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Dienstag, den 15. November 1904. 54. Jahrgang. Nr. 266 Inserate nehmen außer der Expedition auch die Au-träger au? dem Lande entgegen, auch befördern die Annonceu- Expeditionen solche zu Originalpreisen. Erscheint jeden Wochentag abrnds für den folgenden Tag und kostet durch die Austräger pro Quartal Mk. durch die Post Mk. 1,82 frei in's Haus. Hohenstein Ernstthal, Oherinngwitz, Oersdorf, Kugau, Hermsdorf, Kernsdorf, Langenberg, Falken, Langenchursdorf, Meinsdorf, Rüßdorf, Wüstenbrand, Grüna, Mittelbach, Ursprung, Erlbach, Kirchberg, Pleißa, Reichenbach, Callenberg, Tirschheim, Kuhschnappel, Grumbach, St. Egydien, Hüttengrund u. s. w. für das Königliche Amtsgericht und den Stadtrat zu Hohenstein-Ernstthal. Gugan aller' <8ernerrrde--Verwcrltrrrrgerr der urrrliegerröerr OrtsAzafterr. Anzeiger für * Ae Wk S» MkrbMtil Älhchs findet Dienstag, den 22. d. M. statt. Die gesamte Einwohnerschaft laden wir hierdurch zu der Feier und zu dem anschließen den Festmahl ergebenst ein und bitten um recht zahlreiche Teilnahme. Versammlung: 3 Uhr nachm. im Gasthof zum Lamm. Festmahl: 6 Uhr abends daselbst. Preis des Gedeckes 2 Mk. Anmeldungen hierzu werden bis künftigen Montag erberen durch Einzeich nung in die vom Lammwirt in Umlauf gesetzten oder im Lokal ausgelegten Listen. Oberlungwitz, am 12. November 1904. Der Gemeinderat. Lieberknecht, Gem.-Vorstand. "WlmlMe Sa Mn zn HenMf. Gen eralnersammiung wird Sonntag, ven 20. dss. Mts. nachmittags 4 Uhr im Gasthof zn grünen Linde daielbst ab- gebalien. Ts werden hierzu alle stimmberechtigten Mitglieder freundlichst eingeladen. Tagesordnung: 1. Neuwahl der Hälfte der Herren Vorstandsmitglieder. Es scheiden aus: 1 Arbeitgeber und 2 Arbeitnehmer. 2. Wah! von 3 Rechnungsprüfern für das Jahr 1904. 3. Vortrag über den Stand der Kassenverhältnisse v.om laufenden Rechnungsjahr. 4. Werden Anträge während der Versammlung zur Beschlußfassung angenommen. Der Kafseuvorstaud. Aug. Vieweg, Vors Der WcktrM des Gouverneurs Kentwein. Der von uns bereits angekündigte Rücktritt des Gouverneurs Leutwein von der Verwaltung des südwestafrikanischen Schutzgebietes ist nunmehr als vollendete Tatsache zu betrachten, eben so unsere weitere Mitteilung, daß ein hervorragen der Beamter des überseeischen Dienstes, nämlich der Kapstadter Generalkonsul von Lindegu ist, zum Nachfolger Leutweins ausersehen sei. Halbamtlich wird dieser Gouverneurwechsel in folgender Form bekannt gegeben: „Dem Gouverneur Üeutwein ist der schon vor längerer Zeit von ihm nachgesuchte Urlaub, nachdem nunmehr General v. Trotha den Ober befehl auch im Süden des Schutzgebietes über nommen hat, bewilligt morden. Mit Rücksicht auf die im Schutzgebiet zur Zeit noch vorwiegen den militärischen Interessen wird General von Trotha bis auf iveiteres die oberste Leitung der Gouvernementsgeschäfte in Vertretung des ab wesenden Gouverneurs übernehmen. Da Gouver neur Leutwein in Uebereinstimmung mit seinen eigenen Wünschen als Gouverneur in das Schutz gebiet nicht zurückkehren wird, ist für später der Generalkonsul in Kapstadt v. Lindequist als sein Nachfolger in Aussicht genommen. Gerade zehn Jahre hat Gouverneur Leutwein die Geschicke Südwestafrikas gelenkt. Außer Herrn v. Puttkamer in Kamerun ist kein Gouverneur so lange Ivie er in einem deutschen Schutzgebiete tätig gewesen. Der Oberst ist ein noch verhältnismäßig junger Mann. Er ist ani 9. Mai 1849 in Baden geboren. Seine Asrikatätigkeit begann 1894, als er zur Zeit des Witboi-Aufstandes vom Reichskanzler Grafen Caprivi nach Südwestafrika gesandt wurde, um dort zum Rechten zu sehen. Er hat sich da mals das Verdienst erworben, mit sehr geringen Mitteln die Witboi niederzuwerfen und aus dem einst berüchtigten Ränberstamm eine wertvolle Kraft für das Schutzgebiet zu machen. Die Witboi leisteten bekanntlich bis vor kurzem gute Dienste gegen die Herero. Mit gleicher Umsicht und Entschlossenheit hat Oberst Leutwein den Erhebungen der Khauas- Hottentotten und der östlichen Hercrostämme ein Ende zu machen verstanden, und noch vor Jahres frist ist es ihm geglückt, den Aufstand der Bondel- Awarts im Süden des Schutzgebietes rasch zu er sticken. Gouverneur Leutwein hat diesem eine Eisenbahn, eine Telegraphenlinie und die Anfänge eines Hafens verschafft. Wer da weiß, mit welchen Schwierigkeiten es noch vor wenigen Jahren ver knüpft war, derartige Bewilligungen vom Reichstage zu erlangen, wird dieses Verdienst des scheidenden Gouverneurs nicht zu gering anschlagen. Er hat ferner die Besiedelung des Schutzgebietes nach Kräften und nach bestem Wissen durch weiße An siedler gefördert. Trotz alledem aber war Oberst Leutwein in dem ihm unterstellten Gebiete nichts weniger als beliebt. Die Ansiedler waren unzufrieden mit ihm wegen der Milde und Rücksicht, die er bei jeder Gelegenheit den Eingeborenen und denN""ons- Unternehmungen erwies. Die Beamten fanden, daß er sich zu sehr von mi itärischen Ueberlieferungen und Neigungen leiten ließ. Den Militärs war er nicht schneidig genug und zu bureaukratisch. Die große^Kvlonisations-Gesellschaften, denen das meiste Land in Südwestafrika gehört, fühlten sich dadurch beschwert, daß er sich ihren Monopolen abhold ge sinnt zeigte. Die kleinen Ansiedler wieder glaubten, daß er nicht energisch genug gegen die Gesellschaften vorging. Als nun gar, während Oberst Leutwein sich im Süden mit den Bondelzwarts herumschlug, im Norden gänzlich unvermuteterweise der große Aufstand der Herero ausbrach, fiel man über den Gouverneur von allen Seiten her. Man beschuldigte ihn, den Eingeborenen seit Jahren die Waffen und Munition verkauft zu haben, mit denen sie jetzt die Deutschen bekämpften; man legte ihm die Heimsendung der vorhandenen Geschütze zu Neparaturzwecken zur Last und beschuldigte ihn, die Verhältnisse in der Kolonie vollständig falsch beurteilt zu haben. Wäre es ihm gelungen, der Erhebung rasch Herr zu werden, so würde es wohl von diesen Klagen, die bald widerlegt wurden, rasch still geworden sein. Aber der Aufstand war, als Oberst Leutwein vom! Süden zurückzukehren vermochte, schon zu weit fort geschritten, als daß ihn: mit einem Schlage hätte ein Ende gemacht werden können. Sc fanden die Anklagen immer allgemeineren und lauteren Wider hall. Der Gouverneur wurde des Kommandos der Schutztruppe enthoben und die Führung des Feld zuges in die Hand des in Ostafrika bewährten und allgemein als vorzüglicher Soldat anerkannten, aber mit Südwestafrika nicht vertrauten Generals von Trotha gelegt. Schon damals verlautete, daß Oberst Leutwein den Anlaß benutzen und aus dem Kolonial dienst scheiden würde. Verschiedene in Südwestafrika eine Zeitlang tätig gewesene Kolonialbeamte wurden zugleich als seine Nachfolger genannt. Die Nach richten wurden aber von angeblich eingeweihter Seite nachdrücklich bekämpft und das weitere Ver bleiben Leutweins an der Spitze der Verwaltung des Schutzgebietes als unzweifelhaft bezeichnet. Nun haben die Tatsachen die früheren Gerüchte bestätigt. Der Militärverwaltung in Südwestafrika wird eine Zivilverwaltung folgen. Hoffentlich wird die neue Aera durch eine gründliche sachverständige und gänz lich unparteiische Untersuchung über die so häufig beklagten Mißstände in dem Schutzgebiete und die Ursachen des Hereroaufstandes eingeleitet, welche niemand aufrichtiger wünschen dürfte, als der schei dende Gouverneur. Nur so wird es möglich sein, die Ursachen der heutigen Uebel zu beseitigen und für Südwestafrika eine bessere Zukunst herbeizu führen. * * Generalkonsul v. Lindequist, der Nachfolger Leutweins, trar anfangs der 90er Jahre als Regie rungsassessor in die Kolonialabteilung des Auswär tigen Amtes ein. Im Februar 1894 wurde er der Verwaltung von Südwestafrika zugeteilt, das er nun aus mehrjähriger Erfahrung genau kennt. Im Februar 1897 erhielt er als ständiger Vertreter des Landeshauptmanns für die Dauer der Anstellung iw Kolonialdienst den Charakter als Kaiserlicher Regierungsrat. Auf dem schwierigen Posten eines Generalkonsuls in Kapstadt wußte er sich bei den in Britisch-Südafrika lebenden Deutschen viele Sym pathien zu erwerben. Er weilt seit Anfang dieses Monats in Berlin, wohin er berufen worden war, um wegen der Uebernahme der Verwaltung von Südwestafrika gehört zu werden. General v. Trotha meldet aus Windhuk umerm 11. November: Am 6. November wurde ein Viehpvsten der 7. Kompagnie des 2. Regiments in Hoachanas von etwa 90 Witbois ange griffen. Die zu Hilfe eilende 7. Kompagnie unter Oberleutnant Grüner warf den Feind in südwestlicher Richtung zurück. Diesseits leicht ver wundet Reiter Baer der 7. Kompagnie Der Feind ließ 4 Tote zurück. Die Besatzung von Hoachanas hält sich etwaigen weiteren Angriffen für vollkommen gewachsen. — Weiter meldet General v. Trotha unter dem 12. Nov. aus Windhuk: Die Be satzung der Station Hasur, 1 Unteroffizier und / m vor ^».orengatruppen nach Rietfontein zurückgegangen. Morenga soll ver wundet in Plattben sei. Major Lengerke hat die Posten in Davignab und Ukamas nach Warmbad beordert und will am 14. November mit Detache ment Fromm, 70 Mann und 2 Feldgeschützen von dort nach Keetmanshoop abrückeu. Hauptmann v. Koppy hält mit 80 Mann, einem Geschütz 73 und einem Gebirgsgeschütz Warmbad besetzt. Die vierte Kompagnie des 2. Regiments rückt am 12. November, die fünfte Batterie ani 13. November von Windhuk nach Kub ab. Es bestätigt sich,daß die zwei Söhne(Bastards) des englischen, in Koes auf deutschem Gebiete an der SUdostgrenze des Schutzgebietes ansässigen Far mers Freyer wegen hochverräterischer Verbindung mit dem Bandenführer Morenga standrechtlich ver urteilt und dann erschossen worden sind. Der alte Freyer steht in demselben Verdachte wie seine Söhne. Aber gegen ihn, als Europäer, ist die Angelegenheit dem Gerichte in Keetmanshoop zur Verhandlung überwiesen worden. Freyer gilt als der Typus eines durch fortwährenden nahen Verkehr mit den Eingeborenen verkafferten und nur durch seine weiße Farbe noch als Europäer kenntlichen Menschen. Auch der Trunksucht ist er stark er geben. Die vor einigen Tagen aus Kapstadt gemeldete Nachricht, daß eine deutsche Patrouille bei Rietfontein über die englische Grenze getreten! und von der Kappolizei entwaffnet und inter-! niert worden sei, bestätigt sich gleichfalls. Wie es scheint, war die aus eingeborenen Polizisten be stehende Truppe auf der Verfolgung einiger Hotten totten über die Grenze gegangen, war dann von einer größeren Hottentottenschar abgcschnitten worden, so daß sie nicht über die Grenze zurückkonnte, und wurde dann von der Kappolizei entwaffnet. Aus dem Reiche. Eine konservative Stimme gegen das Kartell in Sachsen. Das parteioffizielle, konservative „Vaterland", das bisher einer Erneuerung des Kartells mit den übrigen Ordnungsparteien gegen die Sozial demokratie angelegentlichst das Wort geredet hatte, läßt jetzt an leitender Stelle eine Stimme aus dem eigenen Parteilager gegen das Kartell zu Worte kommen. Es heißt da, das alte Kartell ent spreche tatsächlich nicht mehr den Anforderungen der Situation, wie die letzten Reichstagswahlen nur zu deutlich gezeigt hätten; zahlreiche nationale Elemente blieben mißmutig beiseite stehen, weil ihnen keine Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer besonderen Parteianschauungen gewährt sei. Es bedürfe wieder der Aufstellung eigener Kandidaten der großen Par teien. Nur müßten von langer Hand Vorbereitungen ür die Stichwahlen getroffen werden; es müßte rechtzeitig zu festen Vereinbarungen kommen; es müßte von vornherein ein festes Zusammenhalten der Parteien in der Stichwahl gegen die Sozial demokraten unumstößlich gesichert sein. Alle, Kon servative, Nationalliberale und Reformer, würden dazu bereit sein, weil sie eben wüßten, daß zur Zeit wohl in keinem Wahlkreise Sachsens irgend eine nationale Partei ernstliche Chancen habe, bei der Hauptwahl den Sieg zu erringen. Und sollten irgend welche radikale Parteischattierungen für dieses „Kartell" nicht zu haben sein, so möge man sich damit trösten, daß sie noch viel weniger fiir das alte zu haben wären. Vor der Hauptwahl müsse der Kampf gegen nationale Konkurrenten maßvoll geführt werden. — Das scheint uns eine durchans vernünftige Ansicht zu sein, llebrigens — da die Konservativen in dem bisher nationalliberal ver tretenen Zwickauer Wahlkreis einen eigenen Kandi daten aufgestellt haben, scheinen die vorstehenden Anschauungen in der konservativen Partei bereits Boden gefaßt zu haben. Vom Pfarrer Naumann. Der ehemalige Pfarrer und jetzige freisinnige Agitator Naumann hält jetzt in Baden Volks-, versammlutzbSN ab — in den letzten Tügön in ^Mannheim und Heidelbe^ sn welchen er für die Bildung einer großen liberalen Mehrheit, mit Einschluß der Sozialdemokraten wirkt. Er erblickt in der Sozialdemokratie „das Rätsel der politischen Zukunft". Es ist, bemerkt hierzu der „Reichsbote", der alte Traum vom demokratischen Kaisertum, das sich auf die Demokratie stützen soll, welcher den Mann beherrscht. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, so werden wir ihn völlig als sozialdemo kratischen Agirator auftreten sehen; denn seinen frei sinnigen Parteigenossen ist er jetzt schon recht unbe quem, und sie möchten ihn am liebsten los sein. Dann bleibt ihm nur noch die Sozialdemokratie übrig, die sein rednerisches Pathos, das schon so vielen Bestrebungen gedient hat, in ihren Dienst nehmen wird. Was sollte ihn auch noch daran hindern, nachdem er ganz mit dem Christentum ge brochen und zur naturalistischen Weltanschauung übergegangen ist? Das dürfte aber dann das Ende seiner Wandlungen sein. Aus der Sozialdemokratie. Die Kostenrechnung des sozialdemokra- tischen Parteitags in Bremen schließt mit einem Fehlbeträge von 6627,86 Mk. ab. Die Ge samteinnahmen betrugen nach der Aufstellung des Parteikomitees 3669,54 Mk., die Gesamtausgaben 10297,54 Mk. Der Fehlbetrag ist vom sozialdemo kratischen Verein in Bremen gedeckt worden. Der Voranschlag ist nicht unwesentlich überschritten worden; die Ueberschreitung ist nach dem Bericht des Parteikomitees zum Teil auf Mindereinnahmen beim Parkfest, bei der Dampferfahrt nach Helgoland und bei der Festschrift infolge des Streiks im Bau gewerbe zurückzuführen. Der Führer der oldenburgischen Sozia l- demokraten, Landtagsabgeordneter H u g in Bant, der jüngst im oldenburgischen Landtage für die dein Lande einen Großherzog sichernde Negierungs Vorlage eingetreten ist, ist zum Gemeindevorsteher in Bant gewählt worden und hat jetzt die Erklärung abgegeben, sich auf Wunsch fortab jeder agitatorischen