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(12 v. H.). (T.-Ä.) Entwickelung der Arbeitslosigkeit 1930/31 Dresden, 19. Januar, 11,35 Uhr. Das Urteil im Calmette-Prozeß Lausanner Zwischenkonferenz 28. Januar. Nach dem letzten Ergebnis der diplomatischen Fühlung nahme rechnet man in Berliner Kreisen mit dem Beginn der Lausanner Konferenz am 2 8. Ianuar. Es ist mög lich, daß sich die Verhandlungen etwas länger hinziehen, als zur Stunde allgemein angenommen wird, weil die Konferenz mit einem Beschluß enden soll, der die Fortsetzung der Ver handlungen zu einem späteren Zeitpunkt festlegt, der aber nach französischer Auffassung bereits eine Stellungnahme zu der Erklärung des Reichskanzlers über die Zahlungsunfähig keit enthalten soll. Die diplomatischen Auseinandersetzungen über die Lau sanner Konferenz sind im übrigen zu dem Punkte fort- geschritten, daß eine Einigung zwischen England, Frankreich und Italien, ganz abgesehen von der in Paris auch gefor derten vorherigen Einigung mit Deutschland, nicht mög lich ist. Es ergibt sich aus allen Mitteilungen der Pariser, Londoner sowie römischen Presse, daß England und Italien bereit waren, Deutschland ein längeres Moratorium zu ge währen. Frankreich ist aber auf diesen Vorschlag nicht eingegangen. Die Konferenz von Lausanne wird nur wenige Tage dauern und dann auf den Herbst vertagt werden, und zwar aus Rücksicht auf die Wahlen zur französischen Kammer und auf einen weiteren Versuch einer Verständigung mit den Vereinigten Staaten. Die Zusammensetzung der französischen Delegation auf der bevorstehenden Genfer Abrüstungskonferenz ist nunmehr endgültig festgelegt. Infolge des Rücktritts Briands fällt diese Aufgabe dem neuen Kriegsminister Tardieu zu, da Laval nicht genügend Zeit hat, während der ganzen Dauer der Konferenz von Paris abwesend zu sein. In Begleitung des Kriegsministers befinden sich der Kriegsmarineminister Dumont, der Luftfahrtminister Du mesnil, Paul- Do ncour und der Vorsitzende des Heeresausschusses der Kammer, Oberst Fabry. Gemeindevorsteher erläßt Redeverbot gegen seinen Minister Gandersheim. Der Gemeindevorsteher von Langelsheim hatte in seiner Eigenschaft als Vertreter der Ortspolizeibehörde eine öffentliche politische Versammlung der RSDAP verboten, für die Minister Klagges als Redner vorgesehen war. Dieses Versammlungsverbot wurde von der Kreisdirektivn Ganders heim auf Beschwerde hin aufgehoben. Gleichzeitig wurden dem Gemeindevorsteher die Geschäfte der Ortspolizeibehörde ent zogen und einem Beauftragten der Aufsichtsbehörde über tragen. In dem Verhalten des Gemeindevorstehers erblickt die Regierung eine bewußte Mißachtung des für die Polizei verwaltung des Landes Braunschweig zuständigen Ministers, der als solcher die Aufsichtsbehörde höchster Instanz für die Ortspolizeibehörde in Langelsheim ist. General v. Belows TS. Geburtstag. Ehrungen für den Heerführer im Weltkrieg. Der Führer einer Armeegruppe unter Hindenburg wäh rend des Weltkrieges, General der Infanterie Otto v. Be low, beging in Kassel am Montag unter großen Ehrungen Genf. Das Internationale Arbeitsamt veröffentlicht am Montag eine Llebersicht über die Entwicklung der Arbeits losigkeit von 1930 bis 1931 und gelangt zu folgenden Fest stellungen: Deutschland: Von 3,9 Millionen auf 5,3 Millionen (34 v. H.). England: Von 2,3 Millionen auf 2,6 Millionen (12 v. Hss. Italien: Von 550 0O0 auf 909 000 (63 v. H.). Oesterreich: Von 237 000 auf 273 000 (15 v. H.). Schweiz: Von 34 000 auf 58 000 (66 v. H). Die Vereinigten Staaten zeigen eine Steigung von 30, Polen von 24 und Frankreich von 566 v. H. Neueste Drahlmeldungen Dresden, 19. Januar, 11,30 Ähr. (T.i-Ä.) Die neue Zollberordnung Berlin. Amtlich wird folgende Verordnung des Reichs- Präsidenten über außerordentliche Zollmaßnahmen mitgeteilt: Auf Grund des Artikels 78 Absatz 2 der Reichsverfassung wird folgendes verordnet: Artikel 1 ermächtigt die Reichsrcgierung im Falle eines dringenden wirtschaftlichen Bedürfnisses: 1. Bei der Einfuhr von Waren aus Ländern stammend, deren Währung unter Goldparität gesunken ist, für einzelne Waren oder Warengruppen ausgleichende Zuschläge zu er heben. 2. Für Waren, die aus Ländern stammen, mit denen das Deutsche Reich nicht in einem handelsvertraglichen Verhältnis steht oder das die deutschen Waren ungünstiger behandelt als die Waren eines dritten Landes erhöhte Zollsätze festzusetzen. Von der Erhebung der erhöhten Zollsätze kann bis zur Dauer von höchstens sechs Monaten Abstand genommen werden, wenn mit diesem Lande mündliche Vertragsverhandlungen schweben oder bevorstehen. Die Neichsregierung kann bei einzelnen Waren von der Einforderung der erhöhten Zollsätze ganz oder teilweise absehen. , 3. Die Verordnung tritt mit dem Tage der Veröffent lichung in Kraft. Berlin, den 18. Januar 1932. Der Reichspräsident, gez. v. Hindenburg. Der Reichskanzler, gez. Dr. Brüning. seinen (Zebu r t s t a g. Erne Abordnung der Vetera nen des Kurhessischen Füsilierregiments Nr. 80, in das Otto o. Below, im April 187S aus dem Kadettenkorps kommend, als Fähnrich eingetreten war, entbot ihm als erste die Glück wünsche, während vor dem Hause das Musikkorps des 15. Iägerbataillons konzertierte. Dann kamen Ab ordnungen des Reichsheeres, der Oberbefehlshaber des Gruppenkommandos 2 sowie der Ches des Stabes der in Kassel garnisonierenden Truppen, viele Generale des alten Heeres, Abordnungen der vaterländischen Vereine sowie des Kreiskriegerverbandes, Landesoberpsarrec v. Möller ent bot die Glückwünsche der evangelischen Geistlichkeit, General der Infanterie v. Hülsen die Grüße des Kurhessischen Kriegerverbandes. Diele Hunderte von Telegrammen aus allen Teilen des Reiches liefen ein. Der Jubilar konnte mit erstaunlicher Frische die große Zahl von Glückwünschen im Kreise seiner Familie entgegennehmen. Der deutschnationale Parteiführer Or. Hugenberg hat an den Jubilar folgendes Telegramm gesandt: „Euer Exzellenz spreche ich zugleich namens der Deutschnationalen Volkspartei herzlichste Wünsche zum 75. Geburtstag aus. Als siegreicher Heerführer des großen Krieges, als verehrter Führer der nationalen Bewegung, haben Euer Exzellenz all zeit für das Reich gekämpft, an dessen Gründungstage wir in treuer Verbundenheit Ihres Geburtstages gedenken." Staates geführt hätten. Die Einheit des Volkes und die Unverletzlichkeit des Staatswohls mühten außerhalb jeder Er örterung bleiben. In außenpolitischer Hinsicht wies der König auf die Reparationsfrage und das Abrüstungsproblem hin: Südslavien sei in bezug auf Lie Abrüstung zu jedem Opfer bereit, das es im Einklang mit seiner Sicherheit bringen könne. Hinsichtlich der Tributfrage betonte der König, daß durch den Aufschub der Reparationszahlungen der Staat in eine schwierige Lage geraten fei. Die nationalen Minderheiten wurden in der Thronrede nicht erwähnt. Ein österreichisches Eniwaffnunqsgeseh? Wegen der großen Waffenfunde in Wien. Nachrichten aus Wien besagen, daß im österreichischen Nationalrat ein Entwafsnungsgesetz eingebracht werden soll. Bei den letzten Waffenfundsn in Wien hat man nämlich eine Metallkassette gefunden, in der sich ein genauerOpera- tionsplan der österreichischen Sozialdemokratie für einen Bürgerkrieg befand. Nach ihm sollen alle öffentlichen Ge» müde besetzt werden. Ferner sind Richtlinien für die B i l - )ung von Terrorgruppen in dem aufgefundenen plan enthalten. Ls folgen Einzelheiten über die Bekämp fung des Heeres und der Polizei und über die Sprengung von Gebäuden. Die Terrortrupps sollen sogar in amt lichen Uniformen auftreten, um die leeres- und Po lizeiabteilungen zu täuschen. Oesterreichs neue Finanzverpsilchiungen. Auch diesmal hat Oesterreich bei seinen Ver handlungen in Genf nichts anderes erreicht, als daß ihm neue Verpflichtungen auferlegt wurden, die „Emp fehlungen des Finanzkomitees des Völkerbundes" genannt werden. Den im Herbst Oesterreich versprochenen 60-Millio nen-Kredit hat Bundeskanzler Buresch auch diesmal nicht in Genf erhalten. Die sogenann ten Empfehlungen beziehen sich auf folgende Punkte: I. Strengste EinhaltungderDeoisensperrzeit, gleichzeitig Drosselung der Kreditgewährung durch die öster reichische Nationalbank; 2. Sanierung der Länder und Gemeindebudgets bei sofortiger Durchführung der Sanierungsmaßnahmen bei den Bundesbahnen; 3. Ab schluß eines neuen Uebereinkommens mit den Auslandsgläubigern der Creditanstalt, wobei diese Gläubiger Nachlässe zu gewähren haben; 4. Stillhalte abkommen für die kurz- und mittelfristigen Auslands schulden unter Ausschluß der öffentlichen Anleihen. Die fünfte Empfehlung schließlich besagt, daß für Oesterreich größere wirtschaftliche Bewegungsfreiheit geschaffen werden müsss. König Alexander eröffnet Senat und Skupschtina mit einer Thronrede «°rA an die „glänzenden Siegeler Amree». Ne zur Erttchtung des 1 Schwester Anna Schuhe Freispruch ergeht. Eisenbahnkaiastrophe in Krankreich. Bisher 13 Tote und 20 Schwerverletzte. Paris. Auf der Strecke Paris—Amiens, etwa 80 Kilo meter von der französischen Hauptstadt entfernt, ereignete sich in den späten Abendstunden des Sonntags ein schweres Eisenbahnunglück, das bis zur Stunde 13 Tote und etwa 20 Schwerverletzte gefordert hat. Der fahrplanmäßige Personenzug Paris—Amiens hatte planmäßig den Pariser Nordbahnhof verlassen, als drei Wagen dritter Klaffe und einer zweiter Klaffe etwa 400 Meter vor der Einfahrt in den Bahnhof von Saint Just aus den Schienen sprangen. Während ein Wa - gen dritter Klasse, der bis auf den letzten Platz besetzt war, sich sofortumlegte und von den darauffolgenden Wa- gen eingedrückt wurde, raste ein Wagen zweiter Klaffe in ein neben den Schienen gelegenes Wärterhäuschen in dem sich drei Bahnangestellte befanden, die sämtlich schwer verletzt wurden. Die beiden anderen Wagen schoben sich ineinander. Aus dem Trümmerhaufen ertönte das Schreien und Rocheln der Sterbenden und Verletzten denen »"k-schädigt 'tt ss H t d'b.erste Hilfe brachten. Die Zahl der Toten weil der Zug bis auf den letzten Platz mit Ressenden gefüllt war. Noch ein weiteres Todesopfer. Tas schwere Eisenbahnunglück bei St. Just hat ein werteres Todesopfer gefordert. Eine bisher noch nicht er- lannte Frau rst ihren Verletzungen erlegen, ohne das Be- wußtsern wiedererlangt zu haben. Der Zustand der übrigen Verwundeten ist zum Teil noch äußerst ernst. Tribuikonferenz erst mit Beginn der Abrüstungskonferenz? Berlin. Die „Vofsische Zeitung" läßt sich aus London melden: Das englische Auswärtige Amt ist am Montag von Paris aus unterrichtet worden, Laß Frankreich eine Verlegung Ler Tributtonferenz bis zum Zusammentritt der Weltab rüstungskonferenz am 2. Februar in Genf vorschlägt. Der leitende Gedanke bet diesem Vorschlag fei, daß bei der Ab rüstungskonferenz die Außenminister der Gläubigerstaaten und Deutschlands sowieso anwesend seien, und unter Hinzuziehung einiger Sachverständigen die Tagesordnung der Tributkonferenz in kleinem Rahmen und mehr beiläufig erledigt werden könnte. Weiter habe die englische Regierung am Montag die deutsche Regierung davon verständigt, daß England auf der Lausanner Konferenz die Ausdehnung Les deutschen Moratoriums bis zum 1. Juli 1933 Vorschlägen werde. Wirtschaftsparkei gegen Hin-enbnrg-Bolksbegehren. Der Iungdeutsche Orden hat bekanntlich den Plan erwogen, den Reichspräsidenten auf dem Wege des Volksbegehrens neu wählen zu lassen, und ist mit dem Er suchen um Unterstützung u. a. auch an die Wirtschaftspartei herangetreten. Der Vorsitzende der Wirtschaftspartei, Reichs- justizminister a. D. vr. Bredt, hat dem Iungdeutschen Orden auf dieses Ersuchen u. a. folgendes geantwortet: „Wenn man den Reichspräsidenten wiederwählen will, führt der Weg der in der Reichsverfassung an sich schon vor gesehenen Bolkswahl sehr viel einfacher und auch billiger zum Ziel. Was mich aber vor allem bedenklich macht, ist Artikel 76 Abs. 4 der Reichsverfafsung. Da es sich um ein verfaffungänderndes Gesetz handeln würde, müßte die Mehr heit der Stimmberechtigten für die Wiederwahl stimmen. Das ind über 20 Millionen. Es würde die große Gefahr de- tehen, daß sehr viele Gleichgültige der Wahl fernbleiben würden in der Annahme, daß doch unter allen Umständen die Wahl gesichert sei. Bei der normalen Bolkswahl würde es nur erforderlich sein, daß mehr Stimmen abge geben werden als für einen anderen Kandidaten, Und ein zweiter Wahlgang würde überhaupt nicht erforderlich sein. Ohne also im übrigen meine Partei auf irgendeinen be stimmten Weg festlegen zu wollen, möchte ich nur sagen, daß mir der Weg des Volksbegehrens nicht empfehlenswert zu sein scheint. Keine neue Beamten-Gehaliskürzung. Das Reichsfinanzministerium tritt falschen Gerüchten entgegen, Berlin. In der letzten Zeit ist verschiedentlich behauptet worden, daß das Reich nicht in der Lage sei, die Februar- Gehälter für die Beamten voll auszuzahlen. Auch von einer erneuten Kürzung der Beamtengehälter war wieder die Rede. Das Reichsstnanzministerium bezeichnet alle diese Nachrichten als völlig aus der Luft gegriffen. Ss schweben keineRei Er wägungen, die auf die oben erwähnten Absichten fchließen ließen Die Kassenlage für I a n u a r sei v v l kl g o e sickert, während sich die Entwicklung der Finanzen für den Monat Februar zur Zeit noch nicht übersehen lasse. Die Brauindustrie hofft auf Aenderung des Negierungstandpunktes Berlin. Die Brauindustrie hielt am Montag eine Mittel standsversammlung ab, in der einheitlich der Standpunkt ver treten wurde, daß die Frage der Biersteuersenkung und der Dierpreishcrabsetzung unmittelbar miteinander verbunden seien. Eine absatzbelebende Verbilligung des Bierpreises sei ohne Steuersenkung schwer möglich. In Kreisen der Brauindustrie erwartet man, daß die Regierung in der nächsten Zeit von ihrem starren Standpunkt in der Blersteuersrage abgehen wird. Am Dienstag verhandelt der Reichskommissar für Preisüber wachung, Dr. Goerdeler, mit den Brauereien und Gastwirten. Der Kampf um Lausanne. Vor dem Umfall Englands? Englische zuständige Stellen deuten unzweideutig an, daß die ganze Lausanner Konferenz fallen gelassen werden soll, wenn Frankreich den Zusammentritt am 25. Januar nicht zustimmen oder sonstige Schwierigkeiten machen sollte. Es wird zwar ausdrücklich versichert, daß hierüber noch keine Entscheidung gefallen ist. Wie weiter verlautet, hat die englische Regierung in ihren Bemühungen, dte Lausanner Konferenz doch noch zustande zu bringen, wahrend des Wochenendes einen Vermittlungsvorschlag rn^Paris gemacht, wonach sie mög licherweise einem neuen Trlbutmoratorium auf die Datier von etwa einem Jahre zustimmen würde. s Soefth abermals bei Laval. Vor der französischen Regierungserklärung. Botschafter von Hoesch hatte eine neue Unterredung mit ^aval, die sich auf die mit der Tributkonferenz Hl Zu sammenhang stehenden Fragen bezog. Das neue Kabinett ist erst dann kN der Lage, Beschlüsse zu fassen und politische Schritte emzuletten, wenn die Kammer ihm das Vertrauen ausgesprochen hat. Die Regierung Laval erhält somit erst am Dienstag oder Mittwoch ihre volle Handlungsfreiheit Wie in politischen Kreisen zuverlässig verlautet, soll die Regierungserklärung fast ausschließlich der außenpolitischen ^age gewidmet sein und sich sowohl auf das Tributproblem , wle auf die Frage der Rüstungsbegrenzung beziehen. ,