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Von F r i tz H e l l e r. Schreier war ungefähr 10 Jahre alt, a.'s er in einer Wirtschaft zum ersten Male sah, wie zwei Männer in Hemoarmeln um einen großen Tisch liefen und mit langen Stocken darauf herumstocherten. Als er näher trat, sah er, daß der Tisch mit einem grü nen Tuch überzogen war, auf dem drei Kugeln lagen. Zwei weiße und eine rote. Die beiden Männer stießen mit ihren Stöcken nach einem der Bälle, der dann in vielen Windun gen auf dem Tisch umherlief. Wenn er eine der beiden an- deren Kugeln traf, gab es einen Knall. Das machte Benno grelle Freude, und er nahm den roten Ball vom Tisch und rollte ihn über den Boden. Die Männer gerieten in große Aufregung. Der eine gab ihm eine Ohrfeige. Benno heulte und lief zu seinem Vater, der in der Ecke seinen Schoppen trank. Der gab ihm noch eine Ohrfeige und fog^' bas sei xjn Billard und nichts für Kinder. Jnfolge- dessen hatte Benno in Zukunft ein großes Interesse für die ses Spiel. Als er 18 Jahre war, kam er in die Lehre. Und jeden Sonntag sah man Benno nun mit seinen Kameraden in einer Wirtschaft. Sie spielten wie die Großen, zogen die Röcke aus, wählten sorgfältig ein Queue und stellten die Bälle auf. Dann wühlten sie ihre Stäbe in grüne Kreide und begannen mit wichtiger Miene. Benno hatte eine ruhige Hand und einen sicheren Stoß. Seinen Kameraden war er bald weit überlegen. Und so gelang es ihm nach wochenlanger Anstrengung und mit viel Glück, eines Nachmittags gegen 5 Uhr beide Bälle zu treffen. Nun wurde er übermütig und spielte leichtsinnig. Wenn im Lokal ein Mädchen saß, dem er zu gefallen wünschte, gab er sich einen gewissen Schwung. Er sah dann mehr auf Eleganz seiner Bewegungen, als auf korrektes Spiel. Aber auch sonst suchte er seinem Benehmen etwas Außergewöhn liches, etwas Besonderes zu verleihen. Bald stellte er sein Bein auf einen in der Nähe stehen- ben Stuhl, bald setzte er sich auf die Kante des Villards, bald bückte er sich tief, als wollte er in den Tisch beißen, bald stellte er sich hoch auf die Zehen, oder er legte sich rück wärts weit über den Tisch, warf die Stirn in Falten, kniff die Augen zusammen und stieß mit eleganter Wucht. Immer Pose: Seht der Meister spielt! Es konnte nicht ausbleiben, daß sein Ruf sich herum sprach. Und so brachte ihm eines Tages der Pikkolo seines Stammlokals eine Zeitung, in der eine Notiz rot ange strichen war. Benno las. Das Kaffee Liesing, das Dorado aller Billardspieler der Hauptstadt, hatte ein Turnier aus geschrieben: Vom roten Ball! Jedermann war zur Teil nahme berechtigt. Am Letzten des Monats war Nennungs schluß. Für Bennos Kameraden war es klar, daß er daran teilnehmen müsse. Er selbst hatte keinen Augenblick daran gezweifelt. Seine Freunde legten das Reisegeld zusammen. Benno fuhr in die Hauptstadt. Er trug sich in die Liste ein und er fuhr dabei, daß noch ein anderer Herr seines Namens teil nehmen werde. Benno kannte ihn nicht, aber er freute sich darüber. Das Turnier begann. Benno war schon eine Stunde früher da, ehe die Leute, die in Scharen das Kaffee um lagerten, eingelassen wurden. 25 Billards waren aufgestellt. Kreide, Tafeln, Queues und Notizblocks standen umher. In einer Ecke war ein Tisch aufgebaut, der die Preise trug. Schöne Sachen waren dar unter. Der erste Preis war ein herrliches silbernes Ziga rettenetui. Das Publikum wurde eingelassen und nahm respektvoll an den Wänden Aufstellung. Der Turnierleiter hielt eine Ansprache, las die Namen der Teilnehmer vor und verkün dete die Bedingungen. Jede Partie ging auf 1000 vom roten Ball zu spielen. Vorbänder galten doppelt. Ausscheiden nach der dritten verlorenen Partie. Ueber Zusammenspiel ent schied das Los. Benno bekam als ersten Gegner Herrn Uschnikow, einen Russen. Der schwere Mann gab ihm kräftig die ringge schmückte Hand. Das Los entschied. Herr Uschnikow begann. Er legte 68 Punkte vor, dann nahm er seine Zigarre aus dem Mund, zuckte die Achseln und meinte, er sei heute nicht recht in Form. Benno fand das Gegenteil. 68 Treffer, das war mehr, als er in den letzten Jahren zusammengespielt hatte. Aber er ließ sich nicht beirren. Er nahm Aufstellung, legte dis Stirn in Falten, kniff die Augen zusammen, bückte sich, holte aus und stieß einen weit hinter ihm stehenden Herrn direkt vor die Uhrkette, die jenem über den Leib lief. „Gehen Sie doch zurück", schrie der Aufsichtsbeamte, der Weisung hatte, stets Partei für die Teilnehmer gegen das Publikum zu nehmen. Benno kreidete sein Queue neu an, dann stieß er durch. Der Ball lief wie ein wildes Kaninchen auf dem Tisch um die be aller sei, sich als die fen wird, eine um Kraft und Masse, render Materie stänge, Zahn bungen ver mit der /, wirkende / zähmte /// derte und /// nungen /V// rimen / / / rung //, / mit einem Apparat, der schwerer Luft sei, emporzuheben. Jede oder Entdeckung hat nach drei Stadien zu durchlaufen: lacht — dann bekämpft — / als selbstverständlich hinge / Rakete befindet sich noch / vielleicht im allerersten. // der Ueberlegung ent etwas Großes, Ent hier ein neues tech . // ^Vtz^an nähert sich nur zögernd, man lächelt spöttisch und hält alle diese Versuche vom Raketenwagen bis zum Raketenflugzeug für Spielerei, für eine gefährliche Spielerei. Max Valier, den kühnen Pionier so vieler phantastischer Projekte, hat sie das Leben gekostet, andere lebensgefährlich verletzt oder finanziell ruinier! Und was ist das bisherige Resultat aller Bemühungen? Die Kritik des Zeitgenossen ist immer befangen / Sie neigt zur Verneinung, zum Spott, solange eine / Erfindung im Anfangsstadium ihrer Kinderkrank heiten den praktischen Erfolg vermissen läßt. De war immer so! Man wollte die ersten Eisen bahnen verblieben, weil ihr bloßer Anblick Schwindelanfälle Hervorrufen sollte. Ma>- . erklärte 1908 den Grafen Zeppelin für X einen Narren. Als Otto Lilienthal seine ersten Schwebeflüge ausführte, wieser Gelehrten nach, daß es unmöglich // /V Erfindung /V Schopenhauer -V/ sie wird ver- und zum Schluß /X// nommen. —Die im ersten Stadium, V/ Niemand will sich zu / schließen, daß hier scheidendes keimt, daß nisches Prinzip geschaf- wälzende Verwertung von //, // Die Sprengkraft explodie- // // wird nicht mehr durch Ge- ' /// räder, Kolben, hemmende Rei- // mindert, sondern unmittelbar s / ganzen elementaren Gewalt in , / Kraft umgesetzt. Und diese unge- / Kraft war es auch, die Opfer for- /. noch fordern wird, die die Berech- / / erschwerte und zu langwierigen Expe- / ten zwang. Hier gab es keine Erfah- / auszubauen, hier war das gänzlich Neue: die ungezügelte Kraft zu bän digen. Und doch hat sich alles in ver hältnismäßig kurzer Zeit abgespielt. Die Pulverrakete, das erste Versuchs- -^kaninchen, wurde schnell von der Flüssigkeitsrakete abgelöst. Vom MX Raketenwagen, dessen rückwär- "V^tiger Explosionsstrahl für den X öffentlichen Verkehr kaum > geeignet erscheint, ging M"ii zum Raketenprotek- M tib über, zur Flug ME ) rakete. Die ferneren Etappen sind ange- zeigt: die Post- rakete —25 Mi- nuten Europa — Amerika, >>er den ersten Prüfstand, wo die Rückstoßkraft des neuen Raktztenmotors eingehend gemessen werden konnte. Ein anderer ist der Ing. Winkler, einer der Leiter des „Vereins für Raumschiffahrt", der über dem Exerzierplatz bei Dessau die erste Flüssigkeitsrakete 600 Meter hochsteigen ließ, die aber dann zerschellte. Ueberall hemmen die Geldschwierigkeiten ein schnelleres Fortschreiten der Versuche. Als Betriebsstoff werden jetzt Benzin und flüssiger Sauerstoff verwandt, die in einen Behälter ge spritzt, dort entzündet werden und ihre Explosionskraft durch einen Kanal ins Freie abströmen lassen. Ein Leichtmotor von einem Liter ergab am Prüfstand eine Energieumsetzung, die etwa 1380 PS. entsprach. Ein größeres Modell, eine 40-Kilometer-Höhenrakete, befindet sich im Bau. Sie hat einen eingebauten Fallschirm, der ihre Rückkehr in ent sprechender Weise abdämpft. Die Landung bildet noch das hartnäckigste Problem, aber es wird auch gelöst werden. Wer aber wird als erster Mensch den Raketenflug in den Aether antreten, in Höhen vorstoßen, gegen die Piccards Stratosphärenflug eine Bagatelle war? Vielleicht wird er das Schicksal Ikaros' erleiden. Jede technische Großtat for dert ihre Märtyrer. Vielleicht wird ihn auch der Fallschirm wieder gnädig zur Erde zurückbringen. Man glaube nicht, daß dieses Ereignis in grauer Ferne liegt, daß es nur ein frommer Wunsch, eine märchenhafte Utopie bleiben wird. Möglicherweise stimmt die Prophezeiung, daß es das größte Ereignis unserer Generation sein wird. In der ganzen Welt wird an diesen phantaMch,^ Pryfekten gearbeitet. In Amerika hat Prof. Goddard ein Modell konstruiert, wo die Raketenkraft zum Antrieb von Turbinenpropellern ver- wandt wird. Es ist ein richtiges Flugzeug mit luftdicht abgeschlossenem Innern, das über 1600 Kilometer in der Stunde zurücklegen soll. Was heute nach Jules Verne klingt, kann morgen zur Wirklichkeit werden. Irgend jemand hat einmal gesagt: Jedes Projekt, das das menschliche Hirn ersinnen kann, läßt sich auch in die Tat umsetzen. Es kommt nur auf die Zeit an. Es ist der seltsame Widerspruch unserer Zeit: auf der einen Seite Niedergang, Arbeitslosigkeit, un erträgliche Spannungen, politischer Wirrwarr, auf der an deren wissenschaftliche Entdeckungen, die unser ganzes Welt bild erschüttern und wandeln, und technische Erfindungen, die ungeahnte Möglichkeiten eröffnen. Aber dieser Wider spruch scheint gesetzlich zu sein, er gehört zu den weltgeschicht lichen Motiven der Entwicklung. Vielleicht beginnt mit den tastenden Versuchen, neue Kraftquellen zu erschließen, Atome zu zertrümmern, kosmische Strahlen aufzufangen und mit tels der Rakete den Aether zu bezwingen, wirklich eine neue Epoche Aber ihren Sinn, ihre Notwendigkeit bekommen alle diese utopistlsch klingenden Verheißungen erst, wenn sie auf den Frieden der Welt und den sozialen Ausgleich för- öfZnd wirken, mit einem Wort, wenn sie den Menschen glücklicher machen. Das kann man vom technischen Fort schritt nicht behaupten. Wenn es sich im „Raketenzeitalter" nicht ändert, sind alle Bemühungen umsonst gewesen. G. G. mannte Flugrakete und — der Traum Träume — das Weltraumschiff! Einer namhaftesten Vorkämpfer ist Ing. Nebel. Vor einem Jahre gründete er den ersten Raketenflugplatz, vor einem halben Jahr baute her und blieb schließlich erschöpft in einer Ecke liegen. Eine Kugel hatte er nicht berührt. Benno nahm den Stab unter den Arm, zuckte die Achsel und meinte, er sei heute nicht in Form. Der Russe fand das auch. Dann ging er bis auf 197. Es war eine anständige Serie. Benno blieb auf Null. Der Russe erreichte bei der 18. Aufnahme 1000. Benno, der am Schluß noch sehr in Form kam, gelangte bis 3. Einmal war er ausgerutscht und hatte aus Versehen beide Bälle getroffen, das andere Mal war ihm ein Vorbänder geglückt. Stolz ging er nach Hause. Zwei Niederlagen konnte er sich noch leisten. Am andern Morgen las er in der Zeitung einen Be richt, über den er sich wunderte. Da stand: Billardturnier, erster Tag. Das beste Spiel lieferte zweifellos Herr Schreier, der in 12 Aufnahmen sein Pensum erledigte und die meisten Aussichten hat, den ersten Preis zu gewinnen. Er war nicht damit gemeint, also mußte es wohl der andere Schreier sein. Doch die Person tat hier nichts zur Sache. Das Wesentliche war der Name! Er bat den Ober um eine Schere. Dann schnitt er sorgfältig die Notiz aus dem Blatt und schickte sie seinen Freunden ohne ein Wort hinzuzufügen. Diese Zeilen sprachen für sich selbst. Auf Grund dieses Erfolges spielte er am nächsten Tage so leichtsinnig, daß er nicht einen Punkt errang. Dafür sandte er wieder eine Notiz ab, in der Herr Schreier in den höchsten Tönen gelobt wurde. Als Benno am dritten Nachmittag das Kaffe betrat und die Listen einsah, in die die heutigen Partner einge schrieben waren, fand er unter anderem: Tisch 14, Schreier gegen Schreier. Mit freundlichem Händedruck begrüßte er seinen Namensvetter, dem er seit Tagen zu großem Dank verpflichtet war. Herr Schreier spielte das schönste Spiel seines Lebens. Schreier aber traf keinen Ball. Herr Schreier war bei zehn Aufnahmen bereits bei 800. Herr Schreier saß immer noch auf Null. Die Blätter schrieben große Berichte über das phäno menale Spiel des Herrn Schreier, dem der Sieg nicht mehr zu nehmen sei. Unter dem Artikel stand: Ausgeschieden: Herr Benno Schreier. Diesen Satz schnitt Benno fort. Er konnte nur ver- wirren. Zu Hause aber bereiteten seine Freunde einen Emp fang vor mit Abendessen, Musik und großen Reden. Die Zahl der Zuschauer hatte sich von jetzt ab um einen vermehrt. Benno stand jeden Nachmittag in der Nähe seines Namensvetters und sah dem Spiel zu. Klopfenden Herzens beobachtete er den Mann, der so schön für ihn arbeitete. Je den gelungenen Stoß begrüßte er mit lautem Beifall, so daß er mehrfach verwarnt werden mußte. Doch Herr Schreier ließ sich nicht beirren. Er reihte Sieg an Sieg, fand keinen ebenbürtigen Gegner und erhielt schließlich den wohlverdien ten ersten Preis. Eine größere Geldsumme und ein silbernes Zigarettenetui. Benno schickte den Bericht hierüber an seine Freunde, nachdem er Herrn Schreier herzlichst zu seinem Erfolg gratu liert hatte. Dann kaufte er sich ein Zigarettenetui und fuhr nach Hause. Der Empfang war außerordentlich. Seine Freunde feierten ihn tagelang. Man nannte ihn den Villardkönig, eine Bezeichnung, die Benno sehr gefiel. Das Billardspiel nahm in der kleinen Stadt einen kolossalen Aufschwung. Benno selbst aber nahm kein Queue mehr in di« Hand. Er gab nur noch theoretischen Unterricht. „Wenn man so viel erreicht hat, wie ich", sagte er, „wäre es beschämend, einmal schlechter zu spielen." Dann nahm er eine Zigarette aus dem silbernen Etui. 3«I» »««>8 «II«» Ein Londoner hat sich gegen Zahlung von 5000 Pfund Sterling „auf Lebenslänge" als Tischgast in einem Hotel eingekauft. * Die höchste bisher gemessene Lufttemperatur betrug 56,6 Grad Celsius: sie wurde im nordamerikanischen Staate Ka lifornien beobachtet. Die größte Anzahl Eier legen die sogenannten Innen- schmarotzer, deren Entwicklung mehr oder minder am Zufall hängt. So soll der Menschenspulwurm es jährlich aus 64 Millionen Eier bringen. San Marino ist nicht nur der kleinste sondern auch der älteste noch bestehende Staat Europas. Er wurde im Jahre» 469 gegründet. * Der kleinste Vogel Europas ist nicht, wie man allgemeich annimmt, der Zaunkönig, sondern das feuerköpfige Gold hähnchen. Die Flügel dieses Vögleins haben die geringe Spannweite von 15 Zentimetern. * Ein Buch, das 362 Kilogramm wiegt, besitzt das Bri tische Museum. Es ist ein geographischer Atlas von gewalti gem Umfange, der alte Karten von Holland in wunderbarer Zeichnung enthält. Das Buch ruht in einem riesigen Um schläge, den nur drei Mann fortschaffen können.