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Str. 107 Pulsnitzer Tagebian. — Freitag, de» 10. Mai 1929. Seite 2. den 26. Mai verlegt. Im übrigen Sachsen bleibt also der 12. Mai als deutscher Muttertag in diesem Jahre bestehen. Pulsnitz (Ferien der Volksschule.) Ferien tage in diesem Schuljahre sind der 18—26. Mai, 11. Juli bis 18. August, 27. September bis 6. Oktober, 22. Dezem ber bis 6. Januar. Die Schule wird stets am Tage vor dem ersten Fertentage mittags geschlossen, also zum Beispiel bei den Pfingstferien am 17. Mai mittags. — «Wer ist am nächsten Sonntag wahlbe rechtigt?) Alle reichsdeutschen Männer und Frauen, die in Sachsen wohnen und am nächsten Sonntag das 20. Le bensjahr vollendet haben, können mitwählen. Die sächsische Staatsangehörigkeit braucht man deswegen nicht zu besitzen. Freilich muß man in die Wählerliste ausgenommen worden sein. Aber nur in Ausnahmefällen kann es vorkommen, daß Wahlberechtigte in diese Liste versehentlich nicht mit einge tragen worden sind. — (Einstellung des Schulunterrichts we- genaußerordentlicherVorkommnisse.) Das Ver ordnungsblatt des Sächsischen Ministeriums für Volksbildung Nr. 7 vom 3. Mai enthält eine Bekanntmachung über die Einstellung des Schulunterrichts wegen außerordentlicher Vorkommnisse. Im Hinblick auf Zweifel, die über die Hand habung der fraglichen Bestimmungen aufgetaucht sind, ordnet das Ministerium für Volksbildung an: Einstellungen des Schulunterrichts aus Gründen, die im Verordnungswege besonders geregelt sind, sind nach diesen besonderen Verord nungen zu prüfen. Hierzu gehören insbesondere: Verlegung der Schulferien und Schulausfall wegen örtlicher Feiertage, Unterrichtseinstellungen wegen landwirtschaftlicher Notarbeiten, Schließung der Schulen oder einzelner Klassen wegen an steckender Krankheiten. Soll der Unterricht wegen Veranstal tungen der Schulen oder wegen besonderer Verhältnisse im Schulgebäude eingestellt werden (Schulfeste, die nicht orts gesetzlich sestgelegt sind, Schulbaulichkeiten, Kohlenmangel und dergl.), so bedarf cs in jedem Fall der vorherigen Genehmi gung des Bezirksschulamtes. Die Genehmigung ist nur zu erteilen, wenn ausreichende Gründe die Unterbrechung des Unterrichts rechtfertigen. Unterrichtseinstellungen, die länger als einen Tag dauern, sind in der Regel nur gegen entspre chende Kürzung von Schulferien innerhalb des laufenden Schuljahres zu genehmigen. Soll hiervon abgesehen werden, so ist die Entschließung des Ministeriums beizuziehen. Die Bestimmungen finden auf die höheren Schulen entsprechende Anwendung. — Außerdem enthält das Verordnungsblatt einen Nachtrag zum Verzeichnis bestehender Schulverbände. — (Fernsprechvermittlung.) Die Nachrichten stelle der Obcrpostdirektion teilt mit: Bei der Fernsprechver mittlungsstelle in Königsbrück wird vom 15. Mai 1929 an ununterbrochener Fernsprechdienst abgehalten. — (Reichsaußenminister Dr. Sresemann zur sächsischen Landtagswahl.) In den Leipziger Neuesten Nachrichten schreibt Reichsaußenminister Dr. Strese mann zu den Wahlen zum sächsischen Landtag u. a.: „Sei man sich klar darüber in bürgerlichen Kreisen, daß es eine Herrschaft von Schichten nicht mehr geben kann, sondern nur die Herrschaft einer gesunden Auffassung, die so wenig ein seitig den Arbcitsgeberstandpunkt wie den einseitiger Arbeits- nehmerintressen vertritt. Jede Partei muß ein volles Ver ständnis haben für den Kampf, den Arbeiterschaft und An gestellte für ihre berechtigten Interessen führen Jede bür gerliche Partei muß für die Hilfe, die diese so wichtigen Kreise erwarten in Tagen der Not, der Krankheit und des Alters, ebenso freudig eintreten wie irgend eine sozialistische Partei. Wie stark wir zu kämpfen haben gegen unterirdische Bewegungen, die dem oberflächlichen Beschauer nicht leicht zur Kenntnis kommen, zeigen die letzten Tage in der Reichs- hauptstadt. Kamenz (Neuer Organist.) Die Kirchgemeinde vertretung wählte in ihrer Sitzung vom 6. d Mts. Herrn Lehrer Alfred Meyer zum Organisten der Hauptkrrche. Kamenz. (Wochen markt.) Auf dem vorgestrigen Wochenmai kt kosteten u. a. Blumenkohl 60—100, Spinat 30, Rotkraut 35, Weißkraut 35, Welschkraut 35, Kohlrabi 30 (neue das Stück 5O>, Möhren 25, Rote Rüben 30, Schwarz wurzel 60, Sellerie 50, Rapünzchen 30, Zwiebeln 25, Steck zwiebeln 80—^00, Treibhausgurken 90, Spargel 180, To maten 100, Aepfel 25 (ausländische 65—70) das Pfund, Staudensalat 25—40 Pfg. das Stück, Radieschen 15 Pfg das Bündel. k Dresden. lZum Verbot des Rotfront. kä'mpferbundes.) Die „Sächsische Staatszeitung" ver öffentlicht nunmehr in ihrer Nummer vom 8. Mai das Ver bot des Rotfrontkämpferbundes in folgendem Wortlaut: Auf Grund des 8 14 Abs. 2 in Vebindung mit 8 7 Ziffer 4 und Obersten Pabst in Verbindung gestanden hätten. Vbn einem Titelkrieg mit Bayern könne keine Rede sein. — Das Ministerpensionsgesetz werde demnächst dem. Reichsrat zugeleitet. Die Höchstpension für Minister werde auf 12 V0Ü- Mark festgesetzt. In Zensurfragen sei er durchaus im Einvernehmen .mit dem preußischen Innenminister, wenn er die Einführung der Zensur als „keine aktuelle Gefahr" bezeichnet habe, so sei das bei der erforderlichen Zweidrittelmehrheit im Reichs tag durchaus richtig. — Eine Diktatur über Rund- >funkangelegenHeiken übe er nicht. — Das Be ll mtenvertretungsge setz werde demnächst dem Reichstag zugehen. Die Verhandlungen der Ressorts über das Beamten - Dienststrafgesetz seien beendet. — Ueber das Wahlrecht sei ein Referentenentwurf aus gearbeitet. Seine Aussichten beurteile er skeptisch. Solange der Proporz beibehalten werden müsse, werde es sich nur um die Aufteilung der großen Wahlbezirke in Einzelkreise handeln können. Kommen werde ein Gesetz zur Sammlung des Reichsrechts. Nicht in Aussicht stellen könne er ein Reichsschulberufsgesetz. — Einen Volksentscheid über die Neichsreform habe er nicht entfesseln wollen. Er habe drei Wege erörtert, erstens die freiwillige Vereinbarung, zweitens die Aende- rung des Zuständigkeitskatalogs der Reichsverfassung, drittens habe er bemerkt, daß vermutlich nur der Weg eines Volksentscheids übrigbleiben werde, da man die ersten beiden Punkte bei der jetzigen Parteikonstellation schwer durchsetzen könne. vr. Löwenstein (Soz.) gab zu, daß die Frage des Konkordats in der Sozialdemokratischen Partei stark um- stämpft sei. Dann antwortete Abg. von Lindeiner- Wildau (Deutschnatl.) dem Minister. Unzweifelhaft wür ben viele Menschen gerettet worden sein, wenn man seiner zeit der Anregung des damaligen Ministers von Keudell ge folgt wäre und den Rotfrontbund verboten hätte. Der Ab geordnete nahm die Polizei gegenüber den Angriffen der linksbürgerlichen Presse in Schutz. Er warf der bürgerlichen Linkspresse vor, daß sie die Staatsautorität untergrabe. Mi nister Severing könne seins Geschäftigkeit im Rundfunk nicht bestreiten. Er habe eine Verstärkung des Aufsichtsrats der Dradag einseitig durch Vertreter der Linken durchgesetzt. Die glückliche Reichspost. Der Reichspostminister verweist auf die Gewinne. Im Haushaltsausschuß des Reichstages erklärte Reichs postminister Ür. Schaetzel: Wenn man Klarheit über eine etwaige Aenderung des Reichspostfinanzgesetzes ge winnen wolle, müsse man an seinen Ausgangspunkt denken, nämlich den Grundsatz, daß die Reichspost ein selbstän diges wirtschaftliches, sich selbst tragendes Unter nehmen neben dem Reichsetat sein müsse. Dieser Grundsatz habe sich bewährt. Aus einem Defizitbetrieb sei die Reichs post ein Unternehmen geworden, das alljährlich beträcht liche Summen an die Reichskasse abliefere. An diesem Grundsatz müsse festgehalten werden, es dürfe die Reichspost nicht wieder ein Instrument der Politik werden. Verantwortung und Entscheidung müßten in einer Hand bleiben, dem Verwaltungsrat. Dem Reichstage müsse aber ein Einfluß auf die Gestaltung der Tarife gewährt werden, nicht die Entscheidung. Nachgeben der Großhandelörichtzahl für April. . Berlin. Die für den Monatsdurchschnitt April berech nete Großhandelsrichtzahl des Statistischen Reichsamts ist mit 137,1 gegenüber dem Vormonat (H39.6) um 1,8 v. Hst gesunken. Agrarkrise und ihre Bekämpfung. Genf. Im Wirtschaftsrat begrüßte der frühere- Neichsfinanzminister vr. Hermes als Vertreter der deut schen Landwirtschaft aufs wärmste die bevorstehende Grün dung eines Ständigen internationalen land> wirtschaftlichen Sachverst an d ig e n a u s s ch u f* se s. Wenn auch die Hauptursachen nicht überall die gleichen sind, so weist die Krise in den einzelnen Ländern doch einen gemeinsamen hervorstechenden Zug auf, das ist die volkswirtschaftlich anormale Preisbildung, die in einem Zurückgehen der Agrarpreise hinter den Industriepreisen besteht. Volkswirtschaftlich normal ist diese Preisbildung, wenn die Agrarpreise den Industriepreisen vorallseilen, wie das auch früher der Fall war. Denn es ist die Pflicht der Industrie-, deren Produktion nicht unter der Wirkung des Gesetzes vom abnehmenden Bodenertrag steht, sondern mit zunehmendem Umfang billiger wird, der Landwirtschaft ihre BetriebS- mittel so preiswert wie nur irgend möglich zu liefern. Es wird die große Aufgabe des in Aussicht genommenen land wirtschaftlichen Sachverstündigenausfchusses sein, alle diese verwickelten Zusammenhänge in der Landwirtschaft zu unter suchen. Amerika verlegt sich au? Hochschutz? Zollpolitik. New Work. Das Mitglied des Repräsentantenhauses Willis Hawley hat dem Repräsentantenhaus die-neue Zolltarif-Gesetzesvorlage unterbreitet, durch die die amerika nische landwirtschaftliche Industrie vor der Weltkonkurrenz geschützt werden soll. Derart hohe Schutztarifsätze find bisher dem Kongreß noch nicht vorgeschlagen worden;: die Befürworter erklären aber, daß die Vorlage mit Hoovers ausdrücklicher Anweisung übereinstimme, die Zolltarif neuregelung auf die Notverhältnisse der neuen Industrien zu beschränken. Die im Fordney-McLumber-Gesetz verzeich neten Zollsätze unterliegen einer Erhöhung UM un gefähr 20 Prozent. Der von dem Abgeordneten Willis Hawley ein gebrachte Antrag auf Erhöhung der Zollsätze zum Schutze der amerikanischen Industrie sieht u. a. für Uhren, Uhrwerke usw. einen Wertzoll bis zu 50 v. H. vor. Chirurgische und zahnärztliche Instrumente sollen gleichfalls höhere-Zollsätze erhalten. Der Zoll auf - photographische Apparate: soll um 25 v. H. erhöht werden. Die-Zölle für chirurgische, biologische und chemikalische Glaswnren sollen eine Erhöhung um 85 v. H. erfahren. * Deutschland soll seine Kriegstribute aus- den Ueber- schüssen seines Handels bezahlen. Wenn aber, jetzt zum Beispiel Amerika, ebenso rme die anderen Länder, Hochschutz zollpolitik treibt, so muß darunter der deutsche-Außenhandel ganz gewaltig leiden, und die deutschen Dgweszahlungen gefährden. 5 des Gesetzes zum Schutze der Republik vom 21. 7. 1922 (Reichsgesetzbl. I S. 585), des 8 1 des Gesetzes vom 22.3.1921 (Reichsgesetzbl. S. 232), in Verbindung mit der Verordnung zur Ausführung dieses Gesetzes vom 12. 2. 1926 (NeichS- gesetzbl. I S. 100) werden mit Zustimmung der Reichsregie rung der Rote Frontkämpferbund, die Rot? Jungfront und die Rote Marine für das Gebiet des Freistaates Sachsen mit allen ihren Zweigorganisationen, Formationen und Ein richtungen verboten und aufgelöst. Das Vermögen der auf gelösten Organisationen wird gemäß 8 18 des Gesetzes zum Schutze der Republik und 8 3 des Gesetzes vom 22.3.1921 zugunsten des Reiches beschlagnahmt und eingezogen. Die Durchführung der Beschlagnahme und Einziehung liegt in den Städten mit staatlicher Polizeiverwaltung, dem staatlichen Polizeiamt, in den Gemeinden, denen die Geschäfte der un teren Staatsverwaltungsbehörden voll überwiesen sind, der Polizeibehörde, im übrigen den Amtshauptmannfchafte'n ob. Königsbrück. (Mißlungene Kindesentfüh-, run g.) Ein aus einer geschiedenen Ehe bei den Grob eltern hier untergebrachter Zjähriger Knabe, der durch Gerichtsurteil der Mutter zugesprochen ist, wurde von seinem Vater, einem Ingenieur, der in Jugoslawien lebt von der Schule abgeholt, um ihn von hier zu entführen' Der Umstand, daß der Dresdener Zug bereits abgefahr-'n war, führte dazu, daß das Kind dem Vater auf dem hiesigen Bahnhof wieder abgenommen werden konnte. Meitze«. (Eine Fe st münze aus Porzellan) zur Jahrtausend-Feier der Stadt Meißen vom 2. bis 9. Juni 1929 ist vom Rat der Stadt bei der Staatlichen Porzellan, Manufaktur in Auftrag gegeben worden. Die aus weißem, Steinzeug hergestellte ovale Münze zeigt auf der Vorderseite.- das Meißner Wappen — der schreitende Löwe am Turm —, auf der Rückseite das Stadtbild mit Fwuenkirchturm und Bischofsturm (Licbenstein). Die Münze berechtigt an den Hauptfesttagen zum Besuch der Festwiese, der Ausstellung, des GeschichtsvereinS und an 2 Tagen zum Besuch von Alb rechtsburg und Dom. Sie wird aber wegen ihrer gediegenen Ausstattung auch für Sammler ständigen Wert behalten. Leipzig. (Ein starkes Gewitter) ging am Himmelsahristage kurz nach 1 Uhr mittags über Leipzig weg; dabei fiel ein wolkenbruchartigrr Regen, der sehr viele Ausflugsprojekte verwässerte. Beisätze eine halbe Stunde lang mußte in allen Häusern Licht gebrannt werd«, weil starke Dunkelheit herrschte; auch, Straßenbahnen und Auto mobile harten Lichter gesetzt. Chemnitz (Gewitevschäden in Chemnitz.) Am Himmelfahrtstage gingen über Chemnitz und Umgebung schwere Gewitter, begleitet von wolkenbruchartigen Regen schauern und Hagelschlag, nieder. In Chemnitz schlug ein kalter Blitz in den Triebwagen einer elektrifchsn Straßenbahn ein. In Hohenstein Ernstthal wurde durch einen Blitzschlag die massive Scheune aus dem Berggut des Landwirts Scheer aus dem Psoffenberg völlig zerstört. Dem Feuer fielen sämt liche Futtervorräte zum Opfer. Auch das Wohnhaus wurde vom Feuer ergriffen In Röhrsdorf schlug ein Blitz in eine Tcheune ein. clerm V o st g , LUL, fig. 50 pfg.