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Nr. 43 PAPIER-ZEITUNG 1637 Probenschau Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren-Faches die Neues oder Bemerkenswerthes bieten, kostenfrei beschrieben Post’s Simplex, patentirte Schnellkopirmaschine von Julius Post, Rollenpapier- und Kopirmaschinenfabrik in Hamburg. Die Verbreitung von Briefordnern, in denen die eingehenden Schrift stücke mit dem Abklatsch ihrer Antwort aufbewahrt werden, veranlasste den Bau von Kopirmaschinen, in denen das Kopir- papier von einer Walze abgerollt, mit Wasser gefeuchtet, von überschüssigem Wasser ausgepresst, dann mit dem Brief zu ¬ sammen unter Druck durch Walzen geführt und zum Schluss von der endlosen Bahn in Bogen geschnitten wird. Bei den Kopirmaschinen bisheriger Bauart durfte nicht das in den Kopirbüchern übliche dünne Kopirpapier benutzt werden, da dieses beim Befeuchten, Auspressen usw. unüberwindliche Schwierigkeiten bot, und man demnach auf dickes Kopirpapier beschränkt war. Dünnes Kopirpapier riss zu leicht und bildete leichter Falten als dickes, die Feuchtung aber wurde un gleichmässig, da man das Abrollen von Hand nicht mit genau gleicher Geschwindigkeit ausführen kann. Diesen Uebel ständen abzuhelfen ist Zweck des in vielen bedeutenden Staaten patentirten Post’schen Feuchtverfahrens und der hierfür gebauten, gleichfalls patentirten Post’schen Kopir- maschine, die auf der Pariser Welt-Ausstellung 1900 in Klasse 11, Buchdruckerkunst und Druckereimaschinen, mit der silbernen Medaille ausgezeichnet wurde, und die wir jüngst Gelegenheit hatten zu erproben. Das Neue an der Post’schen Erfindung besteht darin, dass das Kopirpapier nicht erst beim Abrollen unmittelbar vor dem Kopiren gefeuchtet wird, sondern dass eine vorher äusserst gleichmässig und gerade hin reichend gefeuchtete Seidenpapier-Rolle in die Maschine gelegt wird. Dadurch ist es Post möglich, ganz dünnes Kopirpapier zu verwenden, und bei richtiger Bedienung, die sich auf Grund der Vorschriften des Erfinders sehr leicht erlernen lässt, von einem Brief mehrere scharfe Kopien zu erzielen. Die Firma Julius Post liefert äusserst fest gewickelte Seidenpapierrollen, deren eine Papier für über 1000 Quartbriefe enthält. Eine solche Rolle wird auf die der Maschine mitgegebene vernickelte Messingwelle geschoben und ein bis zwei Tage vor dem Ge brauch gefeuchtet. Das Feuchten geschieht in einem Feucht kasten, der bis zu einer angebrachten Marke mit Wasser gefüllt wird, worauf man die Rolle einlegt und den Deckel schliesst. Nach ein bis zwei Tagen hat das Seidenpapier sämmtliches Wasser in sich gesogen und so gleichmässig vertheilt, dass so wohl in der Mitte wie aussen das Papier überall gleich feucht und zwar genau so feucht ist, wie es sich zum Kopiren am besten eignet. Dadurch sind übergeklatschte Briefe und un deutliche Kopien ausgeschlossen. In der Gebrauchsanweisung ist genau erläutert, wie man bei Beginn des Kopirens den Anfang der Feuchtbahn in die Maschine ein- und durch die (in nachstehender Skizze schwarz dargestellten) Presswalzen zieht. Dann leitet man das Papier, nachdem man den Brief bei 1 eingelegt, die Walzen durch Hebel 2 einander genähert und so den gewünschten Druck ausgeübt hat, über die Leit rollen 3 derart zur Scheere 4, dass das Papier vorher eine Schleife bildet, die an ihrem tiefsten Punkte durch ein Lineal 5 gespannt erhalten wird. Die Scheere wird mittels Fusshebels bethätigt, schärft sich selbst und bleibt sehr lange brauchbar, wenn sie ausschliesslich zum Schneiden des dünnen, feuchten Seidenpapiers benutzt wird. Zur Be dienung reicht bei geringerem Briefwechsel eine Person hin, beim Kopiren vieler Briefe ist es aber zweckmässig, wenn eine Person die Briefe einlegt und die Walze dreht, die andere mit Hilfe des Anschlags und der Scheere die Kopien abschneidet und zwischen dieselben halbgeleimtes Druckpapier legt, wo durch die Kopien glatt bleiben und rascher trocknen. Wir haben auf dieser Maschine von Briefen, die mit gewöhnlicher Kopirtinte geschrieben waren, drei bis vier gute Kopien er halten, von auf der Schreibmaschine geschriebenen Briefen je doch eine grössere Zahl, die bis zur fünften Kopie sogar immer genauer und schärfer wurden, indem der Ueberschuss an Farbe von den Buchstaben in den ersten Kopien weggenommen wurde. Für Schreibstuben mit grossem Briefwechsel ist diese Kopir- vorrichtung sehr nützlich, da sie stets gebrauchsfertig ist und sehr rasch ohne Ausschuss glatte und gleichmässig grosse Kopien liefert. Die Maschine ist sehr kräftig und dauerhaft gebaut, alle Einzelheiten sind mit gutem Vorbedacht durcbgebildet. Sie soll auch mit Haspel oder Trocken-Gehänge geliefert werden, sodass da, wo darauf Werth gelegt wird, das Abschneiden der Kopien am andern Morgen geschehen kann. Zur Herstellung von einzelnen feuchten Kopirblättern, die in Kopirpressen älterer Bauart benutzt werden sollen, wird der Feuchtkasten auch mit Scheere hergestellt, die von Hand oder Fuss be trieben wird, und kommt so für sich unter dem Namen »Posfs Humidus«, Kopir-Hilfsapparat in den Handel.