auf Grund des Sozialistengesetzes seien in zwölf Jahren nicht so viele Strafen verhängt worden wie in den Jahren 1924 und 1925 auf Grund des Republikschutzgesetzes. Reichsjustizminister v. Guerard erwiderte dem Abgeordneten vr. Everling, die Mitglieder der vorigen Regierung hätten die Notwendigkeit der von vr. Ever ling bekämpften Bestimmungen des Republikschutzgesetzes aner kannt. Das ergebe sich daraus, daß in dem Entwurf jener Re- gierung für die Strafrechtsreform dieselben Bestimmungen ent halten waren. Abg. Wagner (Natsoz.) erklärte, durch dieses Schandgesetz solle rücksichtslos jede Kritik mundtot gemacht werden. Wer gegen die Sauzustände Sturm zu laufen versuche, werde in die Kerker der Republik geworfen, — Abg. vr. Best (Volksrechtp.) lehnte die Verlängerung des Republikschutzgesetzcs ab. Abg. vr. Rosenfeld (Soz.) erinnerte daran, daß dieses Gesetz notwendig gewesen sei, um die Republik und ihre Ver treter gegen Mörder zu schützen. Abg. Drewitz (Mrtschp.) bringt erneut den Antrag ein, das Gesetz nur bis zum 34. Dezember 1930 zu verlängern. Abg. Alpers (Dt. Hann.) bezeichnet das Gesetz als eine Un gerechtigkeit und lehnt die Verlängerung ab, ebenso Abg. Dö brich (Christnat. Bauernp.). Widerspruch gegen die dritte Beratung. Es wird dann zunächst abgestimmt über den Antrag der Nationalsozialisten, das Republikschutzgesetz aufzuheben. Dafür stimmen außer den Antragstellern die Deutschnationalen, die Kommunisten, die Christl ch-Nationalen Bauern und einige kleine Gruppen. Da die Abstimmung zweifelhaft bleibt, muß Auszählung erfolgen. Sie ergibt die Ablehnung des Antrags mit 244 gegen 123 Stimmen. Der Antrag der Wirtschaftspartei, das Republikschutzgesetz nur bis zum 31. Dezember 1930 zu verlängern, wird mit den'Stimmen der Regierungs parteien angenommen. Mit dieser Acnderung wird der Vertäu- gerung selbst in namentlicher Abstimmung mit 256 gegen I24 Stimmen zugestimmt. Die dritte Beratung erfolg! infolge des Widerspruchs der Deutschnationalen erst später. Die Verlängerung der Pachtschutzordnung bis Ende März 1930 wurde in allen drei Lesungen angenommen. Die Gesetzentwürfe über Bereinigung der Grundbücher und über den gewerblichen Rechtsschutz wurden dem Rechtsausschutz über wiesen. Am Schluß der Sitzung kam es fast noch zu einer Schlägerei. Es wurde der Ausschußantrag auf Genehmigung zur Verhaftung und Vorführung des nationalsozialistischen Abgeordneten Stras ser beraten, vr. Frick (Natsoz.) sprach von einer Ausnahme behandlung der Nationalsozialisten und erhielt mehrere Ord nungsrufe als er erklärte, Mißbrauch der Immunität sei es, wenn Leute im Reichstag säßen, die man als meineidige Darmat schieber bezeichne. Dann nahm Abg. Strasser selbst das Wort. Er stellte fest, daß sein Nichterscheinen nicht auf Feigheit beruhe, sondern ein Protest gegen den unerhörten vom Reichstag be schlossenen Derfassungsbruch sei. Im übrigen setzte er sich über den Begriff Ehre mit Landesverrätern nicht auseinander. Ver schiedene Abgeordnete der Linken stürmten darauf auf den Abg. Straffer zu, und es drohte zum Hand gemenge zu kommen. Abg. Straffer wurde vom Präsiden ten Löbe alsdann aus dem Saal gewiesen. Der Ausschuß antrag wurde angenommen. Darauf vertagte sich das Haus auf Sonnabend. ÜW leMMW lilWWWil / üiMl Mier - ?j»vos von Köl 1050 an külsier-kiLvos von Kös 1550 an körster klügel von Ksl 2980 an tötete, Vaneck, Veüraklunxen, Kepsra" turen, Oeslelluvx von Konrertinslru- menten, ksckmänlliecke Serstun^ — Lsutren, Ksiserstr. 15 Dresdner Brief Dresdner Beschwerdebuch Das die Leure immer etwas zu kritteln und zu klaqe» haben, daß sie nie und nirqcnds ganz zufrieden find, damit muß sich wohl jede Stadtverwaltung vbfindm. Und lut cS auch mit der größten Gimülsruhe. Doch gibt cs Beschwerden, die einer gewissen Berechtigung nicht ent behren. Es ist dem auch oftmals abzuhelfen, was aber nicht eher ge schteht, als bis die Beschwerden einlaufen und so auf Uebelstände hm- gewicsen wird, die der nicht kennt, der nicht d.rekt damit im Zusammen hang stebt. Oft kommen die Leute und sagen: „Sie schreiben doch für die Zeitung. Geben Sie es bekannt, daß dieses oder jenes geändert werden könnte." Da hört man ost gar seltsame Dinge, lörrichte Wünsche, darunter auch manches Vernünftige. Und somit eröffne ich das heutige Beschwerde buch der Dresdner Bevölkerung. Zuerst eine sehr berechtigte Klage, die mit der Bitte an unsere Dresdner Polizei verbunden ist, das Augenmerk recht genau auf folgen des zu richten: Wir haben au vielen Häusern Ausfahrten, an denen vorschrifts mäßig das rote Schild mit den Worten : „Achlung! Ausfahrt!" befestigt ist. Aber abgesehen davon, daß unter den vielen Au- und Aufschriften in den Straßen dieses oft übersehen wird, kommen auch Kinder in Be tracht, die entweder noch nicht lesen können, oder nicht geschult genug sind, um beim Spielen, beim Schulxang oder einen kleinen Einkaufr- weg auf solch S Schild zu achten. Es gibt aber leider auch Ausfahrten, wo die Warnung überhaupt s hlt. Da kommt ein Auto heraus. Der Fahrer hupt aus Leibeskräften, aber im Lärm der Straße weiß <S niemand, woher die warnenden Töne kommen. Wäre es da nicht recht angebracht, wenn ein Mann an die Seite träte, sobald ein Auto eine Hausflur verläßt? Die kleine Mühe wiegt die große Gefahr der Vor übergehenden, Erwachsener wie Kinder, gewiß aus. Ein wriurer Uebclstand ist zu beobachten, der öfters durch den alten Gondelhafen im Terraffenuser, im Bolksmund „Der Esel" ge nannt, gehen muß. Warum sind da zwischen den verschlungenen Wegen keine Bänke angebracht? Wohl, ganz vorn stehen mehrere Bänke, aber für die Mütter mit th>en spielenden Kindern ist das nichts, da ist die Straße mit dem starken Verkehr viel zu nahe. Die Frauen sitzen oft auf dem niedrigen Geländer, das den Rasen einsäumt, — sehr unange nehmer Sitz! — während die Kleinen umhcrtollcn. Es würde von allen Frauen, die keine andere Möglichkeit haben, mit ihren Kleinen an die frische Luft zu gehen, gewiß mit Freuden begrüßt werden, wen» an diesen idyllischen Ort einige Bänke angebracht würden. — Ein schöner AusfluzSnachmittag! Scharenweise ziehen die Dresd ner nach den Dörfern elbaufwärts, nach Wachwitz, Niederpoyritz, Pillnitz. Am Abend geht es dann nach der Stadt zurück. Da aber von 9 Uhr an die Straßenbahn in dieser gesegneten Gegend nur aller halben Stunden fährt, stauen sich an den Halteplätzen die Leute in großer Menge an. Auch aus dem Wachwltzgruud ist eine ganze Gesellschaft gekommen. Sie warten geduldig ihre halbe Stunde. Da endlich flammt das Signallicht auf, die Straßenbahn kommt! Ja, sie kommt, aber nur ein einziger Wagen und er fährt vorüber; denn er ist übervoll. Nun, ihr lieben Leute, wartet noch einmal eine halbe Stunde, um dasselbe wieder zu erleben! „Wären wir doch biS Loschwltz gelaufen", sagen da manche. Ja, wer laufen kann. Aber da gibt cs auch alle Leute, die gern einmal in die Natur hinausfahren, die jedoch auf die Straßenbahn angewiesen sind. Collie es nicht möglich sein, an schöne r Sommernachmittagen dem Bedürfnis nach Fahrgelegenheit besser Rechnung zu tragen? Und nun zum Schluß noch eine Beschweroe. Was ist mit unse rer Gasversorgung loS? Ist die Qualität dieser notwendigen Licht- und Wärmlständc so minderwertig g>worden, daß alle Leute im lieben Dresden über viel zu hohe Gasrechnungen klagen? Giwiß, das Zahle» ist eine Sache, die niemand mit Vergnüge» lut, Aber man hört es von allen Seiten, daß der Verbrauch trotz allen Sparens und größerer Auf merksamkeit ganz unerhört gestiegen ist. „Ich schaffe mir wieder meinen alten Petroleumkocher an" sagt das alte Fräulein, das mit ganz gs ringen Einnahmen ihren Unterhalt bestreiten muß und kaum imstande ist, die hohe Gasrechnung zu bezahlen. Aber auch der Geschäftsmann klagt, die Hausfrau, der Junggeselle. - Biele haben trotz des Sommers fast ebenso hohe Rechnungen wie im Winterhalbjahr. Wenn nicht die Klagen so allgemein wären, könnte man wohl auf and,r« Ursachen schließen. Es wäre wohl recht angebracht, wenn über diese Angelegenheit einmal öffentlich Auskunft gegeben würde. Ob ich noch mehr Beschwerden weiß? O nein, für heute ist der Vorrat erschöpft. Mögen diese Anregungen auf fruchtbaren Boden ge fallen sein! Uexins kertkolck Sachsen erzeugt über eine Milliarde Liier Milch. Zum erstenmal wurde eine Schätzung der Milcherzeu- gung des Freistaates Sachsen für das Kalenderjahr 1928 vorgenommen, wobei festgestellt wurde, daß die höchsten Milcherträge in den Amtshauptmannschaften des nord westlichen Niederlandcs, die niedrigsten in den Amts- hauptmannschaften des Erzgebirges und des Vogtlandes erzielt worden find. Der Jahresmilch ertrag einer Kuh wurde vom Statistischen Landesamt auf 2356 Liter errechnet, so daß die im Jahre 1928 vorhandenen 456 155 Kühe im Laufe des Jahres einen Milchertrag von rund 1075 Millionen Liter brachten. Diese Jahresmilch erzeugung stellt bei einem Milchpreis von nur 20 Pfennig je Liter einen Wertvonmehrals200Millionen Mark dar. Wie hoch die wirtschaftliche Bedeutung der sächsischen Viehzucht an diesem Beispiel einzuschätzen ist, möge ein Vergleich der in Geldwert ausgedrückten Jahres- milcherzeugung mit dem Geldwerte der im sächsischen Bergbau geförderten Steinkohlen, Braunkohlen und Erze zeigen. Danach betrug die Produktion von Steinkohlen, Braunkohlen und Erzen im Jahre 1927 in Geldwert umgerechnet 110 545 000 Reichsmark. Der Wert der Milcherzeugung ist demnach annähernd doppelt fo hoch Wie der Wert der Förderung im sächsischen Bergbau. MM öle MMS VW-IiMMl Stadtbücherei Die Ausleihe ist Montag von 7—8 Uhr, Donnerstag und Frei- tag von 6—7 Uhr und der Lcscsaal werkläglich von 6—9 Uhr geöffnet. Die Siadlbücherei ist dem Leihvergehr der deutschen Bibliotheken angeschloffen. Die Verzeichnisse der Landesbibliothek Dresden und der Universitäisbiblioihek Leipzig liegen in der Ausleihe aus. Neuerwerbungen der Stadlbücherei: Karl Brö« ger, Bunker 17, Geschichte einer Kameradschaft. Ludwig Renn, Krieg. Gerhart Haupimarn, Die Blaue Blume. Thomas Mann, Königliche Hoheit. Iakob Wassermann, Gänsemännchen. Heinrich Mann, Der Untertan. Die A mcn. Geschichten au« dem Neuen Priiaval. Inte ressante Kiiminaisälle aller Länder aus älterer und »euerer Zeit. 32. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Plaudernd zu zweien und dreien oder auch in gan zen Gruppen promenierten die Badegäste am Strande auf und ab, während in dem auf der Promenade erbauten Pavillon die Musik spielte. Der Strand war hier an dem Pavillon, dem Haupt sammelplatz der Badegäste, ganz flach, und die Haupt straße des Bades mündete gerade darauf zu. Weiter im Osten jedoch stieg die Düne terassenförmig auf. Und hier im Walde, halb versteckt, lagen einzelne Billen, deren blendende Weitze sich leuchtend von dem dunklen Waldesgrün abhob. Eine dieser Villen gehörte dem Kommerzienrat Helm brecht. Von ihren Fenstern sah man die wogende See, und in unmittelbarer Nähe strömten die Kiefern ihren harzigen Duft aus. Seit Anfang Juni hatte die Familie Hclmbrecht hier ihr Domizil aufgeschlagen und die Schönheiten dieses Aufenthaltes genossen. Solange es noch einsam und die Hochflut der Saison noch nicht hereingebrochen war, hatten Inge und ihre Mutter sehr oft den Strand am Pavillon und den in den See führenden Steg als Ziel ihres Spazierganges ge wählt. Jetzt, wo Strandkorb an Strandkorb sich anein anderreihte und der Strand von Fremden, reich geputzten Modedamen und Herren wimmelte, blieben sie gern in der Nähe der Dilla. Ein ausgetretener, nicht steiler Pfad führte sie direkt durch den Wald hinunter an den Strand. Hier hatten sie, wie einige andere Villenbesitzer, ihre Strandkörbe aufgestellt und freuten sich der köstlichen Ruhe, die sie weit ab von dem Getriebe des Badelebens hier genießen durften. Inge war von bem gewohnten Morgenbabe zurück gekehrt, das heißt zu ihrem Strandkorb auf dem weißen Dünensand. Frau Helmbrecht erwartete sie hier bereits mit dem gewohnten Frühstück, der mitgsbrachten Flasche Kakao und den belegten Brötchen. Inge tat beiden alle Ehre an und die Mutter freute sich über den endlich wiedererwachten Appetit ihres Kindes. Anfangs hatte sie ihre Uebe Not mit 3nge gehabt; sie wollte weder essen noch trinken, und die Gesichtsfarbe blieb bleich, die Augen trübe. Doch die stärkende See- lüft wirkte Wunder, und als Inge erst den Anfang mit den kalten Seebädern machte, blühte sie zusehends auf. Nur der seltsame Ernst wollte nicht weichen, und wenn sie auch zuweilen noch lachte, so war es das alte, frohe Kinderlachen nicht mehr, das jedem, der es horte, wie ein Sonnenstrahl ins Herz flutete. , Nachdem Inge ihr Frühstück beendet hatte legte sie sich in den Dünensand, damit die Sonne ihre gebadeten Glieder erwärme. Sie blickte träumend in die Fluten, die ein mäßiger Westwind in weißen Schaumkämmen an das Ufer trieb. Ein beständiges Kommen und Gehen, ein wenig wechselndes Bild in immer neuer Farbenwirkung! Das eintönig brausende Geräusch der brandenden Wo gen wirkte wohltuend auf ihre Nerven und'sie träumte dabei, ohne sich eines besonderen Gegenstandes dazu be wußt zu sein, ein halbwaches, selbstvergessenes Trau- men. Die Mutter saß unterdes im Strandkorb mit einer Handarbeit beschäftigt. Ihre Gedanken kehrten von Inge zu dem Gatten zurück, der letzt am Arme eines lie benswürdigen Führers einen weiten Spaziergang machte. Wie wunderbar das Schicksal es doch manchmal fügt! Da brachte der Zufall den einstigen Freund sei nes Sohnes nach Misdroy, und dieser Freund erkannte den Vater des Unglücklichen auf der Strandpromenade und näherte sich ihm, wohl kaum ahnend, wie wohltuend eine so lebendige Erinnerung an den Verlorenen den Vater berühren mußte. Warum er sich so lange fern gehalten habe, warum er nicht einmal zu ihm gekommen sei und alte Erinne rungen mit ihm ausgetauscht habe, hatte Helmbrccht ihn gefragt. , . Er habe angenommen, daß die Erinnerung ihm schmerzlich sein werde, und deshalb habe er jede Annä herung vermieden, hatte darauf der Freund, Rechts anwalt Grunow aus Berlin, geantwortet. Ms er ihn aber hier zufällig auf der Promenade erkannt babe. hätte er nicht widerstehen können, ihn anzusprechen. „Das war recht von Ihnen, und ich hoffe, wir sehen uns jetzt öfter." „Ich habe mir vorgenommen, längere Zeit hier zu bleiben, Herr Kommerzienrat." „O, das ist ja prächtig. Ich freue mich, mit Ihnen plaudern zu können, von meinem Georg." Und Helmbrecht hatte ihn mit nach seiner Villa ge nommen und Frau und Tochter als den besten Freund seines Sohnes vorgestellt. Als solcher besaß er schon das Privilegium, freundlich und liebenswürdig ausgenommen zu werden. Frau Helmbrecht ließ es daran auch nicht fehlen. Sie hieß ihn freundlich willkommen und lud ihn ein, ihr Haus als das seine zu betrachten. Der Gatte zeigte sich über dieses Wiederfinden so beglückt, daß sie schon deshalb alles aufgeboten hätte, ihm zu Gefallen ZU sein. Seitdem war Rechtsanwalt Grunow häufiger, ja täglicher Gast in der Dilla am Strande. Er nahm sich des blinden Mannes mit nimmermüder Liebenswürdigkeit und Hilfsbereitschaft an. Er war sein Führer und Gesellschafter auf Spaziergängen, er erzählte ihm von seinem Sohne, als sie noch Schulkameraden waren, so manchen lustigen Streich, den sie zusammen ausgeführt hatten. Nie anders, als mit dem Ausdruck höchster Freundschaft und Achtung sprach er von ihm. An seine damalige Schuld, die ein einziges Mal zwischen beiden Männern erwähnt wurde, glaubte er nicht. Er nannte das ganze ein dunkles Verhängnis, ein unauf geklärtes Rätsel. Auf nähere Einzelheiten man nicht ein.