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Pulsnitzer Tageblatt — Freitag, 8. Januar 1932 Opfer -es Winterfporis. Seit Mittwoch weht in den Nordtiroler Alpen »in starker Föhn, der die Lawinen- und Hochwassergefahr be- »eutend erhöht hat. Am Patscherkofel bei Innsbruck brach im Mittwoch ein Lawinenbrett los, das eine etwa 400 Meter lange Lawine auslöste. Fünf Personen wurden in die Tiefe zeriffen. Vier konnten sich selbst befreien. Der fünfte, der Lankbeamte Hohenegger aus Innsbruck, konnte zwar lebend, »der sehr schwer verletzt geborgen werden. Auf dem Rastkogel in den Zillertaler Alpen wird seit mehreren Tagen der Student der Münchener Technischen Hochschule, Kurt Friedrich, vermißt. Bei F l e t s ch e rt o b e! in Vorarlberg stürzte der Student Kurt Friese aus Hirsch- Lorn am Neckar über eine 400 Meter hohe Felswand ab und blieb tot in der Tiefe liegen. Es waren doch nicht die Rnndfnnkstörer. Die beiden Telegraphenarbeiter nach einwandfreiem Alibi wieder entlassen. Die beiden Telegraphenbauarbeiter, die unter dem Ver dacht, am Silvesterabend die Rede des Reichspräsidenten von Hindenburg unterbrochen zu haben, festgenommen wor den waren, sind aus dem Berliner Polizeipräsidium wieder entlassen worden. Sie konnten ihr Alibi für die in Frage kommende Zeit einwandfrei Nachweisen. Zm Märzdeppelinflug nach Australien Wie aus Sydney verlautet, wird das deutsche Luftschiff „Gra f Z e p p e l i n" im März anläßlich derEröffnung »erneuenHafenbrückeinSydney einen Flug nach Australien antreten. Das Luftschiff soll in Sydney am Ein weihungstage der Brücke, am 19. März, eintreffen. Auf die Einladung eines Sydneyer Blattes zu diesem Finge habe die Zeppelin-Gesellschaft in Friedrichshafen geantwortet, daß sie bei Einwilligung der australischen Regi"""»ng zu einem solchen Finge bereit sei. Selbstmord, Verbrechen, Ltnglücksfall? Der rätselhafte Tod des Hamburger Zug führers Siemsen. Der Zugführer Siemsen aus Hamburg, der vor etwa sechs Wochen aus einem fahrenden Zug der Strecke Ham burg-Berlin auf unerklärliche Weise verschwunden war, ist jetzt in der Nähe von Grabow in Mecklenburg tot aus der Elde gelandet worden. Es ist noch ungewiß, ob Siemsen Selbstmord verübt hat oder aber das Opfer eines Unglücks falles, eventuell eines Verbrechens geworden ist. Zugführer Siemsen hatte in der Nacht vom 19. zum 20. November mit dem Güterzug 5175 eine Fahrt von Ham burg nach Berlin unternommen. Zum letztenmal sah man ihn in Ludwigslust, als er den Zug bestieg. Beim Eintreffen des Zuges in Wittenberge ist dann das Fehlen des Zug führers festgestellt worden. In diesen Tagen bemerkte nun der Maurergehilfe Zierck aus Grabow bei einem Spaziergang am Ufer der Elde im Wasser eine Leiche. Ec verständigte die Polizei in Grabow, die den Toten mit Hilfe von Fischern barg. In der Tasche des Jacketts Siemsens befand sich seine Mütze. Der Körper wies außer einer Wunde am Nasenbein keinerlei Verletzungen auf. Die Stelle, an der Siemsen aus dem Wasser gezogen wurde, befindet sich etwa zehn Meter stromaufwärts von der über die Elde führenden Eisenbahnbrücke. Aus diesem Umstand zieht die Grabower Polizei den Schluß, daß Siemsen nicht aus dem Zug in das Wasser gestürzt ist. Sic nimmt vielmehr an, daß der Zugführer in der scharfen Kurve, die der Schienenstrang bei Grabow bildet, aus dem Zug flog, viel leicht aus dem Eisenbahndamm landete und sich, als er den Versuch machte, zu Fuß über die Wiesen nach einem be wohnten Ort zu gelangen, verirrte. Dabei dürste er dann in der dunklen und stürmischen Nacht in das Wasser geraten sein, in dem er ertrunken ist. Für alle Fälle ist das Rätsel, das den Tod Siemsens umgab, auch durch die Auffindung der Leiche noch nicht völlig gelöst. Hauenstein und Zavenstekt. Die kleinsten deutschen Städte. Die kleinste deutsche Stadt ist Hauenstein am Ober rhein, an der Eisenbahnlinie Basel—Konstanz. Hier wurde im Jahre 1433 die Hauensteiner Einigung, ein Bündnis schwä bischer und schweizerischer Städte gegen Oesterreich geschlossen, und hier entstanden zu Anfang des 18. Jahrhunderts die sogenannten Salpeterkrieae. Hauenstein war jahrhunderte lang die Hauptstadt der gleichnamigen Grafschaft und erfreut stH heute, nachdem es zu Baden gekommen ist, mit seinen W6 Einwohnern als deutsche Miniaturstadt eines friedlichen Daseins. Die zweitkleinste deutsche Stadt ist das im WUrt- tembergischen Ländchen, im Schwarzwaldkreis, unweit des Hermann Hesseschen Geburtsortes Calw gelegene Zavel- stein. Ihre Einwohnerzahl beträgt, wie das Kürschner- Jahrbuch berichtet, 262. Massenmörder au -er ostpreussischen Grenze verhaftet. Sechs Mädchen vergiftet. Wie aus Wilna gemeldet wird, haben die polnischen Sicherheitsbehörden in einer Ortschaft dicht an der ost preußischen Grenze einen gefährlichen Massenmörder ver haftet. Vor kurzem flüchtete aus Ostpreußen auf polnisches Gebiet ein Mann namens Alfred Kürnis, der von der deutschen Polizei gesucht wurde, weil er im Verdacht stand, in Ostpreußen drei Mädchen ermordet zu haben. In Mit- linowo in Polen starb nun vor kurzem unter sonderbaren Umständen ein zehnjähriges Mädchen, die Tochter des Be sitzers des Hauses, in dem Kürnis seit geraumer Zeit ein Zimmer bewohnte. Der Verdacht fiel auf Kürnis, der ver haftet wurde. Er gestand, auf polnischem Gebiet bereits drei unmündige Mädchen vergiftet zu haben. Zusammen hat also Kürnis sechs Opfer auf dem Gewissen, die er sämtlich ver giftet hat. Cisenbahnkaiastrophe bei Moskau. Drei Züge fahren aufeinander. — Minde stens 40 Tote. Moskau. Nach Berichten, die über Polen kommen, stießen bei Moskau drei Züge zusammen. Die Katastrophe hat nach ersten Schätzungen mindestens 40 Todes opfer gefordert. Von amtlicher russischer Seite verlautet nichts über das Unglück. Die polnischen Meldungen geben folgende Einzelheiten: Ein von der Moskauer Kursky-Station abgefahrener Vorort zug hielt unerwartet in der Nähe von Lubertzi. Ein kurz darauf fälliger Expreßzug fuhr darauf, wahrscheinlich infolge eines Signalfehlcrs, mit ungeheurem Krach auf den Zug auf. Der Anprall war so stark, daß sich acht Wagen des angefahrenen Zuges völlig inetuander- schoben und hoch auf den Gleisen auftürmten. Auf den von Trüm mern und Leichen übersäten Gleisen nahte plötzlich ein nach Moskau fahrender GUterzug und fuhrdazwischen, wodurch die Anzahl der Todesopfer noch erhöht wurde. Die genaue Zahl der Toten ist noch nicht bekannt, muß aber sehr hoch sein, da auf den russischen Eisenbahnen vorwiegend Holzwagen verwandt werden, die bei einem stärkeren Anprall vollständig zersplittern müssen. Außerdem sind die Wagen meist überfüllt. Der Transportkommissar Andrejew hat sich am Sonntag selber nach der Unfallstelle begeben, um die von den umliegenden Fabriken herangezogenen „Arbeiterbrigaden" bei den Aufräumungsarbeiten zu beaufsichtigen. Noch am Montagmorgen war die Strecke unpassierbar. Trotzdem wird offiziell die Katastrophe nicht zugegeben. Freunde und Be- kannte der in den verunglückten Zügen befindlichen und ver mißten Passagiere erhalten auf Anfrage die Auskunft, es sei gar kein Unglück passiert. Börse und Handel Amtliche Devisen-Notierung. Brüssel LA, Rom 7, Kopenhagen S, London 8, Madrid 6>L, Oslo 7, Paris LA, Prag 6A, Schweiz 2, Stockholm 7« Wien 10, New York 3A. Devisen (in Reichsmark) 7. Januar 6. Januar Geld Brief Geld Brief RM. RM. RM. RM. New York .1 I 4,209 4^17 4,209 1,048 4,217 Buenos-AiresIPap.Peso 1,048 1,052 1,052 London . . . 1 L 14,24 14,28 14,12 14,16 Amsterdam . 100 Gld. 169,08 169,42 169,13 169,47 Kopenhagen 100 Kron. 78,62 78,78 78,12 78.28 Stockholm. . 100 Kron. 80,52 80,68 80,02 80,18 77,33 Oslo .... 100 Kron. 77,92 78,08 77,17 Italien . . . 100 Lire 21,38 21,42 21,33 21,37 Schweiz... 100 Frcs. 82,12 82^8 82,12 82,28 Paris .... 100 Krcs. 16,51 16,55 16,52 16,56 Brüssel ... 100 Belga 58.49 58,61 58,54 58,66 Prag .... 100 Kron. 12,47 12,49 12,47 12,49 Wien .... 100 Schilt. 49,95 50,05 49,95 50,05 Spanien. .. 100 Peseta 35,61 35,69 35,66 35,74 Bankdiskont: Berlin 7 (Lombard 8), Am terdam 3, Amtliche Notierung der Mittagsbörse ab Tiatto«. Mehl und Kleie brutto einschl. Sack frei Berlin. Ml> tz. 7.1. 32 6. 1. 32 100 üg 7. 1. 32 6.1.32 Welz, mark. 222.0-224.0 221.0- ^23. Niehl Weizenmehl Roggenmehl 27.2-31.2 26.5-28.1 27.0-31.0 26.0-28.0 Futt. — Weizenkleie 8.75-9.25 8.75-9.00 Dez. Mürz Mai Roggenkleie 9.00-9.50 9.00-9.50 243.00 251.0-250.7 242.0-241.0 249.00 Biktoria-Erbjen Kl. Speiseerbsen Futtererbsen 21.0-27.5 21.5-24.0 15.0-17.0 21.0-27.5 21.5-24.0 15.0-17.0 Rogg. Peluschken 16.0-18.0 16.0-18.0 mark 190.0-192.0 187.0-189.0 Ackerbohnen 14.0-16.0 14.0-16.0 Reue Wicken 16.0-19.0 16.0-19.0 Srnn Lupinen, biaue 10.0-12.0 10.0-12.0 Dez. — — „ gelbe 14 0-15.5 14.0-15.5 Marz 207.5 208.0 206.25 Serradella 22.0-27.0 22.0-27H Mai 214.5o 213.50 Leinkuchen Gerste Brau Basis 37"/, 12.3 12.4 12.2-12.4 153.0-165.0 153.0-165.6 Erdnußkuchen 12.10 12.20 Futt. 148.0-152.0 148.0-1521- . mehl Trockenjchnitzel 11.80 6.50 11.90 6.40-6.50 Hafer Soiaschrol mark. 134.0-142.0 134.0- I42.t, Bas. 46"/,Hbg. 10.60 10.70 Der — — Sojaschroi Möiz >53.5-153.0 154.0-152.5 Basis Stettin >1.10 11.20 Mu 159.5-159.2 160.5-159 2 Kartoffelstöcken 12.1-12.3 121-12.3 Die Preise für Milch, die nach Berlin zur Lieferung gelangt, betragen vom 8.' bis 14. Januar je Liter frei Berlin: für A-Milch 12,28 Rpf, für B-Milch 0,08 Rpf, für tiefgekühlte Milch 12,76 Rpf, für molkereimäßig bearbeitete Milch 0,14 Rpf. Die A-Milchmenge ist auf 75 Prozent des A-Milchkontingents der einzelnen Lieferstellen festgesetzt. (Ohne Gewähr.) Berliner Butterprcise. Amtliche Notierung ab Erzeu gerstation, Fracht und Gebinde gehen zu Käufers Lasten: 1. Qualität 102, 2. Qualität 95, abfallende Sorten 85 RM. Tendenz: sehr ruhig. (Ohne Gewähr.) Preisnotiernngen für Eier. (Festgestellt von der amt lichen Berliner Eiernotiernngskommission.) Deutsche Eier: Trink eier (vollfrische, gestempelte), über 65 Gramm 12,75, über 60 Gramm 11, über 53 Gramm 10, über 48 Gramm 8; Aussortierte kleine und Schmutzeier 5,50—6,50. Auslandseicr: Dänen, 18er 12,25, 17er 11,75, 15A—16cr 0,75, leichtere 7,50—8; Holländer, 68 Gramm 12,25—12,50, 60—62 Gramm l0—10,50, 57—58 Gramm 9,75, leichtere 7,50—8; Belgier, 68 Gramm 12,50, 60 bis 62 Gramm 10—10,50, 57—58 Gramm 9,50; Rumänen 7—9; Polen, normale 7,50; Kleine, Mittel- und Schmutzeier 5—6. s In- und ausländische Kllhlhnuseicr: Große 7,50—7,75; Nor- j male 5—6. Kalkeier: Große 6—6,50; Normale 5—5,50. Die i Preise verstehen sich in Rpf je Stück im Verkehr zwischen La- dungsbeziehern und Eiergroßhändlern ab Waggon oder Lager Berlin nach Berliner Usancen. Witterung: veränderlich. Ten denz: matt. (Ohne Gewähr.) VON 6EKI 60IHSÜK6 LopyrisUt Vlsrtio kvacdtvtMKer, Hulls (Laste) f14 Haralds braunes Gesicht ivar fahl, als es sich dem Vater zuwandte. „Du hast recht, Papa: eine Dummheit, eine kolossale Dummheit. Aber sie ist ja gut zu machen. Ich werde mich also deiner besseren Einsicht fügen." „Ich danke dir, mein Sohn!" Die Hände der beiden Männer lagen mit festem Druck ineinander. „Hiesige Gäste waren nicht anwesend, und deine lustigen Kumpane aus Berliner Künstlerkreisen und so weiter, die haben keine Ursache, die Angelegenheit breitzutreten. Also wirb vu in aller Form um die kleine Hagen", sagte der Vater dann noch. Harald biß die Zähne so fest zusammen, daß sie leise knirschten. Wenn ihm wenigstens diese elende Komödie erspart geblieben wäre! Er konnte nicht heucheln. Konnte es nie l Aber vielleicht verlangte man das nicht von ihm. Denn eigentlich er übrigte sich wohl jede Komödie, da die Beteiligten ja doch alle wußten, auf welcher Grundlage diese Ehe zu stande kam. „Wann gedenkst du nach dem Rosenhause hinüberzu gehen?' Die Stimme des Vaters klang gütig in die stürmenden Gedanken des Sohnes hinein. „Bald! Sobald als möglich! Hinausschieben hat ja keinen Zweck! Wenn nun einmal dieser Becher geleert werden mutz, dann schon gleich auf einen Zug", sagte Harald lakonisch. „Gut, ich werde also Vann Herrn von Hagen mitteilen lassen, daß wir beide ihn heute noch zu sprechen wünschen. Und damit der Herr nicht denkt, daß wir ihn etwa seiner jetzigen Armut wegen nicht als vollwertig respektieren, werden wir anfragen, wann unser Besuch angenehm ist", entschied Herr Kardorf senior. Harald entgegnete nichts. Die ganze Sache kam ihm jetzt schon beinah wie ein Schauspiel vor, an dem er sich vielleicht sogar noch ergötzen würde. Sein Herz blieb dieser ganzen Angelegenheit so fern, datz er auch nicht mit einem Gedanken erwog, ob es viel leicht nicht doch möglich sei, Eva näherzutreten und so die in Aussicht genommene Ehe zwischen ihnen beiden zu einem guten Ende zu führen. Nein, er haßte das blonde Mädel — haßte es wirklich! Und nie würde er mit ihr mehr sprechen, als wie un bedingt nötig war. Er konnte reisen! Konnte seinen Vater bitten, ihm die ausländischen Geschäfte zu übertragen. Damit waren meist sehr lange Reisen verbunden, die bis her immer Direktor Albers unternommen hatte. Hier in Hagenhöhe war bei oem Inspektor alles in den besten Händen, und sein Schwiegervater würde ja auch da sein. Harald stampfte plötzlich in nicht länger zu bändigender Wut mit dem Fuße auf. Wer ihm das vor acht Tagen gesagt Hütte, daß er das kleine Landmädel heiraten würde! Ausgelacht hätte er den. „Ich bin eigentlich ein bißchen müde, Harald. Gestattest du, daß ich mich ein Weilchen auf das Ruhebett lege? Mein Herz ist in letzter Zeit nicht mehr ganz in Ordnung." „Bitte, Papa, ruhe dich aus. Entschuldige bitte, daß ich nicht eher daran dachte." Und er legte verschiedene Kissen bequem zurecht. Der Vater lächelte. „Bist eben doch ein guter Kerl, alter, toller Harald. Und — sei auch mit der kleinen Eva gut, Junge. Es wird an dir liegen, nur an dir, wie diese Ehe sich gestaltet." „Ich werde ihr nie etwas zuleide tun, Vater." Da lächelte Ludwig Kardorf und schloß die Augen. * q- * Im Rosenhause gab es Tränen. Tränen und gehässige Worte. Mit dick verschwollenen Augen satz Brigitte va und kam nicht darüber hinweg, daß Eva diesen Mann haben sollte. In kurzen Worten hatte der Vater ihr gesagt, daß sie sich keinen Hoffnungen hingeben solle — Kardorfs Interesse gelte allein Eva. Diese Eröffnung war heute mittag wie eine Bombe eingeschlagen Um zwei Uhr wollte Harald Kardorf kommen, um die Eltern um Evas Hand zu bitten. Er kam mit seinem Vater, um die Sache von vornherein zu sank tionieren. Von dem Vorfall im Walde hatte Herr von Hagen seinen Damen leine Mitteilung gemacht. Totenblaß saß Eva in ihrem Zimmer, nicht fähig, klar denken zu können. Wie hatte der Vater zu ihr gesagt? „Harald Kardorf hat mich vorhin durch seinen Vater gebeten, heute um deine Hand anhalten zu dürfen. Was soll ich ihm sagen, wenn er kommt?" Eva hatte gemeint, alles nur zu träumen. Harald Kardorf kam, um sie, gerade sie zur Frau zu begehren? Dann war er also doch kein Lump, dann hatte er sie viel leicht ein bißchen lieb und hatte das eben nur auf eine höchst unschickliche Art zum Ausdruck gebracht? Mit gefalteten Händen satz Eva da. Sie wußte es ja seit Tagen, daß dieser Mann ihr Schicksal war, wenn sie auch niemals gehofft hatte, seine Frau zu werden. Sie liebte ihn, und sie fürchtete sich gleichzeitig vor ihm. Es war gut, daß sie oie ganze Wahrheit nicht erfuhr, denn dann hätte sie niemals eingewilligt, Harald Kardorfs Frau zu werden. Wenn sie gewußt hätte, wie Kardorf diese Ehe schon jetzt verabscheute, dann hätte sie sich wohl in irgendeinen Winkel verkrochen, um ihm ja nicht mehr vor die Augen zu kommen, der jede Gemeinschaft mit ihr zurückwies und die Ehe mit ihr als eine Kette betrachtete. Endlich aber mußte sie daran denken, sich umzuziehen. Sie wählte ein ganz einfaches Kleid aus weißem Wollstoff. Keinen Schmuck, nichts! Auch keine Blume! Es war keine Freude in ihr, nur ein grenzenloses Staunen darüber, daß dieser halb geliebte, halb gefürchtete Mann sie zur Gattin begehrte. * * (Forts, folgt.)