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Nr.' 123. Pulsnitzer Tageblatt. — Donnerstag, den 30. Mai 1929. Seite 6. zur Wehepolitik mit44 geg'eul47"Stlmmen unter lebhaftem Beifall angenommen. Mit dieser Abstim mung wurden sämtliche Aenderungsanträge für erledigt er klärt. Vorher wurde ein Berliner Vertagungsantrag mit 225 gegen 166 Stimme« abgelehnt. Abg. Dittmann gab als Berichterstatter über das Wehrprogramm eine kurze Darstellung der Einstellung der vom Parteivorstand eingesetzten Kommission zur Feststellung eines Wehrprogramms und betonte, daß das Programm eine Fortsetzung der bisherigen Haltung darstelle. Der Redner sprach dann über die allgemeine Stellung der Partei zur Heeresfrage und erklärte u. a., die Sozialdemokraten lehnten das Rezept der Kommunisten, der Zertrümmerung des Be stehenden, ab. Unter den Begriff des Bestehenden gehöre auch das Heer und die Polizei. Die Partei würde falsch han deln, wenn sie einen künstlichen Gegensatz zum Heere schaffen würde. Während des Referates ging einneuerProgramm- entwurf ein, der von Levi, Rosenfeld und Seyde witz sowie von weiteren 80 Delegierten unterzeichnet war, und in dem u. a. gefordert wird, daß die Partei im kapita listischen Staat die Landesverteidigung ablehnen müsse. Im weiteren Verlauf der Aussprache erklärte Reichsinnenminister Severing: „Wenn wir, die Republikaner, im letzten Jahrzehnt ein an deres Verhältnis zur Reichswehr bekommen hätten, wenn wir wüßten, daß sie eine republikanische Einrichtung ist, in der selbst ein Panzerkreuzer nicht gegen den Frieden und gegen die Arbeiterklasse mißbraucht wird, dann hätten wir wahr scheinlich diese Aussprache nicht. Deshalb kommt es mir darauf an, zu untersuchen, wie wir ein besseres Ver hältnis der deutschen Republikaner zur Reichswehr Herstellen. Nötig ist, daß wir die Reichswehr republikanisieren. Das ist bisher nicht in wünschenswertem Umfange geschehen. 1919 haben Noske, ich und andere ver geblich versucht, Republikaner in die Reichswehr zu bekom men. Sollen wir jetzt diese Fehler konservieren oder nicht endlich zur Besinnung kommen und energisch den Kampf für die Republikauisierung der Reichswehr aufnehmen? Es ist selbstverständlich nicht möglich, sofort die Reichswehr zu republikanisieren, wie das bei der Polizei möglich war. Es ist auch nicht richtig, daß sich in der Reichs wehr nichts geändert hat. Tatsächlich hat sich seit Groener schon manches geändert. Wie wir aber von der Reichswehr verlangen, daß sie sich als verfassungsmäßige Organisation der Regierung fühlt, so müssen die Republikaner auch all' das, was erforderlich ist, für die Reichswehr bewilligen, und zwar nicht nur geldliche, sondern auch moralische Kredite. Es ist nicht richtig, daß die Sozialdemo kratie im kapitalistischen Staat die Landesverteidigung ab- - lehnen kann. Oie Nordpolexpe-ition -es „Graf Zeppelin". Das Programm bereits festgelegt, der Starttermin noch ungewiß. Kopenhagen. Der bekannte norwegische Polarforscher Professor Sverdrup berichtet über eine Konferenz, die in Perlin wegen der geplanten Nordpolexpedition des Luftschiffes „Graf Zeppelin" stattgefunden hat. Danach hat man ein stimmig den Vorschlag Professor Nansens angenommen, wo nach Fairbanks in Alaska die Basis für den Zeppelin werden soll. In Europa soll wahrscheinlich an der norwegischen Küste ein Stützpunkt geschaffen werden. Bis Ende dieses Jahres soll alles soweit geklärt werden, daß innerhalb von drei bis vier Monaten in Alaska und in Nordnorwegen Ankermasten für den „Graf Zeppelin" errichtet werden können. Nur aus dem einfachen Grunde, weil das Luftschiff andere Flugtouren inzwischen ausführen müsse, werde der Nordpolstart etwas verschoben. Die Hauptaufgabe der Polarexpedition wird nach Nan sens letztem Vorschlag darin bestehen, Grenzen des tie fen Polarmeeresfe st zulegen. Man will auch die genaue Lage und Ausdehnung des Nordlandes (Nikolaus II.- Der verlorene 8okn Sto—«« von Varrkart 2. Fortsetzung. (Nachdruck verboten.) Sic gehorchte schweigend, noch ganz verblüfft. Aber ein Entsetzungsruf entfloh ihr, als sie die beiden Hunde sich jetzt mit aller Gewalt auf den Fremden stürzen sah. Ein Blick auf das lächelnde Antlitz des Fremden be ruhigte sie und riß sie zugleich zu ungeteilter Bewunde rung hin. Mit einem Blick, einem einzigen beruhigenden Zuruf hatte er die Tiere wieder in seiner Gewalt. Sie schmiegten sich gehorsam an seine Kniee. Inge faltete die Hände über der Brust. „Wie haben Sie das nur möglich gemacht?" fragte sie. „Hektor und Nero machen sonst mit Fremden nicht viele Umstände." Sie hatte bei diesen Worten zum ersten Male voll zu ihm aufgesehen. Es kam ihr in diesem Augenblick wohl nicht zum Bewußtsein, wie sympathisch seine Züge, sein leichtes Lächeln sie berührten. Sie fühlte nur eine heiße Blutwelle zu ihren Wangen aufsteigen und senkte verwirrt den Blick. „Das ist sehr einfach, gnädiges Fräulein," erwiderte er. „Die Tiere wittern eben den Freund in mir: denn ich liebe Hunde." „Ich liebe sie auch," sagte sie leise und schüchtern. Eine kleine Pause entstand. „Gestatten, gnädiges Fräulein, daß ich jetzt das versäumte nachhole und mich vorstelle: Charles Williams, der neue Ingenieur der Fabrik." „Ah! So habe ich doch recht geraten!" „Recht geraten? Wieso?" Sie wurde wieder rot, aber diesmal schwand ihre Verlegenheit schnell: „WSil nun, weil Sie so so amerika nisch aussehen." ooer Lenin-Landes), das Nobile nicht gefunden hat, karto graphieren, und weiter die Küste Sibiriens. Schließlich soll festgestellt werden, ob es möglich ist, mit einem Luftschiff im arktischen Gebiet zu landen. Es sollen mehrereLan- dungsversuche unternommen werden. Beim ersten Flug von Norwegen will er in gerader Richtung nach Amerikas Küste fliegen und auf dem Rückflug der sibirischen Küste folgen. Zwei Flüge werden das Polargebiet berühren. ! Sport. WuWall-LLuVerfHiol Schottland — Norwegen 4:0. In Anwesenheit des norwegischen Königs und 12 000 Zuschauern fand in Oslo der Fußball-Länderkampf Schottland 'gegen Norwegen statt, den di« schottische Mannschaft mit 4:0 Toren gewinnen konnte. Dempsey soll zahlen. Die bekannten amerikanischen Boxkampfveranstalter Humbert Fugazy und Edwin Eole haben gegen den ehemaligen Weltmeister Jack Dempsey eine Klage auf 40 000 Dollar rückständiger Gehälter angestrengt, di« damit begründet wird, daß sich Dempsey vertragswidrig von dem von den dreien gegründeten Syndikat zur Veranstaltung von Boxkämpfen zurückgezogen habe. Fräulein Stinnes «»acht eine Weltreise im Auto mobil. Fräulein Stinnes, die Tochter des verstorbenen deutschen Großindustriellen, ist in Begleitung des schwedischen Sportsmanns C. A. Soderstvoem in New Aork eingetroffen, mit dem sie eine Automobiltour um die Welt unternimmt. Fräulein Stinnes hat bereits etwa 12 000 englische Meilen zurück gelegt. Börse und Handes Amtliche sächsische Votierungen vom 29. Mi. Dresden. Die Börse verkehrte in uneinheitlicher, aber überwiegend fester Haltung. Einige Spezialwerte hatten größere Kurssteigerungen zu verzeichnen. So gewannen Schubert u. Salzer 10, Bergmann 8,5, Polyphon 6, Reichs bank 4,5 und nachbörslich weitere 2, Mimosa 3,75, Steingut Sörnewitz 5, Darmstädter Bank 3,5, Leipziger Kredit 2,75, Braubank, Thüringer Elektrizitätswerk und Münchsberg je 2 Prozent. Dagegen lagen niedriger Dresdener Albumin- Aktten um 2, desgleichen Genutzscheine um 5,5, Glasfabrik Brockwitz um 5, Elttewerke um 4,5, Dortmunder Ritter um 4, Gebr. Herrmann, Per. Bautzener Papierfabriken, Per Photo, Per. Strohstoff und Bergmann um je 2 Prozent. Beide Serien der Reichspostschatzanweisungen stellten sich um 2,5 Prozent niedriger. - Leipzig. Die Börse verkehrte in etwas freundlicherer, aber noch uneinheitlicher Haltung. Höher lagen Polyphon um 7, Reichsbank und Schubert u. Salzer um je 6, Nord deutsche wolle um 3,5, Leipziger Brauerei um 3, Danatbank 2 Prozent. Die Kursrückgänge bewegten sich mit Ausnahme von Steingut Colditz, die 2 Prozent einbüßten, bis zu 1 Pro zent. Freiverkehr wenig verändert. Norddeutsche Wolle und Polyphon gewannen je 5, Weißthaler Spinner 4,5 Prozent. Chemnitz. Die heutige Börse wies ebenfalls eine freundlichere Stimmung auf. Für Spezialpapiere wurden bis zu 5,5 Pro zent höhere Kurse bewilligt. U. a. gewannen Sachsenwerk, Wandererwerke, Schubert u. Salzer sowie Bankaktien. Textil aktien lagen ruhig. Besser notiert wurden Schönherr, Fries u. Höpflinger und Hartmann. Im Freiverkehr waren Astra- werke und Weitzthaler Spinner weiter gesteigert. Chemnitzer Produktenbörse. Weizen, inl., 76 Kilo 212 bis 218; Roggen, 72 Kilo 187—190; Sandroggen, 72 Kilo 193 bis 198; Sommergerste 220—230; Wintergerste 210—220; Hafer 200—210; Mais für Futterzwecke 205—210, Mais, Cinquantin 255—260; Weizenmehl 35,50; Roggenmehl 31,50; Wetzenkleie 13,50; Roggenkleie 13,50; Wiesenheu, drahtgepreßl 15,50; Getreidestroh, drochtgepreßt 6,25. Berliner Börse vom Mittwoch. Die Börse Haide sehr feste Tendenz, auch unter Berücksichti gung des Reportzuschlages ergaben sich kräftige Steigerungen. Effektenmarkt. Von heimischen Renten war der Altbesitz schwächer, der Neubesitz eine Kleinigkeit evholt. Von ausländischen Anleihen erholten sich Bosnier. Schiffahrtsaktien konn ten sich bis 2 Prozent bessern. Bei Banken betrugen die Er höhungen 1 bis 3 Prozent. Auch Montanaktien hatten verhältnismäßig ruhiges Geschäft. In Kaliaktien sollen Er lachte. „Sehe ich wirklich so aus? — — Aber gleich viel, warum zogen Sie daraus den Schluß, ich müsse der neue Ingenieur sein?" „Nun, Papa erwartet doch den neuen Ingenieur aus Amerika," beeilte sie sich zu erklären. , „Papa? Wer ist Ihr Herr Papa, wenn ich fragen darf?" „Herr Helmbrecht, der Besitzer der Fabrik natürlich." „Wie? Herr Helmbrecht? Unmöglich," entfuhr es ihm in ungläubigem Staunen. „Warum wundert Sie das? Kann Herr Helm brecht keine Tochter haben?" „Gewiß gewiß ich vermutete es nur nicht ich glaubte anfangs " „Was glaubten Sie?" „Daß Herr Helmbrecht keine Kinder besäße." „Wie drollig!" lachte Inge amüsiert auf. „Waren Sic übrigens schon bei Papa?" „Ich komme soeben von Herrn Kommerzienrat Helm brecht." „Sic sprechen sehr gut deutsch," meinte sie. „Die deutsche Sprache ist meine Lieblingssprache," gab er zur Antwort; „ich pflege sie im Verkehr mit Deutschen, deren es in Amerika, besonders in Newyork viele gibt." „Es muß furchtbar interessant in Amerika sein." „Natürlich, furchtbar interessant," gab er zurück. „Möchten gnädiges Fräulem wohl einmal hinüberkom- men?" _ , , „Brennend gern. Doch sagen Sie Mir gibt es dort auch einen so schönen Frühling, so herrliche Bäume und» bunte Blumen wie bei uns?" „Der Frühling ist dort gerade so, wie hier nur " er zögerte und in seinem Blick lag etwas schel misch Neckendes „nur gibt es dort nicht so seltsame Käfer auf den Bäumen." Inge fuhr zurück. Die Kühnheit des Amerikaners, wie sie es bei sich nannte, überstieg doch alle Grenzen. Ohne ein Wort der Erwiderung faßte sie die Hunde am wreoer französisch« Kauze Vorgelegen haben. Auf die Farven- aktie wirkte die neue Transaktion mit Ford nach. Elektro- aktien: Im Vordergrund standen Siemenswerte. Berliner Produktenbörse: Zunächst flau, dann gehalten. Ueberseedepeschen lauteten erneut ermäßigt.' Inlandsver- käufec, besonders Schlesien, sind in allen Artikeln verkaufsbereit, selbst zu nachgebenden Preisen. Indessen ist das Preisniveau der Förderungen mit dem der Gebote selten in Uebereinstim- mung zu bringen. Mühlen halten mit Anschaffungen infolge des schlechten Mehlgefchäftes meist zurück. Der Markt setzte zu höheren Preisen ein als gestern nachmittag bzw. heute früh An wendung fanden. Im Verlauf trat eine weiter« Erholung der Lieferungspreise für Brotgetreide von etwa 1^0 Mark gegenüber den Anfangskursen ein. Amtliche Notierung der MittagsbSrse ab Station. Mehl und Kleie brutto, einschl. Sack frei Berlin. u»0k, 29. 5. 29 28. 5. 29 100 K8 29. 5. 29 28. 5. 29 W-iz. 204.0-205.0 Mehl 70 »/. mark. 207.0-208.0 Weizen 23.2-27.7 23.5-27.7 Mai 215.0-216.0 218.50 Roggen 24.5-26.7 24.7-27.0 Juli 216.5-2182 2185-219.5 Weizenkleie — 12.2-12.5 Sept. Rogg. mrk.*) 227.0 228 5 228.5-229.5 Roggenkleie Weizenkleie- — 12.75 178.0-180.0 181.0-183.0 melasie — Mai Raps (1000 kg) — Juli 193.5-194.5 198.0-197.5 Leinsaat (6o.) —— —— Sept. Gerste Brau 199.2-200.0 202.0-201.5 Erbsen, Vittoria 41.0-48.6 41.0-48.0 Kl. Speiseerbsen 28.0-34.0 28.0-34.0 265.0-218.0 206.0-220.6 Futtererbsen Peluschken 21.0-23.0 25.0-26.5 21.0-23.0 25.0-26.5 Futt-, Indust. 178.0-184.0 178.0-186.0 Ackerbohnen Wicken 22.0-24.0 28.0-30.0 22.0-24.0 28.0-30.0 Wink. — Lupinen, blau 17.5-18.5 17.5-18.5 yater „ gelb 23.0-25.0 23.0-25.0 mark. 175.0-181.0 176.0-182.0 Seradella, neue 60.0-64.0 60.0-64.0 Mai — —- Rapskuchen 18.8 18.9 18.8-18.9 Juli 186.00 187.00 Leinkuchen . 21.60 21.8 22.0 Sept. 190.50 192.0-190.6 Trockenschnitzel 12.00 12.00 MaiS Soya-Exlrakt. 18.6-19 4 18.9-19.7 Berlin — —— Schrol Plata — — Kartoffelflocken 15.4-15.8 15.4-16.1 >) Hektolitergewicht 74B0 tzg. 1 do. 69 üz. Magdeburger Zuckernotierungcn. Gemahl. Melis bei prompter Lieferung innerhalb 10 Tagen 24,50 u. 25,25, bei Liefe rung Juni 25,25, Juli 24,50. Tendenz: Ruhig. — Rohzucker: Tendenz: Ruhig. (Ohne Gewähr.) Metallprevse in Berlin (für 100 Kilogramm in Mark): Elektrotytkupser wir« bars 170,50; Orig.-Hüttenaluminium, 98 bis 99 Proz., in Blöcken 190; do. in Walz- oder Drahtbarren/ 99 Prozent 194; Reinnickel, 98—99 Prozent 350; Antimon- Regulus 72—77; Feinsilber für 1 Kilogramm 73—74,75, (Ohn« Gewähr.) Kirchen - Nachrichten Pvlovttz Sonntag, 2. Juni, 1. »ach Trinit.: '/,9 Uhr Abendmahl. 9 Uhr P ed'gttottesbienst (Luk. 16, 19-31) Piarrer Schulze Lüder Nr. 452 264. 331. EP üche Nr 78. 86. 2 Uhr Taufen. Uhr Abendandacht im Psarrhau«ga,ten. — Montag. 3. Juni: 8 Uhr Vorbereitung für den Kmdergottesdo, st — Mittwoch, 5. Juni: 8 Uhr BibelkrSnzchen (Matth 25, 14—30). Landeokirchttche Gemeinschaft Sonntag: Nachmittags 2 Uhr Sonnlagsschule. Abends 8 Uhr Vortrag. Ju^enbbund jür E C. nimmt an der JugendherbergSweihe teil. Treffen 5 Uhr bei Bubnick. Ohorn Mittwoch, 5. Juni: 8 Uhr Bibcllesen. Lichtenberg L Sonntag «ach Tria., 2. Juni: >/,9 Uhr Predigtoottes- dienst. Sammlung. 10 Uhr Ku-inrgottesaienst. 2 Uhr Taufgotiesdienst. Kirchen - Vereins -Nachrichten Sonntag: Abfahrt nach Schm awtz: 11 Uhr Junxmönner» ve'em Pulsmtz ob Vismorckplatz. — Bekanntmachung. Herr Pfarrer Gode — 2 Pfarrdaus — wird vom I.Jmt ob alle K^chen- buchzeugnisst ausstelle'. Ebenso wird er alle Anmeldungen zu Taufen, Trauungen und Begräbnissen entgcgennehmen. — Amtszeit: Nur Vor mittag 8—*/,1 Uhr. Halsband, neigte ganz leicht den Kopf und schritt hoheits voll an ihm vorüber. Er zog respektvoll den Hut und ließ sie an sich vorübergehen. Gern hätte er ihr noch ein Wort der Ent schuldigung sagen mögen, denn verletzen hatte er das süße Kind mit seiner Anspielung nicht wollen. So schritt er dem Wege nach dem Fabrikhofe zu. Dort in dem Beamtenhause lag seine Wohnung; die frühere Wohnung des verstorbenen Direktors war es. Kommerzienrat Helmbrecht hatte sie ihm genau bezeich net; er konnte sich kaum irren. Langsam betrat er den schattigen Weg, und je näher er der Fabrik kam desto mehr schwand die Erinnerung an die soeben erlebte Szene; dafür wurde eine andere „s" Lebendiger. Es war der Besuch bei seinem neuen Chef. Er hatte wohl kaum eine halbe Stunde gewährt, - und doch hatte diese Zeit genügt, ihm einen tiefen Ein blick in die hier waltenden Umstände zu gestatten. Als er das Zimmer betrat und den von Kummer und Sorge gebeugten, schon halb ergrauten Mann im Lehnstuhl sitzen sah, da hatte ein tiefer Schreck ihn durch zuckt. Und der Anblick der halb erloschenen Augen, die ihn, den Fremden, nicht sahen, der Hände, die nach den sei nen tasteten, hatte ihm das Herz in Stücke gerissen. War das ein Mann in der Vollkraft seiner Jahre — — er konnte die Sechzig noch nicht um viel über schritten haben — — der hier gebeugt, zum Nichtstun, zum Grübeln über sein hartes Geschick verurteilt, saß? Da hatte Helmbrecht gesprochen, und wie Zentnerlast fiel es von seiner Seele. Die Stimme verriet nichts von den körperlichen und seelischen Leiden dieses Mannes; sie hatte einen markigen, metallischen Klang. So schliefen doch noch Kräfte in seinem Innern. Und gerade das Bewußtsein, noch etwas leisten zu können auf der Welt, war es, was sich ihn mit wilder Verzweiflung gegen das harte Geschick auflehnen ließ. (Fortsetzung folgte