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pulsnltzerIa-Mait Sonnabend, den 2S. Mai ISS» 2. Beilage zu Nr 11» 81. Jahrgang Mißvergnügen am Mai. „Verstand ist stets bei wen'gen nur gewesen", daher kommt es wohl, daß der Mai bei der Menge so außerordent lich beliebt ist und eine so geschlossene Anhängerschaft hat. Ich gehöre nicht dazu, sondern befinde mich in einer scharfen, allerdings hoffnungslosen Gegnerschaft. Glattweg behaupte ich, daß der Mai, wenn er schon einmal Sonnenschein und junges Grün und Vogelsang bringt, fast immer ein Wender ist. Weil er zwischen einem abscheulich kalten April und einem gewöhnlich verregneten Juni liegt, hat er es leicht, sich vorteilhaft abzuheben und als „Wonnemonat" zu erscheinen. Aber wendet man ein, er heißt doch nun einmal so, und un zählige Dichter haben ihn besungen. Nun, da haben wir es ja, Dichter als Beurteiler und Zeugen! Dichter sind bekannt lich unzuverlässige Leute, windiges Volk, auf das man nichts gibt. Zugegeben, daß er vielleicht früher einmal ein schöner Monat gewesen ist und seinen Ruhm verdient hat; aber man muß sich daran erinnern, daß ein Ding vorzüglich sein kann, lange bevor es berühmt geworden ist und daß die Vorzüg lichkeit lange aufgehört haben kann, während der Ruhm noch fortbesteht. Was haben wir Deutschen eigentlich davon, daß, wie es im Liede heißt, „die Bäume schlagen aus", daß alles sprießt und in die Höhe schießt? Vom Salat und vom Spargel läßt man sich das gefallen, aber bei uns sprießen vor allein die Steuern, und die Kommunisten schießen von den Dächern. Das ist kein Maienvergnügen. Dann wird er gepriesen, weil „Alles neu macht der Mai", doch das ist ein fragwürdiges Verdienst. Das Neue braucht nicht immer gut zu sein. Ge wiß, das Thermometer ist gestiegen, aber was nützt es uns, daß wir unsere Hände nicht mehr in unseren Taschen zu ver wahren brauchen? Dafür schicken sich die Herrschaften, die jetzt in Paris versammelt sind, wahre Eisunheilige, an, ihre Hände in unsere Taschen zu stecken. Sie machen lange Finger, und wenn unsere Taschen hinterher leer sind, so können wir darin eine Faust machen. . Nein, es ist nichts mit dem Mai, wie es mit dem ganzen (Völker-)Frühling nichts ist, und wir Deutschen sind und bleiben die „Gemalerten". Or.. M. P. Die Kunst des Weinkostens. Zu den besonderen Künsten geohört die Kunst des Wein kostens. Die größten Künstler hierin findet man inDeutsch- land und Frankreich, und es ist unglaublich, bis zu welchem Grade der Vollkommenheit ein richtiger Weinkoster es bringen kann. Er ist durch das bloße Kosten imstande, Nicht nur die Abkunft, sondern mit völliger Sicherheit auch den Jahrgang des Weines, fa sogar die Lage, auf der er gewachsen ist, anzugeben. Selbstverständlich ist die erste Vor aussetzung für diese Kunst eine natürliche Anlage sowie eins angeborene besondere Geschmacksempfindlik eit, wozu aber auch als Ergänzung jahrelange Uebung treten muß. Man darf aber ja nicht glauben, der Beruf eines Weinkosters sei etwas besonders Verführerisches und An genehmes. Im Gegenteil. Gerade diese Kunst erfordert sehr viel Opferwilligkeit und Selbstverleugnung. Der Koster darf kein Gewohnheitstrinker oder Raucher sein. Das würde die Geruchs- und Geschmacksempfindung bedeutend abschwächen. Ebenso muß er sich den Genuß starkgewürzter, saurer oder scharfer Speisen strengstens versagen. Er muß sorgfältig auf seine Gesundheit acht geben, denn schon ein gewöhnlicher Schnupfen würde ihn an der Ausübung seiner Kunst be hindern. Selbst auf das Frühstück muß er verzichten, wenn .er an diesem Tage seine Kunst ausUben will. In keinem Falle darf sein Frühstückstisch Süßes oder Gesalzenes oder Ge pfeffertes, Käse und dergleichen aufweisen, noch weniger eine Morgenzigarette. Das alles würde die günstigste Zeit zur Weinkritik — das ist der Vormittag — aufs schlimmste be- einflussen. Nach den Mittags- und Abendmahlzeiten ist ein zuverlässiges Urteil überhaupt nicht mehr möglich. Die See kommt zu den Erholungsbedürftigen. Von der englischen Küste gehen neuerdings jeden Sonn- abend vormittag zwei Lastwagen ab, auf denen sechs große Zylinder stehen, die mit zwölfmal zweitausend Kubikfuß Seeluft gefüllt sind. Der eine Wagen kommt aus Brid- Iington, der andere aus Weston-super-Mare. Beide tra gen die Adresse des Savoy-Hotels in London, und ihre La bung ist für die jungen Paare bestimmt, die ihr Weekend unter Verzicht auf Freiluftbetätigung auf dem Tanzparkett verbringen. Bisher war es bekanntlich so, daß Erholungs bedürftige an die See gehen mußten. Wenn jetzt die See zu den Erholungsbedürftigen kommt, dann ist das eben wieder ganz etwas Neues. In dem Tanzsaal des Savoy-Hotels wer den die Zylinder aus Bridlington auf die eine Seite gestellt und die aus Weston-super-Mare auf die andere. Und die Herren geleiten ihre Damen zu den Zylindern, aus denen die frische Brise von Bridlington und Weston-super-Mare strömt. Das Savon-Hotel verspricht übrigens trotz des Protestes einiger Badeorte, daß es nach und nach die Luft sämtlicher englischer Seebäder importieren wird. Es sollen in den kom menden Wochen besondere Abende veranstaltet werden, an denen jedesmal eine andere Luft zur Geltung kommt. Häuser aus Stroh. In Zehlendorf bei Berlin geht ein interessanter Bau seiner Vollendung entgegen. Es handelt sich um eine Villa, deren Gerüst aus Holz und deren sämtliche Wände aus 5 Zentimeter starken Stroh platten bestehen Diese Bau- weise ist bei weitem billiger und soll auch nicht feuergefähr- licher lein als die allgemein übliche. Außerdem hat Stroh den Vorzug, ein schlechter Wärmeleiter zu sein. Für die Sommerfrische MWWW Aeine Frau möchte auf Reisen sich viel mit der Instandhaltung ihrer Gar derobe befassen — und möchte doch immer nett und adrett gekleidet sein. Die paar duftigen Seiden- und Voile kleider sind dem Nachmittag und Abend allein Vorbehalten, der Vormittag ver langt spezielle, denkbar einfache Klei ¬ der aus einem waschbaren, möglichst indan threngefärbten Stoff! Am praktischsten ist na türlich das Dirndlkleid, das stilechte, ganz ein fache, das aus geblümten Satin oder Kattun mit weitem Ruck und glatter, vorn geknöpfter Bluse gearbeitet wird, und das elegante aus phantastisch gemusterter Seide, das durch seine Aufmachung nur gar zu deutlich die Städterin verrät! — Garnierungen sind am Dirndlkleid selbstverständlich nur in sehr sparsamen Aus maßen vertreten. Ein wenig Bandbesatz und einige farbige Knöpfe — das ist meist alles. Solch ein Kleidchen soll eben nur durch einen farbenfrohen Stoff und eine kleidsameSchnitt- form wirken; alles übrige, alles Gewollte und Elegante, würde den Stil bestimmt verderben! — Sie sind nun aber sicher nicht jeder manns Geschmack, diese Dirndlkleider, trotzdem sie praktisch, jugendlich und schmeichelhaft sind.VieleFrauenfühlen sich in der ländlichen Tracht durchaus deplaziert. Für sie bringt die Mode et was anderes: ganz einfache „Sommer frischenkleider", die gleichfalls aus be drucktem Waschstoff gearbeitet werden und die in ihren frischen, frohen Farben so recht in eine lachende sommerliche Landschaft paffen. — Zu allen Mo dellen sind Lyon-Schnitte erhältlich. 6 1685 Sommerkleid aus be drucktem Voile mit weißem Ausputz. Der vorn glatte Rock setzt mit mehrfacher, seitlicher Reihziehung an die glatte Taille. Lyon-Schnitt, Größe 44 (Großer Schnitts. o 1686 Sommerkleid aus ge- tupftem Voile. Die Weitze Nock- blende, die Taschen und den ausgebogten Kragen begrenzt blaue Einfassung. Passende Ara- genschleise. Lyon-Schnitt, Gröbe 44 «Grober Schnitt.. 8X 14b Reizendes Dirndl kleid aus einfarbigem und ge streiftem Leinen. Am Rock- ansatz gereihtes Schößchen. Zierstiche begrenzen die RSn- dcr. Lyon-Schnitt, Größe 42 und 46 (Großer Schmits. jugendlicher Dirndlkleid aus buntgemustertem Satin mit schlichter Taille UN» weitem Rock. Schwarzes Band bildet den hübschen Besatz. Lyon-Schnitt, Größe 42. 44. 46 und 46 (Großer Schnitts.