Volltext Seite (XML)
Dienstag, den 27. September 1932 Pulsnitzer Tageblatt 84. Jahrgang, Nr. 227, Seite 7 ML Z ^65-0^ '1 . , -H Tagesfragen aus Stadt uns Land Gibt es einen friedlicheren Ort als ein gemütliches Heim? Es ist noch Heller Nachmittag, da man es betritt. Duftende Blumen leuchten in einer Vase; nichts Gespenstisches, nichts Heimtückisches ist in dieser Wohnung; und doch, auf einmal, ehe man sich versieht Man richtet sich friedlich vom Sessel auf, man ist nur zufällig mit dem Finger an den Tisch gekommen, auf dem die Vase mit den Blumen steht, aber der Tisch wankt, die Vase geht in Scherben. Und nun kommt das tückische Chaplin-Schauspiel, das jeder einmal im Leben erlebt hat oder erleben muß. Man will die stürzende Vase im Sturz noch fangen, springt auf, verfängt sich im Tischtuch, reißt das Tischtuch vom Tisch mit all den schönen, bis zum Rand gefüllten Kaffeetassen. Man taumelt gegen das Fenster und das Fenster geht in Trümmer; man weiß nicht wie ... Aber das sind erst die kleinen, die harmlosen Tücken dieses Lebens. Es kann leicht viel Schlimmeres passieren: Tante Dora hat in Benzin ihre Handschuhe gewaschen. Als „moderne Frau" hat sie dabei ihre Zigarette geraucht. Und Plötzlich schlagen aus der Benzinschüssel hell lodernde Flammen ihr entgegen. Und Anneliese, die so geschickte Anneliese, hat sich ein Faß, das sie in der Rumpelkammer gefunden hat, als Fußgestell zum Fensterputzen auserwählt. Bei einer ihrer temperamentvollen Bewegungen kippt das Faß um. Und während Anneliese nur zu Boden fällt, purzelt der Eimer zum Fenster hinaus, einem ahnungslos auf der Straße wandelnden Pasfanten auf den Kopf. Um es uns leichter zu machen, solchen und Wimmern tückifchen Zufällen zu begegnen, werden jetzt „Unfallverhütungs-Vorschriften" und „Unfallverhütungsbilder" herausgegeben. Da sind die bekannten Plakate in den Fabriken. Sie zeigen Arbeiter, die von der Maschine erfaßt werden und darunter etwa den Text: „Halte die Schutzvor richtung an Deiner Maschine instand!" Oder: „Lose Kleidung hat oft schlimme Folgen!" Oder: „Unter schwebenden Lasten lauert der Tod!" Und man sieht ausgezeichnet, wie zwei Leute unter einen Kran geraten. Da und dort sieht man ein Plakat angeschlagen, das einen Mann knöpfe usw. Durch die richtige Dimensionierung der Verstärkung und durch den verlustarmen Aufbau aller Kreise ist die Wiedergabe des Störspiegels auf ein Minimum herabgedrückt. Dadurch wird der Empfang selbst der entferntesten Stationen auffallend rein, und die wundervolle weiche Tonwiedergabe kommt zur vollen Wirksamkeit. Aber auch zur Erhöhung der Trennschärfe ist noch eine Rückkopplung vorgesehen, mit deren Hilfe man auch direkt benachbarte Sender einwandfrei trennen kann. So vereinigen die neuen Mende-Empfangsgeräte 198/280 IV alle technischen Neuheiten und Errungenschaften auf diesem Gebiete und stehen unzweifelhaft an der Spitze der Radioapparate. Der Name Mende ist ein Begriff geworden, der seit Jahren weit über Deutschlands Grenzen hinaus bekannt ist für deutsche Qualitäts arbeit und modernste Empfänger-Technik. Praktische Winke. Sonnenstrahlen und Schönheit. Wenn ich heute einmal auf dieses Thema zu sprechen komme, so glaube ich, daß es Sie alle in ganz besonderem Maße interessieren wird. Es ist eine bekannte Tatsache, daß ohne die Sonne kein Leben möglich ist, aber darüber hinaus haben Forschungen der neueren Zeit ergeben, daß gerade die direkte Bestrahlung äußerst kräftigend auf Pen Körver einwirkt. Wir haben in der Sonne, und besonders in den ultravioletten Strahlen derselben einen Heilfaktor, der durch nichts ersetzt werden kann. Leiber wird nun die direkte Sonnenbestrahlung nicht immer gut vertragen, vor allem nicht, wenn ihr die Haut Plötzlich ausgesetzt wird, wie an den ersten ionnigen Märztagen, an besonders heißen Tagen an der See usw. Die menschliche Haut reagiert auf diese Strablen im Anfang iehr verschieden. Während einige sich ohne Besorgnis nach Herzenslust sonnenbaden können, müssen die andern, die vielleicht ein Sonnenbad noch nötiger haben, Sonnenbrand und Sommer sprossen fürchten. Sonnenbrand ist schmerzhaft, zerstört meist die oberen Hautschichten, die sich dann ablö!en, dauert aber in der Regel nur wenige Tage. Um so „dauerhafter" sind die SommerWossen, die wohl keine Schmerzen bereiten, aber deswegen w unerwünscht sind, weil sie das schönste Gesicht entstellen und es ungepflegt erscheinen lassen. Man hat mit allen möglichen Mitteln versucht, hier Abhilfe zu schaffen, aber m. W. ist nicht viel dabei herausgekommen. Um so mehr freut es mich, Ihnen heute mitteilen zu können, daß neuere Forschungen aus diesem Gebiete von Erfolg gekrönt waren. Es gelang auf Grund der Erfahrungen, die man bei Versuchen mit Farbstoffzellen der Froschhaut durchgeführt hatte, ein Präparat zu fchaffen, das die braunen Pigmentstoffe schnell und vollkommen bleicht und gleichzeitig die Haut widerstandsfähig gegen neue Bestrahlung macht. (Das Präparat ist unter dem Namen Drula Bleichwachs nur in Apotheken erhältlich.! Nun brauchen Sie nicht mehr in Sorge zu sein um Ihre Schönheit. Ein kurzer Gebrauch des eben genannten Präparates wird Sie von den hartnäckigsten Sommersprossen befreien. Voll und ganz können Sie setzt die Sonnentage des kommenden Sommers genießen und durch häufige Sonnenbäder Ihren Körper kräftigen und ihn gestmd erhalten. Gesundheit ist stets die Grundlage, die Voraussetzung ieder Schönheitspflege. * vr O. D. Putzleder reinigt und erhält man weich durch Auswaschen in Salzwasser. Während des Trocknens muß man es öfter mit den Händen weich reiben. Nm blind oder gelb gewordenes Silber zu putzen, taucht man ein wollenes Läppchen in Salmiakgeist, in den man Kreide geschabt hat, damit reibt man die Gegenstände vorsichtig ab und putzt sie mit einem ganz weichen Lappen oder etwas Watte nach. Flaschen mit engem Hals lassen sich schlecht füllen, da ein Trichter für die kleine Öffnung nicht benutzt werben kann. Man nimmt dazu die Hälfte einer Eierschale, in die ein kleines Loch gestoßen wird. Zur größeren Haltbarkeit läßt man die Eierschale im Oken etwas braun werden, Koffer nuS Holz oder Vulkamiber kann man auffrischen, indem man sie mit Möbelpolitur behandelt. Auch Bohnerwachs eignet sich sehr gut. Gleichmäßiges Aufträgen und gutes Nachpolieren ist erforderlich. Gestrichene Gegenstände beizt man mit reinem Salmiakgeist mühelos ab. Schimmelstellen an Tapeten bespritze man mit einer fünf prozentigen SalizpMung, um sie zum Verschwinden zu bringen. Tropfstellen von Siegellack aus Stoffen entfernt man, indem die feste Masse vorsichtig mit einem barten stumpfen Gegenstand, einem Messerrücken, einem stäblernen Briekössner »sw. abgesöst wird, dann reibt man die Stelle mit Spiritus und möglichst einem gleichfarbigen Woll- und Barchentläppchen ab, und zwar so lange, bis die letzten Farbspuren und Lackslecke verschwunden sind. Honigslecke zu entfernen gelinat bei gutem Stoss durch einfaches Auswaschen mit lauwarmem Wasser, dem eine Spur Soda zu gesetzt ist. zeigt, der, auf der Zentralheizung stehend, die elektrische Leitung repariert. Höchst ge fährlich ! Denn: „Wasser-,Gas-undDampf- rohre leiten den elektrischen Strom!" Oder ein auf einem Strohstuhl stehender Mann schlägt einen Nagel in die Wand. Krach, bricht der Mann mit einem Bein oder mit beiden durch das Stroh. Unter dem Bild steht zu lesen: „Derartiger Leichtsinn hört jetzt auf!" Wir wären nicht Menschen und das Leben wäre zwar weniger gefährlich aber auch nicht so abwechslungsreich, wenn die Lektüre dieser Schul- und Berussweisheit genügen würde, um allen Leichtsinn zu verhüten. Aber man gibt acht. Man paßt besser auf. Das Leben ist auch ohne besondres Mißgeschick hart genug. Häufige Ubermü- düng, Überarbeitetsein gehören zum All- gemeinbefinden des Menschen unserer Zeit. Unsre Nervosität ist unser gefähr lichster Feind, vor dem wir nicht einmal im gemütlichen Heim, vor dem friedlich gedeckten Kaffeetisch sicher sind. Neue Strumpfmo-e. Die Absatzmöglichkeiten für die Strumpffabrikation haben sich in letzter Zeit ganz erheblich gebessert. Das ist um so mehr beachtens werter, als gerade Strümpfe durch dauernde Preisunterbietungen in ihrem Verkaufswert sehr herabgemindert waren. Der eigentliche Grund für den plötzlichen Konjunkturumschwung ist in einer neuen Modebewegung für Strümpfe zu sehen, deren Ausgangspunkt das erste Auftreten des Netzstrumpfes in Deutschland bildet. Wenn auch die bisherigen Verkaufserfahrungen mit Netzstrümpfen etwas hinter den Erwartungen zurückblieben, so hat die neue Mode dennoch schon zu einem nennenswerten Mehrabsatz gegen das Vorjahr geführt. Neues vom Rundfunk. Der neue Mende. 198 w ist ein sogenannter Dreikreis-Geradeaus-Empfänger, d. h. er besitzt drei Abstimmkreise, deren jeder im Gitterkreis einer Röhre liegt. Die Endröhre ist eine Penthode (374), die bei einer hohen Niedersrequenzverstärkung größte Lautstärke bester Klanggüte abgibt. Jetzt ist bei den Typen „198/280 VV" das Problem der Schwund- beseitigung — Fading-Kompensation — mittels eines besonderen Rohres restlos gelöst und sind diese Apparate daher führend auf dem Gebiet der Fading-Kompensation. Langwierige Versuche zeigten, 198 baß die Schwund- bzw. Fadmgbeseitigung nicht anders als durch ein besonderes Rohr erzielt werden kann. Dies ist in der letzten Zeit auch von der Radio-Fachpresse bestätigt worden. Mende 198/280 W sind unzweifelhaft die modernsten Dreikreis- Vierröhren-Empfänger, weil alle neuesten Errungenschaften und wichtigsten Verbesserungen in denselben sich vereinigen. Weder Mende 198 noch 280 benötigen eine Hochantenne. Eine Behelfs antenne von wenigen Metern Litze wird in den meisten Fällen genügen, um einen einwandfreien Empfang fast aller europäischen Stationen zu erzielen. Mende 198/280 VV sind Musikinstrumente, die an Klarheit und Reinheit nichts zu wünschen übrig lassen, selbst musikalisch An spruchsvolle restlos zufriedenstellen und in jedem Heim direkt unent behrlich sind. Alles, was in der Welt vorgeht und die schönste Musik bringen diese Apparate in formvollendetster Weise ohne unangenehme Neben geräusche zu Gehör. Die Lautstärke sowie die Klangfarbe kann je nach Bedarf eingestellt werden, ohne die Klangschönheit irgendwie ungünstig zu beeinflussen. Die Abstimmung erfolgt mittels eines einzigen Knopfes, also keine oft schwierig zu bedienenden Korrektur Lebensglaube. Der italienische Minister Grandi hat s. Zt. bei seinem Besuch die Großartigkeit der deutschen Reichshauptstadt gerühmt. Jeder Fremde, der durch die Straßen von Berlin geht, staunt, wieviel Ordnung, Sauberkeit, Geschmack er findet, wieviel Fleiß und Leistungsfähigkeit überall! Wenn er durchs Land fährt, derselbe Eindruck: Pünktlichkeit und Tüchtigkeit, ein wohlbestellter Boden und freundliche Heim- müten. Trotzdem hinter manchem Fenster die Not wohnt und viele Fabrikschornsteine nicht mehr rauchen, trotzdem gerade neben dem Glanz der Städte das Elend in seinen Höhlen hausü Aber der Fremde iE daß dieses Volk verzagen kann und am Rande des Abgrunds steht. Er wendet ein: ihr wißt selber nicht, wieviel Kraft und Können noch in euch lebt, wieviel Möglichkeiten euch gegeben sind, euch wieder Wzuraffcn. Ihr habt nur verlernt, an euch zu glauben, und seht die Welt durch eine trübe Brille an. Daß man das viele Klagen und Stöhnen ein wenig anzweifelt, ist uns ganz gesund. Es ,st auch jedem einzelnen gesund. Es ver anlaßt ihn, sich einmal gründlich umzuschauen im Bereich seines Lebens: ist denn wirklich alles so hoffnungslos, wie eingefchworene Pessimisten uns glauben machen. Und: habe ich selbst denn schon alles aufgewendet, um mem Vwvensfahrzeug flott zu halten? Da ist einer abgebaut oder in seinem Gehalt herabgesetzt. Diese Katastrophe hat ihn derart erschüttert, daß er sich embildet, nun sei alles für ihn aus. Aber er war ja gar nicht so einseitig, wie er sich jetzt verkommt. In, Gegenteil, er erwarb sich eifrig Kenntnisse auf vielerlei Gebieten, die mit seinem Beruf nicht unmittelbar zusammenhingen; er ist gebildet und belesen. Sollte mit den vorhandenen, bisher zu wenig genutzten, keinesfalls abgenutzten Fähigkeiten sich nicht die Umstellung in eine neue, einigermaßen gewinnbringende Tätigkeit vollziehen lassen? Sollten durch Ersparnisse an den Haushaltskosten nicht doch noch etliche hundert Mark jährlich herauszuschlagen sein, mit denen der Grundbestand des Lebensplanes aufrecht zu halten ist? Gerade ihn zu gefährden, verleitet oftmals die Panikstimmung. Man setzt die ganze Zukunft aufs Spiel, um den kritischen Augenblick zu überstehen. Denn nichts geringeres bedeutet der Leichtsinn, mit dem mancher die Rückendeckung für seine Familie und für sein eigenes Alter zertrümmert, weil es ihm vorübergehend schwer wird, die Monatsprämien für seine Lebensversicherung zu entrichten. Die Miete darf man nicht schuldig bleiben, sonst sitzt man aus der Straße, — die Steuern auch nicht, sonst wird man gepfändet. Ums Essen kann man sicb ganz und aar nicht herumdrücken und ums Heizen auch nicht Bismarck als Student. Vor hundert Jahren, im Sommersemester 1832, wurde Otto v. Bismarck in Göttingen als Student immatrikuliert. Unser Bild zeigt Bismarck bei einem „Ramsch", denn er hat nicht weniger als 28 Mensuren gefochten. auf die Dauer. Abgetragene Kleidung verrät nach außen den Notstand, was man in gewissen Fällen durchaus und oft mit Grund zu vermeiden strebt. Slber daß man seine Versicherung ausgab, merkt ja niemand, — so etwa läuft der Gedankenaang. Was später einmal sein wird, darüber tröstet man sich gern mit dem faden Sprichwort: Kommt Zeit, kommt Rat. Wir baben in den letzten 17 Jabren viele Zeiten wechseln sehen; keine hat uns Rat und Ausweg gebracht. Um nicht? stichhaltiger und geradezu ein Selbstbetrug ist der andere Hoffnungs gedanke, man könne, falls wieder bessere Zeiten taaen, die Ver sicherung ja wieder ausnebmen. Kann man es wirklich? Das zer schnittene Band ist nicht obne weiteres neu zu knüpfen. Man schloß die Versilberung einst in 'jungen und kerngesunden Tagen ab, und die Gesellschaft bleibt gezwungen, an ihr festzubalten, wie sich auch der Gesunhheitsm' "d des Versicherten inzwischen gewandelt haben mag. Bei einer unterbrochenen und darnach neu zu schließenden Ver^-^erung kann es geschehen, daß dex ärztliche Befund den geplanten V- - unmöglich macht. Wer von uns kam durch diese endlos ver- täm Aen Kriegsjahre unbeschädigt? Abgesehen davon, daß eine Versicherung sich verteuert mit jedem Jabre, um das man älter wird. Wiederum also sind Chancen, die man sich in der Jugend erkaufte, aus der Hand gegeben. Auch der Gewinnbeteiligung, die nacb drei Jahren der Prämienzahlung eintrat, ging man verlustig. Bis sie wieder erreicht wird, bedarf es drei neuer Jabre der Zahlung. Man büßt bereits erworbene Rechte ein und sieht die Zukunft im Dunkeln vor sich liegen. Wer seinen Jahresetat genau durchprüft, wird je nach seinen Verhältnissen doch noch ein Mittel finden, die zwei- oder dreihundert oder taufend Mark aufzubringen, um an seiner Versicherung sestzu- halten. Da wäre für ein oder zwei Jahre der Posten für Geselligkeit zu streichen. Dieser Ausfall an Zerstreuung verschlägt nicht viel im Gesamtprogramm des Daseins. Da könnte man auf die Autofahrten verzichten, die Straßenbahn tuts auch. Der Wintermantel hält noch eine Saison aus, obgleich er nicht streng modern ist. Eine kleine Ein schränkung im Tabgk-Genuß ist vielleicht sogar gesundheitlicher Gewinn. Die Hausfrau entschließt sich, ohne Angestellte zu wirtschaften. Und gerade die Frau wird findig sein und guck, im Kleinen und Aller kleinsten Ersparnisse zu machen wissen, die sich summieren. Es handelt sich bei alledem um Einschränkungen auf Zeit. Am Grundbau des LebensWird durch sie nicht gerüttelt. Das ist entscheidend! Auch als Gesamtheit wird unser Voll sich wieder in die Höhe schwingen, sobald jeder in seinem engen Bezirk das Vernünftige, und Vorausschauende tut. Den Lebensglauben, den die Fremden, die uns besuchen, uns suggerieren, wollen wir Pflegen als eine Lebenskraft.