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k-r wird er in 8 Tagen die Umgegend noch nicht erschöpft haben. Es lassen sich von hier aus recht lohnende Spazier gänge und Ausflüge unternehmen. 8ir. o——o Fahrt durch die Hölle a—«o Skizze von Gerhard v. Gottberg Große, wcißgelbe Strahlen warf der Schein der Later nen um sich, und ein unrhychmisches Knattern schwoll krei schend zu immer stärkerem Rollen an. Dampf wirbelte über die Lokomotive, brach sich in zerrissenen Schleiern und um geisterte drei Männergestalten auf der Plattform. Ein fremder Reisender war unter ihnen, leh tte nach denklich am Schutzblech, zählte und rechnete. Zu dumm, daß er in Red Neaver den Anschlußzug verpaßte; jetzt mußte er auf gemieteter Maschine die Nacht durchrasen, um Pla fond zu erreichen. Aber es galt auch ein Ziel, das sich lohnte, ein Geschäft, wie er es noch nimmer abgeschlossen. Heute mittag wurde die Farm versteigert . . . heute mittag! Und er würde sie erstehen, hatte nicht umsonst die Hypotheken inne, nicht umsonst immer wieder sein gutes Geld gegeben. Was kümmerte cs ihn, ob der Farmer schuldlos die Scholle verlieren würde . . . jeder war sich selbst der Nächste! Für ein Butterbrot würde er jetzt Dollarnoten erstampfen. Er preßte die Lippen zusammen. Da hatte sein Weib ihn noch gestern beschworen, davon abzulassen, nicht aus andrer Tränen Reichtum zu stampfen, nicht andrer Unglück zum Baustein eigener Macht zu werten Ein Schwächling war sie; verstand nichts vom Rausch des rollenden Dollars. Und doch! Er mochte sie nicht anders haben, etwas Reines war in ihr, etwas der Goldjagd Fremdes. Und ost folgte er ihrem Gefühl, ob auch sein harter Geschäftssinn dabei Marter litt. Jetzt aber . . . ? Daß er ein Narr wäre! Sein würde die Farm werden . . . sein . . . Wenn nur nicht noch jemand dazwischen käme, dem Farmer durchhalf! Doch eigentlich hatte er keine Sorge. Die Lokomotive brauste nur so dahin, und er hatte ihrem Führer nicht um sonst 100 Dollars für Schnelligkeit versprochen. Da waren dessen Augen aufgeflackert, wild und gierig . . . „100 Dol lars", hatte er gelallt. Er wurde in seinem Nachdenken unterbrochen. Flu chend, fast kreischend gab der Lokomotivsührer seine Befehle. Der Feuermann vermochte nicht schnell genug die Kohlen zu schaufeln. Aus dem Rost schlug glitzernde, glimmernde, atemberaubende Glut. Und immer wieder das heisere For Vern des Führers: „Mehr Kohlen, Fred! Mehr . . . mehr!" Der Feuermann warf die Schaufel zur Seite, lehnte sich an den Schutzstand: „Ist genug .. . ! Seht den Zeiger!" Doch mit einem Wutschrei sprang der Führer heran, riß ihn auf, keuchend ging sein Atem: „Schaufle, Hund! Dollars will ich! Dollars! Und tanzen sollen die Räder, tanzen durch die Hölle! Ich ... ich bin ihr Fürst!" Immer rauschender und brausender surrten die Räder. Der Zeiger stieg . . . 100 . . . 110 . . . 120. Wie ein jagender Dämon durchbrauste die Lokomotive die Nacht. Sorgend sah der Reisende um sich, trat zu dem Feuer mann, fragte. „Ich weiß nicht, Herr. Die Fahrt ist Wahnsinn", gab der verstohlen zurück. „Und Joel, der Führer, war schon gestern so wirr!" Wieder flogen Kohlen ins Feuerloch, schlug die glü hende Klappe Funken. Es war keine Fahrt mehr, nur ein Rauschen und Jachtern durch gestaltlose Nacht. Und dann lachte der Führer laut auf, riß die Jacke ab: „Schaufle, Fred! Dollars für Dampf! Erjagen will ich sie! Haha . . . Musik, Musik!" Und dann brach er ab, warf sich mit einem Wutschrei auf den Feuermann, der eben heimlich nach dem Bremshebel tastete. — Starres Eis schien dem Reisenden durch die Glie der zu schauern. Er sah das Ringen vor sich, hörte das Stöhnen. Die Schaufel klapperte. Der Führer richtete sich auf, ein Gurgeln nur. Ueber die Brüstung schlug des Feuer manns Körper in die Nacht. Ihm nach lachte der Hohn eines Irrsinnigen. Mit weit ausgerissenen Augen hatte der Reisende das gesehen, kein Glied wagte er zu rühren. Die Angst ließ seine Zähne in jähem Frost auseinander schlagen. Doch der Wahnsinnige achtete nicht auf den Danket. Gröhlend begann er zu singen, riß am Hcbelgesüge: „Hallo . . . Gespenster tanz ! Leben will ich haben und Musik von rollenden Dollars!" Schier endlos ließ er die Pfeife schrillen, wieder und wieder, er lachte und sang. Meilen weiter, undurchdringlicher Wald umher. Nacht dunkel, vorbeirasende Bäume, ausblitzend im Grellschein der Laternen, verschwindend und verschaltet von neuen Stämmen. Der Reisende wußte, was kommen würde. Wenige Meilen noch, dann nahte der Fluß. In jäher Kurve ging es zu ihm hinunter, an ihm entlang zur Brücke. Das würde das Ende sein . . . „Die Hölle ist nichts," kicherte der Führer in der Ecke, „wir zähmen sie mit Dollars, jagen mit Dampf den Teufel aus dem Goldpfuhl . . . und mit Tanz . . . haha!" Ein winziges Licht stieg fern in der Nacht aus, kam näher. Der Wald trat zurück Dort hinten die Kurve . . . das Ende! Und näher kam das Licht. „Halt!" wollte der Fremde schreien. „Ein Gegenzug auf unserm Gleis!" Doch er konnte es nicht, ein Brausen und Schrillen war um ihn, und höhnend hörte er das keu chende Lachen des Wahnsinnigen. Da . . . da . . . jetzt! . . — „Ihre Fahrkarte, Herr", erklang eine sonore Stimme. „Plafond ist bald da!" Mit einem Schrei fuhr der Danker auf, griff an die Stirn. Er hörte ein ruhiges, rhythmisches Rollen unter sich, sah bequeme Sessel eines Pullmann Wagens . . . „Die Fahrkarte", fragte es noch einmal. Mit zitternder Hast suchte der Fremde in der Tasche, fühlte den Schweiß von der Stirn tropfen. „Sie haben einen festen Schlaf, Herr," lachte der Kon trolleur, „ich mußte Sie rütteln." — Mit stieren Augen sah der Danker um sich, stieg wan kenden Schrittes in Plafond aus. Jetzt sollte er, würde er ... ? Nach solchem Traum die Versteigerung? — Ein Wagen wartete auf ihn^ ein alter Mann dabei, eisgrau, wettergegerbt von Sorge, Entbehrung und Arbeit. Er fuhr hinaus nach der Farm, hatte die ahnende Gewiß heit, daß jetzt der alte Besitzer den neuen zur Scholle fahre. Doch er sägte nichts. Am Fenster der Farm spielten Kinder. Ihr Lachen sorglosen Glückes klang herüber zu dem holpernden Wagen. „Meine Enkel", sagte der Alte, deutete mit der Peitsche hin. „Der Sohn ist tot, da hab ich auch die Sorge noch für ..." Er brach ab, Bitterkeit verquoll ihm die Stimme. Bald würde er mit ihnen in einen jener Steinhaufen ziehen, wo zerbrochene Bauernschicksale im Kot ersticken; würde sich aus Stadtdunst als armseliger Arbeitsmann nach Licht, Lust und Freiheit sehnen, verenden irgendwo in einem Kellerloch. Und die Kinder? Wurzellose Geschöpfe. Der Fremde gab keine Antwort. Ein Ringen war in ihm. Rückwärts hätte er fahren mögen, in sein stilles Haus hasten, den Kopf aufstützen und ihr erzählen, ihr, deren reines Herz er nicht verstand, ihm eine Fremde im Jagen nach den rollenden Dollars, und die doch sein Kleinod war. Von dem Traum ihr erzählen, dem narrenden, fiebernden Wahn des Goldrausches. Und was würde sie sagen? Seine Hand würde sie nehmen, wie die eines Knaben . .. und? Er riß sich auf. Er verstand sich selbst nicht mehr, seine heisere Stimme war ihm fremd: „Wendet um, Mann! Zum Hause des Richters! Ich laß Euch Eure Farm . . . Euch und den lachenden Kindern dort! Ich stunde Euch die Zinsen, wenn's not ist!" Wie ein Traumwandler durchlebte er die nächsten Wo chen. Wie im Traum sah er sich selbst. Jenen Spiegel, den die Höllenfahrt gen Plafond ihm vorgehalten hatte, vergaß er nimmer. o——° O komm mtl hinaus ° O komm mit hinaus in die freie Natur Und banne das düstere Schweigen. Da draußen, da grüßt dich die prangende Flur, Manch Bäumlein mit blühenden Zweigen. Die Bäche, sic rauschen so frisch und so klar, Die Sonne lacht freundlich dich an; Wer weiß, ob der Frühling im kommenden Jahr Noch einmal umfangen dich kann. Es winken die Blumen auf Wiese und Feld; Komm Menschenkind, komme ins -Freie! Wir sind von dem Frühling für dich hergestellt, Damit sich dein Auge erfreue. Du warst ja so lange der Freude jetzt bar, - Drum komm und ergötze dich dran, Wer weiß, ob ein Blümlein im kommenden Jahr Noch einmal dir zunicken kann! Im Haine, da hörst du den munteren Chor Der kleinen gefiederten Sänger — Sie grüßen mit lieblichen Weisen dein Ohr, Drum komme, zaudre nicht länger! Ihr Sang ist melodisch, ihr Lied ist so wahr, Das in der Natur dir erklingt — Wer weiß, ob ein Vöglein im kommenden Jahr Noch einmal sein Lied für dich singt. Drum komm mit hinaus und erfreue dein Herz An dem Glück, das der Frühling gegeben. Da draußen herrscht Freude und Lust allerwärts Jndeß hier dich Sorgen umweben. Schon morgen kann sinken, was gestern noch war, Gar rasch geht der Frühling vorbei — Wer weiß, grüßt dich nochmals im künftigen Jahr Ein Blümchen, ein Vöglein, ein Mai. Ferdin-nd Hampe. o«-————o Ratten o »» o Nach einer wahren Begebenheit. Von R. G. von Norlegg Strahlend kam das junge Ehepaar von der Sommer reise zurück. Braungebrannt und gesund von Seeluft, Wind und Wellen. Das Baby, welches hinterher die Treppe hinaufge- tragen wurde, strotzte von Gesundheit, es sah goldig aus in seinem Hellen Mäntelchen und wurde gleich in das rosa Kinderzimmer mit den weißen Möbeln getragen. Die junge Frau nahm den Neischut von den braunen Locken, dirigierte die Koffer nach hinten, und indem sie ihren Mann umarmte, sagte sie: „Da wären wir also wieder glücklich daheim, Richard!" „Ein schönes Nest," sagte er, mit Freude umherblickend, und sein Auge glitt über den kunstvoll geschnitzten Bücher schrank, glitt dann zur Erde und sagte: „WaS ist denn das? Holzsplitter?" Die junge Frau hörte gar nicht hin, denn sie stand bereits am Telephonapparat... sie wollte ihrer Mutter „Guten Tag" sagen. Aber das Telephonfräulein kam nicht — absolut nicht — Wie ausgestorben, lautlos war es im Hörer . . weder Gebrumm, noch Gesumm. „Ob der Apparat kaputt ist?" Schnell entschlossen setzte sie sich ihren Hut auf und meldete es beim Nachbarn dem Telephonamt. Bald erschien ein Mann von der Post zum Unter suchen. Vom Amt aus hatte man schon die Ursache vermutet. „Ja, es stimmt mal wieder," sagte er, „es ist jetzt immer dieselbe Sache." „Woran liegt es denn?" fragte der junge Hausherr. „Es sind Ratten, mein Herr, Ratten." „Ratten?" entfuhr es entsetzt dem Ehepaar. „Ja, jetzt gibt es unzählige Ratten hier im Westen, die ruinieren sogar di« Telephonnetze." „Wie gräßlich, Ratten — —" sagte die junge Frau und schüttelte sich. „Die Welt wird immer abscheulicher — neulich liest man von den vielen Kreuzottern in Schlesien und auf der Insel Usedom . . . Dann steht in der Zeitung, daß ganze Armeen von Ratten in Wolhynien eingerückt sind, und jetzt kann man nicht telephonieren, weil so ein Biest die Leitung zerstört hat, sagte der Ehemann. „Nun, Eva, laß aber den Mokka servieren und einen kleinen Likör dazu, zur Stärkung auf den Schreck." Sie setzten sich zusammen, plauderten, rauchten und waren strahlend vergnügt. Das Baby wurde gebadet und in das rosa Himmel- bettchen gelegt. — Der Abend rückte heran, der erste Abend im lieben Heim. Man saß so traulich zusammen. Zu Haus ist es doch am schönsten, dachten beide. Der gelbe Lampenschirm gab ein so warmes, friedliches Licht. Da tönte auf einmal ein Schrei ... ein gräßlicher, grausiger, fürchterlicher Schrei . . . Die Kinderpflegerin stürzte ins Zimmer, bleich wie der Tod . . . dann brach sie ohnmächtig zusammen . . . Was war geschehen! Etwas mit dem Kinde? . . . Mit Baby . . . Der junge Vater rannte nach hinten, während Frau Eva sich um die Ohnmächtige bemühte. Er rannte direkt auf das Kinderzimmer zu . . . nß die Tür auf und stürzte zum Bett — Da saß grau, groß, dick und fett eine Ratte auf Babys Bett . . . hatte Baby in den Kopf gebissen . . . und fraß gierig drauf los. Das Baby aber war tot — Natten . . . Ratten . . . Ratten. Warum der Mond keine Atmosphäre hat. Wir hören, daß Weltraumschiffe gebaut werden sollen, mit denen man die benachbarten Himmelskörper aufsuchen will; einstweilen hat es noch lange Zeit damit. Der Mond liegt uns am nächsten, und der erste Ausflug wird wohl ihm gelten. Er macht sich zwar sehr gut von weitem, aber in Wirklichkeit ist er ein ausgebrannter Vulkan, ohne Atmo sphäre, Wasser und Eis. Am Tage ist es hier wegen des Fehlens der Lufthülle sehr heiß, und nachts bitter kalt. Be trachten wir den Mond, wenn er sich in der Nachbarschaft eines Sterns, den er überholen will, befindet, so stellen wir ein plötzliches Verschwinden dieses Sterns bei seiner Bedeckung durch unseren Trabanten fest. Das ist nur beim Nichtvor handenseins einer Atmosphäre des Mondes der Fall, denn sonst möchte eine Strahlenbrechung eintreten. Der Mond hat eine viel geringere Anziehungskraft als die Erde, sie ist etwa sechsmal kleiner. Diese Tatsache spielt beim Fehlen der Mondluft eine große Rolle. Unsere Atmosphäre und die anderer Himmelskörper gehen allmählich in den Weltraum über, und fortwährend müssen einzelne Gasmolekllle in ihm verschwinden, so daß man sich den Raum kaum vollkommen leer vorstellen kann. Da nun der Mond eine so geringe Anziehungskraft besitzt, ist er nicht imstande, seine ur- sprUngliche Lufthülle auf ewige Zeiten hin an sich zu ketten, sie ist ihm sozusagen entschwunden, verflogen. Bei dem sonnennahen Planeten Merkur ist der gleiche Fall einge- treten; seine Schwerkraft beläuft sich auf nur vier Zehntel der Erde, wie auch beim Mars. Anzeichen bei der Erde, die auf ein teilweises Hinschwinden der Atmosphäre hindeuten, finden wir in dem geringen Bestände von Wasserstoff und Helium, diesen äußerst leichten Gasen, die nur in den größten Höhen der Lust, nicht etwa unten, am meisten Vorkommen können. Die Hauptelemente unserer Lufthülle, Sauerstoff und Stickstoff, kann der Mond weniger zurückhalten als die, Erde das leichte Helium. Uni die Anziehungskraft der Erde zu überwinden, müßte ein Massenteilchen eine Anfangs geschwindigkeit von 11 Kilometer in der Sekunde haben, wäh- rend beim Mond schon rund 2,4 Kilometer genügen. Daraus sieht man schon, wie schlecht es mit der Schwerkraft unseres Begleiters bestellt ist. Wir brauchen uns vorläufig nicht beunruhigen, daß wir eines Tages ohne Lust sind und wir ersticken müßten. vr. 3 irchow,