Volltext Seite (XML)
Nr. 196. Pulsnitzer Tageblatt. — Freitag bin 23 August 1929. Seite 3. neu keine Notwendigkeit erkennen, daß das Recht zum Be- k triebe der Deutschen Reichsbahn auf ein privates und unab hängiges Unternehmen mit selbständiger Geschäftsführung in Wirtschafts-, Finanz- und Personalangelegenheiten ohne jeden Einfluß der Reichsregierung und des Reichstages über tragen werden soll. Das deutsche V müßte esalsschwe - ren Eingriff in seine rechte empfinden, bliebe ihm die Selbstverwaltung seines größten Unternehmens versagt. Die Einrichtung des deutschen Berufsbeamtentums, das sich staats- und wirtschaftspolitisch auch bei der Reichs bahn bestens bewährt hat, ist mit allen Kräften zu erhalten." * Berlin. Der Neichsbund Deutscher Ange. stellten-Berufsverbände erläßt folgenden Auf ruf: „Angestellte in Stadt und Landl Der Young-Plan will aufs neue unserem deutschen Vaterlande unerträgliche Lasten aufbürden. Entgegen den Bestimmungen selbst des Versailler Diktatfriedens sollen wir bis zum Jahre 198L tributpflichtig sein. Hierdurch wird die soziale Zu- kunft der gesamten deutschen Arbeit nehmerschaft und besonders der weiten, schon ohnehin schwer ringenden Angestelltenkreise aufs stärkste be droht. Angestellte in Stadt und Landl Der fortschrittliche deutsche Angestelltenveckand, der RDA., ruft alle An gestellten auf, geschlossen mit ihm für das Volksbegehren gegen den Young-Plan einzutreten. Keiner darf fehlen! Angestellte in Stadt und Land! Es geht um das Schicksal unseres deutschen Vaterlandes und damit auch um unser aller persönliches Geschick. Gegen die Tribut versklavung, für ein freies Deutschland! Gegen Lohn- und Gehaltsdruck durch Kriegsentschädigungsleistungen, für den sozialen Aufstieg der deutschen Arbeitnehmerschaft!" Verlängerter Bankenkredit für das Reich. Wie man erfährt, bestätigt es sich, daß das Reichsfinanz. Ministerium mit den Banken Verhandlungen führt, um die demnächst fällig werdenden SchatzanweisiMgcn des Reiches zu prolongieren. Es handelt sich um einen Betrag von 140 Millionen RM. Schaßanweisungen, die am 30. Sep- tember zurückznzahlen wären. Voraussichtlich wird eine Hinausschiebung der Fälligkeit über das Jahresende hinaus erfolgen. Bekanntlich ist dir Kassenlage des Reiches noch immer nicht so geklärt, daß die Rückzahlung der Fälligkeiten ohne unerwünschte Belastung der Neichsfinanzen erfolgen könnte. Briand fährt zum Sonntag nach Paris Paris, 22. August Dem „Jntrausigeant" wird aus dem Haag gedrahtet: Ein Zeichen für den nicht allzu un günstigen' Verlauf der Haager Beratungen ist in der Tat sache zu erblicken, daß Briand am Sonnabend nach Paris zu reisen beabsichtigt. Am Sonntag wird er einen Minister rat abhalten und Montag wieder in den Haag zurückkehren. Die neuen Feldmützen der Reichswehr, die jetzt bei den Pionierübungen an der Elbe verwendet wurden. Aus aller Welk. Berlin sucht 50-Millisnrn-Pump. Ein Bantenkonsortium unter Führung der Preußischen Staatsgut (Seehandlung) und der Deutschen Bank, wird Oer einrinchen. Das Manien» Konsortium scheint der Auffassung zu sein, daß bei der gegen wärtigen Lage des Kapitalmarktes eine Anleihe in der von aer Stadt Berlin gewünschten Höhs (genannt werden 50 Mil lionen Mark) kaum Aussicht auf vollen Erfolg hat. Nroße WechselmtterschlagurMN einer Betrügrrbande. Berlin. Durch zahlreiche Anzeigen, die bei der Krimi nalpolizei und der Staatsanwaltschaft eingelaufen sind, mur ren die Behörden auf die Spur einer gefährlichen Betrnger- !>ande gebracht, die in der letzten Zeit Kaufleute in Der- . i n und in der Provinz sehr großen Schaden zugefugt hat. Die Beschuldigungen — u. a. die der Wechselunter, ichlagung in vielen Fällen — richten sich in erster Linie regen einen Kaufmann Iakob Roeßel, der bereits wegen rhnlicher Delikte häufig mit der Strafbehördc in Konflikt ge- !ommen ist. Außer Noetzel werden aber noch über zehn in de re Leute beschuldigt, den dunklen Geschäften Bor- ichub geleistet zu haben. Der Kreis der Betrüger und ihrer Helfershelfer führte den Namen „Der Ning". Die Mit- flieder des Konsortiums hatten cs in erster Linie auf Kauf- ,^ute abgesehen, die sich in schlechter Geschäfts- age befanden und dringend Geld benötigten. In wAchem ! der „Ring" seine Opfer geschädigt hat, steht noch nicht j ep. stuf jeden Fall aber zählen die Objekte der B e t r ü - ! ; ereien umh vielen Hunderttau senden Mark. Riesemmierschlagungen in Bukarest. Bukarest. Der Prüfungsausschuß des r u m ä n > s ch e n Finanzministeriums hat bei der Bukarester Gemeinder:r ..al- lung wieder große Unterschlagungen aufgcdeckt, die bis auf j das Iabr 1920 zurückgehen. Dle Unterschlagungen über steigen die Summe von 400 Millione n Lei. Einige Be amte sind verhaftet worden. Eisenbahnunglück auf der Tauernbahn. Wie«. Auf der Tauernbahn stieß Donnerstag mittag der Schnellzug 0 118 mit dem Personenzug 716 auf freier Strecke zwischen den Bahnhöfen Schwarzach - St. Veit und Loifarn zusammen. Nach den vorliegenden Meldungen sollen bei dem Unfall fünf Personen getötet «nd etwa zwanzig verletzt worden sein, darunter mehrere schwer. Die Ursache des Zusammenstoßes dürfte, soweit bisher bekannt, in einem Fehler bei der Abfertigung des Personenzuges liegen. Selbstmord einer Zwölfjährigen. Stettin. Seit dem 19. August wurde in Bütow eine zwölfjährige Schülerin vermißt. Das Kind hatte um 1 Uhr die Schule verlassen und war noch nachdem in der Sladt gesehen worden. Man fand die Leiche des Kindes im Gilling-See. Es hatte seine Schulsachen am Ufer nieder gelegt; daher vermutet man, daß das Kind Selbstmord ver übt hat. Nächtliche Löwenjagd in — Gumbinnen. Gumbinnen (Ostpr.). Durch Nachlässigkeit eines An- festellten des Zirkus Alberty, der in Gumbinnen seine Abschiedsvorstellung gab, entwichen nachts drei Löwen aus »em Zirkus. Der Verwalter des in Stadtnähe liegenden Gutes Hrücklerhöfchen, aufmerksam gemacht durch das Lrüllen einer Kuhherde, begab sich aus seiner Wohnung, um ne Ursache der Unruhe festzustellen. Als er in die Dunkel heit hinauskam, erhielt erplötzlichvonhinten einen Schlag in den Rücken. Als er sich umwandte, sah er einen tarken Löwen hinter sich. Auf seinen Zuruf hin wich der löwe zurück, so daß der Verwalter seine Wohnung wieder rreichen und die Tür schließen konnte. Jetzt wurden Herr- chaft und Personal des Gutes alarmiert. Man sah durch die Fenster, wie die Löwen im Garten und auf dem Hof zerumliefen. Inzwischen erschienen Angestellte des Zirkus Md Direktor Alberty selbst auf dem Hof, um die Bestien nieder einzufangen. Gb" ''cherweise gelang es, die Tiere ruf dem Hof, der ein gc chscnes Viereck bildet, zu stellen md durch Vorsetzen von Gittern in drei Eebäudewinkeln ab- msperren. Um keine Panik während der Vorstellung zu ver- inlassen, wurde im Zirkuszelt das Programm ruhig durch- zeführt. Erst nach Beendigung der Vorstellung ging man an ms Einfangen der Löwen. Der Raubtierwagen wurde an ne provisorischen Zellen herangebracht, und auf Zureden hres Bändigers kehrten die Löwen in die gewohnte Gefan genschaft zurück. Taifun im Hafen von Hongkong. s Hongkong. Lin schwerer Taifun, dessen Stunden geschwindigkeit nach Angabe im Maximum über 190 Kilo meter betrug, fegte an der südlichen Weichbildgrenze von Hongkong entlang. Im Hafen bildeten sich wahre Wellen berge. Dampfer und Kriegsschiffe mußten schleunigst Stellen aufsuchen, wo sie der Gewalt des Sturmes weniger ausgesetzt waren. Der Passagierdampfer „Tyndareus" wurde von seinem Anker losgerissen und entging mit knapper Not dem Schicksal, an die Küste geworfen zu werden. Eine Reihe von Schleppdampfern war eifrig tätig, gefährdete Schiffe, die vor Anker trieben, in Sicherheit zu bringen. Der Orkan tobte fünf Stunden mit größter Heftigkeit; es folgten ihm wolken bruchartige Regengüsse. Zwei Schnellzüge znfammengestotze« Agram. Wie aus Susak gemeldet wird, sind am Donnerstag nachmittag in der dortigen Station infolge falscher Weichenstellung zwei Schnellzüge zusammengestoßen. Da die Fahrtgeschwindigkeit der Züge schon stark gemindert war, hatte der Zusammenstoß keine ernsten Folgen. Bon den Passagieren wurde niemand verletzt. Nur ein Heizer erlitt schwere Verletzungen. Die beiden Lokomotiven und die Dienst wagen wurden schwer beschädigt. Sssoncksrs AünstißM ketttsilsnn-KngedoKl la.Vsre, ?kck bä 7 50. Vvig*, Svd okstt Ei« großzügiges Schwimmbad-Projekt Die Stadtverwaltung Frankenthal (Pfalz) beabsichtigt, ein großes Schwimmbad mit 52 000 qm Wasserfläche und 2 Sportschwimmbahnen von 50: 25 m anzulegen. Diese große Wassersportstätte wird ohne allzugroße Kosten gewisser maßen als Nebenprodukt des Straßenbaues Frankenthal- Oppau entstehen. Für diesen Bau sind mehr als 200000 cbm Kies zum Ausgleich der Geländeunterschiede heranzuschaffen. Die beim Ausbaggern dieser Bodenmenge entstehende Wasser fläche wird für das Schwimmbad nutzbar gemacht werden. Nach Vollendung der Arbeiten wird das 24 000 Einwohner zählende Frankenthal über eine Wassersportstätte verfügen, um die sie manch andere Stavt beneiden wird. M«tz Ford Strafe zahle« oder Gefängnis? Durch die ganze Welt ging kürzlich die erschütternde Meldung, Henry Ford, der amerikanische Autokönig, habe einen Bekannten bitten müssm, ihm mit zwei Cenis auszuhelfen, weil er, der zweitreichste Mann der Erde, nicht das nötige Geld bei sich trug, um eine Geschenk briefmarke zum fünfzigjährigen Jubiläum der elektrischen Glühbirne zu kaufen. AIS Gegenwert schrieb er dcm freundlichen Helfer in der Not einen Scheck über zwei Cents aus. Unter den Amerikanern, die von dieser letzten großen Tat Henry Fords lasen, befand sich auch ein Ncw» Yorker Rechtsanwalt. Dieser nüchterne Jurist erinnerte sich plötzlich an einen praktisch ganz in Vergessenheit geratenen Gcsetzesparagraphen, der ungefähr lautet: „Niemand da s einen Scheck über einen Betrag von weniger als einem Dollar ausstellcn. Zuwiderhandlungen werden mit 500 Dollars Geldstrafe oder mit Gefängnis bis zu sich; Monaten geahndet." Der R-chlsanwalt teilte seine Entdeckung natürlich wieder den Zeitungen mit: „Ich will Herrn Ford nicht die geringsten Schwie. rigkeittn bereiten, sondern es macht mir nur Spaß sestzustellen, wie leicht ein Amerikaner über irgend ein Gesetz stolpern kann, von dem die tNffmlächkeit gar nichts weiß." Nun ist man aber in Amerika doch gespannt, ob sich ein eifriger Staatsanwalt findet, der den Uebel, tätcr vor dos Gericht bringt. Ein unmenschlicher Farmer. In Somerville im Staate New Jersey sind drei Kinder, die auf einem Kornfeld Achrcn pflückten, durch Schüsse getroffen worden. Ein Kind ist gestorbe n. Der Besitzer der Farm wurde in Unter suchungshaft genommen. Unwetter über Ungarn. Ueber verschiedenen Teilen Ungarns sind mehrere Unwetter niedergegangen, bei denen insgesamt fünf Personen durch Blitzschlag getötet wurden. In dem Dorfe Szalonna wurde ein Landwirt, der mit seinen beiden Kindern nach Hause fuhr, unterwegs vom Blitz getroffen. Alle drei wurden getötet. Zwe! „Gemütsmenschen". In Kiel wurde ein auf einer Bank im Schützenpark eingeschlafener Mann von Un bekannten mit Spiritus übergossen und angezündet. Er liegt in hoffnungslosem Zustand im Krankenhaus. Zwei den Tat verdächtige Burschen aus Hamburg wurden festge» nommen. Oie Betrügereien auf dem Leipziger Schiachthof. In dem Betrugsprozeß, der gegen eine Reihe von Großschlächtern vor dem Leipziger Schöffengericht an steht, ist eine sensationelle Wendung eingetreten. Die Verfahren wurden abgetrennt, soweit es sich im Betrug durch Hinterlegung angeblich gefälschter Schlußscheine handelt. Es hatte sich herausgestellt, daß die Berechnung der Schadengrundlagen durch die staatliche Versicherungs anstalt nicht einwandfrei erfolgt ist, auf dieser Grundlage aber ist ^ie Anklage aufgebaut. Das Gericht muß aller dings anerkennen, daß bei den vorhandenen Mitteln die Berechnung nicht anders möglich gewesen wäre. Der Prozeß wird weitergeführt, wenn diese Angelegenheit geklärt ist. Im übrigen wird, soweit Bestechung usw. vorliegt, weiter verhandelt. Sport Sein 500. Fußballspiel. Das 500. Fußballspiel in der ersten Mannschaft seines Vereins lieferte der weit über die Grenzen seiner Heimatstadt und des Verbandes Mitteldeutscher Ballspielvereine hinaus bekannte Edy (Penndorf) vom Verein für Bewegungsspiele Leipzig. In den langen Jahren seiner sußballsportlichen Tätigkeit für den V. f. B. hat der jetzt 37jährige sehr viel zur Hebung des Leipziger und -nitteldeutschen Fußballsports bei getragen. Autorennen im Engadin. Bei den Flachrennen in St. Moritz erreichte der Deutsche Rosenberger mit 193,6 Std.--Km. die beste Zeit aller Klassen. Radsport. Der Belgier THMembeck ging bei den Dres- dener Radrennen als Sieger hervor. — In Frankfurt siegte im Gesamtergebnis der Holländer Snoek. Der fliegende Kaufmann. InBerlin landete der be kannte Amerikafahrer Bandley mit seinem kleinen Sport-, fluazeuq „Motte". In seiner Begleitung befand sich der amerikanische Wirtschaftler Filsinger. Beide hotten von Johannesburg (Südafrika) aus einen „Geschäfts- flua" unternommen, der sie in 27 Etappen über die Vik- toriafälle, Niobe, Angora, Kairo, Konstantinopel, Sofia, Wien, Prag nach Berlin führte. Phantastischer SchnelliqkeitSrekord eines Fliegers. Bet den englischen VeriucysftUgen für den Schneider-Pokal der am 6 und 7. September vor Lomes ausgetragen wird, erreichte der Fliegerleutnant Atcherley mit einem Super- marine-Flugzeug „8 6" die geradezu phantastische Geschwin digkeit von über 560 Kilometer in der Stunde. — Das Bill den Flieger Atcherley. Sonne und Mond. 26. S.-A. 5.01, S.-U. 19.01. M.-A. 21.11, M.-U. 12.03. Marktpreis« i« Kamenz am 22. August 1929 Am gestrigen Wochenmarkte wurden gezahlt pro Zentner ^'izcn, eff Gew. 77 Ice- 11,50-11.75 Mk. Mvgqen, eff. Gew. 73 Irx neu 9 00 Mk., Gerste 960 Mk - Hafer alt g.og Mk.. neu 8,00-8,50 M., Weizen nie bi (Kaiserauszuq 60°/») 23,00-25,00 Mk, Roggen mehl (60°/-) 15.06-1''25 Mk, Weizenkleie 7.25-7,50 Mk., Roaqenkleic 7,25-8,00 Mk, Heu 3,50-4,00 Mk„ Flegelstroh - Mk, Fu"«rsiroh 2,00 Mk., Streu- strob 2,00 Mk., Kartoffeln 3-bO M pro xz^tner, Butter 2,10 Mk. das Pfund, Eier 13-14 Pfg. das Stück. Ferkel 32-46 Mk-, Läufer 70-90 Mk, Gänse 8-9 Mk. das Stück. Für ausgesuchte Ware Preis über Notiz. Nilis Wasser - Temperaturen am 22. Aug. MM-Vllv 17 - 18 - 20 Krad Celsius Landeswrtterwart« Dresden lRachdrnrk verböte«) Bei schwacher Luftbewegung meist heiter, nach kühler Nacht tagsüber ziemlich warm. ' Kirchen - Nachrichten Oderlichtenan Sonntag, den 25. August, 13. n. Tränt, V,9 Uhr Predigt» goltcsdier.st. Kindergvltesdirnst fä llt aus.