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tyr sich oeugeno vie wemeinve Mövnng, Junge und Alte, Frauen, Männer, Kinder, in Rembrandtsches Halbdunkel ge taucht, der Priester in weißem Ornat, betend auf steinerner Kanzel, Duft von Wachs und weißem Flieder, der draußen in Mengen blüht, eine Feerie das Ganze, ein Hymnus auf den Mai, den niemand vergessen kann . . . Still machte ich mich dann an diesem Abend auf den Weg zu meiner Wohnung, innerlich ein wenig lächelnd über die Wichtigtuerei der Menschen, die doch so menschlich ist, ein wenig lächelnd und ein wenig traurig auch darüber, daß nicht immer gleich nebenan eine Kirche steht mit einer Madonna darin, mit Flieder und Kerzen, in die wir ohne Bedenken ein treten dürfen, wenn der Mai unser Blut rebellisch macht oder die Sorgen unser Herz bestürmen . . . j Laß Dich von -er Biene stechen! M Wien, 5. Mai 1929. ,Lass' dich von den Bienen stechen I" Ist das nicht eine komische Zumutung? Und eine gefährliche dazu? Denn Bienenstiche sind, wie man weiß, nicht harmlos. Sie rufen bösartige Geschwülste hervor. Aber der junge Wiener Arzt vr. Kretschy, der sich üb« tausend Bienenstichen syste matisch auslieferte, ohne gestorben zu sein, behauptet allen Ernstes, daß man den Bienen bitter Unrecht tue. Sie seien nicht nur ihres Honigs wegen nützliche Tiere, sondern auch dank ihrem Gifte. Denn dieses Gist ist ein sehr edles, geradezu ein wundertätiges Gist. Da so viele berühmte Mediziner der Gegenwart dem vr. Kretschy recht geben, da man ihm im Garten der Wiener Psychiatrie sogar die Möglichkeit ge boten hat, sich eine große Bienenfarm anzulegen, so muß an der Sache doch was dran sein. Und so lasse ich mich von vr. Kretschy zu seinen Bienen führen, die er, jedes Völkchen für sich, in netten kleinen Wochenendhäuschen untergebracht hat. Unterwegs aber erzählt er, wie er zu seiner Passion gekommen sei. Durch Zufall. Als Student der Medizin wäre er so schwer an Gelenkrheumatismus erkrankt, daß er sich kaum mehr bewegen konnte. Alle Bade- und sonstigen Kuren blieben erfolglos. Da habe er sich an die Lehren großer Aerzte der Vorzeit erinnert, die dem Bienengift eine wunder bare Wirkung zuschrieben, da sei ihm ferner bei längeren Beobachtungen ausgefallen, daß Bienenzüchter fast niemals an Rheuma erkranken — und da habe er sich probeweise von Bienen stechen lassen. Tag für Tag. Ein paar Wochen lang. Und das Endergebnis? Daß er heute völlig gesund sei. Kretschy betont, daß er nicht etwa eine neue Entdeckung gezeitigt hätte. Schon in alten Zauberbüchern findet man phantastische Formeln, in denen die Honigbiene die Haupt rolle spielt. Aus ihrem Körper, den unsere Vorfahren in eine Flüssigkeit tauchten oder den sie zu Pulver verrieben, stellte man Elixiere, Wasser für Waschungen, Salben und Umschläge her. Erst jetzt beginnt man sich ernstlich mit den Wirkungen des Bienengiftes zu befassen, und dies, nachdem Kretschy ein Jahrzehnt' hindurch in hoffnunglosen Fällen seine Bienen heranführte und den Panenten völlige Heilung brachte. Den Bienen allerdings den — Tod. Kretschy erklärt: t „Man muß allen an Rheumatismus erkrankten Personen ' so lange Bienengift injizieren, bis sie gegen Bienenstiche immun j sind. Dieses Stadium wird nach ganz verschiedenen Mengen erreicht. Schwere, besonders hartnäckige Fälle benötigen 8006 i bis 12 000 Bienenstiche, aber dafür ist auch die Heilung absolut ; zuverlässig." ' Und schon öffnet er einen der Bienenstöcke, legt eine Platte mir Honigwaben frei, auf der tausende geschäftiger Bienen herumkriechen und sich anscheinend auf die kommend« Frühjahrssaison vorbereiten. Mit einer kleinen Pinzette holt er aus der Wabe eine Diene nach der anderen heraus und legt sie in ein kleines Kistchen. Um unsere Köpfe schwirrt ein summender Schwarm. Es scheint, als dränge sich jede in den Tod. Seltsame Gla diatoren der Insektenwelt I Und als er die hundertste in das Kistchen gesperrt hat, meint er: „Es ist sehr traurig, daß der Segen des Bienengiftes, das nicht allein gegen rheumatische Erkrankungen hift, mit dem Tode der Biene verknüpft ist. Denn ich kenne kein Tier, das so sehr als die uneigennützige Wohltäterin des Menschen bezeichnet werden kann wie die Diene. Man müßte sie besingen wie irgend sonst etwas Edies und Schönes in der Welt .. Geschichten um den Salat herum Es war einmal eine Zeit, da befahl der feinschmecke rische Diktator die Verachtung des grünen Salats. Es sei eine „Verirrung deS Geschmacks", zu einem guten, sahne gesättigten Reckrücken oder einem köstlichen Fasan grünen Salat vorzusetzcn. Wenn man aber schon einmal auf dieses Grünzeug nicht verzichten wolle, so müsse es einige Stunden vor dem Anrichten zubereitet und mindestens viermal um und um gewendet werden, damit alle Würzkräuter gehörig Zeit haben, dem Salat Geschmack beizubringen. Kein Wun der, daß der zermatschte Salat dem großen Gourmet nachher nicht mundete. Die Zartheit des Salats verlangt eine fast zärtliche Behandlung. Schon die Art, wie man die lenzgrünen Blät ter löst, bezeugt Ehrfurcht vor der seinen Beschaffenheit deS Salates. Das glasige Rippenwerk möchte der richtige Sa latfex nicht missen, und das liebe kleine Herz läßt er ganz, weil es die Krönung des Salatbaues werden soll. Warum wir heute den Salat so schätzen, ist bald verraten. Wir wis sen die erfrischenden Eigenschaften seiner ätherischen Oele zu würdigen. Wir verhehlen uns zwar nicht, daß er 93»/» Wasser beherbergt, aber wir kennen auch die belebende Wir kung dieses von der Sonne durchglühten Wassers. DaS Fleisch bei der Mittagsmahlzeit erbittet sich die Zugabe von Salat, weil es sich dann frei weiß von allen Attentaten auf unseren Stoffwechsel. Die erstrebende Abbauarbeit an der Harnsäure in unserem Körper (durch nicht durchaus richtige Ernährung hervorgerufen) wird durch den Salat und andere grüne, roh genossene Kräuter wirksam gefördert. Deshalb sind auch die Frühjahrskuren der Pariserinnen in der Haupt sache aus Brunnenkresse und Salat gerichtet. Wie er auch zubereitet wird, er hat das Verlangen, alle Wintersünden unserer Ernährung gut zu machen. Allerdings soll dos Oel so rein und klarschmcckend sein, wie es nur gutes Olivenöl oder Erdnußöl zustande bringt. Die Zitrone tritt für Essig ein, und auch wenn saure Sahne schaumigweiß die grüne Zartheit umhüllt, wird etwas Zitronensaft ihre Säure unter stützen. Ein gekochtes gehacktes Ei, in weiß und gelb ge trennt, wird gehackt und über den Salat gestreut. Auch eine kleine Ration Schnittlauch läßt ihre grüne Spur auf dem lichten Hellgrün der Blätter zurück. Es ist ein Geheimnis um die Zubereitung eines guten Salates. o Praktische Winke ° Fleckenmittel. Fettflecke in Kleidern usw. überstreiche man etwas dick mit Eigelb, laste dieses an einem luftigen Orte vollkommen trocken werden; schäle und reibe eS, wenn es sich verhärtet hat, aus und wasche die Stelle mit lauem Wasser rein. Der Fettfleck wird verschwunden sein. Eben dies läßt sich bei vielen anderen Gegenständen, z. B. Haar bürsten, anwenden. Man sättige diese mit Eigelb und warte, bis die Masse ganz hart geworden, reibe sie dann aus und wasche sofort die Bürste mit heißem Wasser, so wird sie vollständig rein sein und wie neu aussehen. Regenflecke lassen sich aus empfindlichen Stoffen entfernen, indem man etwa ein halbes Liter Regenwasser in eine Flasche gießt, für zehn Pfennig Weinsteinöl darunter mischt, die Flüssigkeit gut durcheinandergeschüttelt und eine halbe Stunde stehen läßt. Nun taucht man ein reines Läppchen in dieses Wasser, übertupft die Regenflecke damit, überstreicht dann den Stoff mit einem anderen trockenen Lappen dem Striche nach und überfährt ihn mit einem warmen Bügeleisen, drückt ihn gut aus, rollt ihn zwischen zwei leinene Tücher und trocknet ihn möglichst schnell. Naßgewordene Samthüte sollen nicht ab- gelrocknet, sondern nur abgeschüttelt und dann zum Trocknen in die Nähe des Herdes oder Ofens aufgehängt werden. Wenn sie trocken sind, werden sie strichweise mit einem Stück chen gleichfarbigem Samt bearbeitet. Besteht der Verdacht, datz Motte« im Tep pich find und man kann die Stelle nicht finden, tauche man einen Lappen, dem man einen Schuß Salmiakgeist zu- gesügt Hot, in heißes Wasser, breite ihn über den Teppich und fahre mit einem heißen Eisen darüber. Der Dampf tötet die Motten. MUMM 8 MW W WSNW WMtt MW! -- - — - — ! Dm» und Verlag von E. L. Förster'- Erben (Inhaber: I. W. Mohr) » Schriftleiter: I. W. Mohr in Pnlsnit U ^^lüchtiger al« Wind und Welle lieht die Zeit; — wa« hält sie auf? Sie geuietze« auf der Stelle» Sie ergreife« schnell im Lauf. Die« nur hält ihr rafche« Schwebe« Und die Fl«cht der Tage ei«, Schneller Gang ist unfer Lebe«, Laßt uns Rafe« auf ihn streun. Herder. Sonntagsgedanken Vom Geiste der Pfingsten Pfingsthauch weht durch die Natur, Sommer wirds auf Feld und Flur, Schöngeschmückt zum hohen Feste prangen blütenschwere Neste, und es jauchzt die Kreatur. Pfingstfest, das die Erde weiht mit des Geistes Eigenheit: fülle ganz das Haus der Erde, daß eS völlig Pfingsten werde: Festliche Erfüllungszeit! zP. Kaiser.) Pfingsten das Fest des Geistes! Ohne Gottes Geist kommen wir nicht aus. Schon ein David bittet: Schaffe in mir Gott, ein reines Herz und gib mir einen neuen gewissen Geist; verwirf mich nicht von deinem Angesicht, und nimm deinen heiligen Geist nicht von mir. Und auch ein Paulus hat den Wert des Gottesgeistes und derer, die ihn in sich tragen, erkannt, wenn er den Römern gegenüber (Kap. 8) bekennt: Welche der Geist Gottes treibet, die sind Gottes Kinder! Das Wort vom nicht knechtischen, sondern kind lichen Geiste, durch den wir rufen dürfen: Abba, lieber Va ter! — Haben wir solchen Geist, oder gilt uns auch das Wort des Herrn: Ihr wisset nicht, wes Geistes Kinder ihr seid!? Wir lassen es nur zu oft daran fehlen. — Worin zeigt sich der Gottesgeist, wie wirkt er sich aus? Ein Kirchenlied Paul Gerhard's (LGb. 155) nennt eine vielfäl tige Wirksamkeit. Nennt den Geist einen Geist der Lehre, der Freude, des Lichtes und der Liebe. Er lehrt uns, wie man recht beten soll. Das Gebet, sowenig es auch heute vielleicht noch geübt wird, ist nicht ein Zeichen von Schwäche, sondern das Gebet des Gerechten vermag viel, wenn es ernstlich ist. Du mußt es nur erproben! Ein Geist der Freuden. Wahrhafte Christenmenschen.sind immer wahrhaft frohe Menschen. Die Sonne, die mir lachet, ist mein Herr JesuS Christ, das was mich singenlmachet, ist was im Him mel ist! — Der Geist des Lichtes. Im Leid und in den Sorgen des Alltags, wie schön ist's, wenn der Mensch in dem Glauben steht: Das ist das Licht der Höhe, das ist mein? Jesus Christ, der Fels auf dem ich stehe, der diaman ten ist! — Und der Geist der Liebe!? Der Liebe, die größer ist als alles andere, selbst als Glaube und Hoffnung; die Liebe, die gern alle Menschen untereinander als Brüder, die gern nur eine Herde und einen Hirten sehen möchte — und an der es doch leider immer noch so sehr fehlt!! Das ist der Geist der Pfingsten! Möchte er auch zu unS kommen, auch solches in uns wirken! — Ja, komm' heiliger Geist, Herre Gott! Halleluja! ar. Wie die Alten sungen . . . —° Erzählung von der Wasserkante von Ernst Römer-Kiel Bei Jensens war Großreinemachen. Da stand er überall im Wege, der Peter. Mutter jagte ihn aus der Küche, in den Stuben machten sich seine großen Schwestern zu schaffen. Nein, jetzt könnte er nicht hinein. „Js ja zu toll mit euch!" schrie der kleine Mann mit der Nase an der Türritze. „Wo soll ich denn bleiben?" Er ratterte an der Klinke. „Du — nicht unartig werden, wenn wir Vaters Ge burtstag Herrichten," warnte Elsbeth von drinnen. „Geh' bis zum Dusterwerden auf die Straße, spiel mit Hannes Wulf." „Hannes darf nicht mehr 'runter. Ich hab ihm doch schon vorhin geflötet," beharrte Peter. „Oder lauf mal zum Hafen hin," kam es aus der Küche. „Vielleicht bringt Vater einen Dampfer von See rauf. Kannst ihm winken." Die Mädchen lachten. „Aber nicht zu lange wegbleiben, hörst du wohl? Klock fünf bist du wieder hier!" Der Junge langte sich die Mütze vom Haken. „Js gut, Mutter." Und in derben Schuhen polterte er die Treppe hinunter. Frau Jensen wandte sich wieder ihrer Arbeit zu. Ueber den Bewegungen ihrer großen, etwas hageren Gestalt lag jenes sinnig Verhaltene, das der niedersächsischen Rasse eigen. Um den herben Mund ging ein Zug, wie ihn Menschen auf weisen, die viel allein sind, viel vor sich hindenken. Ihr Mann war Lotse. Seelotse. Er kreuzte gewöhnlich mit dem Lotsendampfer zwischen den Feuerschiffen, die in der Elb- mündung lagen, bis die Belegschaft an die ein- und aus laufenden Schiffe abgegeben war. Wenn er Glück hatte, konnte er so nach zehn, zwölf Tagen mal nach Haus kommen. Wäre ja schön, wenn es morgen zu seinem Geburtstag etwas würde. Kam eben daraus an, wieviel Verkehr es draußen gab. Peter Jensen stand am Kai und schaute nach den großen Dampfern aus. Die rotgefrorenen Fäuste in die Hosen taschen gebohrt, daß sie sich stramm nach außen beulten, die Wintermütze über den runden Flachskopf gezogen, so stand er trampelnd da und heftete seine geübten Jungenaugen auf die mächtig gebreitete Fläche, wo der Strom im Meere auf ging, wo er seiner natürlichen Aufgabe genügt hat, wo er die schwimmenden Sendboten unseres Vaterlandes an die Nordsee abgibt. Aber dieses Meer ist mit Nichten die nörd liche Begrenzung unseres Landes. Mit dem Deck eines deutschen Schiffes hat man zugleich deutschen Boden unter seinen Füßen. Das alles dachte Peter nicht. Er stand mit seinen elfjährigen Beinen in der Landschaft, aus der er stammte. Also wollte er Lotse werden wie sein Vater. Solch noch