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Nr. 244. Pulsnitzer Tageblatt. — Freitag, den 18. Oktober 1929. Kamenz. (Wo chenmarkt-Preise.) Auf dem gestrigen Wochenmarkt kosteten u. a. Blumenkohl 15—50, Spinat 25, Möhren 15, Zwiebeln 15—20, Weißkraut 10, Rotkraut 12—15, Welschkraut 25, Wirsing 25, Tomaten 10, Hollunder 25, Preißelbeeren 55, Aepfel 15—30, Birnen 15 bis 35, Pflaumen 25, Pfirsiche 80—100, Wein 35--100 Pfg. das Pfund, Kohlrabi 5 — 10, Sellerie 15—25, Stau densalat 5-10 Pfg. das Stück, Radieschen 10, weiße Ret- tiche 15 Pfg. das Bündel. Radeberg. (Zum Fall Seidemann) wird uns mitgeteill, daß die Mitteilung eines Dresdner Maltes, zum Konkursverwalter der Seidemannschen Unternehmen sei der Lokalrichter Müller in Radeberg ernannt worden, un- richtigst. Konkursverwalter der Seidemannschen Unterneh men ist nach wie vor der Lokalrichter Reichel (Dresden)! Der Lokalrichter Müller in Radeberg ist lediglich Konkurs verwalter, soweit es sich um Seidemann persönlich handelt, über dessen Vermögen — ein solches ist nicht vorhanden — ebenssalls auf Antrag des vorgenannten Lokalrichters Reichel das Konkursverfahren eröffnet worden ist. Dresden, 17. Oktober. (Um die Notlage der Landwirtschaft.) Wie die Pressestelle der Landwirt kammer mitteilt, hat der Vorstand der Landwirtschaftskammer folgende Entschließung gefaßt: „Die Landwirtschaftskammer für den Freistaat Sachseu hat mit besonderer Befriedigung Kenntnis genommen von den wohldurchdachten Vorschlägen zur Beseitigung der großen Notlage der deutschen Landwirt schaft gelegentlich der Tagung des Deutschen Landwirtschafts rates in Münster. Die trostlose Lage der sächsischen Land wirtschaft erfordert gebieterisch eine sofortige Durchführung der vorgeschlagenen Maßnahmen. Der Vorstand der Land- wirtschastskammer stellt sich deshalb einmütig hinter die Be schlüsse und ersucht den Deutschen Landwirtschaftsrat auf das dringendste, mit allem Nachdruck sich bei den maßgebenden Regierungsstellen einzusetzen, daß seine Vorschläge unverzüg lich in die Tat umgesetzt werden." Dresden, 17. Oktbr. (Sturz vom Dresdner Rathausturm.) Am Mittwoch kurz vor 3 Uhr nach mittags stürzte sich vom Rundgang des Rathausturmes aus der 40 Jahre alte, im Ruhestand lebende Eisenbahnsekretär Willi Böhme nach dem Hof O in die Tiefe hinab, wo er mit vollständig zerschmetterten Gliedern tot aufgefunden wurde. Der lebensmüde Mann hatte sich erst einige Stun den auf dem hochgelegenen Rundgang des Rathausturmes aufgehalten, und vermutlich lange innerlich gerungen, bevor er diese entsetzliche Tat zur Ausführung brachte. Ein hinter lassenes Schreiben enthielt u. a. die Mitteilung, daß haupt sächlich wirtschaftliche Schwierigkeiten den Anlaß gegeben haben. Dresden. (Rückgang derKirchenaustritte.) Aus einer Statistik des Ev.-luth. Landeskonsistoriums vom Jahre 1928 ist zu entnehmen, daß zur Evangelischen Lan deskirche 5294 (4804 im Jahre 1927) Personen übertraten, darunter waren 2909 (2474) Rücktritte. Die meisten Ueber- getretenen kamen von den Sekten oder den Konfessionslosen. Fast fünfmal so hoch wie die Zahl der Uebertritte ist die der Austritte, die aber geringer sind, als im Vorjahre, näm lich 26 227 gegen 30382. Es ist also ein neuer Rückgang der Kirchenaustritte zu verzeichnen. 1926 betrug ihre Zahl rund 44 000, 1925 rund 33 500. Im ganzen sind vom 4. August 1919 bis Ende 1926 aus der Evangelischen Kirche 448 732 Personen ausgetreten. Riesa. (Gräberfund aus der Bronzezeit.! Auf dem Gelände des ehemaligen Gohliser Exerzierplatzes wurden fünf Brandgräber der mittleren Bronzezeit (etw« 1400—1200 v. Ehr.) ausgegraben. Riesa. (Eine ganze Familie beerdigt.! Hier wurde die ganze Familie Schemmel beerdigt. Wü bereits berichtet, hatte sich die Frau mit ihren 10 und 1; Jahre alten Kindern mit Leuchtgas vergiftet. De: Familienvater starb im Riesaer Krankenhaus, so daß die gesamte Familie gemeinsam beigesetzt werden konnte. Ar der Bestattungsfeierlichkeit nahm eine gewaltige Men schenmenge teil. Wie wir nachträglich zu dem Fall er fahren, hatte man der Frau Schemmel bei einem Besuche im Krankenhause mitgeteilt, daß der Zustand ihres Gatten hoffnungslos sei. In ihrer Verzweiflung unternahm dann die Bedauernswerte den furchtbaren Schritt. Chemnitz. (Generalintendant Tauber geht in den Ruhestand.) Generalintendant Richard Tauber hat den Rat der Stadt Chemnitz gebeten, ihn mit Ablauf seines Vertrages und Schluß der laufenden Spiel zeit am 30. Juni 1930 von der Leitung des Chemnitzer Opernhauses und des Schauspielhauses im Hinblick auf sein vorgeschrittenes Alter (70 Jahre) zu entbinden. Der Rat hat beschlossen, dem Rücktritts- und Pensionsgesuch stattzugeben und den Posten des neuen Intendanten für die am 1. September 1930 beginnende neue Spielzeit in den nächsten Tagen auszuschreiben. Tr«nte«a« i. B., 17 Oktober. (Heirat eines römisch-katholischen Geistlichen.) Der Pfarrer von Studenitz bei Trautenau ließ sich mit seiner 19 Jahre alten Wirtschafterin trauen und trat gleichzeitig zur tschechi schen Nationalkirche über. Ra«te«kranz i. V (Ein Zwanzigender- Hirsch erlegt.) Auf dem ehem. Sachsengrunder Revier, unweit der böhmischen Grenze, konnte der hiesige Forstmeister Dittrich einen Zwanzigender Hirsch erlegen. Ein Hirsch mit so hoher Endenzahl ist seit Menschengedenken in hiesiger Gegend nicht erlegt worden. MninMlltn an MMN lWWn Schulen Dresden, 16. Oktober. Mit Ende des laufenden Schuljahres wi-d durch den Abgang der Oberprimaner an den zur Reife eines Gymnasiums führenden beider Fürsten- und Landesschulen zu Meißen und Grimma wieder eine Anzahl staatlicher Freistellen und sonstiger Alumnatstellen frei. Sie sind stiftungsgemäß für Knaben evangelischer Konfession und sächsischer Staatsangehörigkeit bestimmt, die entschiedene Fähigkeiten zu den höheren Wissenschaften, insbesondere in sprachlich« I geschichtlicher Richtung, zeigen. Für den Eintritt in die Untertertia ! (unterste Klasse) ist in der Regel die Erfüllung des 13. Lebensjahres Voraussetzung. Als Vorbildung sind für Meißen die Kenntnisse erfor derlich, wie sie ein humanistisches Gymnasium älterer Ordnung in den Klaffen Sexta bis Quarta vermittelt (Leteinisch als erste Fremdsprache). In Grimma werden dagegen solche Knaben ausgenommen, die aus höheren Schulen mit Englisch als erster Fremdsprache kommen. Außerdem wird Ostern 1930 an der Fürsten- und Landesschule zu Meißen wieder eine Vorklasse (Quarta) eingerichtet werden, in die auch Schüler eintreten können, die noch keine Kenntnisse im Lateinischen haben. Die Schüler dieser Klaffe können ebenfalls in das bestehende Schülerhetm und zwar gegen Zahlung der entstehenden Verpfleg- und sonstigen Kosten eintreten. Nähere Auskünfte erteilt die Direktion der Schule. Die Gesuche um Aufnahme in eine Fürsten- und Landesschule und um Verleihung einer staatlichen Alumnatstelle, die im Wege der Wettprüfung vergeben werden, sind bis spätestens den 10. November 1929 an die Direktion derjenigen Fürsten- und Landesschule einzureichcn, in die der Eintritt des Schülers erfolgen soll. Den Gesuchen sind beizu« fügen: Gebutts- und Taufschein, ärztliches Gesundheitszeugnis, Wie derimpfschein, Nachweis über die sächsische Staatsangehörigkeit, die letzten Schulzeugnisse, eine von der jetzigen Schule des anzumeldenden Knaben ausgestellte Beurteilung über dessen Anlagen und Fähigkeiten, Sitten und Gemütsart, ferner, wenn der Eintritt in eine Freistelle begehrt wird, ein Vermögenszeugnis nach dem im Verodnunasblatt des Ministeriums für Volksbildung vom Jahre 1925 S. 30/31 abge druckten Muster. Weiter werden auch in den Schülerheimen der Landesschule Dresden in Klotzsche (Resormrealgymnasium mit Oberrealschule und Förderklassen für besonders gut begabte Volksschüler, von Untertertia ab), der Staatsrealgymnasien zu Borna uid Schneeberg, sowie den ebenfalls zur Hochschulreife führenden Deutschen Ober- und Aufbau schulen des Lande- Alumnatstellen frei. An der Landesschule Dresden ist eine Anzahl staatlicher Freistellen vorhanden, während an den ge nannten beiden Staatsrealgymnasien sowie den Ober« und Aufbau schulen staatliche Mittel zur Ermäßigung oder zum Erlaß des Kost geldes usw. bereitgcstellt sind. der Fürstlich « Schönburgischen Deutschen Oberschule zu Lichtensteim Callnberg besteht ein besonderes Schülerinnenheim nur für Mädchen, in dem zu Ostern 1930 ebenfalls Alumnatstellen frei werden. Hinsichtlich des Kostgeldes gilt hier das gleiche wie für die übrigen Oberschulen. Die Gesuche um Aufnahme in die vorgenannten höheren Schulen sind ebenfalls an die Direktionen zu richten, die auch bereitwilligst jede gewünschte Auskunft erteilen. Für Gemeinden, BeztrkSverbände und sonstige Körperschaften besteht die Möglichkeit, besonders gut begabten, bedürftigen Schülern und Schülerinnen den Besuch einer höheren Schule durch Errichtung von Freistellen in den Schülerheimen zu ermöglichen. Weiterer Rückgang -er Beschäftigung in Sachsen. Der Rückgang des Beschäftigungsgrades in den Außenberufen und in der Metallindustrie hat zu einer weiteren Steigerung der Zahl der Arbeitslosen geführt, die bei den männlichen Hauptuuterstützungs- empfimgern in der Arbeitslosenversicherung von 70 820 auf 72 089, also um 1,8 Prozent in der Zeit vom 3. bis 10. Oktober 1929 erfolgte und in der Krisenunterstützung von 14 820 auf 15 086, also ebenfalls um 1,8 Prozent. Bei den weiblichen Arbeitslosen konnte dagegen noch eine Abnahme festgestellt werden, die allerdings geringer war als in den Vorwochen. Die Zahl der unterstützten Frauen sank in der Arbeitslosenversicherung von S9 004 auf 38 758, also um minus 0,6 Prozent und in der Krisenunterstützung von 5676 auf 5624, also um minus 0,9 Prozent. Das Spinnstoffgewerbe steht zwar noch im Zeichen der Saison belebung, doch haben anderseits starke Entlassungen der Kunstseidenindustrie infolge Betriebsumstellungen eine größere Entlastung des weiblichen Arbeitsmarktes ver hindert. Der Mangel an qualifizierten Facharbeitskräften in den Leipziger Kammgarnspinnereien, in der Anna berger Kunstseidenindustrie, in den Zittauer Baumwoll- und Jutespinnereien und Seidenwebereien ist bestehen ge blieben. Der Arbeitsmarkt des Bekleidungs gewerbes ist trotz der einsetzenden kühleren Witterung unbefriedigend. Auch im Nahrungs- und Genußmittcl- gewerbe blieb die allgemeine Lage ungünstig. Nach teilweiser Beendigung der Kartoffelernte hat die Nachfrage der Landwirtschaft wieder Nachge lassen. Im Steinkohlenbergbau scheint zurzeit der drin gendste Bedarf an gelernten Arbeitskräften gedeckt zu sein. Die Industrie der Steine und Erden leidet stark unter Auftragsmangel, infolgedessen nehmen die Entlassungen ihren Fortgang. Der Beschäftigungsgrad des Bau gewerbes ist weiter zurückgegangen. Der ungünstige Ärbeitsmarkt des Holzgewerbes verzeichnet keine bemer kenswerten Veränderungen. Eine leichte Belebung des Geschäftsganges konnte nur in der Musikinstrumenten industrie in Leipzig und im Vogtland wahrgenommen werden, die wahrscheinlich auf Weihnachtsaufträge zurück zuführen ist. Auch die Olbernhauer Spielwarenindustrie sieht infolge Weihnachtsbestellungen besseren Beschäfti gungsmöglichkeiten entgegen. 4 Oer drenftälteste Offizier der alten Armee. Der dem Dienstalter nach älteste Offizier der vor mals sächsischen Armee, Oberst a. D. Franz Adolf Sch lab erg in Dresden-Blasewitz, feiert am 20. Oktober seinen 90. Geburtstag. Oberst Schlaberg wurde 1839 in Hildesheim geboren, trat 1857 in das hannoversche 6. Infanterieregiment in Nienburg a. d. W. als Kadett ein, nahm 1863—1864 an der Bundesexekution in Schleswig-Holstein und 1866 an der Schlacht bei Langensalza teil. Hierauf trat er in das sächsische 3. In fanterieregiment Nr. 102 in Neustadt (Sachsen) über, ging 1870 mit dem 7. Infanterieregiment dir. 106 in Chemnitz in den Feldzug gegen Frankreich und schied 1891 aus dem Militärdienst aus. Bis 1899 war er Chef der Hofhaltung der Herzogin Adelheid zu Schleswig- "Holstein-Sonderburg-Augustenburg. Im Weltkriege be tätigte sich Oberst Schlaberg als Pferdeaushebungs kommissar. Eine Spargelkrankheit in der Lößnitz. Wie die Pressestelle der Landwirtschaftskammer mitteilt macht sich in diesem Jahre in der Lößnitz eine neue Spar gel k r a n k h e i t stark bemerkbar. Sic äußert sich darin, daß der Trieb vorzeitig gelb wird und abstirbt. Am Grunde solcher Triebe bemerkt man eine mißfarbige Zone, die innen rötlich verfärbt und mehr oder weniger hohl und vermorscht ist. Die Krankheit wird durch Fusariumpilze hervorgerufen, die vom Erdboden aus iu die Pflanze eindringen, und verbreitet sich mit Hilfe von Sporen, die sich an den erkrankten Trieben sowie in der umgebenden Erde massenhaft finden. Um eine weitere Ausdehnung der gefährlichen Seuche zu verhindern, müssen die befallenen Triebe bis zum Wurzelansatz entfernt und alsbald Seite 2 verbrannt werden. Keinesfalls darf man sie auf den Kompost haufen werfen oder als Deckmaterial bzw. Einstreu verwenden. Außerdem empfiehlt es sich, den Boden der Befallstellen nebst einem Umkreis von einem bis zu zwei Metern mit einer 0^- prozentigen Uspulunlösung (25 Gramm Uspulun auf zehn Liter Wasser) gründlich zu durchfeuchten. Gröschl freigelaffen. Der reichsdeutfche Staatsangehörige Oskar Gröschl aus Meißen ist nach elfwöchiger Uniersuchungshaft mit Rücksicht darauf, daß sich die gegen ihn erhobenen An schuldigungen der Spionage als grundlos erwiesen haben, freigelassen worden. Er wurde lediglich wegen Über schreitung des Waffenpatents mit einer kleinen Strafe belegt, da er ein T a s ch e n m e s s e r bei sich geführt hatte, das in bezug auf Größe die gesetzlich zugelassene Grenze überschritt. Notlandung -es französischen Rußlandfliegers. Das französische Flugzeug, das Paris verlassen hatte, im den Weltrekord im Langstreckeuflug zu brechen, ist in der Nähe von Mühlleiten in einem Walde not- zelandet. Das Flugzeug wurde zertrümmert. Der Flieger hat sich auf seinem Flnge nach Rußland infolge dickten Nebels verflogen. Der Flieger van Loudenbeighe kam mit dem Leben davon. Das Flugzeug mußte abmontiert werden. Zum Selbstmord der Gebrüder Seck. Zu dem Selbstmord der Gebrüder Beck in Chem nitz werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Die Firma Beck hat auf H ä u t e a u k t i o n e n iu Berlin, Hamburg und Mitteldeutschland jährlich etwa für 100 Millionen Mark Rohhäute und Felle gekauft und einen bedeutenden Export nach Rußland unterhalten. Seit längerer Zeit sind durch rückläufige Rohhautpreise ernste Schwierigkeiten mit der Placierung und Diskontierung von Wechseln eingetreten. Die Verhältnisse haben sich so zugespitzt, daß die beiden Inhaber nach einer Kon ferenz beschlossen, aus dem Leben zu scheiden. Ein genauer Status der Verbindlichkeiten liegt noch nickt vor. Dis FLuchi aus -er Volksschule. Die Sächsische Evangelische Korrespondenz schreibt: über die bedenklichen Folgen des Berechtigungs- Wesens für unsere Volkskultur wird viel geredet und geschrieben, bisher ohne wesentlichen Erfolg. Dennoch ist es notwendig, immer wieder auf die Schäden hinzuweifen, die sich in mannigfachster Beziehung bemerkbar machen. Man muß heutzutage nach der Statistik geradezu von einer Flucht aus der Volksschule sprechen. Von 1922 bis 1927 hat sich die Zahl der Bevölkerung in Preu ßen um 3,63 Prozent vermehrt. In der gleichen Zeit nahm die Zahl der höheren Schüler in Preußen um 67 Prozent zu. Da die Gesamtkosten im öffentlichen Haushalt für einen höheren Schüler bedeutend höher sind als für einen Volksschüler und eiwa ein Drittel der höheren Schüler die Schulen vor Abschluß verlassen, so ist ein großer Teil der Mehraufwendungen für diese Schüler nutzlos vertan. Dem Drängen zur Höheren Schule steht gegenüber die Abwanderung aus der Volksschule. Nach einer Erhebung des Deutschen Städtetages traten Ostern 1927 von den Grundschülern in die Höheren Schulen über: in Stuttgart 52,5 Prozent der Knaben, 17,4 Prozent der Mädchen; inLeipzig 31,7 Prozent und 16,1 Prozent; in Nürnberg 30,8 und 14,5 Prozent: in Frankfurt a. M. 29,5 und 16,6 Prozent. Durch die Entwicklung droht die Volksschule immer mehr zur Armen- und ünbegabten- schule zu werden. Das Urteil im Leipziger Schlachthofprozeß. In dem Prozeß wegen der Durchstechereien am Leip ziger Schlachthof wurde nach zweitägiger Verhandlung das Urteil gefällt. Die Angeklagten wurden wegen Dieb stahls, Hehlerei und Vergehens gegen die Schlachtvieh- und Nahrungsmittelverordnung mit Gefängnis strafen belegt, und zwar einer mit einem Jahr vier Monaten, zwei mit je zwölf Monaten, einer mit zehn Monaten, vier mit je acht Monaten. Zwei Angeklagte wurden freigesprochen, während die übrigen Gefängnis strafen von zwei bis sechs Monaten erhielten. Neuwahlen in England? London. In parlamentarischen Kreisen wird neuerdings Üe Möglichkeit einer vorzeitigen Auflösung des englischen Parlamentes sehr ernsthaft in Frage gezogen. Bei einer Besprechung im konservativen Parteibüro stellte sich heraus, :aß alle Landesgeschäftsführer übereinstimmend der Meinung varen, daß noch vor WeihnachtenNeüwahlen tattfinden können. Darauf lasse die Agitation der Arbeiter- mrtei im Lande schließen. Zwar widersprach die Parteilei- ung dieser Auffassung, aber es läßt sich nicht leugnen, daß Sie innerpolitische Auseinandersetzung immer mehr die Merk- uale eines Wahlkampfes zeigt. Faßt man die Lage zusam- uen, dann ergibt sich, daß die Regierung außenpolitisch von Lrfolg zu Erfolg geschritten ist, und daß sie auch innenpoli tisch erfolgreich arbeitet. Sie hat ihre Wahlversprechen damit Hon zum Teil erfüllt. Nur in der Bekämpfung der Ar- )eitslosigkeit bleiben noch die Erfolge aus. Trotzdem ist die Stellung der Negierung so gut, daß die Gruppe in der Lci- ung der Arbeiterpartei, die für Neuwahlen ist, täglich an Einfluß gewmnt. Man wird daher eine Niederlage im Un terhaus, wenn auch nicht gerade herbeiführen, so doch auch keinesfalls zu vermeiden versuchen. Auch MacDonald scheint sich mit dem Gedanken von Neuwahlen vertraut zu machen, rm die absolute Mehrheit im Parlament zu rzielen. Kür un- wi-er -en tzoung-plan. Das Präsidium des Reichsausschusses für das I deutsche Volksbegehren hat einen von Or. Luaen-