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1556 PAPIER-ZEITUNG Glimmer-Postkarten In Nr. 38 veröffentlichten wir den Erlass des Staatssekretärs des Reichs-Postamts, durch den mit Glimmer, Mineralstaub, Glassplittern, Sand- und Metalltheilen bestreute Karten vom 1. Juli ab vom Postverkehr ausgeschlossen werden. Ein Berichterstatter der Berliner Morgenpost besuchte Herrn Postrath Kobelt, den Referenten dieser Sache, und hörte von ihm unter Anderm Folgendes: Der Erlass ist im Einverständniss mit Oesterreich und der Schweiz ergangen. Die Gründe dazu liegen in Verletzungen der Hände der Beamten beim Abstempeln, die schmerzhafte Eiterungen hervorriefen. Nach Abstempeln von nur hundert Glimmerkarten waren die Tische mit Glas- und Metalltheilen belegt, die auch in der Luft herumflogen und von den Beamten eingeathmet werden mussten. Der so erzeugte Hustenreiz griff die Lungen an. Diesen Schäden gegenüber müssten die Bedenken der Postkarten-Fabrikanten schwinden. Wenn sich diese jedoch mit sachlichen Vorhaltungen, vor Allem mit dem Nach weis ihrer thatsächlichen Vorräthe, die durch diese Maassnahmen brach gelegt wären, an die oberste Postbehörde wenden würden, so könnte die Frist bis zum 1. Oktober verlängert werden. Es handelt sich bei diesem Erlass weniger um sofortige Einstellung der Beförde rung, als um langsame Einstellung der Fabrikation, die, so schädigend sie immerhin für die Industrie sein mag, doch menschliche Berech tigung hat, denn wenn schon die fertigen Karten der Gesundheit schaden, wie schwer müssen erst die Schädigungen bei der Anferti gung sein! Das Präsidium des Zentral-Ausschusses Berliner kauf männischer, gewerblicher und industrieller Vereine hat denn auch an den Herrn Staatssekretär des Reichs-Postamts den Antrag gerichtet: die Bekanntmachung vom 7. Mai d. J., wonach im innern Deutschen Postverkehr Ansichtskarten mit Verzierungen ans Mineralstaub, Glassplitterchen, Glaskügelchen, Sand, Metalltheilchen und dergl. vom 1. Juli ab ausgeschlossen sind, dahin abzuändern, dass das Verbot der offenen Versendung obiger Postkarten erst am 1. Oktober d. J. in Kraft tritt. In der Begründung des Antrages werden die für die Maassregel der Reichs-Postverwaltung angeführten Gründe ausdrücklich anerkannt, dagegen hervorgehoben, dass die Frist, die noch für die Benutzung der Karten freigegeben ist, so ausserordentlich kurz erscheint, dass sich hieraus eine beträchtliche Benachtheiligung des Handels, insbesondere des mittleren und Kleingewerbes, ergeben muss. Diese Gruppen von Gewerbetreibenden haben vielfach im Vertrauen auf die dem Absatz der fraglichen Abbildungen günstige Moderichtung gerade gegenwärtig ansehnliche Mengen solcher Postkarten er worben, weil mit Beginn des warmen Wetters, des Radelns, der Ausflüge, des Reisens und Wanderns in allen Bädern, Sommer frischen, Vergnügungsorten, an den Aussichtspunkten usw. eine besonders günstige Verkaufsgelegenheit begonnen hat. Wäre die Versendung der erwähnten Postkarten nur bis zum 1. Juli gestattet, so könnten viele Händler ihre Vorräthe nicht absetzen, die dann völlig entwerthet wären. Deutscher Zoll auf Druckpapier Dem Sitzungsprotokoll der Handelskammer zu Düsseldorf entnehmen wir nach »Berliner Neuesten Nachr.« Folgendes: Der Verein deutscher Zeitungsverleger richtet an den Reichstag eine Petition um Aufhebung des Zolles auf Druckpapier und beruft sich zur Begründung auf die durch Einwirkung des von den Druck- Papierfabrikanten gebildeten Syndikats hervorgerufene Preissteigerung von 20 auf 27 Pf. pro Kilo Zeitungsdruckpapier. Herr R. Schulte berichtet, dass diese Preissteigerung durch die veränderten Produktions verhältnisse bedingt sei. Seit dem Jahre 1868 sei der Preis des Druckpapieres stetig von 80 Pf. auf 20 Pf. für das Kilo gefallen. Die Zeitungsverleger hätten in den ganzen Jahren den Vortheil auf ihrer Seite gehabt. Infolge des mangelnden Holzes seien aber die Holzschliff- und Zellstoffpreise allmälig sehr in die Höhe gegangen, von 10 M. auf 14 M. 50 Pf. und 18 M., soweit' es sich um die Einfuhr handle. Bei dieser Preislage des Rohstoffes müsste natürlich auch das Fabrikat (Druckpapier) theurer werden. Es sei allerdings für die Zeitungs- Verleger nicht angenehm, dass ihre Unkosten durch die höheren Papierpreise wieder steigen, aber deswegen den Zoll auf ausländisches Papier aufzuheben, sei doch eine sehr bedenkliche Maassregel. Wir würden dann sofort mit Papier von Amerika überschwemmt, denn dort seien die Herstellungskosten infolge des billigen Holzes, der zur Verfügung stehenden Wasserkräfte und der geringen Fracht so niedrig, dass die deutschen Fabriken unmöglich damit konkurriren könnten. Zur Zeit erzeuge Amerika 19 Mill, dz, Deutschland 7,3 Mill. dz. Papier jährlich. Referent schlägt vor, die Eingabe der Zeitungs- Verleger nicht zu unterstützen, sondern die Sache auf sich beruhen zu lassen. Es wurde ausserdem darauf hingewiesen, dass viele Zeitungen diese höheren Unkosten zum Theil dadurch auszugleichen suchten, dass sie die Anzeigen-Rabattsätze verminderten und die Anzeigenspalten verkleinerten. Die Kammer erklärte sich mit dem Antrag des Referenten ein verstanden, vor Allem, weil man angesichts der bevorstehenden Handelsvertrags-Verhandlungen eine derartige Zollaufhebung nicht unterstützen könne, da man keine Gegenleistung des Auslandes zu erwarten habe und ein werthvolles Kompensationsobjekt aufgebe. Zur Chemie der Papierleimung Von Prof. Dr. P. Friedlaender und Dr. H. Seidel (Aus den »Mittheilungen des Kaiserl. Königl. Technolog. Gewerbe- Museums in Wien«, Jahrgang 1901, Hefte 1—3, Volkswirthschaftl. Verlag Alexander Dorn, Wien.) I. Wesen der Leimung Die Leimung hat in erster Linie den Zweck, die Kapillarität de» Papieres zu vermindern. Dies geschieht durch die Verklebung der einzelnen Papierfasern, wie sie eben durch die verschiedenen Arten der Leimung bewirkt wird. Die älteste Art der Leimung ist ohne Zweifel die mittels Stärke, welcher der animalische Leim folgte. Noch heute wird zwar die animalische Leimung für Qualitätspapiere ange wendet, für die grösste Menge geleimten Papieres jedoch ist sie durch die vegetabilische Leimung verdrängt. Ganz untergeordnet — für Papiere, bei denen es auf Weisse nicht ankommt — wird der so genannte Mitscherlich’sche Gerbleim verwendet, während die Leimung mittels Viskose und Zinksulfat, die sehr feste Papiere liefert, aber leicht die Siebe verschmiert, sich wohl wegen dieses letzteren Uebel standes nicht einzubürgern vermocht hat. Die Wirkung der Leimung beruht immer darauf, dass das leimende Mittel im fertigen Papier unlöslich in kaltem Wasser ist. Solches ist der Fall bei der anima lischen und vegetabilischen Leimung, welch letztere hauptsächlich in Betracht kommt. Ueber das Wesen der chemischen Vorgänge bei der vegetabi lischen Leimung herrscht leider vielfach Unklarheit, weshalb hier diese Verhältnisse ausführlich auseinandergesetzt werden sollen. Ausgangs stoffe für die vegetabilische Leimung sind: Kolofonium, Soda oder Aetznatron, schwefelsaure Thonerde und Stärke, die aber hierbei keine chemische Rolle spielt. Das Kolofonium besteht nach dem jetzigen Stande unserer chemischen Kenntnisse vorzugsweise aus Säuren und wenig Säureanhydriden (Abietinsäure, Sylvinsäure, Dextro- und Lävo- spimarsäure) und wenigen unverseifbaron Bestandtheilen. Es wird aus Fichtenharz gewonnen, indem man dieses so lange erhitzt, bis der Rückstand klar schmilzt, dabei destilliren Wasser und Terpentinöl ab. Sein spezifisches Gewicht beträgt rund 1,100. Es erweicht bei 70° C, wird in kochendem Wasser halbflüssig, ohne klar zu schmelzen, sein Schmelzpunkt schwankt innerhalb ziemlich weiter Grenzen, deren obere etwa bei 135° C liegt. Kolofonium ist löslich in Alkohol, Aether, Benzol, Chloroform, zum grössten Theile löslich in Petrol äther. Die Zusammensetzung des Kolofoniums wechselt je nach seiner Herkunft, insbesondere sind inländisches und amerikanisches Kolofonium von einander verschieden. Wegen der wechselnden Zu sammensetzung ist die Menge Alkali, die zur vollständigen Verseifung des Kolofoniums nöthig ist, nicht wie bei einer und derselben Fett sorte, wie z. B. bei Rindstalg oder Olivenöl innerhalb geringer Schwan kungen gleich, sondern ebenfalls sehr wechselnd. Man nennt jene Menge von Kalihydrat in Milligramm, die auf ein Gramm eines Fettes zu seiner vollständigen Verseifung verbraucht wird, seine Verseifungs zahl, welche bei den verschiedenen Kolofoniumsorten recht ver schieden ist. Die Verseifungszahl des Kolofoniums wird auf folgende Weise bestimmt: Etwa 1 g gepulvertes Harz wird in einem weithalsigen, etwa 100 ccm fassenden Kölbchen, das mit einem Kork verschlossen ist, durch den ein 1 m langes Steigrohr hindurchgeht, mit 20 ccm einer etwa 1/2 normalen alkoholischen Kalilauge (sogenannte Kött- storfer-Lauge) eine halbe Stunde auf dem Wasserbade erhitzt, während man gleichzeitig eine zweite sogenannte »blinde« Probe in der gleichen Weise, jedoch ohne Harz, ausführt. Man titrirt beide Kölbchen-Inhalte mit 1/2 normal Salzsäure: der Unterschied der beiden Zahlen drückt jene Alkalimenge aus, die dem Verbrauche des Harzes entspricht. Beispiel: 1,05 g Kolofonium in 20 ccm Kalilauge gelöst verbrauchen 15 ccm 1/2 n HCl, während 20 ccm 1/2 n KOH an sich 21 ccm 1/2 n HCl entsprechen. 1,05 g Harz = 6 ccm 1/2 n HCl = 6 X 0,028 = 0,168 g KOH. 168 Die Verseifungszahl ist daher 10= 100. 1,05 Die Verseifungszahl des inländischen Harzes ist durchschnittlich 170, die des amerikanischen Harzes 180. Um diese Verseifungszahl auf jene Menge Aetznatron umzurechnen, die zur Herstellung einer neutralen Harzseife nöthig ist, dient die Proportion: 160:x= 56:40; x = 114,3. 1 kg des untersuchten Harzes braucht 0,114 g Aetznatron zur voll ständigen Verseifung. Hat man diese Zahl gefunden, so hat man es in der Hand, Harz seife mit mehr oder weniger »freiem« Harz zu kochen. (Dass die» nicht so glatt geht, vielmehr äusser dem Zusatz der richtigen Alkali-