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BulsMerIayeblatt 2. Beilage z« Nr. SS Sonnabend, den LV. April 1S2S Das volkSUed soll wieder «nie« das Volk.... Dev Deutsche SSnsevbuud plant eine« iSbvttchen ^.Deutschen Liedevtag 8LL. Immer weitere Kreise erkennen, daß die Konzerttätigkeit unserer Gesangvereine nur einen Teil der Kulturarbeit darstellt, die das Lied in unserer Volksgemeinschaft zu leisten hat. Gewiß soll der Chorgesang die Meisterwerke der deutschen Musikliteratur, seien es Oratorien, Kantaten oder cappella - Lieder, pflegen und der musikbegeisterten Gemeinde ihrer Zuhörer Stunden der Weihe und Erhebung vermitteln. Darüber aber darf nicht die große Aufgabe vergessen werden, dem ganzen Volke, also auch denen, die der Musik und dem Liede insbesondere fernstehen, die Schätze unserer alten Volkslieder wieder in die Erinnerung zurück zurufen. Das Volkslied, jene unerschöpfliche Fundgrube deutschen Ge mütes, in der sich die Eigenart unseres Wesens widerspiegelt, kämpft heute einen scharfen Kampf gegen die Ucbcrfremdung des Volksgesangs, gegen die Auswüchse des Schlagers und seichten Liedgutes. Schlager hat cs immer gegeben, Schlager wird es immer geben, aber noch in keiner Epoche hat der Gassenhauer so verderblich aus das Musikempfinden eingewirkt wie heute. Gram mophon und leider auch Radio sind die mächtigen Helfer des Schlagers. Sie drohen, dem Volkslied, soweit die wenigen Proben vergangener Zeiten noch lebendig sind, das Lebenslicht ganz aus- zublasen. Da ist es Aufgabe des Deutschen Sängerbundes, der großen Vereinigung der Mannergesangvereine (über 15 000 Vereine zählen zu seinen Mitgliedern), alles zu tun, was geeignet ist, den weiteren Rückgang des Volksliedes aufzuhalten. Konzcrtmäßige Auffüh rungen bringen uns dem Ziele nicht näher. Die Vereine müssen ihr Tätigkeitsfeld erweitern, sie müssen hinausziehen auf die Plätze der Städte und dort, ohne durch den Konzertsaal gehemmt zu sein, ihr Lied anstimmen. „Freikonzerte im Freien", so lautet die Parole zu einer neuen Form der Liedpslege, die der Deutsche Sängerbund plant. Ansätze hierzu gehen schon viele Jahre zurück. Einzelne Bünde veranstalten schon seit langem regelmäßig „Platzsingen" mit bestem Erfolge, doch hat sich bisher die Spitzenorganisation noch nicht grundsätzlich mit dieser Einrichtung befaßt. Das große Wiener Sängerbundesfest im Juli 1928 brachte neben den Hauptauffüh rungen große Kundgebungen im Freien (so vom Hessischen Sän gerbund). Der Erfolg war ein außerordentlicher, Tausende jubel ten den Darbietungen begeistert zu, hingerissen von der unmittel baren Wirkung des Chorgesangs unter freiem Himmel. Auch die in diesem Jahre stattfindenden Feste der großen Bünde werden von der Idee großer Kundgebungen im Freien getragen sein. Das große neue Projekt des D.S.D. geht zwar von der Massenkundgebung aus, jedoch sollen die Vereine einer Stadt sich keineswegs zu einem gemeinsamen Singen vereinen, sondern an möglichst vielen Plätzen im Freien Volkslieder zu Gehör brin ¬ gen. Für diesen Gedanken trat schon vor mehreren Jahren der Hildesheimer Domorganist Th. Gronen ein. Seitdem sind der Leitung des D. S. D. noch weitere Vorschläge unterbreitet worden, doch ist der Hauptausschuß des D.S.D. schließlich dem Plan Gronens nähergetreten und wird der nächsten Gesamtausschuß sitzung, die im Mai in Heidelberg stattfindet, eine Ausarbeitung zur Genehmigung vorlegen. Gronens Vorschlag lautet in der Hauptsache: „An einem vom D.S.D. zu bestimmenden Sonntag, am besten im Juni, finden in allen Städten und Dörfern im ganzen Reiche von sämtlichen dem D.S.D. angeschloffenen Ver einen Konzerte im Freien, und zwar mittags 12 Uhr, statt, jedoch nicht so, daß dort, wo mehrere Vereine bestehen, diese an einem Platze gemeinsam singen, sondern so viele Vereine bestehen, so viele Konzerte sollen stattfindcn." Die ganze Stadt soll widerhallen vom deutschen Lied. Es ist nicht überflüssig, zu sagen, daß für Ausführungen im Freien nur Volkslieder in Frage kommen, um derentwillen ja die ganze Ver anstaltung aufgezogen wird. Welche Volkslieder zu Gehör ge langen, wird der D.S.D. bestimmen. In erster Linie werden die Liederbücher des Dentscben Sängerbundes, die fast jeder Verein besitzt, in Betracht zu ziehen sein. Neben diesen „Pflichtchörcn" werden natürlich die Vereine selbst noch weiteres wertvolles Lied, gut nach eigenem Ermessen auswählen. Der „Deutsche Liedertag" kann nicht ohne Eindruck bleiben aus das deutsch Volk, aus alle, die noch Sinn sür das Volkslied und Gefühl für Gemütswertc haben. In der heutigen, auf krassesten Materialismus ausgebauten Zeit ist cs nötiger denn je, sich der Werte zu erinnern, die uns kein Krieg und keine Inflation hat rauben können, jener Werte, die im Wesen des Volkes begrün, det sind. Der Volksliedgedanke soll nicht etwa aus Reichsdeutsch land beschränkt werden. Auch unsere Vereine im Ausland, die in der Ferne den Gedanken an die Heimat hochhalten, werden an dem „Liedertag" teilnehmen. Deutsche Volkslieder erklingen dann in Amerika und Afrika, in Asien und Australien, wo immer deut sche Vereine sind. So schlingt sich an diesem einen Tage das Band fester, das die Auslanddeutschen mit der Heimat verbindet. Das Radio wird hoffentlich dieser ideellen Idee seine hilfreiche Hand nicht verweigern, und so wird das Lied erklingen in Nord und Süd, in West und Ost, ein Zeichen der Liebe 'zu Heimat und Vaterland. Der „Deutsche Liedertag" wird voraussichtlich erstmalig im Jahre 1930 stattfinden. Von dem Erfolg des ersten Versuches hängt es ab, wie sich die Fortführung der Idee gestalten wird. Nach der Begeisterung der Vereine sür das Volkslied, von der noch Wien ein glänzendes Zeugnis ablcgte, besteht kein Zweifel, daß der Vorschlag Gronens überall nicht nur Anklang, sondern begeisterte Zustimmung finden wird. Dr. EwenS. Was jeder von Sachsen wissen sottte. Zm Garten wir-'s lebendig. Kurzweiliger Reiseführer durch Sachsens II. ! Pirna ist Pforte und .Hauptstadt der Säch sischen Schweiz. Steingewordene gute alte Zeit! Über die gedunkelten Rotdächer ragt das gewaltige Steil- dach der Stadtkirchc St. Marien, die das ganze alte Pirna am liebsten unter Fittiche nehmen würde! Dahinter auf grünschimmernden Felsen die Feste Sonnenstein. Die Gassen stecken voll alter Portale, schöner Erker, Schweif giebeln aus Pirnas Serenissimuszeit, voll raunender Brunnen. Man muß sie gern haben, die altväterliche Stadt! * Das Elbsandsteingebirge . . . Das Fels gebirge am Elbestrom, das in seiner bizarren Felsgcstal- tung nicht wieder seinesgleichen findet in deutschen Landen. Es starrt von seltsamsten Felsen, von steilen Wänden, pittoresken Felsformen, Felsnadeln, hoch- gebirgisch anmmenden Felsschluchten, von Tafelbergen, die wie Götteraltäre in der Landschaft stehen. Felswild nis wechselt jedoch ebenso oft unvermittelt mit lieblichen Gründen. Ausblicke bieten sich von Felsen und Berg gipfeln, die Jdeallandschaften sind, verschwenderisch aus gestattet mit Strom-, Fels-, Bergwald- und Sicdlungs- szenerie. Der Schauende steht der einstürmenden Viel gestaltigkeit dieser Landschaft schier hilflos gegenüber.- * Landschaftsbild als den pathetischen Blick vom Basteifelsen^ Wo in der Aefe silbergleißend der Strom zwischen zärtlichen Auen schwingt, aus blaudammernden Bergen kommend, zwi schen sonnenhellen Bergen verschwindend, von Dampfern und Flößen splelzeugwinzig belebt. Wendet man den Blick, schaut man in pittoreskes Felsenchaos, aus dem grotesk geformte Felsen und dünne Felsnadcln mit schlanken Ricsenfichten wetteifernd aus der Tiefe streben! - Im Ost-Erzgebirge. Anmutige Täler, von schmalen, von der Zinnwäsche rotfarbigen Bächen durch zogen. Bäche, die so winzig scheinen und dennoch vor Jahresfrist Tod und Verderben .n die stillen Taler brachten! Felsen, Wiesen, Acker, Fichtenwald wechseln mit reich angesiedelten Dörfern und Kleinstädten. Das kleinste sächsische Dorf — ich glaube, es hat drei Hütten — und die kleinste sächsische Stadt befinden sich hier. Gei sing, die bergumkränzte, saubere Bergstadt, in enges Tal gezwängt. Altenberg, alte Zinnbergstadt auf der Höhe droben. Zinnwald, mit seinen zerstreuten Hütten auf dem Gebirgskamme. Unermeßlich weite Fichtenwälder mit kunterbunten „Sommerfrischen" auf den Bergen und in den Tälern. (Schluß folgt.) Von Franz Hennig. Nachdem der Monat März und der Anfang April in diesem Jahre sich noch alles mögliche an Kälte und Wind ge leistet haben und manches voreilige Blümchen seine Neugier mit Erstarrung und Tod büßen mußte, ist doch nun wohl des Frühlings Einkehr nicht mehr aufzuhalten. Im Gesträuch beginnt das Blühen erst recht zaghaft; zu sehr zaust da noch der Wind hinein. Zuerst überschütten sich die Büsche und Forsythicn-Blütenzweig. Stämmchen des Glöckchen st rauches (Forsythie), sonst noch kahl, mit einer Unzahl von Blüten in allen Abstufungen von Gelb. Bei manchen Arten sind die lebhaft gelben Blüten in dichten Büscheln vereinigt, und der Miitenflor erscheint besonders reich. Es gibt kaum einen schöneren Frühlings, blüherl Außer den kleinen braunroten Blüten der weniger be kannten Dicknarbe zeigte sich weiteres Blühen am Gesträuch im März noch kaum. Der Monat April bringt dafür aber auch einen besonders prächtigen Vertreter auf den Plan — nebenbei gesagt: er ist auch recht teuer und nicht von jedem Gartenfreund zu erschwingen —, die Magnolie. Noch 81. Jahrgang vor dem Ausbruch des Laubes entfaltet sie ihre großen! glockenförmigen, verschiedenartig rot gezeichneten Blüten, die so köstlich duften. Prächtige Blütenstände von schneeigem Weiß sieht man, wenn erst die Sonne etwas beharrlicher scheint, bald überall, das ist der Spierstrauch (Spiräe), nicht zu verwechseln mit der erst reichlich später blühenden namensähnlichen Spierstaude. Für Zierhecken ist der Spier strauch von unübertrefflicher Wirkung im Frühjahr, nicht minder aber auch als einzelner Strauch. Die ost in lang gestielten Doldentraüben angeordneten Blüten des Spier strauchs sieht man noch bis zum Juni. Schließlich zeigt sich jetzt schon — zaghaft zwar noch — das Immergrün, auch als Sinngrün bekannt, seine blauen Blüten, die groß blätterige Art, erfreut uns sogar bis in den August hinein. Die rechte Blütenpracht an Strauch und Baum gibt's jedoch erst im Mai und Juni. Stiefmütterchen. Weg einfassen. in verschiedensten Farben zu blühen, weiß bis dunkelrot, unter ihnen die be sonders beliebte Gartenaurikel. Farben prächtig sind wohl alle Primeln, manche purpurn, leuchtend, rubinrot, purpurlila oder schön gelb, andere wieder in eigenartigen Farbenabstufungen von Weiß, Gelb, Rosa und Rot oder Violett mit gelbem Schlund; einige duften auch. Die auch in zahlreichen Sorten wohl in keinem Garten fehlende Flammenblume (Phlox) schmückt sich mit meist rosafarbenen oder hellblauen Blüten. Ebenfalls eine sehr dankbare und lange blühende Pflanze, die aber volle Sonne, reichlich Dünger und nicht zut wenig Wasser haben will. Vorzüglich wirkt ihre Farbenpracht, wenn die Pflanzen zu Gruppen vereinigt sind oder einen Bei den Gartenstauden regt sich's schon ganz munter, Schneeglöckchen und Leberblümchen haben den Reigen eröffn net, hinterher folgten Krokus, Narzissen, Hyazinthen und Tulpen — in allen Regenbogenfarben. Auch die ersten Stief mütterchen begrüßen uns schon. Jene dankbare kleine Blume, die auch am Ende des Jahres bis fast zum ersten Schnee unser Herz erfreut. Sofern man nicht selbst ausreichend Pflanzen aus Samen gezogen hat, versäume man nachher nicht den Kauf von möglichst noch nicht blühenden Pflanzen; sie kosten ja nicht viel, und die lange dauernde Blütenpracht lohnt alles reichlich. Außer den leuchtend karminroten Blüten der Walderbse, den halbgefüllten gelben Blüten der Sumpfdotterblume (eine aus der heimischen hervor gegangene Art), den tiefgelben Blüten des Hungerblümchens, zeigte uns dieser April nicht viel. Daß er das Versäumte doppelt nachholt, ist, was wir hoffen. Eben beginnt das Heer der Primeln 'Don weniger auffallenden, aber im einzelnen wunder hübschen Blumen erwarten wir jetzt das feingefiedert be laubte Adonisröschen mit seinen großen hellgelben Blüten und solchen von goldgelber Farbe, ein graufilzig belaubtes Steinkraut, dessen Vettern erst später folgen. Auch eine ver- gißmeinnichtähnlich blühende „Ochsenzunge" kommt meist ebenso zeitig wie der tiefblaue Enzian. Die Herzblume zeigt ihr rosafarbenen Blüten, an deren herzförmiger Gestalt das bekannte Tränchen hängt; das Lungenkraut schmückt sich mit blauen, roten oder violetten Farben. ff Spiräen-Strauch in Blüte. s Wo der Gartenboden steinig ist, zeigen sich in den ersten Sommertagen die moosartigen Steinbrecharten mit roten oder rosafarbenen Blüten, und besonders hübsch wirken di« rote, blaue oder violette Kissen bildenden Arten des Purpur kissens (Aubrietia); prächtige Pflanzen von polsterartigem Wuchs! Mit Gänsekresse (als niedrige Einfassungs pflanz« beliebt), Haselwurz und Bergenie schließt in der Hauptsache die Reihe unter den Blumen. Kommt aber erst der Monat Mai heran, dann kann man nicht mehr zählen, was alles wächst und sich mit Farben schmückt. Das Blühe» will nicht enden! Beim Obst zumal sieht man an Strauch und Baum vor lauter Blütenweiß und rosa Farbenhauch wohl kaum die Aeste. Der Pfirsich nur zeigt seine lebhaft rosa Blütenpracht am kahlen Zweig und wirkt — vielleicht gerade deshalb -^> besonders schön. :