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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.11.1904
- Erscheinungsdatum
- 1904-11-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1841109282-190411095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1841109282-19041109
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-1841109282-19041109
- Sammlungen
- Zeitungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt
-
Jahr
1904
-
Monat
1904-11
- Tag 1904-11-09
-
Monat
1904-11
-
Jahr
1904
- Titel
- Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt : 09.11.1904
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geständnis an sich bedeute eine Förderung der anti- östcrreichischenJrredenta. Durch dasganzeösterreichische Staatsinteresse sei es geboten, das Deutschtum in Tirol zu unterstützen, denn das Deutschtum repräsen tiere das staatstreue Element im Gegensatz zu dem mindestens staatsfremden, an die Losreißung denken den Welschtums. Wien, 8. November. Gestern abend fand hier wegen der Vorfälle in Innsbruck eine P rotest v e r s a m m l u ng der Alldeutschen statt. Nach ruhigem Verlauf der Versammlung ver suchte ein großer Teil der Versammelten vor das Ministerium des Innern zu ziehen, die meisten wurden aber von der Polizei zurückgeyalten. Eine Anzahl Personen gelangte vor das Ministerium und veranstaltete eine Kundgebung gegen den Ministerpräsidenten, wurde aber alsbald von der Polizei auseinandergetrieben. Wien, 8. November. Aus Innsbruck wird gemeldet, der dortige Magistrat Neuner habe gegen den Abgeordneten Stein, der gelegent lich der Beerdigung des Malers Pezzey die inter venierenden Polizeibeamten tätlich bedrohte, Straf anzeige wegen öffentlicher Gewalttätigkeit gegen Amts personen erstattet. Aus dem Reiche. In der lippischen Frage, die sich in den letzten Wochen als wahre Seeschlange durch die Spalten der Zeitungen schleppte, ist nun mehr, wie offiziös mitgeteilt wird, eine endgül tige Verständigung zwischen Schaumburg- Lippe und Lippe-Detmold erzielt worden, die eine ruhige, das öffentliche Rechtsgefühl befriedigende Beilegung des Streites erwarten läßt. Fürst Georg und Graf Leopold haben unter Vermittlung des Reichskanzlers sich geeinigt, die Entscheidung über ihren Anspruch einem Schiedsgericht anheimzu geben, und die beiderseitigen Regierungen haben an den Bundesrat unter Verzicht auf ihre früheren Anträge das Ersuchen gerichtet, daß der Bundesrat mit der schiedsgerichtlichen Erledigung der Sache durch das Reichsgericht sich einverstanden er klärt, zugleich aber im Namen der verbündeten Re gierungen den aus dem Schiedsspruch sich ergeben den Rechtszustand in: Voraus anerkennen wolle. Das Schiedsgericht soll unter dem Vorsitz des Prä sidenten des Reichsgerichts, aus dem 4. und 7. Zivilsenate des Gerichtshofes, in der Besetzung von 15 Mitgliedern gebildet werden. Es soll über die Frage entschieden werden, inwieweit die Mitglieder der gräflich Lippe-Biesterfelder Linie zur Thronfolge im Fürstentum Lippe berufen sind. Die Entschei dung des Schiedsgerichts soll u n a n f e ch t b a r und für beide Teile auf immer bindend sein, sodaß damit eine etwaige spätere Wiederauferstehung bestrittener Rechtsansprüche unbedingt ausgeschlossen wird. Nachdem die Vollziehung des Schiedsvertrages unter Gegenzeichnung der Landesminister von dem Fürsten Georg und dem Grafen Leopold erfolgt und der Antrag der beiden Regierungen beim Bundesrat eingegangen ist, wird der Reichskanzler die Entschließung des Bundesrats herbeiführen und, sofern der Bundesrat zustimmt, unverweilt das Reichsgericht mit der Eröffnung des schiedsgericht lichen Verfahrens beauftragen. Aus dem Auslände. Eine schwere Niederlage hat soeben wieder der französisch e Kriegs minister Andre und mit ihm das Ministerium Combes erlitten. Bekanntlich hatte dieser merk würdige Kriegsminister eine Anzahl Offiziere in Anklagezustand versetzen lassen, iveil sie zu Zeiten des Dreyfus-Prozesses und später Staatsgelder unter schlagen oder zu Bestechungen verwendet haben sollten. In der gestrigen Schlußsitzung des Gerichts erklärte der Regierungsanwalt Rabier zur großen Ueberraschung des sehr zahlreichen Publikums, er sei von seiner vorgesetzten Behörde ermächtigt wor den, die Anklage gegen die vier Angeklagten fallen zu lassen. Die Verhandlung wurde hierauf unterbrochen. Nach ihrer Wiederaufnahme sprach das Kriegsgericht die vier Angeklagten ein - stimmig frei. — O weh, Andre! In den Bereinigten Staaten von Nord- Amerika finden am heutigen Dienstag, als dem ersten Diens tag nach dem ersten Montag im November, die Wahlmännerwahlen für die Präsidentenwahl statt. Jeder Staat hat hierbei so viel Wahlmänner zu wählen, wie er Vertreter im Kongreß (Senat und Repräsentantenhaus) hat. Die Wahl selbst er folgt auf Grund des ällgemeinen, direkten und ge heimen Stimmrechts in der Form des Listenskruti- niums; d. h. jeder Wähler schreibt so viel Namen für Elekloren (Wahlmänner) auf seine Liste, wie der Staat Elektoren zu wählen hat. Die auf solche Weise gewählten Elektoren vereinigen sich am ersten Mittwoch des Dezember, in diesem Jahre am 7. Dezember, in den Hauptstädten ihrer Staaten, um den Präsidentschafts- und den Vizepräsidentschafts kandidaten zu wählen. Die Akten über diese Wahlen werden in die Bundeshauptstadt gesandt, wo am zweiten Mittwoch des Februar vor dem versammel ten Kongreß ihre Eröffnung und die Zählung der von den Wahlmännern abgegebenen Stimmen er folgt. Gewählt ist derjenige Kandidat, der die ab solute Mehrheit, bei der jetzigen Wahl also 239 Stimmen oder mehr, erhält. Der Präsident und der Vizepräsident treten ihr Amt am 4. März, mit tags, an und bekleiden es während der Dauer von vier Jahren. Ans Südwestafrika macht General vvn Trotha wiederum eine Reihe von Mitteilungen über kleinere Gefechte, welche die Schutztruppe teils mit den Witbois, teils mit den H e rer o s hatte. Das Telegramm ist aus Windhuk vom 6. dss. datiert und besagt: Am 1. November wurde Oberleutnant von Brandt mit 15 Gewehren auf dem Marsche nach Gibeon bei Seeis-Kameelbaum von 50 Witbois angegriffen. Nach einem mißglückten Umgehungsversuch zog sich der Feind unter Verlust von 3 Toten zurück. Dies seits sind ein eingeborener Polizist und zwei Buren gefallen, der Rest der Patrouille erreichte Gibeon, wo Brandt das Kommando übernimmt. Am 5. November rückte die zweite Kompagnie des Feld regiments 1 unter Oberleutnant Ritter von Reho- both nach Kub ab. Die Heliographenverbindung mit Keetmanshop ist wieder hergestellt. — Am 3. November hatte Klitzing mit der neunten Kom pagnie des Feldregiments l östlich von Okunjahi ein erfolgreiches Gefecht mit einem größeren Hererotrupp, der etwa 250 Köpfe stark war. Der Feind ließ 6 Tote zurück. Weitere Verfolgung wegen Dunkelheit unmöglich. Ain 4. November folgte Klitzing den nach Norden führenden Spuren und zersprengte zwei kleinere Herervbanden. Vier Hereros wurden erschossen, 1 Gewehr erbeutet. Gleichfalls am 3. November lockte Oberleutnant von Beesten die Hereros bei Ombakaha in einen Hinterhalt. Vier Großleute sind gefallen, nämlich Kavizera aus Okahandja, Katrimin aus Gobabis, Kanin aus Otjihännea und Salom aus Okjenga; , außerdem die Vormäuner Eliphas und Groß-Trau- lgott aus Groß-Barmen, Kairiran aus Okosongoho, j Gottlieb Bittlisau und zahlreiche Orlogleute. Er beutet wurden 10 Pferde, 2 Reitvchsen und zahl reiche Gewehre. Diesseits sind keine Verluste. Es standen im Gefecht 26 Reiter der zweiten Kom pagnie des Feldregiments 2 unter Leutnant von Hammerstein, die Offizierspatrvuille Hermens der dritten Kompagnie und zwei Maschinenkanonen. Major von Mühlenfcls hat Anweisung, unablässig mit Streifkvlonnen alle Wasserstellen der Ilmgegend abstreifen zu lassen. Usm ostafmtifchr« Kriegsschauplätze Die feindlichen Heeresmassen sind während der letzten Tage einander näher gerückt, so wenigstens ivird vom Kriegsschauplätze gemeldet, bis auf die Entfernung eines Steinwurfes. Noch ist die Ruhe, von einigen nebensächlichen Schar mützeln abgesehen, nicht gestört worden. Aber wenn es hier von neuem zum Schlagen kommt, dann wird sich aller Voraussicht nach eine der größten Schlachten dieses blutigen Krieges entwickeln. Ein Telegramm berichtet: Lando«, 7. November. Aus Mulden wird heute telegraphiert: Die russischen und japanischen Heere erstrecken sich von Baniaputse im Osten bis zum Flusse Liau im Westen und stehen an einigen Orten fast bis auf einen Steinwurf einander gegen über. Bei Baniaputse trennen sie nicht mehr als 400 Meter und bei Lianschinpu hatten beide die äußersten Enden ein und desselben Dorfes besetzt. Vor Port Arthur hat sich, soweit die vor liegenden Meldungen, die zumeist aus der Liigen- stadt Tschifu kommen, erkennen lassen, nichts ge ändert. Daß es um die Feste schlimm steht, geben jetzt auch die Russen zu, indessen dürfte ihr Fall bei der zähen Verteidigung des Generals Stössel immer noch nicht so bald bevorstehen. Wir schließen hieran noch folgende Meldung: London, 8. Noveniber. Dem „Daily Tele graph" wird aus Tschifu vom 7. d. M. telegraphiert: Die außerordentlich tapferen Frontalangriffe der Japaner vermochten nicht Port Arthur zu Fall zu bringen. Die Angriffe waren sehr verlustreich. Hinter der Front von Erlungschan besitzen die Russen neue und alte Batteriestellungen mit Geschützen schweren Kalibers, auf welche sie sich zurückziehen können, ohne die Herrschaft über die inneren Ver teidigungslinien zu verlieren. So lange die Russen noch Liautischan innehaben, ist den Japanern die Besetzung Port Arthurs unmöglich. Königs. Schöffengericht zu Hohenstein-Ernstthal vom 8. November 1SV4. Vorsitzender: Herr Amtsrichter Bach. 1) Wegen Uebertretung der Gewerbeordnung wurde der Strumpfwaren-Fabrikant Ernst Louis Bahner ans Oberlungwitz, Hermsdorfer An teil, mit 15 Mark in Strafe genommen, weil er einen noch nicht 14 Jahre alten, aus der Schule bereits ent lassenen jungen Mann länger als die vom Gesetz vorgeschriebene Arbeitszeit von sechs Stunden täg lich beschäftigt hatte. Außerdem erhielt der An geklagte, der in der Erregtheit sich ungebührlich äußerte, wegen dieses Vorganges eine Geldstrafe von 10 Mark. 2) Freigesprocheu von der Anklage des Betrugs wurde der noch nicht vorbestrafte Bergarbeiter Oskar Benedix aus Lug au. Dem Angeklagten wurde zur Last gelegt, daß er am Abend des 21. August d. Js. im Hofmannschen Gasthofe „Blauer Stern" in Gersdorf, woselbst er der im Saale stattfindenden öffentlichen Ballmusik bei gewohnt hatte, zur Bezahlung eines Glases Bier ein einem 20Markstück ähnelndes falsches Geldstück verwendet und dadurch die Herauszahlung des übrigen Betrages von 19 Mk. 85 Pf. erzielt habe. Aus der umfänglichen Beweisaufnahme, die längere Zeit in Anspruch nahm, ging jedoch nicht hervor, daß Benedix das Falsifikat verausgabt habe. Das Gericht glaubte den Unschuldsbeteuerungen des An geklagten und erkannte auf Freisprechung. 3) In einer weiter noch anstehenden Privat- klagesache einigen sich die beiden Parteien dahin, daß der Beklagte die Erklärung abgibt, daß er mit seiner am 19. September d. Js. in der Vorstands sitzung des hiesigen Volksvereins getanen Aeußernng die drei Privatkläger nicht habe beleidigen wollen und daß er keinen Anstand nehme, die Aeußerung vor Gericht zurückzunehmen. Die Gerichts- sowie die Hälfte der außergerichtlichen Kosten übernimmt der Beklagte. Sächsisches. Hohenstein-Ernstthal, 8. November 1904. Wettervoraussagedes Kgl.Sächs.Meteorologischen Instituts zu Chemnitz. Für Mittwoch: Neigung zu Niederschlägen bei normaler Temperatur und nordwestlichen Winden. Barometer: tief. 8. November: Tagesmittel: -s-3,6", Maximum: -s-5,7" Minimum: -s O,8". —* Ein gewaltiger Sturm braust heute über Mitteldeutschland. Nachdem das Barometer in vergangener Nacht stark gefallen war, befindet es sich seit heute Morgen wieder im Steigen, sodaß der Stnrm bald wieder abflauen dürfte. Unter Gewitter- Erscheinungen traten am Vormittag mehrere Grau pelböen auf; um die Mittagstunde kam die Sonne zum Durchbruch und behauptete den Nachmittag über die Herrschaft. *— Am morgenden Mittwoch von vormittag 11 bis Nachmittag 2 Uhr finden hierorts die Ur- wahlen für die Haudels und Gewerbekam mer zu Chemnitz statt und zwar für die Handels kammer im Saale des Hotels zu den „drei Schwanen", für die Gewerbekammer im Sitzungszimmer des Rathauses. Wir verweisen wegen der Teilnahme an den Wahlen auf die in unserer letzten Sonn tags-Ausgabe mitgeteilte Bekanntmachung der Kgl. Amtshauptmannschaft Glauchau und ersuchen alle Berechtigten, recht zahlreich an den Wahlmännerz wählen teilzunehmen. —* Der Königlich Sächsische Militärverein hielt gestern Abend im Saale des Hotels zu den „Drei Schwanen" einen feiten seiner Mitglieder wie zahlreicher Gäste sehr gut besuchten Familienabend ab. Einem von der Naumann'schen Kapelle ge spielten Konzert folgte Ball, dem bis in die frühen Morgenstunden ausdauernd gehuldigt wurde. — Der Männergesangverein „Avion" hielt gestern Abend vereint mit dem Werkmeister verein einen sehr gut besuchten Familienabend, bestehend in Konzert mit darauffolgendem Ball, im Saale des Altstädter Schützenhauses ab. Das Pro gramm war ein reichhaltiges und bot durchweg neben einer Nummer für Orchester, lauter Gesangs stücke. Die Mttnnerchöre „Lebensregel", „Sehnsucht nach der Jugendzeit" und „Große Wanderschaft" wurden unter der bewährten Leitung des Dirigenten Herrn Neumann sehr gut vorgetragen. Das Quartett „Dämmerung" sowie das Baritonsolo „Ihm hat ein goldener Stern gestrahlt", zeugten auch von sehr guter Schulung. Den meisten Bei fall errang aber das Doppelquartett „Alpensohn", so daß sich die Sänger zu einer Zulage oorstehen mußten. Allseitige Anerkennung wurde einem in Oberlungwitz wohnenden jungen Solisten zuteil, der in trefflicher Weise mehrere Lieder für Baß mit Klavierbegleitung vortrug. Nach dem Konzert über reichte der derzeitige Vorsteher des Werkmeistervereins, Herr Betriebsleiter Albin Hommel im Namen seines Vereins dem Gesangverein „Arion" ein größeres Gesangswerk, bettlest „Herbststurm", eine Ballade für Männerchor, unter Worten der Aner kennung als Geschenk. Unter Worten des Dankes wurde das Geschenk von Herrn Emil Lohse, Vor steher vom „Arion", erstgegengenommen. Darauf fand ein recht gemütlicher Ball statt. — Vergangene Nacht gegen 3 Uhr wurde auf hiesiger Oststraße von einein patrouillierenden Schutz mann eine verdächtige Person, die ein Paket unter dem Arme trug, angehalten und zur Po lizeiwache sistiert. Es stellte sich daselbst heraus, daß man es mit einem Diebe zu tun hatte, der sich zwecks Nächtigens in ein Gartengrundstück ein geschlichen und daselbst aufgehüngte Wäschestücke hatte mstgehen heißen. Der Dieb, der schon öfters Be kanntschaft mit der Strafbehörde gemacht hat, wurde heute morgen dem hiesigen Königlichen Amtsgericht zugeführt. — In Mitteldorf bei Stollberg tagte am Sonntag Nachmittag der Verband der erzgebirgischen Bundesgruppen der Kaninchenzüchtervereine. Es wurde beschlossen, die am 21. und 22. ds. Ms. hier in unserer Stadt stattfindende Ausstellung des Kauinchenzüchtervereins lebhaft zu fördern und sie nach allen Kräften zu unterstützen. Voraussichtlich dürfte die Ausstellung sehr zahlreich beschickt werden. —- Im Zuge Chemnitz—Leipzig wurde heute Morgen eine geistesgestörte Frau, welche die Fahrt-Passanten belästigt hatte, angehalten und in Narsdorf ausgefetzt, woselbst sie der Gemeinde behörde übergeben wurde. Die Frau gibt an, Garbe zu heißen und ivill aus Hohenstein-Ernstthal stammen. Auf hierher gelangte telephonische Mit teilung an die hiesige Polizeibehörde konnte Be stimmtes über die Frauensperson nur insofern fest gestellt iverden, als eine geisteskranke Frau, namens Garbe, im Hüttengrnnde- wohnhaft ist. Jedenfalls dürfte die in Narsdorf angehaltene Person identisch mit der im Hüttengrunde wohnhaften Geistes kranken sein. — Bei den Kontrollversammlungen, die jetzt abgehalten werden, erfolgt diesmal die Ver eidigung der Mannschaften des Beurlaubtenstandes auf König Friedrich August. Die Kontrollversamm- Lin Geheimnis des Crites. Von G. Walfh. Autorisierte Uebersetzung aus dem Amerikanischen von M. Walter. I I. Forts. ^Nachdruck verboten.) Der leidende Ausdruck ihres Gesichtes fiel mir sofort auf. Sie hatte dunkle Schatten unter den Augen und einen schmerzlichen Zug um den Mund, ein Zeichen, wie schwer sie durch die tragischen Ver hältnisse list. „Sie bringen inir Nachricht von Herrn Godard?" fragte sie, als ich ehrerbietig grüßend eintral. „Ja, gnädiges Fräulein. Mein Herr möchte missen, wie Sie sich befinden." „Und er läßt Sie das mündlich ausrichten?" fragte sie, mich mit einem gewissen Interesse musternd. „In diesem Falle — ja; denn er weiß, daß Sie sich nicht wohl genug fühlen, um ihm schriftlich zu antworten. Er möchte Ihnen eben jede Mühe ersparen." „Herr Godard ist sehr rücksichtsvoll." „Ja," stimmte ich lebhaft bei, „er ist es gegen jeden." „Ein guter Mann — ein sehr guter," sagte sie halblaut vor sich hin. „Ich bin noch nie einem besseren begegnet," fügte ich hinzu, froh, ihr meine Anhänglichkeit an Godard zu zeigen. . „Er denkt nie an sich, immer nur an andere und ist die Herzensgüte elbst. Sie sah mich freundlich an, als hörte sie es gern, daß ich ihn so lobte. „Befindet sich Herr- Godard wohl?" fragte sie dann. „Vollkommen!" erwiderte ich rasch. „Die kleine Vergiftung, die er sich zugezogen hatte, ist wieder ganz geheilt." Ich sah, wie sie die Farbe wechselte. „O ja, ich erinnere mich; als ich das letztemal bei ihm war, sprach er von einer Vergiftung. Sind die Flecken verschwunden?" „Vollständig, gnädiges Fräulein." „Wahrscheinlich hat ihm Doktor Wilmot ein Mittel gegeben." Ich wußte, woran sie dabei dachte und be nutzte die gute Gelegenheit, sie über ihren Irrtum aufzuklären. „Doktor Wilmot hat meinem Herrn nichts ver schrieben," sagte ich rasch. „Woher wissen Sie das?" ivarf sie ein. „Weil ich selbst ihn kuriert habe." „Sie? Wie kommen Sie dazu?" „O, sehr einfach! Mir ist nämlich dasselbe ein mal passiert, und da ich mich besann, was mir da mals geholfen hatte, so gab ich das Mittel meinem Herrn, der es auch gleich nahm." Ihr Gesicht erhellte sich zusehends. „Und es hat ihn geheilt?" fragte sie, erleichtert auf- atmend. „Genau wie mich." „Also war es nichts — nichts Ernst liches?" „Durchaus nicht," versicherte ich ihr. Sie schien dieser Versicherung auch willig Glauben zu schenken, denn sie sah aus wie von einer schweren Last befreit. „Sie müssen Herrn Godard eine Botschaft von mir bringen," sagte sie, an ihren Schreibtisch tretend. Sie nahm eine Feder zur Hand, legte sie aber nach kurzem Zögern wieder hin. „Nein, ich werde nicht schreiben," wandte sie sich zu mir, „Charles hat Ihnen einen mündlichen Auftrag gegeben — ich will dasselbe tun." „Sie dürfen versichert sein, gnädiges Fräulein," versprach ich eifrig, „daß Ihr Auftrag ebenso ge treulich ausgerichtet ivird." Sie lächelte so bestrickend, daß ich mich ordent lich in sie verliebte. „Nun gut," sagte sie in heiterem Tön. „Be stellen Sie ihm, daß ich mich wieder ganz wohl fühle und heute bestimmt seinen Besuch erwarte. Er muß alles andere im Stich lassen und zu nur kommen. Haben Sie mich verstanden und werden Sie es so gut ausrichten, daß er nicht nein sagen kann?" „Gewiß, gnädiges Fräulein," beeilte ich mich ihr zu versichern. „Sie dürfen sich darauf verlassen — mein Herr wird noch vor Sonnenuntergang bei Ihnen sein." Mit sreundlichen stopsnickeu entließ sie mich; ich aber trabte zufrieden heim, hatte ich doch ei» Herz von schwerer Sorge befreit und brachte ich einem andern die Botschaft, die ihm wie ein Sonnen strahl erscheinen würde. Das Resultat der nächsten Begegnung zwischen den beiden war ein recht augenfälliges. Sie sahen wieder glücklich und zufrieden aus und das aste Verhältnis schien wieder hergestelll. Wieviel Fräu ¬ lein Harrison meinem Herrn von dem, was sie wußte, gesagt, erfuhr ich nie; jedenfalls hatte sie für eine Weile alle Furcht vor dem Schreckgespenst, das ihr Wilmot gezeigt hatte, verloren. Oder — und das war auch möglich — sie hatte den Ent schluß gefaßt, ihr Leben dem nnglücklichen Geliebten zu weihen und ihm in den kommenden schweren Jahren in aufopsernder Pflege tröstend zur Seile zu stehen. So verstrich die Zeit. Ich befand mich nun schon sechs Monate in Godards Diensten, ohne Sehnsucht nach den Aufregungen, meines früheren Berufes zu empfinden. Vielleicht, weil es mir in meiner neuen Stellung gut ging, vielleicht auch, weil ich korpulenter und infolgedessen bequemer ge worden war. Das ließ mich allerdings fürchten, ich würde meine ehemalige Gewandtheit einbüßen, aber dann sagte ich mir, daß ich es eigentlich gar nicht mehr nötig hätte, zu dem lichtscheuen Ge werbe zurückzukehren. Ich hatte mein gutes Aus- kommen und würde zu jeder Zeit, von meinem jetzigen Herrn empfohlen, eine passende Stellung finden. Es ist gar nicht gesagt, daß jeder Verbrecher durch und durch schlecht sein muß, daß eine Umkehr bei ihm unmöglich sei. Ich erinnere mich der Zeit, ivo ich noch ein unbescholtenes, ehrliches Leben ührte, wo ich den Ehrgeiz besaß, die Achtung und Freundschaft meiner Nebenmenschen erringen zu wollen. Fortsetzung folgt.
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