Volltext Seite (XML)
vulsnHer Fageblatt Bezirksanzeiger Bank-Konten: Pulsnitzer Bank, PulSnitz und Commerz- und Privat-Bank, Zweigstelle Pulsnitz — Erscheint an jedem Werktag Im Falle höberer Gewalt, Krieg, Streik oder sonstiger irgend welcher Störung dc? Betriebes der Zeitung oder der Vcfördcrnngscinrichtungen, hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder auf Rück- zablung des Bezugspreises. — Wöchentlich 0.60 AL bei freier Zustellung; bei Abholung wöchentlich 0.50 AL; durch die Post monatlich 2.40 E freibleibend Anzcigen-Grnndzahlcu in E Die 41 mm breite Zeile (Mosse'S Zeilenmesser 14) 1 mm Höhe 10 SH/, in der Amtshauptmannschast Kamenz 8 amtlich 1 mm 30 SH/ nud 24 H/; Reklame 25 LH/. Tabellarischer Satz 50 °/° Aufschlag. — Bei zwairgsweiser Einziehung der Anzeigengebühren durch Klage oder in KonkurSfälle» gelangt der volle Rechnungsbetrag unter Wegfall von Preisnachlaß in Anrechnung. Bis V-10 Uhr vormittags eingehende Anzeigen finden am gleichen Tage Aufnahme Das Pulsnitzer Tageblatt ist das zur Veröffentlichung der amtlichen Bekanntmachungen der Amtshauplmannschaft u. des Finanzamtes zu Kamenz des Amtsgerichts und des Stadtrates zu Pulsnitz sowie der Gemeinderäte Großnaundorf und Weißbach behördlicherseits bestimmte Blatt hauptblatt und tilteste Zeitung in den Ortschaften des Pulsnitzer Amtsgerichtsbezirks: PulSnitz, Pulsnitz M. S., Großröhrsdorf, Bretnig, Hauswalde, Ohoru, Obcrsteina, Niederstem«, Weißbach, Ober- und Niederlichtenau, FriederSdorf, Thiemendorf, Mittelbach, Großnaundorf, Lichtenberg, Kleindittmannsdorf Geschäftsstelle: PulSnitz, Albertstraße Nr. 2 Druck und Verlag von E. L. Förster» Erben (Inh. I. W. Mohr) Schriftleiter: I. W. Mohr in PulSnitz Nummer 143 Donnerstag, den 23. Juni 1982 84. Jahrgang LL8 Millionen für Arbeitsbeschaffung Das Programm der Reichsregierung Von der Roichsregierung wurde Mittwoch eine übersichtliche Zusammenstellung der Mittel ver öffentlicht, die zum Teil durch die neue Finanznotverordnung und durch den neuen Reichsetat, der demnächst in Kraft gesetzt werden wird, für die Zwecke der Arbeitsbeschaf fung angesetzt worden sind. Daraus ergibt sich, daß die Relchsrcgicrung ganz allgemein für Arbeitsbeschaffung und Siedlung 348 Millionen RM bereitstellen wird, zu denen noch 100 Millionen Neichsbürgschaften und Zinszuschüsse, die in direkt auch der Arbeitsbeschaffung dienen, kommen. In der Notverordnung sind 135 Millionen fttr Straßen- und Wasserstraßenbau und für Bo- denvcrbesserungen vorgesehen. Dazu treten die beabsichtigten Reichsbiirgschaftcn und Zinszuschllsse für Hausreparaturen und Teilung von Großwoh- nungcn in Höhe von 100 Millionen. Für die vor- städtische Kleinsicdlung und für die Anlage von Kleingärten, auf denen 18 000 Siedler angesetzt werden sollen, sind vorläufig als erste Teilrate 48 Millionen vorge sehen. Die zweite Rate wird ungefähr 25 Millionen aus machen. Für die vorstädtische Kleinsiedlung sind also im ganzen 73 Millionen in Aussicht genommen. Im E t a t sind angcsetzt worden für landwirtschaftliche Siedlung 50 Millionen, für den freiwilligen Arbeitsdienst (an zwei Stellen) 40 Millionen, für die Gesellschaft für öffentliche Arbeiten 30 Millionen. In unterrichteten Kreisen ist man der Auffassung, daß diese Mittel, wenn man die angespannte finanzielle Lage des Reiches beurteilt, als außerordentlich hoch zu bezeichnen seien. Die Hauptpunkte des Arbeitsbeschaffungs- p r o g r a m m s, das die Rcichsregierung im Rahmen des so genannten konstruktiven Aufbauplanes angekündigt hat, wer den vom Kabinett beschlossen werden, wenn Reichskanzler v. Papen und die übrigen Mitglieder der Regierung aus Lausanne zurückgekehrt sein werden. Auf jeden Fall soll die Siedlung sehr weit vorwärtsgetrieben werden. Natürlich würden die Gutsbezirke im Osten, die gerettet werden könn ten, auf jeden Fall gerettet werden. Daneben beständen aber noch Betriebe, die nicht mehr zu retten seien. Dieses Land käme für die Siedlung in Frage. Nie Tagung der Innenminister. Im R e i chs i nn en mi n i sie r i um fand Mittwoch unter Vorsitz des R e i ch s i n n e n m i n i ste r s Freiherr von Gayl die Konferenz der Innenminister der Länder statt. Reichsminister v. Gayl eröffnete die Konferenz mit einer einleitenden Ansprache. Die größeren deutschen Länder wärest unter anderem wie folgt vertreten: Severing — Preußen, Stützel — Bayern, Richter — Sachsen, Bolz — Württemberg, Mayer — Baden, Kestner — Thüringen, Schlesinger — Mecklenburg- Schwerin, v. Michael — Mecklenburg-Strelitz, Klagges Braunschweig, Röver — Oldenburg. Die Länderkonferenz war vom Reichsinnenminister ein berufen worden mit der Begründung, daß die Regierung eine einheitliche Handhabe der Bestimmungen über die Demonstrationsverbote und der llnifor:n ver bot e, deren Grundlagen umstritten sind, erzielen wolle. Im Verlauf der Besprechungen, die sich sehr lange hinzogen, hat Reichsinnenminister v. Gayl von dem bisherigen Standpunkt der Reichsregierung nichts preisgegeben. Er betonte, daß es sich bei der Notverordnung über die Aufhebung des Uniform verbotes um einen r e i ch s re cht l iche n Willen handle, der in der Verordnung klar zum Ausdruck gekommen sei. Sollten die Länder formal-juristische Einwände erheben, so würde die Reichsregierung durch eine Notverord nung eine Formel finden, die die Uniformregelung zum Reichsgesetz macht. Amerikas Vorstoß in Genf Ueberraschende Einberufung des Hauptausschusses der Abrüstungskonferenz Der Schwerpunkt der internationalen Verhandlun gen lag nm Mittwoch in Genf. Dort gab es eine Ueber- raschung insofern, als ganz unerwartet der Hauptaus- fchuß dcrAbrüstungskonferenz zusammen gerufen wurde. Diese Maßnahme erfolgte auf direkten Wunsch des amerikanischen Präsidenten Hoover, um dem amerikanischen Botschafter Gibson Gelegenheit zur Abgabe einer Erklärung über die Abrüstungsfrage zu geben. Am Dienstag hatte der Präsident der Abrüstungskonfe renz, Henderson, in einer Unterredung mit den Außen minister der nordischen Länder einen Zusammentritt des Hauptausschusses der Abrüstungskonferenz für den 1. Juli zugesagt. Inzwischen war aber der amerikanische Botschafter Gibson bei Henderson erschienen und ersuchte um die sofortige Einberufung des Hauptausschusses. Henderson gab diesem Ersuchen statt und berief den Hauptausschuß sofort ein. Diese neue überraschende Initiative Amerikas hat in Genf großes Aufsehen erregt und stimmt völlig mit den Schritten überein die der amerikanische Botschafter in den letzten Tagen ergriffen hatte. Reichsaußenminister Freiherr v. Neurath begab sich sogleich am Mittwoch nach Genf, um an der Sitzung des Hauptausschusses teilzunehmen. Die deutschen Auszeichnungen überreicht. Die Einberufung des Hauptausschusscs der Abrüstungs konferenz hat in L a u s a n n c r Kreisen großes Aufsehen erregt. Noch vor der Abreise des deutschen Außenministers nach Genf hat die deutsche Delegatton dem englischen Minister präsidenten MacDonald die Aufzeichnung übergeben lassen, bei der es sich um eine Darstellung aller Gründe, die aeaen irgendwelche politischen Zahlungen durch Deutschland sprechen, handelt. Vor allem sind auch die Einwände gegen die Möglichkeit einer Belastung der Reichsbahn oder der Industrie ausgezeichnet. Zum Schluß wird noch einmal darauf hingewiesen, daß Deutschland durchaus bereit sei, sich an gemeinsamen europäischen wirtschaftlichen Bestrebungen zu beteiligen. Wettabrüstung um ein Drittel. Hoovers Forderung an die Abrüstungs konferenz. Der neue Plan Hoovers, der am Mittwochnachmittug oer Genfer Abrüstungskonferenz unterbreitet nnd von dem Botschafter Gibson im Hauptausschuß vorgetragen wurde, enthält eine Herabsetzung der Effektivstärken sämtlicher Armeen der Erde um ein Drittel, die Abschaffung der Tanks, des chemischen Krieges, der beweglichen Groß geschütze, aller Bombenflugzeuge, ein völliges Verbot jedes Luftbombardements und ebenfalls eine Herabsetzung der Flottenrüstungcn um ein Drittel. Hinsichtlich der Fiottenrüstungen sieht Hoover vor, daß die Zahl und Tonnage aller Panzer schiffe um ein Drittel, die vertragsmäßigen Ziffern für alle Kreuzer, Flugzeugmutterschiffe und Zerstörer jedoch um ein Viertel und die Unter seebootsziffern wiederum um ein Drittel herab gesetzt werden sollen. Dabei soll keine Nation mehr als 35 000 Tonnen an versenkbaren Schiffen besitzen. Hoover erklärt, daß der Kellogg-Pakt einzig und allein bedeuten könne, daß die Völker der Welt sich darüber einig würden, ihre Rüstungen nur zur Verteidigung zu verwenden. Die Abrüstung dürfe nicht nur durch weit gehende Herabsetzungen der allgemeinen Rüstungen, sondern auch durch eine Erhöhung der Verteidigungsstärke im Ver hältnis zur Verminderung der Angriffsstärke bewirkt werden. Die Tagung des Hauptausschusses der Abrüstungs konferenz war unter stärkster Beteiligung bei vollbesetzten Tribünen und Saal Mittwoch nachmittag kurz vor 4 Uhr eröffnet worden. Präsident Henderson gab sogleich dem amerikanischen Botschafter Gibson das Wort zu einer Mit teilung. Botschafter Gibson gab zunächst einen Appell Hoovers bekannt, in dem es heißt, daß jetzt die Stunde der Völker geschlagen habe und daß endlich zu Taten geschritten werden müsse. Sodann unterbreitete er das Abrüstungs programm des amerikanischen Präsidenten, das für zehn Jahre gedacht ist und der Welt IS Milliarden Dollar Rüstungsausgaben ersparen würden. Die (Stellungnahme -er Mächte. Die Aussprache über Hoovers Vorschlag. Paul Boncour gab nach dem englischen Außenminister Simon eine Erklärung zu dem neuen großen Abrüstungs- Plan des amerikanischen Präsidenten Hoover ab. die nur als eine glatte Ablehnung des amerikanischen Vorschlages aufzufassen ist. Panl-Bonrour verlangte, daß der amerika nische Plan von der Abrüstungskonferenz gemeinsam mit dem Vorschlag der französischen Regierung zur Organisa tion der internationalen Sicherheit behandelt werde. Der Führer der deutschen Abrüstungskonferenz, Nadolny, erklärte, die deutsche Regierung habe mit größtem Interesse nnd besonderer Befriedigung von den Abrüstungsvorschlägen des Präsidenten Hoover Kenntnis genommen. Die Konferenz müsse sich zu dieser ucueu Ini tiative des Präsidenten der Vereinigten Staaten beglück wünschen. Es könne nicht länger verheimlicht werden, daß sie Konferenz im Begriff sei, zu versanden, so daß zweifellos die Befürchtung bestände, sic werde niemals ;u den entscheidenden Beschlüssen gelangen, die die ge samte Welt fordere. Die Vorschläge des Präsidenten Hoover hätten das große Verdienst, der Abrüstungskonfe renz einen neuen Impuls zu geben, und die Arbeit der Konferenz wesentlich zu erleichtern. Der italienische Außenminister gab zu dem Vorschlag Hoovers eine Erklärung ab, die erkennen ließ, daß die italienische Regierung die Vorschläge Hoovers in allen Teilen bedingungslos und vollständig annimmt. Der englische Außenminister Simon gab eine Er klärung ab, in der er die amerikanische Regierung zu ihrem Schritt beglückwünschte. Simon brachte sodann in ehr geschickter diplomatischer Form den kritischen Stand- umkt der englischen Regierung zum Ausdruck. Jeder vernünftige Schritt, durch den eine .Herabsetzung der effektiven Truppenstärke erreicht werde, ohne daß hierbei vie Sicherheit der einzelnen Länder berührt werde, müsse aufs wärmste begrüßt werden. Hierdurch könnte eine außerordentliche Erleichterung der großen finanziellen Lasten erreicht werden. Die Verhandlungen des Hauptausschusses der Ab rüstungskonferenz sind nach den Erklärungen der Groß mächte zu dem neuen Plan des amerikanischen Präsidenten Hoovers wiederum auf unbefristete Zeit verschoben worden. Es besteht somit die Gefahr, daß die große Ini tiative der amerikanischen Negierung wiederum ohne praktischen Erfolg bleibt. Ernste Mahnung des Reichskanzlers. Der Reichskanzler v. Papen hielt am Mittwochmittag im Garten des Savoy-Hotels eine kurze Ansprache für den Tonfilm. Verschiedene deutsche und ausländische Gesellschaften machten eine Aufnahme von dem Kanzler, der sich über die Tributfrage und die Lage der Konfe renz von Lausanne folgendermaßen äußerte. „In dem harten Ringen um Deutschlands Schick sal, das zugleich das Schicksal der ganzen Welt ist, weiß sich die deutsche Delegation in Lausanne eins mit dem geschlossenen und festen Willen des gesamten deutschen Volkes. Zu oft ist das Hoffen der Völker enttäuscht worden, zu oft sind die Entscheidungen vertagt worden. Diese Me thoden haben Deutschland und die ganze Welt in immer größeres Unglück gebracht. Die verantwortlichen Staats männer werden in Lausanne zu einem Ergebnis kommen müssen, das in klarer Erkenntnis gleicher Rechte und gleicher Pflichten aller Staaten der Welt den Frieden zurückgibt. Deutschlands Schicksal ist das Schicksal der Welt, deutsche Not ist die Not der Welt, der Wohlstand der einzelnen Nation der Wohlstand der Gesamtheit. Me Arbeit der verantwortlichen Staats männer in Lausanne muß den Weg freimachen für eine po sitive Zusammenarbeit, die uns allein eine« besseren Zukunft entgegenführen kann." Zur Einberufung des UeberwachungSauSfchuffeS des Reichstages. Zu dem sozialdemokratischen Verlangen auf Einberufung des Ueberwachungsausschusses des Reichstages wird in par lamentarischen Kreisen erklärt, daß es allein das Recht des. Vorsitzenden dieses Ausschusses ist, den Ausschuß einzuberu fen. Die Einberufung kann von niemand, auch nicht vom Reichstagspräsidenten erzwungen werden. Im übrigen sind Beschlüsse des Ueberwachungsausschusses erst dann rechts kräftig, wenn sie der nachfolgende Reichstag sanktioniert hat.