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N:. 215. Pulsnitzer Tageblatt. — Sonnabend, den 14 September 1929. Seite 2 Die Berkehrsunsälle vom Donnerstag haben in Frankreich 15 TodeS« . opfer und 22 Verletzte zur Folge gehabt. Die Regierung von Indien hat eine Aufstellung veröffentlicht, nach der im letzten Vierteljahr 47 Streiks in den verschiedenen indischen In« dustrien zu verzeichnen waren. Allein in der Baumwollindustrie kam es zu 27 Streiks, durch die 4 762129 Arbeitstage verloren gingen. In Lodz beginnt dieser Tage ein Riesenprozeß gegen 43 Banditen, denen verschiedene Morde und Ueberfälle zur Last gelegt werden. Sämtliche Angeklagten droht die Todesstrafe. Da« Gericht hat 113 Zeugen geladen. StkWt Md sWfcht LMltWhtillN Pulsnitz. (Erich Ponto) bringt nächsten Mon tag heitere Stücke aus aller Welt. Wer den Künstler als „Schneider Wibbel" oder als „Zwirn" in Lumpazivagabun dus kennt, der weiß, wie er den feinen und den übermütigen Humor beherrscht. Berlin hat ihn nach einem Gastspiel mit durchschlagendem Erfolg in einer lustigen Rolle der „Drei groschenoper" an sich gezogen, sodaß kaum wieder Gelegen heit sein dürfte, diesen einzigartigen Künstler zu hören (vgl. Anzeigenteil). Pulsnitz. (Der ärztliche Sonntagsdienst) wird am Sonntag, den 15. September 1929 von Herrn vr. meck. Fuchs versehen. Pulsnitz. (Die Anmeldung der Schulneu linge) findet nächsten Montag und Dienstag von 2—4 Uhr nachmittags statt. Pulsnitz. (Die Mütterberatung) findet am Dienstag, den 17. September 1929, nachmittag von 3—4 Uhr im Rathause 1 Treppe statt. Arzt wird anwe send sein. — (Vor dem Abflug der Zugvögel.) Zwar heißt es in der alten Wetterregel „An Mariä Geburt" — 8. September -- ziehen Störche und Schwalben furt." Das diesjährige außergewöhnlich heiße Spätsommerwetter hat aber einen Teil unserer Zugvögel bewogen, noch einige Tage darüber hinaus in der alten Heimat zu bleiben. So streifen in großen Schwärmen noch die Rauchschwalben umher. Die Stare sitzen immer noch laut lärmend in den Kronen der Bäume, streichen in mächtigen Zügen von ihnen ab, schwen ken und fallen wie auf Kommando in den Stoppelfeldern ein. Bachstelzen sind in einzelnen Stücken noch immer an zutreffen. Wo Lücken in der Landschaft durch bereits ab ziehende Vögel entstanden sind, werden sie durch das Ein rücken der Strichvögel ausgefüllt. Oberstei»»«. (Jubiläum) Der Turnverein VT. hat Veranlassung die Tage des 21. und 22. September fest lich zu begehen Ein Jubiläum besonderer Art gilts zu feiern, denn zwei Getreue blicken in diesen Tagen auf eine jahrzehnte lange Amtstätigkeit innerhalb des Vereins zurück. Dieser besonderen Treue soll ein Festabend am 21. und ein Festball am 22 September in freudiger Dankbarkeit gewid met sein. Wir machen schon heute auf diese besondere Be gebenheit aufmerksam und brauchen wohl nicht hervorzuheben, öaß dem Festabend am Sonnabend dec übliche turnerische Beigeschmack, durchwirkt von Liedern unseres Heimatdichters und von Musik nicht sehlen wird. Rauschwitz. (Motorrad Unfall.) Zu einem schweren Motorradunfall kam es vorgestern abend auf der Staatsstraße Kamenz—Bischofswerda unweit des „Heitern Blick". Ein Motorradfahrer aus Großröhrsdorf wollte in rasender Geschwindigkeit ein mit Stroh beladenes Fuhrwerk rechts überholen. Dabei geriet der Beiwagen an einen Steinhaufen und überschlug sich. Wunderbarerweise erlitt nur der Führer starke Handverletzungen, während der Bei- fahrer mit dem Schrecken davonkam Das Motorrad wurde stark demoliert. Die Schuld trifft dcu Fahrer selbst, der sich außerdem noch recht ungebührlich bei der Aufnahme des Tat bestandes benahm. Ttolpeu, 13. September. (Schadenfeuer.) Am Donnerstagnachmittag ist das aus Wohnhaus, Stall und Scheune bestehende Anwesen des Gutsbesitzers Max Schu mann im benachbarten Rennersdorf vollständig niedergebrannt. Das Feuer griff auch auf die Scheune des Wirtschaftsbe sitzers Röthig über, die ebenfalls niederbrannte. Das Feuer brach beim Dreschen in der Scheune des Gutsbesitzers Schu mann, wahrscheinlich durch Kurzschluß aus. Der Schaden ist beträchtlich. Dresden. (Sächsische Künstler in Genf.) Aus Anlaß der diesjährigen Völkerbundsversammlung wurde die Dresdner Staatsoper eingeladen, in Genf festliche Opern- und Konzertaufführungen zu geben. Es gelangen zur Auf führung am 20. September „Die ägyptische Helena" von Richard Strauß (1. Aufführung in der Schweiz) und am 23. September „Die Meistersinger von Nürnberg" von Richard Wagner. Unter musikalischer Leitung von Fritz Busch und in der Inszenierung von Otto Ehrhardt wirken in den Haupt rollen Rose-Pauly. Marie Reidl, Helene Jung, die Herren Iwan-Andresen, Ludwig Ermold, Max Hirzel, Martin Krämer, Max Lorenz, Friedrich Plaschke mit. Unter Leitung von Generalmusikdirektor Fritz Busch mit Professor Adolph Busch als Solist finden am 19. und 23. September zwei Sinfonie- konzerte der sächsischen Staatskapelle statt. Dresden. (Heim der Dresdner Mittel st a n d s j u g e n d.) Am Sonntag, den 15. September findet die Einweihung des Heims der Dresdner Mittelstandsjugend in Geor^enfeld bei Zinnwald statt. Grundstück und Heim sind vom Staatsministcr a. D. Dr. Wilhelm, M. d. L., zur Verfügung gestellt worden. Dresden, 12. September. (Früherer Hallen- schluß in der Jahresschau.) Der fortgeschrittenen Jahreszeit wegen werden ab Montag, den 16. September die Hallen der Jahresschau „Reisen und Wandern" bereits um 18 Uhr geschlossen. Als Schlußtag der diesjährigen Jahresschau wurde Sonntag, der 29. September, festgesetzt. Pirna. (Großer Waldbrand.) Im Abschnitt Großgaupa des Staatsforstreviers Lohmen wütete ein großer Waldbrand, durch den etwa 12 OM Quadratmeter Jung- und Mischwald vernichtet wurden. Das Feuer ist vermutlich durch Wegwerfen eines Zigarren- oder Ziga- rettenstummels entstanden. Riesa. (Fischsterben in der Elbe.) Auf der hiesigen Elbstrecke wurde ein starkes Fischsterben wahr genommen. Nachforschungen ergaben, daß die Ursache des Äbsterbens der Fische auf das Einlassen von Abwässer» aus einer chemischen Fabrik zurückzuführen ist. Chemnitz, 12. September. (Schreibmaschinen für den Halbmond) Nach einer Meldung des Chem nitzer Tageblattes hat die deutsche Schreibmaschincnindustrie große Lieferungsaufträge für die modernisierte Türkei erhalten. So liefern die A. G. Vorm. Seidel L Naumann in Dres den, die Wandererwerke in Chemnitz und die Maschinenfa brik Kappel Hunderte ihrer vorzüglichen Schreibmaschinen an türkische Schulen, Aemter und Kontore. Chemnitz. (Ein maskierter Räuber.) Ein maskierter Unbekannter hatte sich in die unbeleuchtete Hausflur des Gutsbesitzers Max Müller in Uhlsdorf bei Penig geschlichen. Als er von Müller und dessen Frau entdeckt wurde, forderte er unter Vorhalten einer Pistole die Frau auf, Geld zu holen. Müller sprang sofort nach der Stube zu, um Hilfe herbeizurufen, worauf der Un bekannte einen Schuß auf ihn abgab. Zu Frau Müller, die in der Hausflur stehengeblieben war, sagte er: Ich tue euch nichts, ich will nur Geld." Als Müller in der Stnbe nach Hilfe rief, schoß der Unbekannte auch nach der Frau, ging rückwärts nach der Hausflur zurück, schoß dort ein drittes Mal in die Hausflur und flüchtete ohne Beute durch die offene Haustür in Richtung Wolkenburg. Nach den vorgenommenen Erörterungen hat es sich nicht um scharfe Schüsse gehandelt. Verletzt ist niemand. Zwickau. (Der Reisekreditbriefschwind' ler ermittelt.) Im Laufe der vergangenen Woche war es einem Reisekreditbriefschwindler gelungen, mn Hilfe eines gefälschten Kreditbriefes der Gemeindespar kaffe Uhlstädt i. Thür., in verschiedenen Städten des Vogtlandes und in Zwickau rund 20 000 Mark zu erbeuten. Der Schwindler ist nunmehr in der Person des zuletzt w Uhlstädt wohnhaft gewesenen Berufsschullehrers Erich Kirchhoff, der seit dem 4. September flüchtig ist, ermittelt worden. Unter den erbeuteten Scheinen befand sich auch eine große Anzahl Noten der Sächsischen Bank zu 50 Marl von 11. 10. 1924. Er wird sicherlich versuchen, diese Scheine innerhalb Sachsens abzusetzen, worauf das Kriminalamt Zwickau die Bevölkerung besonders auf merksam macht. Leipzig. (Die Vorsitzenden des Deutschen Richterbundes.) Anstelle des Senatspräsidenten Reichart wurde anläßlich des 8. Richtertages in Köln der Landge richtsdirektor Wunderlich-Leipzig zum 1. Vorsitzenden und Reichsgerichtsrar Linz-Leipzig zum stellvertretenden Vorsitzen den des Deutschen Nichterbundes gewählt. Oer Landesausschuß Sachsen sür das Volksbegehren. In Sachsen hat sich der Landesausschutz für das deutsche Volksbegehren unter Vorsitz des Generals der Infanterie a. D. Wöllwarth gebildet. Dem Präsidium sind bisher aus den hinter dem Volksbegehren stehenden Verbänden und Parteien folgende Persönlichkeiten bei getreten: Rechtsanwalt Dr. Berthold (Vereinigte Vater ländische Verbände Sachsens), Oberst a. D. Brückner (Stahlhelm, Landesverband Sachsen), - Dr. Fritzsch (Na tionalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei), Arbeiter sekretär Hartmann (Deutschnationalcr Arbeiterbund), Ge neraldirektor Köllmann-Leipzig, Sanitütsrat Dr. Kretsch mar (Alldeutscher Verband), Rittergutsbesitzer von Lütti chau (Deutschnationale Volkspartei), Generalsekretär Rock stroh-Heidenau, Gutsbesitzer Schlimpert (Junglandbund) und Fabrikbesitzer Dr. Wildgrube. In den nächsten Tagen wird der Landesausschuß mit einem Aufruf an die Öffentlichkeit treten. Zum Schutze der Obsibäume. Die Pressestelle der Landwirtschaftskammer macht auf die große Gefahr der Froftspanner aufmerksam, die vom Obstzüchter mit aller Energie bekämpft werden sollte. Das wirksamste Mittel zur Bekämpfung dieses Schädlings dürfte in dem Anlegen von Raupenleimringen liegen. Dadurch wird das Weibchen gehindert, den Stamm hmaufzukriechen, wo es sonst etwa 200 bis 300 Eier ablegt, ans denen im kommenden Frühjahr dann unzählige Raupen ausschlüpfen. Das Papier, das zu den Leimringen verwendet wird, legt man im zweiten Teil des Monats Oktober in Brusthöhe um die Stämme. Es empfiehlt sich dann, bei den Leimringen selbst in der Qualität nicht zu sparen, da weniger gute Leimringe sehr bald eintrocknen. Wafternot auch im Vogtland. Da die Stadtwasscrleitung in Treuen (Vogtland) einen weiteren beträchtlichen Rückgang ihrer Zuflüsse zu. verzeichnen hat, verbot der Stadtrat alles Verwenden von Wasser zum Baden, Bleichen, Reinigen der Autos und Begießen der Gärten. Die Polizei ist zur Kontrolle an gewiesen. 'Im Stadtbad werden nur noch Dienstag bis Sonnabend jeder Woche ärztlich verordnete Bäder ab gegeben. Verhaftung des Leiters der Bischofswerdaer Dank. Der Bankier Johann Wagner, der bisherige Leiter der Bischofswerdaer Bank, Engelhardt u. Wagner, die ihre Zahlungen eingestellt hat, ist wegen einer Reihe gegen ihn ergangener Anzeigen in Zittau verhaftet worden. Er wird in den nächsten Tagen nach dem Unter suchungsgefängnis Bautzen übergeführt werden. Brände. In Flöha wurde in der Dresdener <""-aße ein Wohnhaus durch Feuer vollständig eingeäsch^l. — In Öderan brach in der Schulgasse im Grundstück des Molkereibesitzers Sander Feuer aus. Durch schnelles Ein greifen der Feuerwehren konnte der Brand lokalisiert wer den, so daß nur der Dachstuhl ausbrannte. Hier sollen Kinder, die mit Streichhölzern spielten, das Feuer verur sacht haben. — In Rennersdorf bei Stolpen brannte das Anwesen des Gutsbesitzers Schumann, bestehend aus Wohnhaus, Stall und Scheune, bis auf die Grundmauern nieder. Das Feuer griff auch auf das Nachbaranwesen über' und äscherte die Scheune des Gutsbesitzers Russig ein. Das Feuer ist beim Dreschen in der Scheune aus gebrochen. — In Niederottendorf bei Neustadt brach in dem den Wendlerschen Erben gehörigen Wohn hause Feuer aus. Das Gebäude brannte vollständig nieder. Bei Ausbruch des Brandes befand sich in der Schlafstube ein krankes Kind, das noch im letzten Augen blick gerettet werden konnte. Reichsernährungsminister Dietrich über die Lage am Getreidemarkt Mannheim, 13. September. Auf Einladung der Handels kammer Mannheim sprach am Freilag Reichsernährungsminlster Dr. ,Dietrich aber die Lage am deaischen G-treid-markt. Drr Minister ging u. a. auf die Handelsverträge ein und betonte, daß der Möglich keit, die W-izeneinfuhr in die Hand des Staates zu nehmen, von vorn- herein der Boden entzogen sei. Es käme aber nicht nur auf den Weizen, sondern auch auf den Roggen an. Der Noggenprcis sei aber nicht unabhängig von den Futterpreisen. Große Geldmittel seien erfor derlich, um die damit verbundene Borratswirtschaft zu bezahlen. Not wendig sei ferner eine Organisation, die finanziell nicht tragbar sei j und in der Kürze der Zeit nicht zu schaffen sei. Dazu komme die s Unmöglichkeit einer Verständigung über die Preishöhe. Das deutsche s Volk könne auf allen in Brtrachk kommenden Gebieten de« Getreide- j bams und der Müllereiprodukte sowie der Futtermittel eine Zwangs» i Wirtschaft nicht ertragen. Der Weizenpreis sei zur Zeit unzulänglich, j aber besser als im Vorjahre. Es bestehe das Gifitz über den Vermah- t lnngszwang. Das Reichrernährurgsmimstenum habe erklärt, daß cs - den Bermahlungszwang rücksichtslos durchführe» «erde. Sowohl das ! ErnährungsmiNlstcrium wie die Müller batten fcstzestcllt, daß der i Vermahlunftszwang mindestens einen Mehrverbrauch an Jnlandsweizen ! von 300 000 Tonnen erfordern wird. Da der Jnlandsweizen bisher ( immer uniergebracht worden sei, muffe diese Tatsache früher oder später i wirken. Sollte sie nicht wirten, dann werde dar Ministerin m nicht i unterlass n (die erforderlichen Verschäisungen anzvwenden. Das Mini- ! stcrium und der Minister selbst seien aber nicht geneigt, überstürzte i Maßnahmen zu treffen, um nicht eine unnötige Beunruhigung ans den i Märkten, im Handel und bei den Mühlen hervorzuruscn. Beim Rog- j gen lägen die Dinge anders. Das Jahr 1929 weide voraussichtlich ! wieder eine gute Ernte bringen. Der Roggen würde einen Ucbcischuß f dringen, der entweder ausgesührt oder zur Bersülterung verwendet wer- s den müsse. Die Getreidehandclsgesellschaft habe rund 80 000 Tonnen j Roggen aus dem Markt genommen. Die maßgebenden Vertreter des i Handels in Berlin hätten diese Aktion nicht verhindert, sondern unter- ! stützt. Es sei nicht beabsichtigt, diese Unterstlltzungsaklion einzustellen. > Die erforderlichen Geldmiilel seien vorhanden Es komme allerdings ! darauf an, daß die Landwirtschaft durch überstürztes Angebot den i Markt zusammenwerfe. Es müßten Mittel und Wege gefunden werden, ülllü sie Mdsi lick M SSMMiWg Die türkischen Frauen, die seit Ende des Krieges immer mehr die Rechte der euro päischen Frauen in Anspruch nehmen, haben nun ihre Schönheitskönigin gewählt. Fräulein Feriha Tevfik (Nummer 11) erhielt diesen Ehrentitel und wird nunmehr auch an den internationalen Wettbewerb teilnehmen.