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eben doch eine ausgleichende Gerechtigkeit, dachte ich bei mir, und begab mich geruhsamen Schrittes, es war sehr spät ge worden, zum Schiff zurück, das erst mitten in der Nacht wieder die Anker lichtete. Der nächste Tag war ein Sonntag. Trotzdem wir doch schon ein beträchtliches Stück nach Süden gerückt waren, be deckten Wolken den bisher immer klaren Himmel, es begann leise zu tröpfeln, und ein kühler Wind wehte übers Deck. Immerhin, die See blieb wenigstens ruhig, man suchte sich ein geschütztes Mätzchen und beobachtete von dort aus das ständig wechselnde Spiel dieser Meer- und Inselwelt. Bald hellte es sich wieder auf, der Wind legte sich, und als wir in Vis (Lissa) landeten, schien die schönste Sonne. Hier, wie überall im Laufe des Tages an den Halteplätzen, hatte sich die gesamte Einwohnerschaft ein Stelldichein gegeben, man ver folgte gespannt die Ereignisse um den Dampfer herum, rauschte Ansichten und Meinungen aus und schien es ehrlich zu bedauern, als wir nach kurzer Rast wieder das Weite suchten. Einmal begegneten wir auf einer Insel einer Pro zession, die Popen, in reiche Meßgewänder gehüllt, schritten voran, dahinter folgte das ganze Dorf im Sonntagsstaat, ein reizendes Bild, bunt und doch ergreifend in seiner Feier lichkeit. Aber auch dieser Sonntag sollte noch seinen ganz besonderen Höhepunkt haben. Sehr spät, so gegen zehn Uhr abends, landeten wir an der Insel Korcula, dem Schau platz schon seit der Phönizierzeit her bedeutsamer Ereignisse. Die Stadt selbst lag bereits in tiefem Schlaf, und behutsam schlenderte ich durch menschenleere Gassen und Plätze, vor über an den Giebelfronten venezianischer Paläste, die um diese Stunde einen fast gespenstischen Eindruck machten. Man glaubte tatsächlich, jeden Augenblick müsse aus einem der Portale ein Grande der damaligen Zeit heraustreten, der Desdemona oder einer sonstigen Weiblichkeit nachschritte. Nie habe ich etwas derart Unwirkliches angetroffen, als hier, im nächtlichen Korcula, wo nichts, aber auch gar nichts Heutiges das Bild störte. Freilich, manche von den Palästen und Prunkbauten waren halb zerstört, ihrer Holzteile beraubt, und wirkten gerade deshalb noch unheimlicher. Wie man mir später mitteilte, wurden sie nach der Pest im Jahre 1571 ein fach angezündet, als einziges Desinfektionsmittel der da maligen Zeit. In Dubrovnik (Ragusa), wo wir am nächsten Mor gen in der Frühe eintrafen, regnete es wieder, so daß man einen leider nur unvollkommenen Eindruck von dieser größten, einst selbständigen und freien Stadt der dalmatinischen Adria küste gewann. Wieder auf offenem Meer, das nun nicht mehr durch Inseln den Blicken versperrt wurde, näherten wir uns langsam, aber stetig, dem Ziel dieser dreitägigen Fahrt, die um die Mittagszeit in der Bucht von Cattaro, an gesichts der schneebedeckten „Schwarzen Berge" Montenegros, ihr Ende erreichte. — Der Globus im Kinderzimmer — Von Elsa Noack Neue Weltflugunternehmen! Wie wird unsere Kinder diese Nachricht wieder elektrisieren; wie werden sie, über den Atlas gebeugt, da die Wege der Flugoperationen verfolgen! Aber es will nicht so recht klappen. Kaum haben sie auf der einen Karte die Spur verfolgt, schon ist ihnen der große Kilometersresser, das moderne Luftschiff, auf der anderen Seite hinausgeschlüpft, und schwer nur ist die Fortsetzung zu finden. Noch schwieriger aber ist es, sich über die verschie denen Größenverhältniffe der einzelnen Kartenblätter klar zu werden. Die Entfernungen, mit denen wir heute rechnen, sind eben viel zu groß, als daß wir mit einzelnen Land karten auskommen könnten. Auch die Weltkarte gibt uns m ihrer verzerrten Projektion der Kugelfläche ein ganz verkehr tes Bild über die wirkliche Länge zurückgelegter Strecken. Da kommt der Globus zu Ehren. Mit Leichtigkeit können wir hier die weitesten Wege verfolgen, keine Verschie denheit der Größenverhältniffe stört uns und vor allen Dingen erhalten wir Aufschluß darüber, warum Flieger und Seefahrer ihre Wege manchmal — wie es uns scheint — in Umwegen gesucht haben. Denn auf der Kugelfläche er scheint uns die gekrümmte Linie der Karte als der kürzere Weg, während die gerade Linie der Karte sich auf der Ku gel ganz anders auswirkt. Sehr interessant ist es auch, die einzelnen Breitengrade rings um die Erdkugel herum zu verfolgen. Man wird, namentlich in unseren Zonen, erstaunt sein über die Ver schiedenheit der klimatischen Verhältnisse von Ländern, die alle auf demselben Breitengrad liegen, die also genau den selben Wirkungen der Sonnenstrahlung ausgesetzt sein müßten. Diese Beobachtungen führen dann zu näherer Betrachtung der Erdeinflüffe auf das Klima, und das gibt dann wieder ein unterhaltendes Kapitel. Die Beleuchtung eines mit drehbarer und geneigter Achse versehenen Globus im dunklen Zimmer durch eine Taschenlampe zeigt uns die Unterschiede von Tag und Nacht auf den verschiedenen Längengraden und wir lernen besser verstehen, warum es an den Polen ein halbes Jahr Tag und ein halbes Jahr Nacht sein muß. Bringen wir zum Ueberfluß noch auf einem längeren Draht eine Scheibe als Mond an, so können wir uns bei scharf begrenzter Licht quelle leicht die Erscheinungen Der Mondphasen demonstrieren. Alles in allem, der Globus in nicht allzu kleinem Aus maße ist in der heutigen Zeit, in der die Entfernungen im mer mehr und mehr zusammenschrumpfen, ein notwendiges Stück, nicht nur für die Schule, auch für das Haus geworden. Ein mutiger Offizier. Marschall Daendels, der in den französisch-holländischen Zeiten Gouverneur von Java war und mit großer Kraft und Festigkeit die Zügel der Regierung in seiner Hand hielt, und durch seinen wahrhaft eisernen Willen Außerordentliches vollbrachte, war, wie sich das begreifen läßt, wenig beliebt. Eines Tages war eine Gesellschaft von Offizieren bei einem gemeinsamen Mahle versammelt. Als man auf die Gesund heit des Gouverneurs trank, weigerte sich ein älterer Haupt mann, mitzutrinken, weil er von dem Gouverneur zurück gesetzt werde und er ihm daher feindselig gesinnt sei. Klatsch mäuler gibt es bekanntlich überall, und so dauerte es auch nicht lange, bis Daendels von dieser Begebenheit Mitteilung erhielt. Tags darauf lud der Gouverneur den Hauptmann zur Tafel, der der Einladung folgen mußte. Während des Essens trank ein Adjutant des Marschalls auf dessen Gesund heit, und alle Anwesenden erhoben sich und stießen an nur der Hauptmnan blieb sitzen, als ginge ihn das alles nichts an. Da sprang Daendels auf, zog seine Pistole und rief ihm zu: „Mit dieser Pistole hätte ich Euch erschossen, wenn Ihr feige genug gewesen wäret, Eurer Ueberzeugung untreu zu werden. Ihr seid ein Mann von Ehre und Mut. Hier meine Handl Ich ernenne Euch vor Euren Kameraden hier- mit zum Majori" o—o—o Praktische Winke o—o—o Die Fliege« beginnen schon hier und da lästig zu wer den. Man vernichte sie, um die Nachkommenschaft zu zerstören. Brenne« der Füße wird vermieden, wenigstens vermindert, wenn man die Füße mit Eiweiß bestreicht. Be sonders angenehm bei aufgeriebenen oder wundgelaufenen Fersen, Sohlen und Knöcheln. Die häßliche» bra««e« Flecke, die beim Putzen von Obst und Gemüse an den Händen entstehen, entfernt man sehr schnell durch Reiben mit der Innenseite der Schale einer frischen, ausgepreßten Zitrone. Eine Wefpe«falle stellt man sich dadurch her, daß man eine Flasche mit einem reichlichen Bierrest oder Frucht saft oder Branntwein offenstehen läßt. Tausende dieser lä stigen Insekten lassen sich so bequem beseitigen. Besonders im Frühjahr ist so eine Wespenfalle zu empfehlen, weil zu dieser Jahreszeit jede wcggefangene Wespe eine überwinterte Königin ist, die dann im Laufe des Jahres eine ganze Wespcnkolonie erzeugen würde. 4Nes Glücks Gewalt Wie Monds Gestalt Sich ändern tut. Drum hab's in Hut! Alter Spruch. wet Kräfte find es, die den Mensche« lenken, D Sie lenkeu ihn bald süd-, bald nordenwärt»; Natur gab ihm Verstand, »m recht zu denken, Um recht zu handel« gab sie ihm das Herz. A Blumauer. — Zerbrochene Flügel E»—«« Ein Fliegerschicksal, der Wirklichkeit nacherzählt > von Georg Eschenbach Die Sonne brennt sengend auf die Wüste nieder, und über dem heißen Sand tanzt die flimmernde Lust. Ein Flug zeug kauert mit zerbrochenen Flügeln neben einem dürftigen Grasfleck, und in seinem Schatten liegen regungslos zwei Männer. Die Stille ist ohne Laut, ohne Hoffnung. Da tönt hauchfeines Summen vom Horizont im Süden herüber. Es wächst zum Flügelschlag einer großen Fliege, zum Brummen einer kreisenden Hummel, zum dröhnenden Sang des Propellers, und ein Flieger steht dem dürf tigen, toten Grasfleck. Die Männer untG Wh Gebrochenen Flügel liegen regungslos. Das Flugzeug kreist in engen SchiMO Rbcr den Ka meraden. Es kann nicht landen, denn der Wüstensand lauert. Tiefer und tiefer zwingt der Pilot die Maschine, er sieht die zwei Männer liegen; sie rühren sich nicht. Er beißt die die Zähne zusammen, dann schreit er zu den beiden Käme raden hinunter und weiß doch, daß der Motor jeden Ruf übertönt. Sein Begleiter sieht seine Furcht und teilt sie. Doch er wirft den Sack mit den Wasseiflaschen und den Lebensmitteln über Bord und verfolgt den Weg des tanzen den Fallschirms. Neben dem zerbrochenen Flügel landet der Sack. Die beiden Männer dorten liegen regungslos Der Propeller summt sein Lied wieder stärker, und das Flugzeug mit den zerbrochenen Flügeln bleibt zurück. — Zwei Tage später trifft die Rettungskolonne mit ihren beiden Raupenwagen ein. Die Männer im Schatten des Flugzeuges liegen regungslos. Sie sind tot. Neben dem Aelteren finden die Retter, die zu spät kamen, eine Pistole und einen Bleistift. Das Notizbuch fehlt. Da zeigt einer der Männer nach dem zerbrochenen Flügel. Auf der Bespannung stehen Worte, und sie erzählen die Tra gödie der Flieger: „In der Wüste, dreihundert Meilen nördlich von Alice Springs. Gestern, am 10. April, stiegen wir auf, um nach dem verschollenen Flugzeug zu suchen. Sein Pilot war einst mein Freund. Er wurde mein Feind, und doch sind wir noch Kameraden, und einem Kameraden muß ich helfen. Wir suchen die Wüste 10 Stunden lang ab. Da setzt der Motor aus. Die lecke Bcnzinleitung zwingt mich zum Landen. Der Sand verschlingt die aufsetzenden Räder, und der Sturz zerbricht mir die Flügel, den Propeller. Da liegen wir in der Wüste, und bis zur nächsten Station sind es dreihundert Meilen. Ach was. Sie werden uns ja suchen. Ich muß mein Notizbuch in Alice Springs gelassen haben. Ich schreibe auf den Flügel. Er hängt ja zur Erde. — 12. April Nun sind wir schon zwei Tage hier und haben noch keinen Helfer gesehen. Wir mußten die Lebens - mit!el und das Wasser angreifcn, die sür ihn, den anderen, bestimmt waren. Die erzwungene Ruhe drückt auf uns. Tagsüber liegen wir im Schatten der zerbrochenen Flügel, und i achts stehen wir am Feuer, das wir mit dürrem Gras und unserem Brennstoff nähen, Würmern uns und hoffen, der Schein möge die Retter zu uns führen. — 15. April. Fünf Tage sind vergangen, und noch hab.n wir kein Motorengeräusch gehört. Hoffen, Warten und Un tätigkeit fressen an unseren Nerven. Einen Tag wollen wir noch warten. Kommt keine Hilfe, müssen wir Alice Springs zu Fuß erreichen. — 18. April. Verzweiselt, todmüde sind wir gestern zu unserem Flugzeug zurückgekommen. Sechs Meilen haben wir am ersten Tage unseres Fußmarsches zurückgelegt Dann blieben wir liegen. Wir konnten nicht weiter. Bei jedem Schritt saugte der Sand unseren Fuß in sich hinein, und wir mußten kämpfen, um uns zu befreien: „Umkehren! Um kehren!" Die Wüste läßt uns nicht frei, und wir müssen bei unserem Flugzeug auf die Retter warten oder . . . Ach was! Sie werden uns ja suchen! — 21. April. Unsere Lebensmittel gehen zur Neige. Das Wasser haben wir rationiert, einen Becher sür jeden Tag. Die Untätigkeit ist grauenhaft. Robert ertrug sie nicht länger. Jetzt arbeitet er an den zerbrochenen Flügeln: „Vielleicht können wir sie flicken!" Ich weiß, daß er lügt und sich nur ablenken will, weil er den Wahnsinn fürchtet. Ich helfe ihm jetzt, und doch sind alle meine Gedanken nur bei unseren Rettern. — Hurra! Der Retter! Als winziges Pünktchen taucht er am Horizont auf und nun kreist er über der Wüste. Er muß uns bald finden. Ich fürchte, Robert verliert vor Freude den Verstand. — 22. April. Wir haben einen Tag lang betäubt gelegen und kein Wort gesprochen. Die Enttäuschung war zu schwer. Der Flieger hat uns nicht gesehen. Unbegreiflich! Er ver schwand im Norden. Er mußte zurückkommen, denn dort drüben liegt keine Station mehr. Wir standen und warteten, bohrten die Augen in den Himmel hinein und glaubten jeden Augenblick das erlösende, feme Summen zu hören. Stunden lang. Bis Robert irres Zeug zu reden begann und zusammen brach. Ich habe ihn unter den Flügel in den Schatten gelegt und einen kostbaren Becher Wasser geopfert, um seine glühenden, zersprungenen Lippen zu kühlen. Der Flieger muß verunglückt sein oder er hat einen anderen Rückweg eingeschlagen. — 23. April. Jetzt weiß ich, warum uns der Flieger nicht sah. Ich bin in die Wüste hinausgelaufen, damit Robert, der zeitweise wacht und mich in lichten Augenblicken beo bachtet, nicht sah, wie ich vor Wut und Verzweiflung heulte. Da sah ich, daß unser Flugzeug gelbgrau im gelbgrauen Sande liegt. Der Kamerad konnte uns nicht entdecken. Keiner wird uns finden! Doch, sie müssen uns ja suchen! — 24. April. Immer klingt mir Proppellersurren in den Ohren. Ich starre in den Himmel. Ueberall tanzen dunkle Punkte. Ist das der beginnende Wahnsinn. Ich schließe die