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Küsnißer Zage blatt Dienstag, den 19. Juli 1932 84. Jahrgang Beilage zu Nr. 167 runncn - 5poiri > rpiki I Turnverein „Turnerbund" Pulsnitz e. D., DT. H and b all Ergebnisse vom 13.. 14., 15. und 17. Juli: Turnerbund Pulsnitz Meister gegen Reichswehr 1. Komp., Nachrichten- Abteilung 4 6 :3 (3 :1). Turnerbund Pulsnitz 2. gegen Ober lichtenau 2. 3:4. Turnerbund Pulsnitz Jugend gegen Nieder- steina Jugend 6:3. Turnerbund Pulsnitz 1. Knaben gegen Oberlichtenau 1. Knaben 5 :5. Turnerbund Pulsnitz 2. Knaben gegen Oberlichtenau 2. Knaben 2 :1. Unter der Leitung von Mißbach-Eroßröhrsdorf lieferten sich am Freitag abend Tur nerbund Pulsnitz Meister und 1. Komp., Nachrichten-Abt. 4, trotz des schlüpfrigen Bodens, einen schönen, flotten Kampf, aus dem der Turnerbund als verdienter Sieger hervorging. Die Turnerbund-Elf war bestens in Form: der Sturm zeigte ein flügges, schnelles Zusammenspiel. Auch die Hintermann schaft, in der Verteidiger Zimmer und Mittelläufer Albrecht für ihr ganz hervorragendes Spiel ein Sonderlob verdienen,, lieferte ein großes Abwehrspiel und machte alle Angriffe des Gegners immer wieder zunichte. Bei den Gästen war der Torhüter der beste Mann: ihm hat die Reichswehr-Els es zu verdanken, daß die Niederlage nicht höher ausgefallen ist. W. Sch. Arbeiter-Turn- u. Sportbund Pulsnitz u. Pulsnitz M.S. Handball Vorschau für Mittwoch, 20. Juli: Pulsnitz 1. gegen Großröhrsdorf 1., 18,30 Uhr am Dolksbad. Das Pulsnitzer sportliebende Publikum bekommt wieder einmal eine Gäste- mannschast der 1. Klasse vorgesetzt. Wir glauben kaum, dah die Un^rrgen über soviel Spieltechnik verfügen wie die Gäste. Zu verkennen ist nicht, dah unserer Sturm ebenso flink ist, wie der von Grohröhrsdorf, aber der Gäste Hintermannschaft be- öeuter cm Vollwerk. Wir sehen demnach auf beiden Seiten gute Kräfte, die in der Lage sind, für einen interessanten Kampf zu sorgen. Vor diesem Spiele werden noch ausge tragen: Pulsnitz Knaben gegen Lichtenberg Knaben, 16,30 Uhr. Pulsnitz 2. gegen Leppersdorf 1., 17,30 Uhr. Turn- und Sportverein „Freiheit" Lichtenberg Handball Ergebnisse vom Sonntag, 17. Juli: Lichtenberg 1. gegen Ohorn 1. 7:2 (5:2). Lichtenberg 2. gegen Ohorn 2. 9:0 (5:0). Lichtenberg 1. Knaben gegen Ohorn 1. Knaben 9 :1. Lichtenberg 2. Knb. gegen Ohorn 2. Knb. 1:5. Die 1. Mann schaft war dem Gegner in allen Teilen überlegen, nur die schlechte Leitung des Schiedsrichters lieh einen höheren Tor unterschied nicht zu. Auch die 2. Mannschaft konnte einen glatten Sieg erringen, da sie die technisch Besseren waren. Die 1. Knabenmannschaft konnte einen verdienten Sieg er ringen, während die 2. Knabenmannschaft Len Sieg Ohorn überlassen muhte. Turnverein DT. Lichtenberg Siegerliste zum Gauturnfest in Kamenz Zehnkampf, Unterstufe Tu.: 20. Arthur Haase, 144 P. Sechskampf, Meister Tu.: 6. Walter Lauterbach 90 P. Drei kampf, Altersklasse Tu. bis 40 Jahve: 2. Erich Loos 41. P. Dreikampf, Meister Ti.: 4. LiddH Lauterbach 45 P. Vier kampf, Unterstufe Ti.: 2. Liddy Lauterbach 68 P., 6. Linda Feller 63 P., 11. E. Hentschel 58 P., 12. E. Müller 57 P. Dreikampf, Ti. 1915/18: 1. Ilse Simmang 56 P., 3. G. Polovy 53 P. Bierkampf, Unterstufe Ti.: 9. Milda Groh mann 52 P. Siebenkampf, Jugendturner 1914/15: 2. Herbert Mägel 109 P. Bierkampf, Jugendturner 1914/18: 3. Kurt Wirth 60 P. 4 mal 100-Meter-Staffel, A Vereine, Ti.: 2. Sieg 63 Sek. * Die 10. Deutschen Meisterschaften des Deutschen Keglerbundes. Die Krönung monatelanger Kämpfe im Kegel sport liegt in der Austragung der Meisterschaften des Deutschen Keglerbundes, welche in der 45 Bahnen enthaltenden Sporthalle des Leipziger Großkeglerheim durchgeführt werden. In den ersten Stunden der Kämpfe konnten die Dreibahnen-Meister- schaften bereits beendet werden. Diese schwere Prüfung über 390 Kugeln sah 23 Kegler am Start, von denen Rudolf Speck- Kiel mit der vorzüglichen Leistung von 2047 Holz der erste Dreibahnmeister des Bundes wurde. — Auf 18 Bahnen kämpften sodann die Starter um die Einzelmeister- oder Verbandsmeistertitel. Zum Abschluß sind folgende Meisterschaften gekommen: Seniorenmeisterschaft auf Bohle: Bun- deseinzelmeister H. Arnds-Bremen (61 Jahre alt) mit 751 Holz. Seniorenmeisterschaft auf Schere: Bundeseinzelmeister H. Develer- Aachen (68 Jahre alt) erkämpfte sich mit 686 Holz den Titel. Die Frauenmeisterschaft auf Bohle konnte Frau Fraas-Bremerhaveu mit 734 Holz an sich bringen. Die Meisterschaft auf der Inter nationalen Bahn erkämpfte sich gegen scharfen Wettbewerb de* Leipziger Vertreter Grüneberger mit 1508 Punkten. Aachener Reitturnier. Der Sankt-Georg-Preis sah nicht weniger als 100 Teilnehmer am Start. Erfreulicherweise gab e« einen deutschen Triumph, Lt. Brandt auf Rute siegte vor Oberlt. Momm auf Baccarat und dem Schweizer Schwarzenbach auf Echwabensohn. Das Glücks-Jagdspringen endete mit einem Siege des Schweizers Schwarzenbach auf Schwabensohn. Neuer Schnelligkeits-Weltrekord sür Motorboote Kaye Dons. Der englische Motorbootrennfahrer Kaye Don stellte mit dem Rennboot „Miß England III" auf dem schottischen See Loch Lomond einen neuen Schnelligkeits-Weltrekord für Motorboote auf. Er erreichte eine Stundendurchschnitts geschwindigkeit von 186,944 Kilometer. Bei einem nochmaligen Versuch konnte Kaye Don sogar eine noch größere Geschwindig keit erreichen, die im Durchschnitt 192,774 Kilometer betrug. Walser Temperst» M am 18 Juli WlUvLvUV 22 - 23 23 Grad CeMu« Aus aller Welt. Berlin. Die Fliegerin Marga von Etzdorf, die einen, großen Asienflug unternommen hatte und Sonnabend in Wien eingetroffen war, startete Sonntag in Wien zur letzten Etappe ihres großen Fluges: zur Heimkehr nach Berlin, wo sie gegen Abend eintraf. Von Verwandten, Vertretern der Behörden und des Aero-Clubs von Deutschland wurde sie festlich empfangen. Zwei Flugzeuge des Aero-Clubs waren ihr entgegengeflogen und gaben ihr von Dresden aus das Geleit. Stolp i. P. Tod in den Wellen. Das Fischerboot „Ro I" des Fischerdorfes Rowe, das in der Nacht zuin Fischen ausgelaufen war, fand bei seiner Rückkehr vor Rowe schwere Brandung vor. Bei seinen Versuchen, an den Strand zu kommen, kenterte das Boot. Die drei Mann starke Be-, satzung fand in den Wellen den Tod. Bremen. Auf dem Karussell vom Tode er» eilt. Auf dem elektrischen Karussell, das anläßlich des Schützenfestes in Otterndorf bei Bremen aufgebaut war, amüsierten sich viele Festteilnehmer, als plötzlich ein 16jäh- riges Mädchen einen gellenden Schrei ausstieß. Das junge Mädchen hatte sich an einer der blanken Stangen des Karussells festgehalten, die mit elektrischem Strom aus bisher noch unbekannter Ursache plötzlich geladen war. Das Mädchen war sofort tot. Schönau a. d. Elbe. Auf dem Führersitz g e - storben. Der in Begleitung seines elfjährigen Jungen mit seinem Auto aus der Fahrt begriffene Gutsbesitzer Tempel wurde am Steuer seines Wagens plötzlich unwohl. Der Knabe hatte die Geistesgegenwart, das Gas abzu stellen und die Bremse zu ziehen, so daß ein Unglück verhütet wurde. Tempel starb innerhalb weniger Minuten an den Folgen eines Herzschlages. Prag. Drei Personen ertrunken. Bei dem Versuch, eine Ertrinkende zu retten, fanden in der Elbe in der Nähe von Prag drei Personen den Tod. Bei einer Frau hatte sich der Schwimmgürtel gelöst, worauf der Gatte zu Hilfe eilte, um die Ertrinkende zu retten. Da aber auch der Mann unterging, machte ein Prager Beamter den Versuch, das Ehepaar zu retten. Auch er ging unter. - Anklam. Seit dem 10. Juli wurde die auf dem Gute Preetzen im Kreise Anklam dienende Frieda Hein- r i ch vermißt. Man nahm zuerst an, daß das Mädchen Selbst- mord verübt habe. Jetzt wurde die Vermißte in einer Warte- Halle der Omnibuslinie Anklam — Jarmen in der Nähe der Ortschaft Dersewitz bewußtlos und mit starken Ketten ge fesselt aufgefunden. Nachdem sie das Bewußtsein wieder- erlangt hatte, gab sie an, in der Nacht zum 10. Juli von einem Mann aus ihrer Kammer entführt worden zu sein. Er habe sie in ein Kornfeld geschleppt und sie dort sechs Tage liegen lassen. Da sie gefesselt war, konnte sie sich nicht fortbewegen. Am Sonnabend habe der Mann sie dann weiter fortgeschleppt. Wie sie in die Warte halle gekommen war, wußte sie nicht zu sagen. 1 1. Ein junges, schönes, aber ärmlich gekleidetes Mädchen hatte, ein kleines Köfferchen in der Hand, den Hamburger Wartesaal IV. Klasse betreten und sich, die Treppe zur Estrade emporsteigend, an einem jener Tische niedergelassen, von denen aus man das ganze Vahngelände mit all den Schienen, Waggons, Signalmasten und den unablässig zwischen Altona und Ohlsdorf hin und her gleitenden elek trischen Borortzügen weit überblicken konnte. Niemand war auf das Mädchen, das eine Zugereiste zu sein schien, aufmerksam geworden, bis plötzlich etwas ge schah, was das Mädchen mit einem Schlage in den Mittel punkt des allgemeinen Interesses rückte. Es erscholl nämlich die laute Stimme eines Kellners, der zornig Bezahlung eines der drei Stückchen Kuchen ver langte, von denen nur noch zwei auf dem Teller lagen. Die Fremde hatte wohl, vom Hunger überwältigt, dem Anblick des Tellers mit dem Kuchen, der mitten auf den Tisch gestellt war, nicht widerstehen können, sich ein Stück Kuchen angeeignet, und war nun nicht imstande, den ge ringsten Betrag dafür zu entrichten. Vor ihr stand ein Mensch im schäbigen Frack, der nicht nur zeterte, sondern auch heftig gestikulierte und davon ein krebsrotes Gesicht bekam. Das war der Kellner. Tränen stürzten dem Mädchen aus den Augen. „Ich — ich — ich habe kein Geld mehr!" schluchzte es, wie flehend die Hände zu dem Erregten emporhebend. „Alles hat man mir gestohlen. Alles. Es waren mehr als hundert Mark." Eine Frau am Nebentisch machte eine boshafte Be- merkung, die dem Mädchen das Blut ins Gesicht trieb. „Es ist keine Lüge!" rief es. „Ich trug es in einem kleinen Beutel bei mir. Aber ich bin im Zuge einge- schlafen, und als ich erwachte, war es verschwunden." „Was habe ich davon?" zeterte Ler Kellner. „Ich will mein Geld!" „Ich habe keines mehr", stammelte die Fremde. „Aber Kuchen essen!" schimpfte der Mann. „Kuchen, den ich bezahlen muß. Daraus wird aber nichts, mein verehrtes Fräulein! Noch haben wir für Zechpreller eine Polizei!" Er lief fort und kam auch wirklich wenige Minuten später mit einem Beamten in Zivil wieder. „Das ist sie!" rief er zornig, auf das schöne Mädchen zeigend, in dessen Augen sich Furcht und Schreckest, Scham und grenzenlose Verzweiflung paarten. Einen Augenblick ließ der Bamte seinen Blick auf der ärmlich, aber doch sauber gekleideten Frauengestalt ruhen. Dann sagte er kurz: „Begleiten Sie mich bitte zum Büro." Leise vor sich hinweinend folgte das junge Mädchen dem Manne nach, während hinter ihm das Keifen des Kellners und das schadenfrohe Gelächter der Augenzeugen erschallte. Es war schlimmer als ein mittelalterliches Spieß rutenlaufen. In der hochgewölbten Bahnhofshalle wandte sich der Beamte nach rechts und ^rschwand schließlich mit der Übeltäterin in einem Zimmer, cm dessen Tür das Wort „Bahnhofspolizei" prangte. „Ich bin keine Diebin", schluchzte das Mädchen, ver zweifelt die Hände ringend. „Hunger war es, der mich ver leitete, das winzige Stück Kuchen zu nehmen. O, lieber Herr, ich flehe Sie an: Glauben Sie mir! Man hat mir meine ganze Barschaft gestohlen!" Der Beamte beruhigte sie. „Vielleicht ist es gar nicht so schlimm", sagte er. „Erzählen Sie einmal in aller Ruhe, wer Sie sind und woher Sie kommen." Seine Stimme klang gar nicht mehr so hart. Mitleid kündete sein Blick. Er wußte wohl zu unterscheiden, wer ein Dieb und wer keiner war. Den geringfügigen Mundraub, den die Fremde begangen, brachte er keineswegs zur Anzeige. Das Mädchen erzählte voller Hast. Es hieß Agnes Fischer, besaß weder Eltern noch Ver wandte und war bis gestern bei einem Dorfschulmeister im Kreise Schleswig Kindermädchen gewesen, infolge Ver setzung des Lehrers aber entlassen worden. Hoffend, in Hamburg Stellung zu finden, hatte sie sich nach hier ge wandt, war jedoch, von Müdigkeit überwältigt, im Zuge eingeschlafen, um bei der Ankunft zu ihrem Erschrecken fest zustellen, daß unbekannte Diebe ihr nicht nur das Geld- beutelchen, dessen Schnüre sie um den Hals trug, abge schnitten, sondern auch noch den Reisekoffer, der ihr« Wäsche und gute Kleidung enthielt, entwendet hatten. Was ihr ge blieben, war lediglich ein kleines Köfferchen mit ihren Papieren, Zeugnissen und den nötigsten Reiseutensilien. An Hand der Papiere erkannte der Beamte, daß das junge Mädchen die Wahrheit sprach. Das Zeugnis schilderte Anna Fischer als fleißige, überaus ehrliche und treue Person, die ihre Kündigung nur erhalten habe, weil er — der Lehrer — nach seiner Versetzung seinen Haushalt ver kleinern wolle und für ein Kindermädchen keine Verwendung mehr habe. „Seien Sie ohne Sorge, es geschieht Ihnen nichts", nickte ihr der Beamte freundlich zu. „Das, was St« getan haben, werden Sie ein zweites Mal ganz gewiß nicht wieder tun. Die Sache mit dem Kellner erledige ich. Aber was soll nun mit Ihnen werden? Sie stehen mittellos in einer fremden Stadt!" Ihre Freude über die gütigen Worte des Mannes machte nun einer verzweifelten Ratlosigkeit Platz. Ja, was sollte sie beginnen? Ohne Geld, ohne anständige Kleider? „Wenden Sie sich an die Bahnhofsmission", schlug ihr der Beamte vor. „Oder an die Vereinigung, die sich zum Schutze alleinreisender Mädchen gebildet hat. Die ein« oder andere Einrichtung wird schon Rat wissen. Dort sind Sie fürs erste gut aufgehoben!" Er beschrieb ihr den Weg, den sie innerhalb des Bahn hofs einzuschlagen hatte, um die Räume der genannten Institutionen zu erreichen. Ein herzlicher Dank war es; mit dem sie sich von dem Beamten verabschiedete. Kaum schritt sie aber durch die Halle, in der ein ewiger Menschenstrom auf und nieder wogte, als sie sich plötzlich leicht am Ärmel gezupft fühlte. Sich umwendend gewahrte sie eine gutgekleidete Frau mit gutmütigen Zügen, die sie mit Wohlgefallen musterte. „Sind Sie nicht das junge Mädchen, das vorhin im Wartesaal den unangenehmen Austritt mit dem Kellner hatte? Aber natürlich sind Sie's," fuhr die Unbekanme eilig fort, als sie sah, daß Agnes blutrot wurde, „jetzt er kenne ich Sie mit ganzer Bestimmtbeit wieder." "