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VuLsniherIayeblatt Sonnabend, den 23. Mai 1928 1. Beilage M Nr. 11» 81. Jahrgang WMMiM ms MMWÄMe Slmm See vMsWMeit — WM sie! Werbewoche vom 25. bis zum 1. Juni. Dresden, 23. Mai. Durch Verordnungen des Volks bildungsministeriums sind für unsere sächsischen Schulen Wan der- und Marschtage vorgeschrieben, durch die das Wissen und der Gesichtskreis der Schüler und Schülerinnen ver größert und durch die zum andern unsere Schuljugend kör perlich gekräftigt werden soll. Je mehr Fläche und je größe ren Raum die Asphaltstraßen und die Steinbauten der Städte einnehmen, desto nötiger ist es, daß die Jugend ins Freie geführt wird. Jedoch nicht nur unsere Stadtjugend muß hinaus ins Freie, in sonnige Felder oder in den deutschen Märchenwald, nein, auch die Landjugend muß Gelegenheit haben, Gutes aus den Städten schöpfen zu können. Des halb müssen Unterkünfte in den Wandergebieten Sachsens und in seinen Großstädten geschaffen werden. Gebiete, die er wandert wurden, bleiben tausendmal besser im Gedächtnis unserer Schuljugend als solche, über die nur gesprochen oder gelesen wu.de. Angeregt durch solche Pslichtwanderungen, werden Wochenend- und Ferienfahrten veranlaßt. Da für all diese jugendlichen Wanderer das Uebernachten im Freien oder in Scheunen freundlicher Bauern nicht in Frage kom men kann und da das Bleiben in Gasthäusern unerwünscht ist, wurden die Jugendherbergen geschaffen, die heute in ganz Deutschland und in den Grenzländern, in den Gebieten des Auslanddeutschtums, verteilt und zahlreich eingerichtet sind und dennoch nicht reichen oder verbessert werden müssen. Deshalb wurde vor zehn Jahren der Reichsverband Deutscher Jugendherbergen gegründet. Für die freien jugendlichen Wanderer und vor allem für unsere Schulklassen, die zwei Drittel aller Herbergsbesucher stellen, sind die Jugendher bergen einwandfreie und sichere Unterkunftsstätten bei Wan derungen von Ort zu Ort geworden, oder sie dienen ihnen als Standquartiere zum gründlichen Kennenlernen einer be sonderen Landschaft oder eines Wirtschaftsgebietes oder zur Erholung, besonders beim Wintersport. Der Notwendigkeit des Herbergswerkes für unsere Jugend sollte sich heute nie mand mehr verschließen. An dieser Arbeit mitzuhelfen, sollte jeder nach feinen Kräften bereit sein. Arbeit für die Jugend ist wichtigster Dienst an unserem Volke. Es gilt unsere deutsche Schuljugend zu kräftigen, sie gesund zu erhalten und lebensstark zu machen, Natursinn und Heimatliebe sollen in ihr rege sein, und daraus wird ein Bekennen zu deutscher Heimat erwachsen. Studienrat Fr. Risse. Ser beigelegte sächsische Luftkrieg. Der Luftkrieg, der zwischen sächsischen Stellen und der Deutschen Lufthansa am Ende der letztjährigen Sommer flugsaison geführt wurde, ist in aller Stille beigelegt worden. Die wirtschaftliche Vernunft hat gesiegt. Immer hin können die Kommunalverwaltungen von Dresden und Chemnitz den Erfolg für sich buchen, daß die Subven tionssummen für beide Städte nicht unbeträchtlich herab gesetzt worden sind. Dresden zahlte im letzten Jahre an die Lufthansa 95 000 Mark Lufthansasubventionen, während es im laufenden Jahre 11000 Mark spart und nur 84 000 Mark abzuführen hat. Die Stadt Chemnitz 1928 160 000 Mark, in diesem Jahre nur 130 000 Mark Der städtische Flughafen von Leipzig- bekanntlich von der Deutschen Lufthansa nicht laufend angeflogen. Infolgedessen zahlt Leipzig auch keinen Pfennig Subventionen an die Deutsche Luft hansa. Die Subventionen der Stadt Dresden erstrecken sich nicht auf die Reichsluftstrecke Berlin—Dresden- Prag—Wien, sondern auf die Abendstrecken Dresden— Berlin, die Strecke Dresden—Breslau und die Strecke Dresden—Halle—Leipzig. Umfangreicher ist der Luft- hansaverkehr im Flughafen Chemnitz, was ja auch in der Höhe der Subventionssumme zum Ausdruck kommt. Hier geht die sogenannte „Baumwollinie" Bremen—Han- novcr—Halle—Leipzig—Chemnitz-Prag durch mit An schlüssen von Dortmund, Essen und Amsterdam. Ferner wird Chemnitz angeflogen von den Maschinen, die den Lufthansavcrkchr Berlin—Chemnitz—Maricnbad besorgen. Daneben befliegt aber auch das Konkurrenzunternehmen der Lufthansa, die Nordbayerische Verkehrsflug-G. m. b.H., ein ziemlich beträchtliches Streckennetz und berührt die Flughäfen Dresden, Chemnitz, Zwickau, Plauen i. Vogtl. und Leipzig-Mockau. Infolge der Einschränkung des Luftetats im Reichs haushalt hat die Deutsche Lufthansa eine Personalver minderung von nicht weniger als 30 Prozent in Aussicht nehmen müssen. Das entspricht der 30prozentigen Herab setzung der Flugleistung, die von zehn Millionen Flug- kilometcr auf sieben Millionen herabgesetzt worden ist. Eine landwirtschaftliche Kilmstelle. ' Sc" ns des Sächsischen Junglandbundes wurde eine landwirtschaftliche Filmstclle in Sachsen gegründet, weil die Filmvorführungen von den landwirtschaftlichen und dörflichen Vereinen oft als zu kostspielig empfunden Wur den. Diese Stelle, die sich in Mittweida i. Sa. befindet, übernimmt auch die Vermittlung von anderen Filmen und Vorführungen, wobei nur tatsächliche Unkosten berechnet werden. Freizeit für jugendliche Erwerbslose. Vom 6. bis 20. Juni d. I. veranstaltet die Volkshoch schule Zwickau in Affalter bei Aue i. E. eine sogenannte Freizeit für jugendliche Erwerbslose im Alter von 17 bis 25 Jahren. Verpflegung, Unterkunft, Unterricht und Fahrgeld sind frei; jeder Teilnehmer erhält außerdem ein tägliches Taschengeld von 60 Pfennigen. Die Erwerbs losenunterstützung fällt während dieser Zeit aus. Der Lehrgang behandelt das Thema: „Der Jugendliche und seine Stellung in der heutigen Gesellschaft." Außerdem wird der Tag durch Turnen, Spiel, Sport und Wandern, sowie Besichtigungen und Geselligkeit ausgefüllt. Die An meldungen hierzu müssen bis zum 30. Mai bei dem je weils zuständigen Arbeitsamt abgegeben werden. Es können sich auch erwerbslose Jugendliche aus der Um gegend Zwickaus melden. Kommunistischer ReichSparLeitag in Dresden. Der 12. Parteitag der Kommunistischen Partei ist für den 9. bis 15. Juni nach Dresden cinberufen worden. Es werden sprechen: Neichstagsabgeordnetcr Heckert über die Arbeit der Partei seit dem letzten Parteitag und Reichstagsabgeordneter Thälmann über die Beschlüsse des 6. Weltkongresses. Schölerwettschreiben in Ginheitskurzschrift Gegen Ende des letzten Schuljahres hat der Sächsische Stenographenverband Mit ministerieller Unterstützung in elf sächsischen Gauen Schülerwcttschrciben in Einheits kurzschrift durchgeführt, die bei strenger Wertung nach der Wettschreibordnung des Deutschen Stenographcnbundes sowohl hinsichtlich der Schreibgeschwindigkeiten wie auch hinsichtlich der Preiswürdigkeit ein sehr gutes Ergebnis hatten. Geschrieben wurde in Geschwindigkeiten von 80 bis 240 Silben in der Minute. Einige Gaue hatten die Beteiligung bereits bei 60 Silben zugelassen. Insgesamt wurden beim Schnellschreiben 2191 von 3416 Arbeiten gleich 64,2 Prozent, beim Richtigschreiben 837 von 1910 Arbeiten gleich 43,77 Prozent ausgezeichnet. Berücksich tigt man, daß sich eine ganze Anzahl Volksschüler nach noch nicht einjährigem Unterricht beteiligt hat, so stellt dieses Ergebnis den Teilnehmern wie auch der ausschließlich verwendeten Einheitskurzschrift das beste Zeugnis aus. Sächsischer Lebenshaliungsindex. Nach der Berechnung des Statistischen Landesamtes beträgt die sächsische Gesamtindexzahl der Lebens haltungskosten auf erweiterter Gruudlage (Ernährung, Heizung, Beleuchtung, Wohnung, Bekleidung, Verkehr, Körperpflege, Reinigung usw.) im Durchschnitt des Monats Mai 156,6 (Vorkriegszeit — 100). Sie ist dem nach gegen die für den Monat April berechnete Indexzahl von 157,3 unverändert geblieben. Im Mai 1924 betrug die Indexzahl 129,4, im Mai 1925 137,5, im Mai 1926 140,7, im Mai 1927 147,7, im Mai 1928 143,6. Tagungen in Sachsen Deutsche Naturschutztagung. Im Künstlerhaus in Dresden wurde unter dem Vorsitz des Staatsrats von Reuter-München vom deutschen Aus schuß sür Naturschutz der dritte deutsche Naturschutztag abge halten, zu dem mehrere hundert Teilnehmer aus allen Gauen Deutschlands erschienen sind. Außer den sächsischen Behörden und Heimatschutzorganisationen hatten Vertreter entsandt: die staatliche Stelle für Nalurdenkmalspflege in Preußen, das preußische und das württembergische Kultusministerium, das bayerische und das anhaltische Staatsministerium, die Stadt Berlin, das Narodni-Nationalmuseum in Prag, die Tiroler Landesregierung in Innsbruck u. a. Ministerialdirektor Dr. Schulze von der sächsischen Staatskanzlei nnd Stadtrat Dr. Koppen begrüßten die Tagung namens der sächsischen Staatsrcgicrung und der Stadt Dresden. Im Mittelpunkt der Beratungen steht der Schutz der natürlichen deutschen Landschaft, besonders die Erhaltung und der Schutz der hei mischen Gewässer. Man könne und müsse, so heißt cs, emen Weg finden, uni die Erfordernisse der zunehmenden Industrie und des Verkehrs, besonders auch der Wasserwirtschaft, mit den Bestrebungen des Natur- und Heimatschutzcs in Ein klang zu bringen. ....... Mit der Tagung verbunden sind Ausfluge m die sächsischen Naturschutzgebiete. Das zoologische Museum m Dresden ver anstaltet aus Anlaß der Tagung eine Sondcrausstellung über die ausgestorbenen Tiere der Erde. Aus aller Welt. Zahlreiche Opfer eines Wolkenbruches in Rußland Wie aus Moskeu gemeldet wird, ist am Freitag morgen über die Stadt Dnjeperpetrowsk ein Wolkenbruch nicdergegangen. Ein großer Teil der Stadt steht unter Wasser. Nach amtlichen Feststellungen hat das Unglück bis her 12 Todesopfer gefordert. Man rechnet aber mit einer Erhöhung der Zahl der Opfer. Wolkenbruchkatastrophe in Bessarabien Bukarest, 25. Mai. In der Nacht zum Freitag ist im südlichen Bessarabien ein schwerer Wolkenbruch nieder gegangen, dem zahlreiche Menschen zum Opfer fielen. Die Zahl der Toten konnte bis jetzt noch nicht festgestellt wer den. Viele Häuser stehen unter Wasser. Rieseubraud a« der deutsch-holländische» Grenze Gelder«, 24, Mai. Im Walde von Walbeck, Kreis Geldern, entstand aus bisher noch nicht aufgeklärter Ursache ein Waldbrand, der an Ausdehnung alles bisher dagewesene in den Schatten stellt. Die Brandfläche, die sich von Wal beck bis zum Niers—Maas-Kanal in Holland erstreckt, ist 1500 Morgen groß. Durch Kiefernkulturen nnd junge Birkenwälder ging das rasende Feuer in der Richtung nach der holländischen Grenze und kam am Niers—Maas-Kanal zum Halten. Auf demscher Seite waren die Wehren sämt licher Ortschaften zwischen Geldern und der holländischen Grenze zur Bekämpfung herbeigeeilt, mußten sich jedoch damit begnügen, ein Uebergreifen des Feuers auf die Ortschaften zu verhüten. Schwere Autounfätte. Halle. Auf der Landstraße nach Leipzig ereignete sich kurz vor Schkeuditz ein schwerer Autounfall. Ein mit zwei Personen besetztes Motorrad wollte einen Personen kraftwagen überholen, kam zu Fall und schleuderte die beiden Fahrer auf das Straßenpflaster. Sie erlitten so schwere Verletzungen, daß sie nach kurzer Zeit starben. Der Kraft wagen bremste plötzlich ab, wobei die Insassen des Autos in den Graben geschleudert wurden und gleichfalls schwe; ver letzt wurden. * Bochum. Bei Tecklenburg fuhr ein mit 20 katho lischen Arbeitersekretären besetzter Autobus gegen einen Telegraphenmast. Er stieß gegen die Böschung und wurde vollkommen zertrümmert. Der Arbeitersekretär Weißhaupt wurde getötet, seine Frau sowie drei andere Arbeitersekretäre wurden schwer verletzt. Dier Personen erlitten leichtere Ver- letzunaen. Eisenbahnunglück bei Karzell. I^O-Zug Heidelberg — Berlin entgleist. — Drei Verletzte. Kassel. Der aus Frankfurt am Main kommende kD - Zug Nr. 5 entgleiste bei der Einfahrt in den Bahnhof Kerzell unweit Fulda. Dabei kippten die Lokomotive, der Packwagen und zwei Personenwagen um. Eine Dame, der Lokomotivführer und der Heizer wurden schwer verletzt, Während 10 Reisende leichte Verletzungen erlitten. Aus dem Bahnhof Kerzell werden Umbauarbeiten durch- geführt. Infolgedessen müssen die Züge umgeleitet werden. Der Fern-V-Zug, der sich auf der Fahrt nach Berlin befand, sprang auf dem Ueberholungsgleis plötzlich aus den Schienen, und zwar gerade, als er Len Bahnhof durchftchr. Die Wagen waren glücklicherweise fast leer, so daß die Zahl der Verletzten gering ist. Ueber das Unglück verlautet folgendes: Da das Haupt gleis durch Arbeiten gesperrt war, mußte der kv-Zug ein Ueberholungsgleis benutzen. Dies durfte laut Dienst anweisung nur mit einer verminderten Geschwin digkeit von 45 Stundenkilometern geschehen. Obwohl dies dem Personal bekannt war, und besondere Warnungs- schilder ausgestellt waren, hat der Zug anscheinend die vor- geschriebene Höchstgeschwindigkeit überschritten. Da durch kam es zur Entgleisung. Unter den Passagieren des Unglückszuges befand sich auch der hessische Finanzminister Kirnberger in Begleitung des Ministerialrats Hesse auf dem Wege nach Berlin. Beide hatten ihre Plätze in dem Waggon, der zertrümmert wurde. Sie entgingen dadurch der Gefahr, daß sie sich zum Nachmittagskaffee in den Speise wagen begeben hatten. Dramatische Szenen spielten sich noch in dem zertrümmertesten Wagen ab. Vor allen Dingen war eine junge Dame am Fuß schwer verletzt worden. Ein Arzt erkannte, daß nur eine sofortige Fußamputation eine Verblutung verhindern konnte. Ohne zu überlegen führte er die schwierige Operation mit einem Taschenmesser aus, nachdem man die Verletzte aus den Bahndamm gebettet und man ihr vorher eine Dosis Morphium verabreicht hatte^ Blutige Studentenkrawalle in Mexiko. Mexiko. Ein von den Studenten der juristischen Fakultät der Universität als Protest gegen die monat- i lichen Prüfungen eingcleiteter Streik hat zu einem ! schweren Zusammenstoß zwischen demonstrierenden Stnden- j ten und der Polizei geführt, der in eine wahre Straßenschlacht ausartete und bei dem ein Student getötet und 32 j verwundet wurden. Die Polizei mußte die Feuerwehr j zu Hilfe rufen, die mit Schlauchleitungen gegen die Studenten vorging, während die Polizisten von ihren Schußwaffen und Aexten Gebrauch machten. Alles Gute kommt von oben. Bei einem über Berlin heraufziehenden Gewitter suchten zwei Wildenten, die über einem Vergnügungsgarten hinwegflogen, vor dem Unwetter eine schützende Zuflucht. Aber auch die Besucher des Gartens hatten dies Bestreben. Plötzlich verlor die eine der beiden Enten ein Ei, und dieses prasselte einem Gartenbesucher auf den steifen Hut, der durchschlagen wurde, wobei sich aber auch der Inhalt des Eies ausbreitete. Der Geschäftsfiihrer wurde gerufen, und der Mus dem Ei gepellte" Besucher machte Schadensexsatzansprüche auf einen neuen Hut. Voraussichtliche Witterung Laudeswetterwarte Dresde« lSlachdruckl verbot»») Meist schwache, nach westlicher Richtung zu drehende Winde. Im allgemeinen geringe Bewölkung. Temperaturvcrhältnisse wenig geändert. Gewitterneigung.