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gegen die roten Pflästerchen des Hausvorsprunges und dachte nach. „Vor einem Jahr habe ich eine Dirn gehabt — so eins „Drittelsdirn" nur, die hat so geheißen „Amalie Bödlinger" Sie war aus dem Tirolischen herüber, aus der Jenbacher- Gegend." „Wo sie jetzt ist, wissen Sie nicht?" „Nein! Sie wird wohl wieder hinüber sein zu den Ihrigen " Am nächsten Tag war Franke auf der Wanderschaft nach dem Achensee. Eine Woche später kam er zurück. Verstaubt, verärgert, im Gewicht heruntergekommen, unrasiert und mit verschlamp tem Gewand. Dem Förster auf Valepp fiel es nicht weiter auf, nur die Frau Försterin hatte Augen. Sie sagte aber nichts, stellte ihm einen Buschen Latschen zweige aufs Zimmer, richtete ihm ein Bad, kochte ein Essen für drei und bestellte den Dorfbader zum Haar- und Bart- scheren Wahrens er yemdärmeng saß und die Speisen mit einem wahren Heißhunger hinunlerschlang, besserte sie die Risse in seiner Joppe aus' „Die Fahrt ist wohl umsonst gewesen, Herr Doktor^" „Völlig! Er iah den Blick, der an ihm haftete und gab sich einen Anlauf. Als es heraußen war, schämte er sich. „Wenn man von einer Frau jo gar nichts weiß — so gar nichts, Frau Gumppert, als daß sie eine Kalb'n mit einem bösen Hax' und einem Verwalter hat, der „Bödlinger" heißt —" „ . >o ist das herzlich wenig und schwer danach zu suchen," stimmte sie bei. Aber sie lachte nicht. So ein Vertrauen, das wollte behütet iein. „Ob sie verheiratet ist?" „Das weiß ich auch nicht," unterbrach er sie etwas er schrocken. „Gar nichts weiß ich, so ein Narr, der ich bin! Es geschieht mir gerade recht, was mußte ich ichlafen!" Am Nachmittag ging er auf die Brecherspitze, kam in einen schrecklichen Gewittersturm und langte erst spät abends voll ständig erschöpft und durchnäßt auf der Valepp an. Trotz seiner Müdigkeit tat er fast die ganze Nacht kein Auge zu. Die Läden klapperten und machten einen Höllen lärm, der Gießbach schoß mit verzehnfachter Wasserkraft zu Tal und oeruriachte ein dunkles Brausen und Dröhnen. Ein ständiges Krachen kam von den Höhen, als übe ein General baß für den Weltuntergang Erst gegen Morgen döste er etwas ein, schrak auf und sah die Försterin an seinem Bette stehen. „Der Mamert Böd linger sitzt unten in der Gaststube." Er beiann sich gerade noch uns zog die Füße, die er im Schwünge herausietzen wollte, umer die Decke zurück. „Frau Gumppert!" — „Ja! — Ziehen Sie sich jetzt ganz geruhlich an, Herr Dok tor, ich halt' -bn schon auf derzeit Er trinkt jetzt seine erste Halbe " Mamert Boonnger war für Just Franke wie eine Heiligen erscheinung, trotzdem er nicht im geringsten mit einer solchen Aehnlichkeit hatte. Das tiefgebräunte Gesicht war gesund gerötet, die Augen blau und von einer einnehmenden Offen heit Neben sich auf der Bank hatte er seinen grünen Hut liegen, auf dem ein mächtiger Gamsbart spielte. Die Försterin tat, als wäre es das Natürlichste von der Welt, daß der Doktor seinen Kaffee auf denselben Tisch ser viert bekam, auf dem der Bödlinger sein Bier stehen hatte. Sie fragte nach dem „Woher und Wohin", ob er von Tegern see heraufkäme oder ins Tirolische hinüber wolle. Der Mamert Bödlinger fand wiederum nichts bei ihrem Fragen Er wäre von Rottach-Berghof und wollte Umschau halten nach einer Kalb'n. Die seine wäre ihm gestern krepiert. Da mußte er nun Ersatz suchen. In Franke schlug der Uebermut in Hellen Flammen auf. „Aber den Brathendln geht's gut?" „Sell'm schon," sagte der Bödlinger, „fünfzehn Stück hab'n wir noch, die anderen haben die B'such von der Frau Kam mersängerin schon verspeist — „abg'fies'lt". — Aber das ver steht der Herr nicht." „Kammersängerin?" Franke behielt den Mund zur Hälfte offen. „Ja! In der Stadt drinn, da spielts dem Lohengrin seine Frau und die Ouvertüre." „Walküre?" — „So kann's auch heißen," gab Bödlinger zu. „Jetzt hat's ein bisserl einen Katarrh. Und die Kalb'n war auch krank, da is ein paar Wochen raus kommen. Is ein ganz manierliches Frauenzimmer. Die Mannsleut sind närrisch hinter ihr her. Aber sie halt sie sich hübsch vom Leib. — Ich möcht' zahl'n, Frau Försterin." „Darf ich für Sie begleichen?" sagte Franke. Der Mamert Bödlinger lachte über das ganze Gesicht. „Wann's woll'n! Da sag' ich net nein." „Ist es angängig, der Frau Kammersängerin einen kurzen Besuch zu machen?" „Warum nicht, Herr? Kommen so alle Tag etliche zehn oder zwanzig. Da gehst auf einen nimmer zam." „Kann ich vielleicht gleich mit Ihnen kommen, Herr Böd. linger?" „Ist mir auch recht. — Aber das „Herr" lass'ns weg. Ich bins nicht g'wöhnt. Sagens „Mamert" zu mir oder „Böd linger " Franke war starr, als er, vor die Haustüre tretend, einen Mercedes stehen sah. „Er Hal eine Reparatur braucht," erklärte der junge Mensch, „da hab ich ihn gleich 'rüberg'fahr'n. Sonst steuert ihn die Frau Kammersängerin selber." Er öffnete die Türe zum Fond und wollte Franke einsteigen lassen, aber dieser wehrte ganz entschieden. „Wenn schon, dann setze ich mich zu Ihnen. — Ich möchte nicht —" „Ah wo!" unterbrach ihn Bödlinger und lochte über das ganze Gesicht. „Schimpfen, das gibts bei der Gnädigen nicht, außer es schütt' ihr einer das Kraut aus mit lauter dumm' Daherred'n. Müssens halt sparsam sein mit die Wort, dann brauchens keine Angst hab'n." ' Franke stieg trotzdem mit gemischten Gefühlen neben dem jungen Menschen. Er empfand es plötzlich als großen Mangel, weder Smoking noch Coutawai) bei sich zu haben. Mit emer Kammersängerin hatte er nicht gerechnet Beinahe war er in Versuchung, wieder auszusteigen, nach München zurück zufahren und seine Toilette zu ergänzen. Aber der Mamert Bödlinger hatte schon den Motor in Gang gesetzt und die Försterin nickte ihm ermunternd zu. Im Grunde genommen, hatte er sich's redlich verdient. Mehr als die Hälfte seines Urlaubes hatte er auf der Suche nach ihr vertragen. Da war es nicht mehr als billig, daß er auch in kurzem Wichs und Lodenjoppe Gnade vor ihren Augen fand. st- -st Der Wagen flitzte gegen Tegernsee, rannte das glänzende Wasserband entlang und bog dann seitwärts ein. „Noch weit?" fragte Franke und ließ den Blick auf den verstreut liegenden Höfen ruhen. Bödlinger nahm dis eine Hand vom Steuer und zeigte nach der Höhe, wo, einem Schwalbennest ähnlich, rotes Ziegeldach durch Wald- und Obstbestände leuchtete. Der Wagen über wand die Steigung mit Leichtigkeit und schraubte sich mit selbstverständlicher Eleganz den Berg hinauf. „Da gehen jetzt unsere Felder an," sagte Mamert stolz. „Der Wald dort drüben gehört auch noch dazu, die Wiesen auch." „So groß?" verwunderte sich Franke. Leoe Woche ein Heft zu LS pfg. (gut gedruckt auf blütenweißes holzfreies Papier) 8—HO Hefte bilden einen I^oman! Dann eure prächtige Decke kostenlos (goldgeprägte Halbleinen-Einbanddecke) und das Buch ist fertig! Dier bls fünf prächtig gebundene Bände zieren jedes Jahr Ihren Bücherschrank neu! „Meisters Buch-Boman" schafft die idealste und interessanteste Hausbücherei Druck und Verlag von Oskar Meister, Werdau i. Sa.