Volltext Seite (XML)
lcnkcn, als cm langsam sich bewcgcndcs. Bei der schiicilstcn Fahrt gehorcht es dem leisesten Druck des Steuers; liegt cs aber vor Anker, dann drehe das Steuer, so viel du willst, es wendet sich doch nicht. So geht es dem Verzagten auch; er kommt aus seiner Richtung nicht mehr so leicht heraus, sondern verbeißt sich in seine verkehrte» Geschichten und Vorurteile, das; man schier sagen könnte: Das streift au Verstockung. Das gibt die stangiüereude» Gewässer, die Teiche und Seen, die doch nicht lebendig werden. Das gibt Christen, die sich und andere stören im Wachstum, daß ganze Familien und Kreise ihnen gleich werden. Denn zum Stillstand läßt sich jedes irdische Menschenkind in pein lichen Dingen schnell kommandieren und fragt nicht lange, ob er recht hat, der es tut. Da Kanu man sich nicht wundern, wen» nicht nur die Feinde Christi mit einem Schein des Rechts urteilen: „Wenn man sich nach der Art der Christen richten soll, dann muß man das ganze Christentum über Bord werfen!" Es ist auch so zu Sinn, als ob in der Gegenwart und in der nächsten Zukunft die Salzschaufeln Gottes über unsere Christen heit kommen werden, um das dummgewordene Salz Hinauszuschiitten, daß es die Leute zertreten. Wir brau chen eine belebende Kraft, den Geist der Kraft, der, wie der Wind des Blasebalgs das Feuer wieder entfacht, auch unser innerstes Leben wieder auffrischt. Vor allem müssen wir den Blick auf einen bestimmten Punkt richten. In der Zeit, wo die Operationen noch ohne Betäubungsmittel vorgenommen wurden, sagte ein be rühmter Arzt zu seinem Patienten: „Sehen Sie, während ich schneiden werde, nicht die Wunde, nicht das hervor- guellcnde Blut, nicht das Messer, sondern nur mich an! Sehen Sie unverwandt mein Gesicht an, was es für einen Ausdruck annimmt, dann werden Sie am besten über alles hinwegkommcn!" So müssen auch wir Iesum anschauen, statt die Gefahr. Wir müssen an seine Gabe denken, statt an unsere Schwachheit. Bei Kindern und ängstlichen Naturen kann man oft hören, wenn sie etwas tun sollen: „Nein, das kann ich nicht tun, das ist mir zu schwer!" Sie haben es nicht» versucht, sie können es gar nicht wissen, ob das schwer ist oder nicht; aber aus lauter Aengstlichkeit versuchen sie es lieber gar nicht. Würden sie es ernsthaft versuchen, so würde beim Pro bieren und bei Anstrengen die Kraft wachsen, so würden sie auch durch furchtlose, aber ehrliche Bemühungen lernen, die Schwierigkeiten richtig anzufassen und wür den schließlich den Punkt finden, wo es doch geht. Gilt das auf rein natürlichem Gebiet, wie viel mehr da, wo man den Geist der Kraft empfangen hat. Man weiß das nicht eher, als bis es Kraft anzuwendrn gilt. Wie oft mag der Herr, der es uns doch verheißen hat: „Wie deine Tage sein werden, soll auch deine Kraft sein", strafend uns fragen müssen: „Wisset ihr nicht, wes Geistes Kinder ihr seid?" Du klagst, daß deine Mühle still steht aus Mangel an Wasser; aber dort rauscht Gottes 'Brünnlein, das hat ja Wassers die Fülle. Darum sorge, d^ß dein Wassergraben gereinigt und recht gerichtet sei, dann mnß Gottes Fülle beschämend groß über dich kommen. Schließ dich nur fest zusammen mit dem Herrn! Er ist nie darum besorgt, daß ihm eine Arbeit zu schwer sei; höchstens mag er darum sorgen, ob deine Verbindung mit ihm stark genug sei. In New-Pork werden Läden mit oder ohne Kraft ver mietet. Im tzofraum befindet sich nämlich eine Ma schine, die mehrere kleine Werke treiben kann. Wenn nun ein Handwerker zu seiner Arbeit solche Hilfe brauchen kann, mietet er sich diese Kraft mit dem Laden zusammen. Aehnlich gibt es Christentum mit Kraft und Christentum ohne Kraft. Das ohne Kraft ist vielfach zu finden, aber es ist nichts nütze; das mit Kraf^sä)afft dem Reiche Gottes Bahn. Wir haben den Geist der Kraft. Gott helfe uns zu Pfingsten von der Klage zur Kraft! > Sch. Die Pfingstschuhe Skizze von Paulrichard Hensel Ganz beklommen stand Grete Gorn, als sie die Schachtel mit den neuen sandfarbenen Schuhen aufge- schnürt hatte. Zärtlich nahm sie sie aus der Seiden papierhülle, stellte sie auf den Tisch, hielt sie an den Fuß — das war doch wirklich hübsch von dem neuen Pensivnsherrn. Ja, aber durfte sie denn dies Geschenk annehmen? Rudolf würde gewiß zürnen, aber er war weit und konnte nichts dazu beitragen, daß das Pfingstfest ihr etwas Freude brachte. Der Vater fuhr einen der großen Dampfer auf dem Strom, und Festtage bedeuteten für ihn verstärkte Arbeitstage; die Mutter hatte mit den Pensionsgüsten zu tun, die um diese Zeit sich einfanden; niemand hatte Zeit für die neunzehnjährige Grete. War es da schlimm, wenn einer der Herren ein wenig freund lich zu ihr war und sie sichs gefallen ließ? Und die Schuhe — nun ja, der Herr Reinert war eben reich, sie ordnete fleißig sein Zimmer und erfüllte alle seine Ertrawünsche, und wenn er sich erkenntlich zeigte, war damit wohl nicht mehr als recht und billig, beruhigte sich Grete. Als dann der junge Herr Reinert sagte: „Mädel, Sie kommen ja gar nicht aus dem Haus heraus; wollen Sie mir nicht einen Pfingstnachmittag Gesellschaft leisten?" da dachte Grete: Ich sehe immer nur, wie an den Festtagen die anderen sich ihrer neuen Kleider, Hüte und Schuhe freuen, wie sie sorglos, vielleicht mit einem Liebsten am Arm, auf dem Dampfer den Strvin herauf fahren, Wein trinken, irgendwo tanzen — da kann der Wunsch nicht schlimm sein, auch einmal dabei zu sein. Gewiß, morgen würde sie es dem Rudolf, der ein Recht auf ihr Herz hatte, schreiben; aber warum war er nicht hier und führte sie aus? Wenn das der Herr Reinert tun wollte, war es sehr freundlich von ihm — und hübsch und jung war er obendrein auch. — Der Pensionsgast dachte nichts weiter als: Es ist langweilig hier. Aber die kleine Grete ist ein liebes und sehnsüchtiges Mädel. Man darf die Abenteuer, die sich bieten, nicht vorübergehen lassen. Und so kam es, daß die beiden am Nachmittag, als Ruhe in der Küche eingetreten war, mit der Uferbahn nach einem Ausflugsort fuhren, mit hundert anderen feiertäglich gestimmten Menschen in einem Gartenlokal saßen und Obstwein tranken, der Musik lauschten und schließlich sich unter die tanzenden Paare mischten. Grete hatte ihr schönstes Frühlingskleid und die neuen Schuhe angezogen und war froh, endlich einmal Gelegenheit zu haben, sich zu schmücken, ganz sorglos zu sein und ver wöhnt werden zu können. Schmale Waldwege führten an den Uferhängen ent lang. Abendschatten waren schon unter die Wipfel ge zogen. Langsam gingen Reinert und Grete Gorn nach Anhöhe, wo sie sich, vom Buschwerk gegen die Blicke Vorübergehender geschützt, niederließen. Wein und Tanz klangen ihnen nach. Und wie selbstverständlich legte Reinert den Arm um das Mädchen und fragte: „Nun, Kleine, ist das nicht ein schöner Pfingsttag gewesen?" Da erzählte sie ihm, wie dankbar sie sei, und ver hehlte nicht, daß sie im Grunde immer die Frauen und Mädchen beneidet habe, die zu den Festtagen auf den Dampfer ihres Vaters können, und die Sommergäste, die keine Sorgen zu kennen schienen. Reinert.sagte lächelnd: „Ach, liebe Grete, zu be neiden brauchst du diese Menschen nicht. Pfingsten be deutet doch, daß die Jünger, als Christus sie verlassen hatte, nun selbst für die Lehre einstehen mußten, die sie für richtig befunden hatten. Und es sollte so sein, daß unter allen Menschen Frieden und Liebe ist. Aber was haben wir heute gesehen? Mädchen, die unersättlich im Tanz waren, aber morgen wieder als sittsam und un wissend gelten wollen; Frauen, die in neuerwachter Frühlingsschnsncht heimlich ein Abenteuer suchen und morgen vor Angst vergehen, daß sic verraten werden könnten; und auch solche, die all die Ausgelassenheit und Fröhlichkeit nur mit einem Kühlen, beherrschten Blick streifen und doch brennend gern dabei sein möchten — niemand also, der sich ehrlich zu dem bekennt, was er innerlich für gut befindet. Da sind wir doch anders, Gretel, nicht wahr? Wir sind allein, wir sind jung, um uns ist der Frühling — also wollen wir auch glücklich sein." Innerlich aber sprach er zu sich selber weiter: Wenn du jetzt noch viele Worte machst und das Mädel nicht herzigst abküßt, bist du ein großer Esel! Gretel aber saß so in Gedanken versunken, daß er mit seiner stürmischen Bewegung innehielt. So hatte ja noch niemand sie das Fest verstehen gelehrt. Und sie brauchte also wirklich niemand zu beneiden. Aber in dem neuen Erkennen erfaßte sie plötzlich auch den Sinn der letzten Worte des Mannes — ja, was dachte er denn? — das klang süß und heimlich — aber es hatte einen eingeschlafenen Gedanken in ihr geweckt. Und t-eise sagte sie: „Ja, nun verstehe ich das Fest. Wenn man einmal etwas für recht erkannt hat, fall man es nicht verheimlichen, sondern dafür einstehen, auch unter Anfechtungen. Und sehen Sie: Ich bin seit einem Jahre verlobt, er ist weit fort von hier, aber ich habe ihm die Treuc geschworen, und so meinten Sie es doch auch: Gerade Pfingsten soll ich daran denken." Ganz still war es da cinc Weile hinter den Büschen. Reinerts Gesicht stand im Schatten, und man konnte nicht sehen, wie die Scham es gerötet hatte. Aber Gretes Augen waren zwei Helle Sterns. — Wortkarg fuhren sie heim. Am nächsten Tage reiste Reinert ab. Als er zu Haufe seinen Koffer öffnete, sand er die kleinen gelben Mädchenschuhe darin. Und er stand lange am Fenster, mit der Hand das weiche Leder streichelnd, und sah verloren auf das Leben der sreudeleeren und sonnenarmen Stadt. Das Pfingstfest und seine Geschichte. Goethe nennt Pfingsten das liebliche Fest. Er hätte keinen besseren Ausdruck finden können, denn gerade dieses Fest unterscheidet sich von den andern — Weihnachten und Ostern — durch seine Lieblichkeit. Weihnachten ist tra ditionell durch Schnee und Eis gekennzeichnet, wenn auch in den letzten Jahren um die Weihnachtszeit meistens eine Temperatur herrschte, die weder wirbelnde Flocken in der Lust noch die gläserne Brücke über dem Wasser duldete. Ostern läßt meist erst den Frühling ahnen, und „weiße Ostern" überraschen nicht, wenn sie auftreten! — Pfingsten dagegen steht im Zeichen des prangenden, knospenden und blühenden Frühlings. Da schmücken wir unser Heim mit zriinen Maien, wie die Natur draußen ihren schönsten schmuck angelegt hat; da wandert hinaus in die weite, schöne Lotteswelt, wer nicht an die Schwelle gefesselt ist. Wenn die Pstngstglocken läuten, dann verkünden sie die frohe Bot- schäft, daß die Welt erwacht ist nach dem langen Schlafe, daß >s nun wirklich Ernst ist mit dem vollen, pulsenden und fruchttragenden Leben. Das israelitische Pfingsten war eigentlich ein Ernte fest, und als solches hatte es auch bei heidnischen Völkern 'ein Gegenstück. Auch da fehlte natürlich die religiös-mytho logische Bedeutung des Festes nicht, weil ja die Religion der peiden auf Naturbeobachtung beruht, das heißt das instink tive religiöse Bewußtsein formt aus den Erscheinungen der Natur ein System zu einer bestimmten Lehre und denkt sich die in ihren Wirkungen erkennbaren, das heißt sinnlich wahr nehmbaren Kräfte personifiziert als Gottheiten, die nach dem Bilde des Menschen geschaffen sind, denn andre Persönlich keiten vermag sich der Menschengeist nicht zu denken. Er kann sie nur idealisieren oder, je nach dem Grade der kultu rellen Entwicklung, umgestalten, ihnen bestimmte Eigen schaften zubilligen, die ihre Tätigkeit zum Ausdruck bringen sollen, oder sie mit einem besonderen Nimbus umgeben. Aber stets werden die heidnischen Götter in einer menschen artigen Gestalt erscheinen und Eigenschaften aufweisen, die man am Menschen besonders schätzt, fürchtet ober — verab scheut. Niemals kann man sicherer die Kultur und die Moralanschauung alter Bölker kennen lernen, als wenn man ihre Mythologie vorurteilslos studiert. Im Zeichen der Zwillinge stand das Pfingstfest des alten Heidentums. Das Sternbild der Zwillinge ist ja auch bei uns noch das Zeichen des Monats Mai, und der Mai ist die ideale Zeit des Festes. Aus dem Sternzcichen aber kann man wieder die astrologische Bedeutung des Festes erkennen, das heißt den Ursprung aus der Natur- beobachtung. Wenn die Natur zu neuem Leben erwacht, dann ist dies nach altheidnischer Auffassung das Wirken der Früh lingsgottheit,- die ihre Macht entfaltet. Meist stellte man sich das Blühen und Grünen in der Natur als das Dermählungs- fest des Frühlingsgottes und einer Frühlingsgöttin vor. So bedeuten die indischen „Zwillinge" einen göttlichen Jüng ling mit dem Zepter und eine die Bina (Lyra) spielende Jungfrau, als den Dualismus in der Natur. Zu Ehren des göttlichen Hochzeitspaares werden in Indien Stangen mit Blumen und Bändern errichtet als Symbole des hochzeitlichen Festes und des Werdens, Blühens und Gedei hens in der Natur. Das ist wohl auch das Vorbild des deut schen Maibaums gewesen. Unser Maibaum ist das Sinnbild strotzender Kraft und Lebensfülle, und das sollten auch die mit Blumen und Bändern geschmückten indischen Stangen sein. Das Pfingst läuten ließe sich ähnlich erklären, denn das Fest des neuen Lebens — sei es des weltlichen, sei es des geistlichen — erforderte die Vertreibung alles dessen, was lebensfeindlich ist, also auch der bösen Dämonen, und das geschah, nach altem Volksglauben, durch Töne, also durch das Geläut der Glocken. Wenn man dagegen einwenden will, daß doch jedes andere Fest ebenfalls „eingeläutet" werde, so will dies in Wirklichkeit gar nichts bedeuten, denn auch da mag der Grundgedanke derselbe gewesen sein; er mag vom Pfingst- läuten herstammen, und dann ist es wahrlich kein Geheimnis, daß viele uralte, aus heidnischer Zeit stammende Bräuche sich noch bis in unsere Zeit erhalten haben, ohne daß man deren ursprüngliche Bedeutung kennt. Wer aber bestreiten wollte, daß dem Tone eine das Böse verscheuchende Kraft zugeschrie- den wird, der sei daran erinnert, daß dieser Glaube oder, wenn man es anders bezeichnen will, auch Aberglaube geradezu instinktiv in der Menschenseele schlummert. Wer im Dunkeln wandert und sich eines unbestimmten Grauens nicht erwehren kann, der pflegt eine Melodie zu pfeifen oder zu äugen oder sonstwie durch laute Töne das Schweigen rings um sich her zu unterbrechen. Hätte er Furcht vor einem menschlichen Ueberfall, so würde er dies sicher nicht tun, da er weiß, daß er durch den Ton erst böse Wegelagerer auf sich aufmerksam macht. Nasse Pfingstgeschichten Von Hans Riebau. Auf dem Bootssteg standen zwei Herren. Die Sonne schien, die Blüten dufteten, und an den Ufern leuchteten die Birkenzweige. „Ja, Pfingsten", fing der Herr mit der weißen Hose ein Gespräch an, „Pfingsten sollte man nur auf dem Wasser verleben. Pfingsten auf dem Lande, links Mücken, rechts Kinderwagen, unten Butterbrotpapier und oben Bratwurst geruch — pfui Teufel!" „Jawohl", nickte der Herr mit der kurzen Pfeife, „Pfingsten auf dem Wasser ist nicht übel. Wenn ich mir aller dings im letzten Jahre dabei nicht nur eine Frau, sondern auch eine Heiserkeit zugezogen habe, die den ganzen Sommer angcdauert hat!" „So?" fragte der andere. „Wie war denn das?" Da fing der Herr mit der kurzen Pfeife an zu erzählen: „Ich war mit meiner kleinen Jolle die Elbe hinuntergekreuzt. Abends, so ungefähr um acht, fing es an nebelig zu werden. Ich wäre fast gegen ein Paddelboot gerannt, wenn nicht eine Helle Stimme gerufen hätte: ,Sie Kakerlak, können Sie nicht Leben?" Ich riß die Augen auf und sah eine junge Dame, die heftig mit dem Paddel gestikulierte. ,Gnädiges Fräulein", filgte ich, nachdem ich konstatiert hatte, daß die junge Dame metn Typ war, ,Sie scheinen nicht zu wissen, in welcher Gefahr Sie sich befinden. Wir bekommen Rebel, in einer Stunde wird es dunkel sein, und Sie paddeln hier seelen- oevgnügt zwischen Schleppern, Ozeandampfern und Motor- boohen umher." .