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N-. 196 Pulsnitzer Tageblatt. — Freitag, den 23. August 1929. Seite 2. Beurteilung der auf dem Gebiete der Michverwertung in Sachjen augenblicklich herrschenden Verhältnisse zu beschaffen Man hat zu diesem Zwecke einen Fragebogen angefertigt, der für jede sächsische Gemeinde bis Ende September aus zufüllen rst, und dessen Beantwortung Aufschluß geben soll über eine Anzahl ganz grundlegender Fragen hinsichtlich der derzeitigen Milcherzeugung und Milchverwertung in den einzelnen Gemeinden. Die Absatzabteilung der Landwirt schaftskammer ist beauftragt, die Angaben zusammenzustellen und zweckentsprechend zu verarbeiten. Dresden. (Kleider und Geld im Walde aufgefunden.) Im Walde bei Moritzburg wurden von Beerensuchern eine gestreifte Hose (74 cm Schrittlänge), eine braune Weste, eine graue Windjacke und ein weißes Normal hemd mit gestreiftem Einsatz aufgefunden. In der Hosen tasche befanden sich 90 Mark in 10-Markscheinen. Allem Anschein nach haben die Sachen schon feit dem Herbst v. I. an der Fundstelle gelegen. Die Herkunft der Kleider war bisher nicht zu ermitteln. Die Sachen werden im Polizei präsidium, Zimmer 71, verwahrt und können dort werktags in der Zeit von 8 bis 2 Uhr besichtigt werden. Sonstige Hinweise werden nach dem Kriminalamt, Zimmer 85, erbeten. Dresde». (Stockholmer Fortsetzungsaus schuß.) Die diesjährige Tagung des Fortsetzungsausschusses der Weltkirch nkonserenz in Stockholm (1925) vird wom 5.-9. September in Eisenach stattfinden. Vorgesehen ist Einsetzung einer Kommission für die christlichen Kirchen des Ostens. Auch über die Arbeit an der akademischen Jugend, das sozialwissenschaftliche Institut in Genf und die Kalender reform soll beraten werden. Man plant einen Zusammen schluß mit dem Fortsetzungsausschuß der Lausanner Kirchen konferenz (1927). In zwei Abendveranstaltungen, in denen die Jugendfiage und die Frage „Wirtschaft und Christentum" erörtert werden, will der Fortsetzungausschuß vor die breitere Oeffentlichkeit in Eisenach treten. Den Vorsitz führt D. Dr. Kapler - Berlin, der Präsident des deutschen evangelischen Kirchenausschusses. Dresden. (Um den Posten des Arbeits ministers.) In einer von einer Dresdner Korrespondenz verbreiteten Meldung ist die Richtigkeit der vor einigen Tagen vom Telunion Sachsendienst bekanntgegebenen Stellungnahme der Evangelischen Sekretärvereinigung zur Ministerkandidatur ihres Mitgliedes, des Landtagsabgeordneten Voigt, bestritten worden. Dem Telunion-Sachsendienst liegt die Eingabe der Evangelischen Sekretärvereinigung an den Ministerpräsidenten im Wortlaute vor. Daraus ist ganz unmißverständlich der Vorschlag zu entnehmen, den Abgeordneten Voigt zum Arbeitsminister zu berufen. Vor einigen Tagen hat eine Versammlung der Ev. Sekretärvereinigung einmütig den Schritt ihres Vorstandes gebilligt und erklärt, daß dieser Vorschlag in der gegenwärtigen Lage die beste Lösung für Sachsen bringe. Dresden. (Lebensmüder Schüler.) Auf der Bahnstrecke Dresden—Weinböhla unweit der Haltestelle Neu-Coswig ließ sich ein dort in der Nähe wohnender 13jähriger Schüler in einem Anfall von Schwermut vom Zuge überfahren. Dresden. (Ertrunken.) Am Mittwoch ertrank in der Ostsee bei Ahlbeck der 38jährige Fleischermeister Naecke aus Dresden. Seine Leiche konnte geborgen werden. Bautze«. (Zwei Todesopfer des Autoun glücks bei Drauschkowitz.) Die Gastwirtswitwe Klahn aus Neschwitz und der Fabrikbesitzer Fischer aus Freiberg, die bei dem Autounfall am Dienstag früh zwischen Weißnaußlitz und Drauschkowitz erhebliche Verletzungen er litten hatten und in das Stadtkrankenhaus Bautzen gebracht worden waren, sind am vorgestrigen Mittwoch ihren Ver letzungen erlegen. Reichenau bei Zittau. (Kreuzotter n.) Der hiesige Arbeiter Oskar Dittrich lieferte wieder 26 Kreuzottern ab, nachdem er erst in der vergangenen Woche 42 Stück abgeliefert hatte. Insgesamt hat Dittrich schon 20T Kreuzottern gefangen und die Fangprämien dafür er halten. Tagungen in Gochsen Der Sächsische Landesverband für werktätige Erzieher hält vom 26. bis 28. September in Bautzen seine 36. Haupt versammlung ab. — Der Sächsische Gemcindebeamtentag findet am 6. und 7. Oktober in Meißen statt. — Ter Sächsische Philologentag ist zum 26. bis 28. September nach Leipzig «unberufen worden. Der Deutsche Verein für Volkshygienc Sitz Dresden, wird seine diesjährige Hauptversammlung am. 19. bis 20. Oktober in Stettin abhaltcn. Der Landeselterntag in Zittau. In großzügiger Weise finden die Vorbereitungen Vir den am 28. und 29. September 1929 in Zittau stattsiuoenden 8. Landeselterntag des Landesverbandes der christlichen Elternvcreine Sachsens statt. Der Landesverband, der unter dem Vorsitz des Oberlandcsgerichtsrats Dr. Hering-Dresden steht, umfaßt, wie der Name sagt, alle sächsischen christlichen Ellernvercinc in Stadt und Land und tritt alljährlich einmal zu einen! großen Landeseltcrntag zusammen. Tagung der Schueiderinuuuge« Sachsens Der 50. Verbandstag der Schneiderinnungen Sachsens findet vom 7. bis 9. September in Dresden statt. Der Verband umsatzt 115 Innungen mit rund 13 000 Mitgliedern. Schweres Auioungkück im Vogtland. Das Staatsauto der Linie Plauen — Eiben stock ist bei Wernes grün eine etwa 15 Meter tiefe Böschung hmabgestürzt und wurde vollständig zer- tümmert. Insassen wurden herausgeschleudert. 15 Personen sind teils schwer, teils leicht verletzt worden. Staatsanwaltschaft und Sachverständige begaben sich sofort an die Unglücksstelle, um die Ursache des Un falls festzustellen. Es wird angenommen, daß die Schuld Ms Melin" M MkMi gMlel Dr. Eckeners Fahrtroute Tokio - Los Angeles. Ueberßchtskarte von der Strecke Tokio—Los Angeles; vr Ecke ner beabsichtigt, die nördliche Dampferroute zu verfolgen und aus kürzestem Wege Los Angeles anzusteuern Die Ent fernung Tokio — Los Angeles beträgt etwa 8240 Meilen. l)r Eckener hofft, die Strecke, für die ein Schiff 17 Tage braucht, in etwa 314 Tagen zu bewältigen Warum der Zeppelm-Siari verschoben Wurde. Der ursprünglich für Mittwochabend 8 Uhr mittel europäischer Zeit angesetzte Zeppelin-Start in Kasimi - gaura mußte verschoben werden, da bei den AuWegs- manövern die Hintere Motorengondel aufschlug und beschä digt wurde. Dadurch erlitt auch der Hintere Motor einen leichten Schaden. Dr. Eckener entschloß sich, den Schaden vor dem Weiterflug nach Los Angeles gründlich auszubessern und den Start solange zu verschieben. Offiziere und Mann schaften blieben in der Halle, um für die Reparatur Anwei sung zu gebssn und Hilfe zu leisten. Das Unglück hätte sich vermeiden lassen, wenn die Halle höher gewesen wäre. So aber hatte das Schiff nur wenige Zoll Spielraum nach oben und nach unten, und jede Schwan kung mußte unweigerlich zum Anprall führen. Als die vor deren Laufkatzen bei der Hallentür auf die Schienen im Freien überliefen, hakten zwei von ihnen fest und schnellten mehrere Zoll in die Höhe. Dadurch wurde der Hintere Teil des Schis- fes heruntergedrückt und schlug schwer auf. Die Stützen der Motorengondel wurden verbogen und der Metallboden etwas eingedrückt. Beinahe hätte es ein größeres Unglück gegeben, als die Massen auf dem Flugplatz versuchten, auf das Schiff und die Halle loszustürmen. Sie kamen bis auf 50 Meter an die Halle heran, konnten dann aber durch Militär und Poli zei zurückgedrängt werden. Auf die Nachricht von dem Miß geschick des Zeppelin kamen die Menschen von überall her herangestürzt. Die gufahrtstraßen zu dem Flugplatz waren durch Autos, Radfahrer uud Fußgänger völug verstopft. Wieder ein blinder Passagier. Wie verlautet, wurde vor der geplanten Abfahrt in der Luftschiffhalle wieder ein „blinder Passagier" entdeckt; dies- mal ein 17jähriger Japaner. Die Mannschaft entdeckte ihn, als sie das Luftschiff nach seinem Unfall untersuchte, im Gepäck raum. Der junge Abenteurer war dem Ersticken nahe. Dian nahm ihn fest und überführte ihn in ein Krankenhaus. Die schwierigste Etappe. Die jetzt vom „Graf Zeppelin" zurückzulegende Strecke Tokio — Los Angeles ist als die schwierigste Etappe .anzusehen. Der Stille Ozean, die riesige, noch nie überflogene Wasserwüste, liegt vor dem Luftschiff. In der Luftlinie be- 'trägt die Entfernung nach Los Angeles mehr als 9000 Kilometer. Auf der kürzesten Strecke würde der Zeppelin nirgends Land überqueren, bevor er die amerikanische Küste erreicht hat. Auf dem südlicheren Kurs über Hawai, der einen großen Umweg bedeuten würde, könnte zwar der große pazifische Stützpunkt dem Luftschiff nützlich werden. Jedoch sprechen die allgemer- nen Wetterverhältnisse gegen diese Route. Dagegen wird Or. Eckener zum mindesten auf der ersten Hälfte auf dem nördlicheren Weg (über die Alöuten) günstigere Winde (süd westlich bis westlich) antreffen. Nun ist aber von der Lust schiffleitung in Tokio bekanntgegeben worden, daß man m ö g - Iichst den kürzesten Weg, d. h. etwa den 35. Breiten grad, als Kurs wählen würde. Unter diesen Umständen ist, abgesehen von Standortmeldungen des Bordsenders und etwaigen Sichtmeldungen des Luftschiffes von Dampfern aus, nicht auf Nachrichten über den Fortgang der kühnen Fahrt zu rechnen. Da die Zepp-Funkstation in den ersten Stunden ausschließlich mit der Annahme von Wetternachrichten be schäftigt sein dürste, Hai man zum erstenmal Brieflau« benanBord genommen, um Meldungen nach Japan be.« fördern zu können. Dresden, 23. Aug., 8 Uhr 25 Min. nachm. I.-O „Gras Jeppelin" nach Amerika gestartet. New 2)ork. Wie aus Tokio gemeldet wird, ist das Luftschiff „Graf Zeppelin" am Freitag kurz nach 7 Uhr (mitteleuropäische Zeit) zum Flug über den Stillen Ozean gestartet. eine Radfahrerin trifft, die auf der verkehrten Straßenseite fuhr und dadurch den Autobussührer zum Plötzlichen Ausweichen veranlaßte. Wir wir zu dem schweren Autobusunglück weiter erfahren, ereig nete sich der Unfall auf der Staatsstraße von Rodewisch nach Wernes- grün. Ein Mädchen aus Schnarrtanne fuhr aus einem Fahrrad dicht vor dem Autobus her und pendelte, da es unsicher geworden war, hin und her. Der Krastwagenführer wollte ausweichm, kam aber dem Ab hang zu nahe, der Autobus stürzte hinab, überschlug sich und blieb vollständig zertrümmert liegen. Die Ungtücksstelle bot einen grauen vollen Anblick. Man errichtete sofort eine Unfallhilfsstelle. Die Ver letzten wurden teils in das Krankenhaus nach Auerbach, teils in das Krankenstift Zwickau eingeliescrt. 10 Personen wurden schwer verletzt; unter ihnen befindet sich auch die Radfahrerin. In dem verunglückten Autobus befanden sich einschließlich Chauffeur 26 Personen, die sämt lich teils leicht, teils schwer verletzt wurden. Sie befanden sich auf der Fahrt zur Arbeitsstätte, znm Teil auch auf der Fahrt zur Schule nach Auerbach. Erste Hilfe konnte von Acrzten aus Rothenkirchen und Rodewisch geleistet werden. Die Namen der Schwerverletzten sind: Frau Schifsing-Rothenkirchen, H. Kleider-Schönheidcihammer, Hans Schönfelder-Hundshübel, R. Reinhold Rothenkirchen, Gustav Preusche uud Fr. Preujche-Wcrnesgrün, Bretschneider Hundshübel, Fr. Klein hempel-Rothenkirchen, Fr. Hörl Wernesgrün und M. Herold-Rothcnklr- chen. Walter Neidhardt aus Plauen, der Lenker des Unglückswagens, der als zuverlässiger Fahrer gilt, kam mit leichteren Verletzungen davon. Er hatte versucht, einen Zusammenstoß mit der Radfahrerin Petzold zu vermeiden, konnte aber nicht verhindern, daß diese angesahren wurde. Als 27. Verletzte blieb sie in besorgnis Hegendem Zustande an der Unsallstclle liegen. Kritik an der Sozialreform. — Im SozialpolitischenAusschuß des Reichs- laqcs wurde die Aussprache über die Reform der Arbeitslosenversicherung fortgesetzt. Abgeord neter Schneider (Dem.) nannte die Regierungsvorlage unbefriedigend, weil sie keine Sanierung der Reichsanstalt bringe. Die Saisonarbeiter seien es, die die Versicherung ungebührlich belasteten. Es dürfe nicht sein, daß die schwachbezahlten für höchstbezahlte Arbeitergrnppen zahlen müßten. Bauarbeiter, Angestellte und Landwirtschaft müßten in besondere Gruppen zufammengefaßt werden. — Abgeord neter Liesener (Zentr.) betonte, daß die Reichsanstalt besser Vastehen würde, wenn man die Vorlage schon im Jun erledigt hätte. Für die Sonderbehandlung einzelner Grup pen von Arbeitslosen bestünde in seiner Partei keine Sym pathie. — Auch Abgeordneter Freidel (W. P.) meinte, daß man die Saisonarbeiter nicht aus dem Gesetz hcrausnehmcn könne, da das Baugewerbe noch stark unter der Zwangswirt schaft leide. Allerdings müsse die Saisonarbeiterunter' stuhung geändert werden. Er denke an eine Verlängerung der Wartezeit auf etwa vier Wochen. Beiträge und Lei- stunaen müßten mit einander in Einklang gebracht werden. — Abgeordneter Schwarzer (Bayer. Völksparte'i) betonte daß eine Sanierung der Neichsanstalt ohne Zuhilfenahme einer Beitragserhöhung möglich sei, wenn man die Mißbräuche und Mißstände in der Arbeitslosenversicherung ausräume. — Abgeordneter Agena (Dnat.) verlangte, man solle die Kreise der Klein- bauern und der Kleingewerbetreibenden aus der Versiche rung herausnehmen. In der Einzelberatung begründete Abgeordneter Lam bach (Dnat.) die deutschnationalen Anträge auf Zulassung von Ersatzkassen. Die deutschnationalen Anträge wurdet aber abgelehnt, nachdem die Vertreter des Zentrums und de» Demokraten sich dahin geäußert hatten, daß die Erfahrungen in der Arbeitslosenversicherung noch nicht genügend seien um die Frage als prllfungsreif zu erklären. Die Volks- Partei enthielt sich der Stimme. Das Handwerk zur Arbeitslosenversicherungsreform. Berlin. Der Neichsverband des deutschen Handwerks nahm angesichts der Verhandlungen des So zialpolitischen Ausschusses des Reichstages Veranlassung- diesem die Auffassung des Handwerks zur Reform der Ar beitslosenversicherung zu unterbreiten. In diesen Dar legungen wird ausgeführt, daß die Reform die Neichsanstalt in die Lage setzen müsse, mit ihren eigenen, durch Beiträge erhobenen Mitteln in Zukunft auszukommen. Gegen die vorgeschlagene Erhöhung um 0,5 Prozent wird aus grundsätzlichen Bedenken heraus Einspruch er hoben, da durch diese Erhöhung der Wirtschaft ein erheb licher Kapitalbetrag entzogen werde. Auch der vorgesehene Ueberbrückungskrcdit werde die Wirtschaft belasten und ihr notwendige Betriebsmittel entziehen. — Ebenso muffe die S a i s o n a r be i t e r fr a g e eine befriedigende Lösung erfahren. Für den Fall, daß eine Herausnahme oer Saisonarbeiter aus der Versicherung für die wicderkehrende berufsübliche Arbeitslosigkeit nicht durchgeführt werden könne, müßten die Bedingungen für die Inanspruchnahme der Versicherung durch die Saisonarbeiter erheblich verschärft werden. Kundgebungen zum Uoung-Man. Dresden. Die grundsätzliche Auffassung des Bezirks Sachsen des Bundes deutscher Neichsbahninspektoren und Amtsmänner, zu dem vom SachverstD Dqenausschuß ange nommenen und jetzt im Haag zur Beratung stehenden Doung- Plan ist, soweit die Reichsbahn in Frage kommt, nieder- gclegt in folgender Entschließung: „Die im Bund deutscher Reichsbahninspektoren und Amtsmänner zusammengeschlossenen Reichsbahnbeamten tön-