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alte treffliche Blocksberg, der Brocken, sich oarcm erinnert, daß er ja eigentlich seit Tausenden von Jahren verpflichtet ist, seinen breiten Rücken in dieser Nacht dem Meister Urian und seinem Gefolge zur Verfügung zu stellen. Aber sowas gibt's jetzt doch nicht mehr: aufgeklärte Zeit und sol Gern ach, lieber Freund, steigen wir aufi, wir brauchen ja nicht mit Faust zu sagen: „So lang' ich mich noch frisch auf meinen Beinen fühle, Genügt mir dieser Knotenstock", wir brauchen auch nicht mit kleinen Teufelinnen und anderen Unholdinnen oder Holdinnen auf einem Besenstiele durch die Luft emporzureiten, es genügt die alte gute Brockenbahn, so von Dreiannenhohne an. Da merken wir schon was vom Hoftag des Teufels, den er natürlich als echter Teufel und der Teufel Oberster in die Nacht verlegt hat, und es ist, als ob Mephisto selbst zu uns sein Sprüchlein sagte: „Ich muß dich nun vor allen Dingen s In lustige Gesellschaft bringen." Lustig ist das höllische Volk, das hier dem Gipfel zu« fährt, und so denkt man: „Mit rechten Leuten wird man was, Komm, fasse meinen Zipfel. / Der Blocksberg wie der deutsche Parnaß Hat gar einen breiten Gipfel." Auffahrt der Teufel und Hexe» mit der Brockenbahn. Sakrament, was wimmeln hier für teuflische Gestalten herum, die wie zu Urvater Donars Zeiten dem wind umbrausten Harzglpfel zustreben und abwarten, ob nun wirk- Uch die heilige Walpurgis — die dieser Nacht merkwür digerweise den Namen gab — etwas gegen den ganzen Zaubersput unternimmt. Geschieht nicht, wir aber hören das Brausen, das durch die mächtigen Gipfel geht und meinen, der wilde Jäger selber ritte wieder einmal durch sein altes Revier. Für ihn tritt Meister Urian selbst in die Schranken, es kann aber auch des Teufels Großmutter sein, die dem Mannsvolk und den Jungfern, den Teufeln und Henlein, derb den Kopf wäscht. Wenn gar Satanas selbst erschienen ist, dann wandert die ganze höllische Brut durch dunkle Nacht zur Teufelskanzel, um dort abgekanzelt zu werden. Als es noch wirkliche Teufel gab, da taufte er die Hexen mit „gar- stigem Wasser", versah sie mit dem Drusenzeichen und wies ihnen dann einen Leibteufel zu, der nicht nur dienstbarer Geist war, sondern auch die Funktionen eines Liebhabers hatte. Nun, solcher Leibteufel gibt's immer noch genug in der Walouraisnacht auf dem Blocksberg: „Gesellschaft, wie man wünschen kann - Wahrhaftig' lauter Bräute, Und Junggesellen Alaun für Mann Die hoffnungsvollsten Leute!" Ganz nett, wenn solch' hoffnungsvoller Iungteufel sich später „in: Iivilverhältnis", als Assessor, praktischer Arzt, Studienrat oder ähnliches entpuppt und den Willen zu er kennen gibt, sich mit der holden Teufelin fürs ganze Leben zu kopulieren und mit ihr — wenn auch nicht am selben Besen — so doch am selben Strange zu ziehen. Darauf ein herzhaftes, teufelmüßig gut gemeintes „Prosit, prokicist, zum Wohle, bekomm's Euch, sslutem!" Denn zu derartigem Prösterchen ist reichlich Gelegenheit. Nach der Begrüßung durch den Teufel selbst sind die Gemüter meist soweit ge schwächt, daß man sich erst mal an Teufels Hoftag auch an Teufels Hoftafel erholen muß! Was gibt's da für Genüsse — Junge, Junge! Etwa: Krötensuppe mit Sala- manderschwänzen, Teufelszungen-Ragout mit Hexensoße, Ziegenbockrücken, Blocksbergsalat und Geisterkompott, Schwefelbutter mit Riechkäse. Dann aber schallt's: „Der Mai ist gekommen", oder wie man als Student sang: „Die Bäume, die Bäume, die Bäume schlagen aus, die Bäume, die Bäume" und so fort. Allen diesjährigen Brockenfahrern, Teufeln wie Hexlein — denen natürlich zumal — ein urkräftiges Walpurgis- Heil — in Dreiteufelsnamen! W. > o Praktische Winke « Entfernung von Eierflecke« auf silberne» Löffel«. Das beste Mittel ist Silberputzpulver. Man taucht ein weiches, feuchtes Wolläppchen in das Wasser und reibt damit die Löffel ab. Entfernung vo« Grasflecke«. Solange der Flecken noch trocken ist, nimmt man für empfindliche Stoffe Spiritus, sonst tut auch eine Mischung von Salmiakgeist und Wasser aus gleichen Teilen und etwas Wasserstoff superoxyd gute Dienste; zuletzt muß natürlich sehr gut nach gespült werden; das ist sehr wichtig. Das Reinige« von Tapeten geschieht noch viel fach durch Abreiben mit altem Brot. Mehr zu empfehlen ist folgendes Verfahren: Man fegt die Tapeten erst mit einem sauberen Besen ab und reibt sie dann strichweise mit einem wollenen Lappen nach, den man in grobe Hafergrütze taucht. Um Teppiche frisch in ber Farbe z« erhalte«, ist das Salz ein guter Helfer Streut man auf einen Tep pich Salz und läßt es einige Zeit darauf liegen, bürstet als dann das Salz scharf ab, so zeigt der Teppich wieder frische, reine Farben. Man kann statt des trockenen Salzes den Teppich auch mit einer schwachen Salzlösung ausbürsten. ° Humoristisches o„>. ° Händels Harfenspiel Ein junger Sänger kam eines Tages zu Händel. „Ich muß mich beschweren, Meister", sagte er. „Ah. Warum? Worüber?" „Der Stil Ihrer Begleitungen ist so, daß die Auf merksamkeit vom Sänger abgelenkt wird und daß jeder nur noch auf die Harfe, nicht aber auf meinen Gesang hört." „Da kann ich Ihnen leider nicht helfen", zuckte der Komponist die Achseln. Wütend erwiderte der junge Mann: „Dann werde ich beim nächsten Konzert in das Orchester springen und die Harfe zerschmettern!" „Tun Sie das", antwortete freundlich Händel, „aber sagen Sie mir vorher genau, wann Sie es vorhaben. Dann werde ich es inserieren und es werden mehr Leute kommen, um Sie springen zu sehen als Sie singen zu hören." Wen anlachendes Glück zu schwindelnden Freuden erhoben, Den senket der Wechsel in Gram. Hor-z. LMMU ÜIHW IM WsWk rWMtl smmü n . „ ----- ! Druck und Bertas von E. L. Förster'- Erben lIahaber: 3- W. Moy r) - Schriftleiter: I. W. Mohr in Pul-ni» Hi :: « o Edle« «nd Gemeines sich bekriege«, ird nur z« häufig das Gemeine siegen, Weil ihm das schlechteste Mittel nicht z« schlecht ist, Sei« Ziel der Vorteil «nr und nicht das Recht ist. Fr. o. Bodcnstedt. Sonnlagsgedanken. — Die Kinder unserer Zeit sind suchende Menschen. Wir suchen schließlich alle ohne Unterschied. Wir müssen suchen. Ganz neue Fragen stellen sich vor uns hin und sie drohen, uns den Boden unter den Füßen wegzureißen wie wildwo gende Wasser. Von dem, was einstens gesichert zu sein schien, ist heute vieles mit einem Fragezeichen versehen. Allerhand Probleme sind jetzt auf die Tagesordnung gestellt; die Lösungen, die früher gegeben wurden, genügen uns Menschen der Gegenwart nicht m.hr. Suchende sind wir, der eine mehr, der andere weniger. Wohl dem, der seinen Gott als festen Besitz hat inmitten der neuen Welt, die sich jetzt um uns aufgetan hat! Wohl dem, der in seinem Gott und in der Gemeinschaft mit ihm den Felsen hat, der dem ganzen Wirrwarr dieser Tage standhält! Und trotzdem, wir müssen suchen. — Ob wir suchen dürfen, ob Gottes Kinder suchen dürfen? Es gibt Menschen, ganz ernste Menschen, die erklären, daß sie aufgehört hätten zu suchen, weil sie schon gefunden hätten. Sind wir, die wir noch suchen, die Zurückgebliebenen, die Rückständigen? Aber haben nicht Menschen, zu denen wir voll Ehrfurcht aufschauen, gesucht und immer wieder gesucht? Und ist unser Suchen nicht Gottes Wille? Wenn wir ehrlich und wahr sein wollen, dann kommen wir von dem Suchen nicht los; Gott selbst, der ein Gott der Wahrheit ist, hat uns dies Suchen ge heißen und wo er befiehlt: „Suchet," da haben wir zu ge horchen. — Freilich ist das Suchen mit Schmerzen verbun den ; oft genug erscheint es uns hoffnungslos. Werden wir finden? Wann werden wir finden? Ganz gewiß, unserem menschlichen Wissen und Verstehen sind enge Grenzen ge zogen, engere Grenzen am Ende, als wir meinen. Da müssen wir uns bescheiden, wenn wir vieles nicht finden. Aber die Kinder unserer Zeit sind, mehr als in vergangenen Tagen, suchende Menschen. Wann wird für sie das befreiende, er lösende Wort gesprochen werden, das Antwort gibt auf Fragen und Rätsel, das Wort, das unS finden läßt nach allem Suchen? Dies Wort muß gesprochen werden. Denn für immer darf die marternde Unklarheit nicht auf uns Menschen lasten; wir müssen Gottes ewige Wahrheit finden, aufs neue finden. Wir haben doch auch alle in unserem Leben oft genug schon gefunden, haben den gefunden, der uns sucht, haben manchen Blick in den Reichtum seiner Gnade und Weisheit tun dürfen. Sollte unsere Zeit nicht doch zum Ziele kommen? Sollte der Mann nicht kommen, der das befreiende Wort diesem Geschlechte sagt? Wir wol len Gott bitten — Rogate d. h. bittet, betet! —, daß er diesen Mann bald sende. Bis dahin gilt es für uns, ohne Ermüden recht und wahr und fromm zu suchen und an dem Glauben unentwegt festzuhalten, daß hinter dem Suchen ein Finden steht. „Suchet, so werdet ihr finden." Sck. — Der „schwarze Ritter" —— Skizze von Oleg Brrting-Brünn Die Stirn gegen die Fensterscheibe seines Abteils ge lehnt, blickte Baron Bodo Hövden schwermütig in die dunkle Regennacht hinaus. Er hatte sein Studium in Deutschland beendigt und kehrte aus sein Gut Seedorf in Estland zurück. So sehr er auch die Scholle seiner Väter liebte — der Ge danke an das Leben in der herbstlichen Einsamkeit, das ihm jetzt bevorstand, stimmte ihn doch traurig. Umsomehr, als es mit der großzügigen, ländlichen Geselligkeit und dem frohen Jagdgetriebe von früher vorbei war. Vielleicht für immer. Die estländische Regierung hatte die deutschen Guts besitzer nah und fern von ihren Gütern vertrieben und daS Vätererbe unter andersstämmige Bauern verteilt. Nur er und noch einige wenige Deutsche dursten einen kleinen Teil ihres Besitztums behalten, da sie sich im Freiheitskriege gegen die Bolschewiken ausgezeichnet hatten. Der Unterschied von heute und gestern lastete schwer auf Baron Bodo. Das Geleise machte eine scharfe Biegung und der Zug verließ den Wald. Regentrübe Lichter tauchten in der Ferne auf. Der Baron fuhr jäh aus seinen Gedanken empor und empfand ein leichtes Unbehagen. Er war am Ziel. ES wurde hell und die Räder standen still. Ein Diener erwartete ihn und nahm das Gepäck. Noch einen letzten Blick warf der Baron auf die ungleich mäßig erleuchtete Fensterreihe deS Zuges. Dann tauchte er im Dunkel seiner altmodischen Kalesche unter. Nur langsam ging eS weiter auf den durchweichten Wegen, in der stucm- gepeitschten Finsternis. Ein ekelhaftes Frieren kroch klebrig durch den Körper des Reisenden. Ab und zu versank er in einen unruhigen Halbschlummer. Dann sah er gräßliche Spukgestalten in tollem Reigen an sich vorüberziehen. Einige hielten, nahe und groß, vor ihm still und schnitten scheußliche Fratzen. „Ich muß wohl Fieber haben," dachte der Baron und fühlte seinen Puls, der hart und schnell jagte. Wieder versank der Einsame in ein halbwaches Träumen. Endlich hielt der Wagen nach Durchquerung des düsteren Parkes vor der Freitreppe des Schlosses, das in tiefe Dun kelheit gehüllt lag, Nur aus dem Erdgeschoß drang mattes Licht durch die geschlossenen Fensterläden. Dort hausten der Diener, die Köchin und einige der wenige ihm noch verblie benen Gutsarbeiter. Undeutlich hob sich das gelbgrave, nicht sehr große Gebäude gegen den schwarzen Grund der tannen- bewachsenen Uferfelsen ab. Unheimlich wie die Gruft eines Riesen, dem das Heulen des Sturmes und das Brausen des nahen Meeres ein schauerliches Totenlied sang, während rauschende Regenfluten weinten. Ein Gefühl unendlicher Verlassenheit überkam den Baron. „Warum brennt kein Licht?" fragte er den Diener.