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1012 PAPIER-ZEITUNG Nr. 26 2887. Frage: F ist das mir von der Fabrik eingesandte und angebotene Bastmuster, wonach ich 5000 kg kaufte. D und E sind die nach dem Abschluss von der Fabrik gesandten Aus- fallbogen, die ich als nicht dem Muster F entsprechend bean standete und meinen Auftrag zu annulliren forderte, wenn nicht genau nach Qualität F geliefert werden könne, worauf muster getreue Ausführung zugesagt wurde. A und B sind den mir vor Absendung der Waare eingesandten Ausfallmusterbogen entnommen. Ich schrieb sofort, dass ich diese Waare nicht annehme, da sie nicht dem Verkaufsmuster entspreche, sondern geringer im Stoff und brüchig sei, ich könne meine Kunden damit nicht bedienen. Der Waggon blieb zur Verfügung auf der Bahn, und die Waare wurde vom Fabrikanten einem Spediteur auf Lager gegeben, unter Aufrechthaltung des Fakturenbetrages. Bin ich mit meiner Reklamation und An nahme-Weigerung im Recht? Antwort: Falls — wie es scheint — Farben-Ueberein- stimmung nicht bedungen war, und Lieferer sich nur ver pflichtete, in Zähigkeit und Güte nach Muster F zu liefern, so kann die Lieferung nicht ohne Weiteres zur Verfügung gestellt werden. Sie ist allerdings etwas spröder als das Muster, aber geringe Abweichungen müssen bei so billigen Papieren, deren Rohstoff, Jutelumpen, nicht in gleichmässiger Beschaffenheit zu haben ist, dem Fabrikanten zugebilligt werden. Es ist zweifel haft, ob im Streitfall der vom Richter zu ernennende Sach verständige die Annahme-Weigerung billigen würde. Wir empfehlen Uebernahme des Papiers, und würden es für ange messen halten, dass der Lieferer 5 pCt. vom Kaufpreis nach lasse. 2888. Frage: Ein hiesiger Kunsthändler will mir das An fertigen von beiliegender Postkarte verbieten und mich ver klagen. Er behauptet, er hätte das Alleinrecht, dies Bild zu verkaufen, und folglich dürften auch keine Postkarten danach angefertigt werden. Kann mir Obiges verboten werden? Antwort: Die beanstandete Postkarte trägt ein Lichtdruck bild des Herzogs Wilhelm von Braunschweig und seines Ge folges. Die Vorlage, wonach das Lichtdruckbild hergestellt wurde, war offenbar keine Fotografie, sondern ein Gemälde oder eine Handzeichnung, vielleicht auch eine Radirung oder ein Stich. In jedem Fall war das Original durch das Gesetz betreffend das Urheberrecht der Werke der bildenden Kunst vor Nachbildung geschützt, falls der Urheber des Originals nicht seit mehr als 30 Jahren tot ist, oder falls seit Veröffentlichung des Originals nicht mehr als 30 Jahre verflossen sind (§ 9 des Gesetzes vom 9. Januar 1876). Durch dieses Gesetz geschützte Werke der bildenden Künste dürfen ohne Einwilligung des Urhebers oder dessen Rechtsnachfolgers - auch auf Ansichts karten nicht nachgebildet werden. 2889. Frage: Kann ein Buchhalter, welcher vertraglich nur zur Führung der Bücher engagirt wird, zur Erledigung von anderen kaufmännischen Arbeiten (kaufmännischer Leiter, 1 assirer, Einkäufer, Kommis, Kontorist, Korrespondent, techn. Kalkulator, Reisender, Acquisiteur, Fakturist usw.) seitens des Chefs angehalten werden? Der Prinzipal engagirte den Buchhalter mit 175 M. Anfangsgehalt »ohne Vermehrung der Obliegenheiten des derzeitigen Stelleninhabers«. Der Letztere führte nur die Bücher. Der Buchhalter erhielt nach drei Monaten 25 M. monatlich mehr. Von Vermehrung der Ob liegenheiten war dabei keine Rede, auch später nicht. Der Buchhalter hat alle oben erwähnten Arbeiten ohne jede Hilfe ausgeführt, weil ihm sein Engagements-Schreiben abhanden ge kommen war, und weil ihm sein Prinzipal eine Gratifikation von 500 M. in Aussicht gestellt hatte. Der Prinzipal behauptet, dass die Mehrarbeiten zu den »normalen Obliegenheiten« eines mit »so hohem Gehalte« (2400 M.) angestellten Buchhalters gehören. Ab 1. September erklärte der Prinzipal: »Anstatt dass wir noch Kaufleute engagiren, gebe ich Ihnen von jetzt ab 40 M. für Ueberstunden mehr«. Die Bezahlung erfolgte bis 15. Ok tober. Dann trat der Prinzipal einseitig von seinem Vertrage zurück (mündlich) und hob die weitere Zahlung ohne Weiteres auf. Er gesteht heute zu, dass der Angestellte auch in der Zeit vom 15. Oktober bis zum 31. Dezember, als er austrat, Ueberstunden gemacht hat. Allerdings schrieb der Prinzipal unterm 3. Oktober Folgendes: »Unter Bezugnahme auf unsere ersten Engagements bedingungen bestätige ich unsere ab 1. September geltende Abmachung, wonach Sie als kaufmännischer Leiter meines Bureaus gegen einen Monatsgehalt von 240 M. einschliess lich der vereinbarten Ueberstunden thätig zu sein haben. (Die Zahl 240 M., ebenso die Worte »einschliesslich der vereinbarten Ueberstunden« wurden vom Prinzipal ge strichen und auf 200 M. abgeändert.) In der Hauptsache haben Sie sieh mit doppelter Buch haltung, Bilanz, Kasse, Abschluss-Arbeiten, Einkauf, Kal kulationen, Abrechnung von Anlagen, der gesammten kaufmännischen Korrespondenz, Bestellungen, Rechnungs- Sachen usw., ferner eventuell mit der Acquisition zu be ¬ fassen.« Dass die Obliegenheiten auf Grund einer mündlichen Ab machung, wie in diesem Schreiben angegeben, erhöht worden sind, wird von dem Angestellten eidlich bestritten. Der Letztere hat keinerlei Antwort, weder mündlich noch schriftlich, gegeben. Somit ist kein neuer rechtsgiltiger Vertrag zustande gekommen. Der Prinzipal hat in seiner Anzeige damals einen kaufmännischen Leiter gesucht. Für diesen Posten bot er einem anderen Kauf mann 4800 M. und Tantieme. Der Prinzipal erklärte seinem Angestellten: »Sie sind mir 3600 M. werth, aber ich kann sie Ihnen nur deshalb nicht bezahlen, weil ich so viele Verluste erlitten habe.« Der Prinzipal zahlte keine Gratifikation. Kann nun der Buchhalter nachträglich Zahlung einer an gemessenen Entschädigung (500 M.) für die geleisteten Mehr arbeiten, sowie Zahlung der Ueberstunden für die Zeit vom 15. Oktober bis 31. Dezember gerichtlich fordern? Es kommt die sehr theuere Stadt D. in Frage. Antwort: In den meisten kaufmännischen und Fabrik geschäften, mit Ausnahme grosser Banken und besonders um fangreicher Aktiengesellschaften, ist es allgemeiner Brauch, dass der Buchhalter, soweit es neben der Buchführung thunlich ist, auch die oben aufgezählten kaufmännischen Arbeiten nach Be darf mit versieht. Es scheint, dass der Buchhalter die Mehr arbeit freiwillig übernommen hat und seine Bemühung durch die zweimalige Gehalts-Erhöhung für genügend belohnt hielt. Als am 15. Oktober die Kündigung erfolgte, nahm der Prinzipal die für Ueberstunden gewährte Zulage von 40 M. monatlich zurück, verzichtete aber zugleich auf die Leistung von Ueber stunden seitens des Buchhalters. Wenn dieser trotzdem, d unaufgefordert Ueberstunden machte, so ist es zweifelhaft, oD er dafür Zahlung beanspruchen kann. Hat der Prinzipal 500 M. Gratifikation bedingungslos zuge sagt, so muss er sie auch bezahlen, nöthigenfalls wird das Ge richt von ihm oder vom Buchhalter einen Eid fordern. 2890. Frage: Seit 1. Oktober 1900 bin ich im Papier geschälte des Herrn F. als Reisender und Kontorist mit einem Monatsgehalt von 103 M., Vertrauens-Spesen und 2 pCt. Lro. vision von den durch mich verkauften Waaren angestellt. Hin sichtlich der Provisions-Zahlungsfrist sind keine Vereinbarungen gemacht worden. Mein Chef hat die Gewohnheit, mir me Salär nicht wie üblich und gesetzlich am Letzten des Monats zu geben, sondern ich erhalte mein Salär in Theilzahlungen, so empfing ich für Monat Dezember folgende Beträge: 5. Janus 45 M., 9. Januar 20 M. usw. Als ich ihn anfangs Februar um mein Gehalt pro Januar bat, hiess er mich sein Zimmer ver lassen, »da ich seine Vorschriften nicht beachtete, und er 80 von mir hinsichtlich meines Gehalts keine solchen geben liesse«- Am 1. April d. Js. verlasse ich meine Stellung- Wie 8o1 ich mir helfen, wenn ich am 31. März mein Gehalt nicht vo erhalte? 1. Welches ist die schnellste gerichtliche Hilfe? 2. Kann ich beim hiesigen Gewerbegericht klagen? _ , 3. Da in Bezug auf Provisionszahlung nichts vereinDen wurde, kann ich 2 pCt. von denjenigen Umsätzen beanspruch ’ die noch nicht bezahlt sind? ich 4. Bei auswärtigen Geschäftsreisen muss der Chef doch hinreichend mit Reisekasse versehen; oder habe ich Spesen vorzulegen? j 5. Zu welchen Abzügen hinsichtlich der Krankenkasse ioch Invaliditäts-Versicherung ist mein Chef berechtigt, da ich monatlich mein Geld erhalte? Bisher sind mir bei Geba Zahlungen keine Beiträge abgezogen worden. Le- Antwort: 1. Klage beim Amtsgericht. 2. Das Ge"cht, gericht ist für Lohnforderungen von Handlungsgehilfen. ’ sondern nur für gewerbliche Arbeiter und Werkmeister zus“lwr 3. Die Provision ist nur nach Eingang der Zahlung und “ spätestens am Schluss des Kalenderhalbjahrs, in dem Zahlung erfolgte, fällig (§ 88 HGB). 4. Der Geschäftsherr herr auf Verlangen Reise-Vorschuss gewähren. 5. DerGeschäHend. ist berechtigt, die Hälfte des Invaliditäts-Beitrags des , für lungsgehilfen von dessen Lohn abzuziehen. Abzüge 2u- Krankenkassen-Beiträge sind bei Handlungsgehilfen Dieb lässig, da § 63 HGB. für sie sorgt. Verantwortlicher Redakteur Siegmund Ferenczi, Friedenau. Ziuchriften nur an Papier-Zeitung Berlin W S erbeten Druck von A Wa Hayn's Erhen, Berlin SW. Zimmer-Strasse 29. Panier von Sieler & Vgel. Berlin. Leipzig und Hambnr