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Wo verbringe ich meinen Ltrlaub? Der Mai ist gekommen mit Sonne und Wärme. Bald folgen der Sommerfahrplan und die Ferienzüge. Da erhebt sich für viele Menschen die Frage: „Wo verbringe ich meinen Urlaub?" Die Antwort hierauf wird in erster Linie der Geldbeutel zu geben haben, aber ihm allein die Ent scheidung bei der Auswahl des Ortes zu überlassen, wäre töricht. Der Urlaub soll die Gesundheit kräftigen und er halten oder noch nicht völlig überwundene Krankheit zur Heilung bringen. Deshalb ist die richtige Auswahl des Urlaubsortes von wesentlicher Bedeutung. Nicht jeder Gesunde oder Halbgesunde wird aus einem Aufenthalt an der See Nutzen ziehen und umgekehrt nicht jeder aus einem Aufenthalt im Gebirge. Das Herz des einen verträgt grö ßere Höhen, das des anderen wird dadurch ungünstig be einflußt. Ganz besonders gefährlich ist es, etwa Brunnen- oder Bäderkuren auf eigene Faust unternehmen zu wollen. Mit einem Wort, der Rat des Arztes muß für die Auswahl des geeigneten Uclaubsortes eingeholt werden- wenn nicht Geld und Zeit nutzlos für die Gesundheit ver- tan werden sollen. Aber auch diejenigen, die nicht in der Lage sind, zu verreisen, werden zweckmäßig den Arzt zu Rate ziehen, um mit ihm die Möglichkeiten zu besprechen, die sich für sie zur Förderung ihrer Gesundheit während der Zeit ihres Urlaubs ergeben. l Milch in fester Form. Wir leben im Zeitalter der Erfindungen, und es vergeht kaum ein Tag, ohne daß man von wichtigen Neuerungen hört. Während die eine Gruppe der Erfinder bestrebt ist, neue, lebenvernichtende Maschinen und Methoden zu er sinnen, sind andere damit beschäftigt, das Los der Menschheit zu erleichtern. Zu den Segnungen, die uns die Arbeit der letzten Gruppe gebracht hat, gehört zweifellos die Erfindung der Milch in festerForm, die soeben in Dänemark geglückt ist. Es handelt sich hierbei um ein Verfahren, mit dem man das Wasser, das naturgemäß in der Milch ent halten ist, auf künstlichem Wege entfernt. Die verbleibende Substanz — die Milch selbst bleibt nach der Behandlung in einer Form zurück, die an oickes Seidenpapier erinnert. In dieser Form wird die Milch auch für lange Zeit unverderb lich und kann durch Hinzufügung von Wasser leicht wieder für den üblichen täglichen Gebrauch im Haushalt hergestellt werden. Die Erfinder, die nach den ersten geglückten praktischen Versuchen gegenwärtig mit weiteren Verbesserungen ihres Verfahrens beschäftigt sind, behaupten, bald eine allgemeine Umwälzung in der gesamten Milchwirtschaft herbeizuführen. So soll man in naher Zukunft keine Milchwagen mehr brauchen, und die Milchkanne kann in die Rumpelkammer wandern. Statt daß man die Milch literweise kauft, holt man sie dann in einem Stück, stellt sie aufs Regal und schneidet sich jeweils so viel ab, wie man gerade im Augen blick braucht. Man braucht nicht mehr morgens zum Milch mann zu laufen, sondern kann seinen Bedarf gleich mit einem Male für die ganze Woche oder den ganzen Monat kaufen —> die Meierei, die das neue Verfahren eingeführt hat, schickt die Milch dem Kunden als Frachtgut in der Kiste zu. Manche Hausfrau wird sicherlich die Neuerung freudig begrüßen — keine Milchkanne, kein Milchtopf mehr, und läßt man unvorsichtigerweise die Milch fallen, nun, so hebt man die Stücke eben wieder vom Boden auf, ohne großen Schaden erlitten zu haben. Modereformer. Der Prinz von Wales erschien vor einiger Zeit auf einem Abendfest in einer ganz ungewöhnlichen Tracht: Er trug unter dem Smoking einen Pullover und dazu einen weichen Kragen. Ganz England geriet darüber in Auf regung. Etwas Aehnliches erlebte kürzlich die vornehme Welt von Paris auf der Rennbahn von Auteuil. Dort sah man in der Ehrenloge des Präsidenten der Republik den englischen Botschafter Sir William Tyrrel mit einem Zylin der, den er zu einem gewöhnlichen dunklen Sakkoanzug auf gesetzt hatte. Diese gewagte moderne Zusammenstellung fiel um so mehr auf, als man in derselben Loge einen Herrn mit dem klassischen grauen Zylinder bemerkte, der früher bei Pferderennen getragen wurde. Freilich erklärten einige in der Geschichte der männlichen Kleidertracht erfahrene Män- yer, die jn Auteuil zugegen waren, die von Sir William ge wählte Kombination sei nichts Uebcrraschendes, denn man sei ihr schon in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts be gegnet. Praktische Winke w Rotweinflecke und Flecke von Obstwein lassen sich, wenn sie frisch sind, durch Kochen in heißem Wasser beseitigen. Man bestreut sie sofort mit Salz, hängt die fleckige Stelle in kochendes Wasser und läßt sie so lange kochen, bis die Flecke verschwunden sind. Man kann die Flecke auch mit Milch behandeln, indem einige Tropfen um- gerührter, abgestandener oder saurer Milch aus den frischen Fleck gegossen werden. Damit läßt man den Stoff eine Weile liegen und wäscht ihn dann in lauwarmem Wasser. Dieses Verfahren ist besonders für farbige Stoffe sehr zu empfehlen. Aeltere Stoffe werden mit Zitronensaft beträu felt und mit süßer Milch nachgewaschen. Um Flecke aus Tafellelnea z« entferne«, feuchte man einen Schwamm mit Glyzerin, lege ihn auf den Fleck und lasse das Glyzerin einziehen. Dann spüle man mit kaltem Wasser nach. Ist der Fleck sehr hartnäckig, muß das Glyzerin etwas gewärmt werden. Selbst das zarteste Gewebe kann ohne Schaden aus diese Weise behandelt werden. Ehe man eine Badewanne streicht, reibe man sie tüchtig mit Sandpapier oder Bimstern ab. Dann trage man zwei bis drei Lagen Emaillefarbe auf, welche besser hält, wenn die Fläche rauh ist. Es muß immer wieder be tont werden, daß man beim Baden, um die Farbe zu scho nen, stets zuerst kaltes Wasser in die Wanne einlassen muß. Wasserflecke ans polierten Möbeln beseitigt man leicht durch Einreiben mit Oel, wozu sich Reste aus der Speiseölflasche vorteilhaft verwenden lassen. ———° Gesundheitspflege °——— Bouillonextrakt für Kranke. Ein gutes, ma geres Stück Rindfleisch muß zerkleinert und in einer Flasche ohne Zutaten mehrere Stunden im Wasserbade kochen. Der von diesem gewonnene Fleischsaft wird löffelweise dem Kranken eingegeben. Dieses Mittel ist sehr anregend und kräftigend. Die Schafgarbe ist ein seit dem Altertum bekanntes Heilkraut. Blätter und Blüten dienten ehemals als Mittel gegen Lungenleiden. Heute nimmt man sie als Tee gegen Erkältungskrankheiten, Leberleiden, Hämorrhoiden. Frische Schafgaibmblätter aufs Brot gelegt, fördern den Appetit. Die billigsten Heilmittel. Die Italiener haben ein Sprichwort: „Wo die Sonne hinkommt, kommt der Arzt nicht hin." Insbesondere wird Gesundheit und Wachstum unserer Kleinsten durch Sonne und Luft mehr gefördert als durch die teuersten Heilmittel. Darum, wenn die Frühlings sonne scheint, die Fenster auf und weg mit dem schweren, dumpfen Federbett! Wenn aber, wie es die heutige Woh nungsnot mit sich bringt, Familien in Kellern und sonnen losen Hinterhäusern wohnen müssen, so sollten die Mütter, sobald die Witterung es erlaubt, jede freie Stunde dazu be nutzen, um mit ihren Kindern die nächste Grünfläche, die nächste öffentliche Anlage aufzusuchen. Die erhöhte Anstren gung durch beschleunigte Erledigung ihrer häuslichen Arbeiten wird reichlich ausgewogen durch die ungestörte Nachtruhe, die der gesunde Schlaf ihrer Lieblinge auch ihnen beschert. Es liegen Veilchen dunkelblau Auf einem Gr-.b im Abendtau, Ein kleines Mädchen kniet davor Und hebt die Hände fromm empor. „O sagt ihr Blumen in der Nacht Der Mutter, was der Vater macht, Doß ich schon stricken kann, und daß Ich tausendmal sie grüßen laß." Hermann von Gilm. Irrtum, hinter dem nicht eine Wahrheit steht, Kei« Schatte«, der «icht an» von einem Lichte geht, Und wie der Schatten selbst dich wird zum Lichte leite«, So auf de» Irrtums Spur magst du zur Wahrheit schreite«. «— Sonnlagsgedanken. —° „Unitarier" — in einem Sinne sind wir's alle. Wir wollen alle ein einziges und einiges Deutschland. Bor einem Menschenaiter urteilte Friedrich Naumann, daß nur die vielen deutschen Fürstenhäuser dem Einheitsstaate im Wege stünden, und sie müßten sich allmählich in ihn finden. Seltsam genug, daß die Revolution uns den Einheitsstaat nicht gebracht hat! Vernunftgründe, insbesondere im Hinblick auf die böse Zeit, die straffste Zusammenfassung aller Kräfte fordert, raten dazu, aber ein Gefühl, ras sich nicht deutlich begründen läßt, warnt davor. Es ist uns, als gäben wir etwas vom höchsten Werte aus, wenn wir Lie Einzelstaaten aufgeben. „Unitarier" war früher der Name nicht einer politischen Rich tung, sondern einer religiösen Sekte Man benannte mit ihm die Gegner der Lehre vom Dreieinigen Golt. Manche Kirchenchristen auch bei uns blickten fast neidvoll auf die schlichte Gotteslehre der Unitarier Aber es blieb uns das Bekenntnis zu Vater, Sohn und heiligem Geist, eiu Gefühl für das Unantastbare bewahrte uns trotz alles Ueberredens der Vernunft dieses Panier aller Christenheit, Gottlob! Man wolle das Evangelium des Sonntags ver Dreieinigkeit (Joh. 3, I—1b) auf schlagen und in und zwischen seinen Zeilen lesen, wieso der Glaube an den Dreieinigen die ganze Wahrheit und Echtheit des Christenglaubens behütet. Ja, wenn Gott von naturwegen der Vater aller Menschen wäre und die Menschen dies nur anzuerkennen brauchten, um in Gottes Reich zu kommen! Eben das ist nach jenem unvergleichlichen Gespräch, das nur die Sterne belauschten, nicht der Fall. So ist es, daß ein ge. borcner Mensch abermals und anderweit muß geboren werden vom Vater der Geister, wiedergeboren aus dem Wasser der Taufe und aus dem heiligen Geiste. Ja, wenn Jesus ein Meister in Israel gewesen wäre wie an dere Meister in Israel und man sich von seiner Darstellung nur über zeugen zu lassen brauchte, um Gott und sein Reich zu finden. Es ist nicht an dem. Nicht in irdischen und nicht in himmlischen Dingen wird man Jesu Glauben halten, es sei denn, daß er als der Herr vom Himmel unsrem Gewissen das Zeugnis der Wahrheit gebe. Ja, wenn Jesu Leiden und Sterben nur der harmonische Ab schluß seines Lebens und Lehrens gewesen wäre, wie wir es uns gern zurechtlegen. Wiederum ist die Versöhnung Gottes durch das Blut des Gerechten ein unendliches Aergernis. Wie hat Gott die Welt ge- liebet? Wie sehr und in welcher Art? Das erhöhete Sündenbild aus 4. Mose 21, 8 allein kann es uns deuten, der Geist der Offen« barung allein, der als Gott In uns unsren Geist überwindet, der allein kann uns glaublich und herrlich machen, was uns widerstrebt und was doch allein uns selig macht. Darum: Gelobet durch alle Zeit und in alle Ewigkeit Gott Vater, Sohn und heiliger Geist! IHN Pulsnitzer Landschaft als Wanderziel Der Mai ist gekommen, die Bäume schlagen aus; Da bleibe, wer Lust hat, mit Sorgen zu Haus! Wer könnte von uns dem Locken der im Blütenkleide pran genden Natur widerstehen! Uns alle zieht es in diesen Tagen gar mächtig hinaus, und wen daheim nichts bindet, der nimmt den Wanderstab zur Hand und das Ränzlein auf seinen Rücken und zieht los. Aber wohii? Wer da noch viel Geld übrig hat, der folgt Wohl den Einladungen zu sogenannten Sonderfahrten nach Norwegen, Italien," nach dem Orient. Wer von den lieben Lesern kann si h so etwas bieten? Wohl die Allerwenigsten. Warum aber immer in die weiten Fernen schweifen, wenn das Gute doch so nahe liegt. Die Pulsnitzer Umgegend bietet ja landschaftlichen Wechsel in so reichem Maße, daß wir es gar nicht nötig haben, uns tagelang in die Eisenbahnwagen zu setzen und halb zerdrücken zu lassen. Die Vorzüge der Pulsnitzer Landschaft werden -erfreulicherweise auch immer mehr in wei teren Kreisen erkannt und geschätzt; denn sie kann sich sehr wohl mit vielbesuchten Gegenden Sachsens und des übrigen Deutschlands inbezug auf landschaftliche Reize messen. Wer nur mit offenen Augen wandern will, der spürt auch bald die Vorzüge der Pulsnitzer Landschaft. Wenn wir in ihr auch nicht himmelanstrebende Berge und mächtige Ströme und wildzerrissene Täler und Schluchten finden, aber das Auge wird durch liebliche, bewaldete Höhen, von denen der Blick meilenweit in die Runde schweifen kann, ergötzt, wird erfreut durch freundliche Auen, anmutige Täler, lauschige Wälder, schmucke Dörfer mit verträumten und malerischen Winkeln. Die Landschaft ist nicht arm an sagenreichen Stätten. Was allein kann Pulsnitz erzählen. Hier wurde einst der Missionar Bartholomäus Ziegenbalg geboren, vor 125 Jahren der große Bildhauer Ernst Rietschel, dessen Standbild wir auf dem Marktplatze vor dem Rathause finden. Und nun die Umgebung der Stadt Pulsnitz! Da ist es zunächst der Eierberg, über den die Landstraße nach Dresden zieht und an der droben am Rand des Waldes das freund liche Waldhaus liegt. Der Blick von dort droben auf das in lieblicher Aue liegende Städtchen ist so anziehend, daß man sich nicht zu trennen vermag. Ein Stück Thüringer Landschaft glaubt man vor sich zu haben. Jenseits des Eicrberges Lichtenberg mit dem Eggersberge, über den einst zur Zeit der Völkerwanderung eine alte Verkehrsstraße zog, von der ja der Pulsnitzer Marktplatz noch ein Rest sein soll. Eine Wanderung von hier aus hinüber zum Keulenberg ist höchst lohnend. Und dann der sagenumrankte Keulenberg selbst! Welche Fernsicht bietet er bei klarem Wetter, wie gern wird Lieser alte Götterberg gerade zur Pfingstzeit als Wanderziel gewählt. Welche Reize bieten aber die Berge östlich von Pulsnitz, die vom Walberge und Hutberge bei Kamenz bis zum Butterberge bei Bischofswerda eine stun denlange Bergkette bilden, die einst eine wichtige Grenzmark war zwischen Deutschen und Wenden und über die ein so genannter Kennsteig lief. Die bekannteste Höhe unter jenen Bergen ist der Hochstein oder Sybillenstein, das Quellgebiet der Röder und der Schwarzen Elster. Am Fuße des Hoch steins das so idyllisch gelegene Forsthaus Luchsenburg, das Sonntags so gern von Pulsnitzer Familien aufgesucht wird. Die nächste Höhe in dieser Richtung ist der turmgekrönte Schwedenstein, um dessen Erschließung der rührige Gebirgs- und Verschönerungsverein Pulsnitz sich hochverdient gemacht hat und noch macht. Der Fremde kann Pulsnitz zum Stand quartier sehr wohl wählen. Bei täglichen Wanderungen 1