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Nr. 166. Pulsnitzer Tageblatt — Montag, 18. Juli 1932 Seite 6 Hilse für die Llnwetiergescha-igten. Antrag der DVP. ' Die vollsparteilichen Abgeordneten Hardt und Dieck mann haben folgenden Antrag im Landtag eingebracht: „Am 14. Juli hat ein schweres Unwetter die Süd-Lausitz, insbesondere die weitere Umgebung von Bernstadt heim- gesucht. Straßen und Gebäude, Gärten und Felder haben auf weite Strecken schwersten Schaden gelitten. Ganze i Ztraßenzüge sind durch die Wassermassen weggespült. Die Ernte ist streckenweise völlig vernichtet. Die Erfahrungen aus früheren Jahren lassen leider befürchten, daß sich solche Wetterkatastrophen wiederholen. Wir beantragen i raher: Die Regierung wolle das Flußregulie-I .ungsprogramm in den bedrohten Gebieten in 'ürzester Zeit durchführen, gegebenenfalls mit Einsatz des Freiwilligen Arbeitsdienstes; die Regierung wolle den Unwettergeschädigten mit größter Beschleunigung durch greifende Hilfe zuteil werden lassen." * Matz der Technischen Aoihilfe im Anwettergebiet. Die in den letzten Tagen niedergegangenen Unwetter m Löbauer und Zittauer Bezirk haben so ge- vütet, daß auch die Technische Nothilfe mit ihrem Be- reitschaftstrupp von Löbau, Zittau und Dresden eingesetzt verden mußte. Die Rothelfer sind bereits an der Arbeit, um Notbrücken zu bauen, Häuser abzustützen und Brunnen t» reinigen sowie Flußbettregulierungen vorzunehmen. Die Oberleitung der gesamten Enträumungsarbeiten liegt gemeinsam in den Händen der Reichswehr und der Tech nischen Nothtlfe. Sämtliche übrigen Bereitschaftstrupps »er Technischen Nothilfe Sachsen smd alarmiert. Sachsen auf der Ernährungsminifier-Konferenz. An der Konferenz der Ernährungsminister der Zünder, die vom Reichsernährungsminister für nächsten Dienstag und Mittwoch nach München einberufen worden st, wird für Sachsen der Wirtschafts- und Finanzminister Dr. Hedrich teilnehmen. Er wird vom Ministerialrat Dr. von Wenckstern aus dem Wirtschaftsministerium be gleitet werden. Kein sächsisches Alkoholverbot am Wahltag. Im Freistaat Sachsen wird im Gegensatz zu Preußen »uch diesmal kein Ausschankverbot für Branntwein er- assen, weil es nicht für notwendig erachtet wird. Seltsame -Aache" einer Ausgewiesenen. ! Tschechische Mutter läßt ihr Kind zurück. Aus triftigen Gründen war gegen den tschechoslowa- ischen Staatsangehörigen, Arbeiter Georg Pfaffl, und oessen Familie, in Plauen i. V. wohnhaft, ein behörd- icher Ausweisungsbefehl erlassen worden. Die Familie hatte am Vormittag Plauen verlassen, als jedoch an, Nachmittag ein Zeitungsausträger in die offene Wohnung kam, fand er dort zu seiner Überraschung einen ein Jahr alten Knaben allein vor. Der Zeitungsbote verständigte sofort die Polizei, worauf das Kind nach dem Säuglings heim gebracht wurde. Die Muter des Knaben, eine 23- jährige Arbeiterin, die zur Familie Pfaffl gehört, hatte das Kind aus Ärger darüber, daß auch sie mit aus gewiesen worden war, hier zurückgelassen. Wie verlautet, wird das Kind nach Eger gebracht und dort der Behörde übergeben. Sie WahlvvrWSge im Wahlkreis 28. 19 zugelassen, drei abgewicsen. In der Sitzung des Wahlkreisansschusses für den Wahlkreis Dresden-Bautzen, der unter dem Vorsitz von Oberregierungsrat Dr. Kuntze tagte, wurden von den einaererchten 22 Wahlkreisvorschlägen 19 zugelassen. Diese sind: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (Spitzen kandidat: Reichstagspräsident Löbe); Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, beginnend mit den Namen Strasser, Mutschmann, Feder, im ganzen 53 Namen um fassend; Kommunistische Partei Deutschlands (Spitzen kandidat: Rädel, Pirna); Zentrum (Spitzenkandidat: Reichskanzler a. D. Dr. Brüning); Dentschnationale Volks partei; Deutsche Volkspartei; Reichspartei des Deutschen Mittelstandes (Wirtschaftspartei); Staatspartei; Deutsches Landvolk (Spitzenkandidat: Gutsbesitzer Domsch, Groß hennersdorf); Christlich-Sozialer Volksdienst (Spitzen kandidat: Dr. Echte, Leipzig); Volksrechtpartei (Spitzen kandidat: Oberschulrat Bauer, Stuttgart, und Frau Lasse, Wurzen). Die übrigen Wahlvorschiäge sind: National sozialistische Kleinrentner, Jnflationsgeschädigte und Vor- kriegsgeldbesitzer, Nationalsozialistischer Volksbund für Wahrheit und Recht (beide von Berliner Spitzenkandida ten geführt), Polenliste, Sozialistisch- Arbeiterpartei (Spitzenkandidat: Schriftsteller Walter Fabian, Dresden), Freiwirtschaftliche Partei (Partei sür Krisenlose Volks wirtschaft), JBD. Gerechtigkeitsbewegung für Parleien- verbot, gegen Lohn-, Gehalts- und Rentenkürzungen, für Arbeitsbeschaffung, Arbeiter- und Bauernpartei Deutsch- I lands (Chr.-Radikale Volksfront) und Kampfgemeinschaft der Arbeiter und Bauern (Spitzenkandidat: Freund, Sohlaud, Spree). Nicht genehmigt wurden die Vorschläge des Deutschen Sozialistischen Kampfbundes, der Unitaristischen Union und des Bundes der volksschulgebildeten Staatsbürger Deutschlands (Kanalbau-Bewegnng), weil sie den gesetz lichen Anforderungen nicht genügten. Die Deutsch- Soziale Kampfbewegung schien sich besonders auf die Gegend von Lößnitz i. E. zu stützen, denn nicht weniger als vier von den zehn vorgeschlagenen Kandidaten stammen aus Lößnitz i. E. selbst. Von der Partei volks schulgebildeter Staatsbürger heißt es, daß ihr Spitzen kandidat, der „Kanalbauer" Wirth, entmündigt ist. Im übrigen ist die ganze Vorschlagsliste ein schlagender Be weis dafür, daß trotz aller Einheitsbestrebungen in Deutschland die Sonderbündelei und Parteizerrissenheit nach wie vor bedauerlich groß ist. Aus aller Wett Berlin. Am Wochenende ist in der Reichshauptstadt der junge Amerikaner James C. Parmelee aus Wichita Kansas) zu einem mehrwöchentlichen Besuch in Deutschland ein. getroffen. Der junge Amerikaner hatte an einem Aufsatz- Wettbewerb über das Thema „Warum ich meine Unser neuer Roman: In ein dunkles, geheimnisvolles Milieu führt uns dieser atemraubende Roman ... in eine Welt, die angefüllt ist mit Not und Gefahren, Flittergold und falschen Versprechungen. Die Geschehnisse rollen in rascher Folge vor den Augen des Lesers ab. Der Orient in all' seiner Buntheit aber auch seinen Ab gründen wird lebendig. Hamburg, Berlin und Beirut sind die Schauplätze dieses spannenden Werkes, das nie mand unbefriedigt aus der Hand legt. „Frauen am Abgrund" ist ein Roman, den jeder kennen müßte, bringt er doch Klarheit über gewisse Kreise, die mit Seelen Handel treiben. Meisterhaft geschrieben und spannend bis zum Schluß zählt dieses Werk zu den f besten seiner Art! Schriftleikung und Verlag. Oie vom k1ieäertiau8 Koman von Oert Kolkberg LopV»>«>>t dv »buUaN»U« <8s«I«> 1S3I l52 „So sehr liebst du sie? So? Sie ist zu beneiden, Karl- Christian, denn ihr wird ja dann auch deine Treue ge hören." Der Graf küßte die Mutter herzlich. „Mütterchen, ich danke dir. Und — wie gefällt dir mein kleines Nädelchen?" „Sie ist sehr schön', sagte sie aufrichtig. „Jal Schön, bezaubernd schön! Aber ich habe nun keine Minute Ruhe mehr. Alvens schrieb mir, daß sie Handarbeiten herstellt, um davon zu leben. Und ich zlaubte...' „WaS glaubtest du, mein Sohn?" Rach einigem Nachdenken erklärte sich Eschweiler bereit den April noch hier zu verbringen Er wurde aber imme> unruhiger, und seine Augen glühten immer sehnsüchtiger Am vierten Mai reisten sie von San Remo ad Alvens Zöderam hatte längst einen Brief in Händeu in dem ihm alles klargelegi wurde und in dem er aus strengste Anweisung erhielt; zu schweigen, jedoch auck Irmengard unter allen Umständen von der unglückselige» Idee abzubringen, zu Verene zu gehen und ihr Aufträge zu erteilen. Alvens Zöderam hatte das Schreiben schmunzelnd ge lesen Dann war er am andern Tage zu seiner Braut ge ritten Zwischen so und so vielen Küssen meinte er dam pomadig: „Laß nichts bet der Beringer sticken. Sie soll die Aus stattung für Fridel Larssen gründlich verhunzt haben." „O weh, meine schöne Wäsche! Sie bekommt kein Stüo davon in die Hände. Gut, daß du gerade heute komme» konntest. Morgen früh sollten zwei große Körbe hin gefahren werden. Nun werde ich aber eine Ausrede ge brauchen müssen, denn sie hatte auf meinen Brief bereift geantwortet und schien sich über den großen Auftrag ge freut zu haben." „Tja, das kann dir egal sein, mein Kind", versetzt. Alvens ungerührt. „Was gehen uns denn fremd. Leute an?" „Das heißt, reichlich egoistisch bist du schon, meir Lieber. Mir tut das arme Mädel leid." „Mir nicht! Nicht die Spur! Gib mir dein Wort, das du die Finger von allem läßt, was mit Fräulein Beringei zusammenhängt", verlangte er streng. Sie gab ihm ihr Wort. Aber er gefiel ihr heute nicht Daß er so hartherzig sein konnte, hatte sie nicht gedacht. Da es aber für ein Brautpaar immer viel zu bespreche» gibt, so vergaß auch Irmengard bald das blonde Mädchen * * * Verene las die Absage von Fräulein von Werther, und ihr schossen die Tränen in die Augen. Diesen Verdienst hätte sie so gut gebrauchen können. Doch es war nicht zu ändern. Sie war sich keiner Schuld bewußt, und ihre Arbeiten hatten immer sehr gefallen. Nun mußte sie eben sehen, daß ihr die Firma Weilinger etwas mehr Arbeit schickte, Venn sie mußte allerlei Neuanschaffungen machen, und auch die alte Marie brauchte Verschiedenes dringend. Nun war es wieder Mai! Ein außergewöhnlich schöner, sonnig«, warmer Mai nach dem strengen Winter. Und im Garten blühte schon wieder der Flieder. An der Mauer zwischen dem Efeu war es ganz blau. Dort blühten die Veilchen. Es war, als sei der alte Garten unendlich dankbar, daß er nichl verkauft worden war. Es wucherte und blühte und grünte, und die Amseln und die Stare wohnten in ihm. Und der Flieder roch so stark und betäubend, als wollte er mit aller Macht dem alten Garten Ehre machen. Marie scheuerte und putzte mit einer Hingebung, als stehe ein großes Fest vor der Tür. Der Springbrunnen Ferien in Deutschland verleben möchte", der von der amerikanischen Jugendzeitschrift „The American Boy" veranstaltet worden war, teilgenommen. Er fand mit seinen Reisewünschen so großen Anklang, daß ihm unter 3000 Teil nehmern der Hauptpreis zugesprochen wurde, der in einer mehrwöchigen Ferienreise durch Deutschland besteht. Der junge Amerikaner, der drei Tage in Berlin bleibt, wird über Dresden, Nürnberg, München, Stuttgart, Baden-Baden, Köln seine Deutschland-Rundreise fortsetzen. Berlin. Das Schicksal der Villa von Frau v. Ihne ist völlig ungewiß. Ob es zu einem neuen Bersteigerungs- termin kommen wird, nachdem die Zwangsversteigerung durch das Publikum gesprengt wurde, ist noch nicht entschieden. Frau v. Ihne hat vom Reichsinnenminister, Freiherrn v. Gayl, ein Schreiben erhalten, in dem mitgeteilt wird, daß dem Anträge auf Sanierung der Verhältnisse und Ge währung einer Pension nicht entsprochen werden kann. Das Reich könne leider nichts für Frau v. Ihne tun. Durch diese Absage entfällt auch die Voraussetzung für eine Hilfe durch den preußischen Staat, da das preußische Finanzministerium Frau v. Ihne seinerzeit mitgeteilt hatte, der Staat werde helfen, wenn das Reich etwas unternehme. Frau v. Ihne ist über die ablehnende Haltung der Regierung sehr bestürzt und wird nun höchstwahrscheinlich das Grund- stück verkaufen, um ihren Verpflichtungen nachzukom men. Bis dahin hofft sie, von anderer Seite finanzielle Un terstützung zu erlangen, um die drohende Versteigerung ab zuwenden. Von ihrer Sammlung will sie sich unter keinen Umständen trennen. Bukarest. Höllenmaschine im Wahlkampf. Der Wahlkampf in Rumänien nimmt immer schärfere Formen an. In Backau überbrachte ein Unbekannter dem Spitzen kandidaten der nationalzaranistischen Partei, dem Pfarrer Magirescu, ein Paket, das bei der Oeffnung explodierte. Der Pfarrer, seine Frau und seine beiden minderjährigen Kin der sowie eine Dienerin wurden schwer verwundet. Die Mut ter und die Kinder sind bereits tot. An dem Aufkommen der anderen wird gezweifelt. Die Attentäter wurden verhaftet. Forst (Lausitz). Selb st mordversuchverursacht Gasexplosion. Der 22jährige Sohn des Droschken besitzers Pietzsch suchte sich iü seinem Schlafzimmer mit Gas zu vergiften. Als sein Vater die Wohnung betrat, zündete er ein Streichholz an, um damit zu leuchten. Das Gas, das die Wohnung anfüllte, explodierte und Vater und Sohn so wie vier weitere Personen erlitten schwere Brandverletzungen. Emmerich. FünfBergleute verschüttet. Im Untertagbetrieb der Staatszeche Mauritz in Lutterade an der niederländisch-deutschen Grenze ereignete sich auf der 548- Meter-Sohle ein folgenschweres Unglück. Durch Zubruch gehen einer Strecke wurden fünf Bergleute verschüttet. Zwei von ihnen konnten sich im letzten Augenblick in Sicherheit bringen, drei Bergarbeiter wurden jedoch unter den Gestcins- massen begraben, ohne daß es gelungen wäre, sie zu bergen. Greiz. Opfer der Wirtschaftsnot. Der Pächter des Hauses Tivoli in Greiz, das dem Greizer Theaterverein gehört, der Gastwirt Hummitzsch, hat sich im Keller seines eigenen Etablissements das Leben genommen. Der fünfzig Jahre alte Mann ist vor dem Kriege in führender Stellung im Gastwirtsgewerbe tätig gewesen und war hier eine bekannte Persönlichkeit. Wirt schaftliche Gründe scheinen die Ursache zu der Tat zu sein. Brüx. Rücksichtslose Steuerbüttel. Rück sichtslose Steuerexekutionen gegen die deutschsprechende Bevölkerung sind an der Tagesordnung. Ein unmenschlich anmutender Fall hat sich in Kopitz zugetragen. Dort wurden dem alten Barbier Zinke wegen einer Steuerschuld Voit 1800 Kronen von seinen drei Rasierstühlen zwei ge pfändet. Der alte Mann geriet darüber in Verzweiflung und schnitt sich die Pulsader durch; sein Zustand ist be denklich. Als der Sohn Zinkes dem Exekutor Vorhal tungen Wegen seines unmenschlichen Vorgehens machte, zog der Beamte den Revolver. Die Empörung in der Bevölkerung war aber so groß, daß die Behörde es für ratsam hielt, das gepfändete Gut herauszugeben und den Exekntor abzuberufen. plätscherte'und schoß in hohem Bogen empor. Das Fehlen der schönen alten Figur verdeckte grüner Gelchen, und seine rosa Blüten umrankten die Säule. An einem linden, duftenden Abend schritt Verene durch dieses sproßende Leben der Natur. In tiefen Atemzügen genoß sie die herbe, würzige Luft. Von irgendwoher er scholl das Klingeln einer heimkehrenden Schafherde. Verene lehnte sich an die alte graue Mauer. Ein Zweig violetten Flieders hing ihr dicht über dem blonden, lockigen Haar. Die feinen Hände falteten sich. Groß und sehnsüchtig ging der Blick des Mädchens in die Ferne. Irgendwo da draußen weilte Graf Eschweiler. „Ich liebe dich!" Verene flüsterte es, und zwei große Tränen perlten langsam über ihre schmalen Wangen. Ein Schatten fiel quer über den schmalen, gelben Weg. Erschreckt blickte Verene auf. Da stockte ihr der Atem. Eine hohe Gestalt stand am Gartentor. Der Mann blickte zu ihr herüber. Das Mädchen griff, wie nach einem Halt suchend, in die Zweige des blühenden Fliederbaumes. Sie wollte fliehen, doch ihre Füße versagten den Dienst. „Reni! Meine geliebte Reni!" Leise, zärtlich klang es zu ihr herüber. Und dann war er bei ihr, hielt sie in den Armen, küßte sie, die völlig willenlos diesem Glücke, diesem Wiedersehen gegenüberstand. Und der Mann küßte. Küßte unersättlich, strich über das goldblonde Haar. „Reni, liebe kleine Reni, endlich mein! Nun lasse ich dich nie mehr von mir. Nie, niemehr! Alle Mißverständ nisse sind fort. Nur du bist noch da, du!" Er hob sie empor, trug sie durch den duftenden Garten, hielte von sich ab, betrachtete sie voll Entzücken und küßte sie Meder voll unsagbaren Glückes. Und die Frühlingsnacht breitete blau und duftend ihre»» Mantel um beide. C o b c.