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Hohenstein-Ernstthaler Tageblatt Amtsblatt. Nr. 148 Mittwoch, den 29. Juni 1904. Beilage. Ac ÄMeMte dn AM. WM« 8mndmhtklm» ms ks M IW sind im Druck erschienen. Es geht aus ihnen hervor, daß mit der Besserung der Verhältnisse in der In dustrie auch diejeniqe der wirtschaftlichen Lage der Arbeiter Hand in Hand gegangen ist. Es sind im Berichtsjahre wesentlich mehr Arbeiter beschäftigt war den als im Vorjahre. Die Zunahme betrug z. B. in der Kceishauptmannschaft Zwickau 7048 bei 128070 Arbeitern überhaupt, d i. eine Zunahme von 7,2 Proz. Eine Herabsetzung der Löhne ist nirgends zu bemerken gewesen, wohl aber sind in einzelnen Betrieben Erhöhungen vorgekommeo, so z. B. im Bezirk Dresden, besonders im Baugewerbe. Der von Herrn R-gietungsrai Kunze erstattete, die Kreishauptmannschaft Chemnitz betr ffende Bericht besagt u. a.: Die Zahl der am 1. Mai 1903 im Regierungs- bezirke Chemnitz gezählten Fabriken und diesen gleichgestellten gewerblichen Anlagen belief sich aut 4216, die Geiamtzahl der in denselben beschäftigten Arbeiter auf 129 799. Während noch am 1. Mai 1902, einer seit einer Reihe von Jahren geübten Ge pflogenheit entsprechend, all; durch Etemeniarkrast be- triebenen gewerblichen Anlagen, in welchen Arbeiter überhaupt nicht tätig sind oder am Zähltage nicht beschäftigt waren, in der vom Statistischen Bureau des Königlichen Ministeriums veS Innern gelieferten tabellarischen Zusammenstellung mit in Betracht ge- zogen worden sind, haben gemäß der zufolge Berichtes der Kreishauptmannschast Chemnitz ergangenen Ministerialordnung vom 12. Juni 1903 dt-jeniger. gewerblichen Anlagen, welche zur Zeit der Zählung vom 1. Mai 1903 Arbeiter nicht beschäftigen, also auch Wassermühlen u. dergl., in denen der Unter- nehmer allein arbeitet, bei der tabellarischen Zusammen- stellung der Ergebnisse der Arbeiterzählung keine Be rücksichtigung gesunden. Die Zahl der Arbeiter ist jedoch infolge des besseren G-schästSgang-S in mehreren Industriezweigen gegenüber der des Vor jahres eine um 5665 (4,56 Proz.) höhere. Von den am 1. Mai 1903 gezählten Fabriken und diesen gleichgestellten Anlagen entfielen auf den Anlagen mit Arbeitern GewerbeinspektionSbez. Chemnitz 3169 108 949 . Annaberg 1047 20 850 In dem ersteren wurde die Aussichtstätigkeit im Berichtsjahre von 6, in dem letzteren von 2 Ja- spektionsbeamten ausgeübt. Die Gewerbeinspekrion Annaberg hat — wir bereits im Vorjahre — sämtliche, die Inspektion Chemnitz 3017 Fabriken und diesen gleichgestellte Anlagen (95,20 Proz.) mit 106 282 Arbeitern (97,55 Proz.) revidiert. Letztere Prozentziffer, welche hauptsächlich in Betracht kommt, ist teil dem Jahre 1900, in welchem sie erheblich zurückgegangen war, fortgesetzt gestiegen und kommt der in den Jahren 1898 und 1899 erreichten, welche 97,8 bezw. 98,7 betrug, ziemlich nahe. Außer den Fabriken und diesen gleich^ st-lltin Anlagen kommen ferner noch Steivbrüch: und Stei - Hauereien, Anlagen mit Hechelräamen, Bürsten- und Vinselmachereiev, Anlagen zur Anfertigung von Zgarren, Bäckereien und Konditoreien, Buchdruckereicn und Schriftgießereien, sowie Gast- und Schankwirtschaiten mit zusammen 2259 Anlagen und 4744 Arbeitern m Bitracht Insgesamt waren am 1. Mai 1903 der Aussicht Anlagen mit Arbeitern »er Jnfpek.isn Chrmnitz im ganzen 4980 112 824 . . Annabcra - - 1495 21 719 unterstellt, so daß im Regierung-- bezirke CheMNitz überhaupt 6475 134 548 in Betracht kamen. An der Berarößeruna der Arbeiterzahl hatte de. Jnspektionsbezirk Chcmritz mit 4500. und zwar in der Dxt'lindustrie mit 2447 in brr Maschinenindustrie mt 984. in der Industrie fü: Bekleidung und Reinigung mr 510. in der Ziegeleindwtrie mit 530 (im Bezirke Anna berg wurden 2 Personen weniger als im Vorjahre be schäftigt), in der Papierindustrie mit 89, im poly-raphischen Gewerbe mit 119 und im Baroeuerbe mit 78 Köpfen oen Hauptanteil, während bei der Metallverarbeitung eine Vermehrung der Arbeiter nur im Bezirke Anna berg um 186. im Bezirke Cicmmtz dagegen eine Ner- Minderung um 31 einlrat. Die übrigen Veränderungen in der Arbeiterzabl find geringfügigerer Art oder nur auf veränderte Zählweise bezw. auf schärfere Unter scheidung zwischen Fabrik- und Handwerksbetrieb zurück- Mhren. Von den am 1. Mai 1903 gezählten Fabriken und diesen gleichgestellten Anlagen sind von den Beamten der einmal zweimal drei- oder mehrmal Inspektion Chemnitz 2632 343 42 - Annaberg 794 195 58 revidiert worden, und non diesen überhaupt vorgcnom me^en 3447 bezw 1372 (zusammen 4819) Revisionen erfolgten in d«r Rachi an Sonn u. Festtagen m Bezirke Czemn y 3 83 - - Annaberg 33 89 Der g-werbttechnische Tat der Kreishauptmannschast hat im Jahre 1903. zum Teil bei Gelegenheit von Ec- örterungen über eingewendcte Rekurse, eingereichte Dis- pensatiomgesuche oder zum Zwecke obzu'asiender Berichte und Gutachten, bO Fabrikrn und dessen gleichgestellte Am lagen, 3 Werkstätten von Handwerkern sowie 5 Werk- Hätten der Posomentenindustre, in welchen Kinder be schäftigt werden, besichtigt. Zu Besuchen von gewerblichen Anlagen seilens der wiblchm Vertrauen-person für die Gewerbeaul- ficht im Sinne der bezügstchrn Mimfierialverordoung vom 2/. Oktober 1900 lag ein Anlaß nicht vor. Da- VerlältaiS der G:w:rbeau'sichtSbeamren zu den Gewcrbeuntcrnchmern ist auch im Jihre 1903 >m «llg-melnen ein zufriedenstellende- gewe cv. I" Bezirk; Chcmrntz wurde d:n der den Rcvi- siooen erteilten A, ordnuvgea — von verhältnismäßig wenig Ausnahme!' abgesehen — selten» der Unter nehmer entsprochen. w4che übrigen» di Beamten ge legcntlich der Besichtigungen m hc als früher über die oeefch'cdentltchftin grsrtzlchen Vorschriften befragter. D?e Inspektion hat d.e ihr auf den verschiedenen Wegen b.kanm gewordenen Uvzuträglichk-ittn zum weit aus größten Teile erörtert und das zur LdstcUung b- rechtigter Klagen Erforderliche veranlaßt Bei »co rnacstillten Erörterungen hat sich ergaben, »aß melen Beschwerden eine Berechtigung nicht zuerlanrt werten körnte, während anderem Verkennung der Verl ältn sfr oder auch wohl wider besseres Wissen erhoben worden waren. Die Organe der Polizeib: ördon (5 AmtShaopl- wannscha'ten un» 18 Stadträte) haben im Jahre 1993 gemäß der bezüglichen Beuchte und U:be,sichten zusammen 5890 Revisionen in 5281 gewerblichen Anlagen, einschließlich 1809 Rimsionen in 1664 Bäckereien und Konditoreien, sowie 1128 Revisionen in 1023 Gast- und Schankwirtschaftcn vorgcn'mmen wobei sich 500 Erinnerungen nötig gemacht haben. Auf Grund der au-geführteo 5890 Revisionen sind im Ganzen 62 Strafen, nämlich 22 von den Polizeibehörden, 40 gerichtlich, verhängt worden- Vermischtes. * Zu dem tragische« Geschick des rve- zirkshauptmannS von Hervay, küssen Gattin unter dem Verdacht der Bigamie und Dokumenten- sälschuna verhaftet wurde, wird noch folgendes mitgc- leilt: Uiber das Vorleben der Frau von Hervey, deren abenteuerlicher Hang ihren letzten Gatten in den Tod trieb, ist dec Schleier gelüstet: BIS Erna Levnline Elvira Bellach wurde sie im Jahre 1860 zu Lissa in Posen geboren; sie nannte sich, wie ihr Vater, der Ta chenjpieler, Bellachim. Mit 16 Jahren wurde sie Choristin im alten Viktoria-Theater zu Berlin, und zwei Jahre darauf ging sie ihre erste Ehe mit einem Weinagenten ein. Nachdem sie ihn fast um sein ganzes, nicht unbeträchtliches Vermögen gebracht halte, ließ der Agent sich von ihr scheiden. Einige Z-il darauf lernte sie die vielgenannt; Gräfin F.fi Seydewitz kennen, dere ° gelehrige Schülerin oie jui ge Frau wurde; Gräfin Fifi brachte sie unter dem Namen Madame de B llair an einem kleinen sächsischen Hof. Hier lernte sie den L'utnant Freiherrn von Lützow kennen, der seinerzeit im 96. Regiment stand und, um sie zu hriralcn d-n Abschied nehmen mußte. Noch während sie mit Lützow verheiratet war, bandelte sie mit einem Dragoo-r O fizier un. dessen Bekanntschaft st- dadurch zu machen verstand, daß sie auf einem öss.-ntOchea Platz einen OhrmrchtSansall fingierte and em O filier direkt n die Arme fil. Die geschmeidige Frau verstand es, auch d.elen in ihre Netz: zu rocken und heiratete ihn, nachdem sie sich vom Freiherr» von Lützow ha te scheiden lassen. Aber n'cht lange dauerte ras eheliche Glück, schon nach wenigen Monaten trennte sie sich auch von diesem um tcine Habseligkeiten betrogenen Gatten. Noch io der Scheidung liegen», verlobte sie sich mit norm Oberleutnant o. C., der ebenfalls bereit war, ihretwegen den Abschied <u nehmen. Aus der Sache wurde indessen n chts, da der Kommandeur dieses Offiziers hinter die Praktiken der als Baronin von Lützow austretenden Schwindlerin ge kommen war. Jn N zza machte sie darauf mit einem ehe- maligen Bezirksamtman »eine Fremderp:usicn auh bestahl diesen um mehrere 1000 Frank und verschwand spurlos; ein Jahr später tauchte sie in neuem Glanz in der Umgebung deS BezirkShauplmannS von Mürzzuschlag wieder auf. Bei ollen ihren Ehemännern gab sie sich als die Tochter einer russischen Großsürstin und Be sitzerin ein;S immensen Vermögens aus; ihre erste Ehe