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Nr. 3 PAPIER-ZEITUNG 7« Farben gedruckt. Der zweite Kalender dagegen bietet in mannigfacher Abwechslung Blumenstücke, Wald- und Wasser bilder in vollen Farben und genauer Zeichnung. Beide Blätter sind auf der Buchdruckpresse angefertigt, das zweitgenannte ist Dreifarbendruck, dessen vorzügliche Ausführung die beste Empfehlung der Herstellerin bildet. Wandkalender von Gebr. Grunert in Berlin SW. Die Kalender dieser Buchdruckerei boten bisher Musterstücke von Accidenz- satz. Der vorjährige Kalender war schon weniger künstlich im Satz, hatte aber doch nur fertiges Setzmaterial, wie es vom Schriftgiesser kommt, verwendet. Der diesjährige Kalender bildet dagegen einen vollständigen Bruch mit dem bisherigen Grundsätze, den Kalender zu »setzen«. Nur das Kalendarium ist gesetzt, alles Uebrige, Schmuck und Umrandung, wurde für diesen Zweck entworfen und gezeichnet von Helene Varger. Das Kalendarium ist in zwei hohen Rechtecken rechts und links auf dem 49X371/2 cm grossen Blatte untergebracht. Diese Rechtecke sind an den Aussenseiten und oben durch Ornamente begrenzt, die romanische Formen zeigen. Ueber dem Ganzen liegt in der ganzen Breite des Kalenders ein Spruchband mit der Firma der Herstellerin. Der zwischen den beiden halben Kalendarien und uter ihnen verbleibende Raum ist durch die Zeichnung der vorgenannten Künstlerin ausgefüllt. Der Be schauer sieht unten die Fläche eines Schreibtisches, der ganz mit Folianten, Urkunden mit schweren Insiegeln und losen Pergamenten bedeckt ist. Zwischen den Monatstafeln zeigt sich ein tiefes Fach mit in Leder gebundenen alten Büchern, die in malerischer Unordnung durch einander liegen. Abgesehen davon, dass der Vorwurf der Zeichnung für eine Buchdruckerei sowohl wie für das gesammte Buchgewerbe vorzüglich passt, liegt der Hauptreiz derselben in der vorzüglichen Eingliederung in den vorhandenen Raum und in der Genauigkeit und Fein heit der Ausführung, die in der autotypischen Wiedergabe vorzüglich zur Geltung kommt. H. Tomlinson in Liverpool sandte uns einen hübsch ausge statteten kleinen Wandkalender, der als Schmuck einen vor züglichen Buntdruck trägt. Das lebensvolle Bild des Mönches mit den Weinflaschen und den lustig zwickernden Augen steht zwar nicht im unmittelbaren Zusammenhänge mit dem Kalender, es wurde wahrscheinlich nur des schönen Originals und der guten Druckausführung wegen gewählt. A. Seidel & Cie., G. m. b. H. in Berlin, stellten einen Wochen- Abreisskalender in Folioformat her. Die einzelnen Blätter des selben sind an der oberen Kante zusammengeheftet und dicht darunter perforirt, eine kräftige Seidenschnur dient zur Be festigung an der Wand. Das Deckblatt ist durch Buntdruck geschmackvoll ausgestattet und die nachfolgenden Blätter ent halten auf je sieben Plätzen den Raum für die Notizen der einzelnen Tage während einer Woche. Ausserdem ist das Kalendarium aller zwölf Monate auf jedem Wochenblatte kurz abgedruckt. Der ganze Kalender soll vor Allem brauchbar sein, und das ist er. Nachtrag zur Arbeitsordnung Im Anschluss an die Mittheilung in Nr. 104 v. J. der Papier-Zeitung, wonach die »Vereinigung Berliner chromolitho graphischer Anstalten« einen Nachtrag zur Arbeitsordnung ein geführt hat, durch welchen Ansprüche der Arbeiter aus § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ausgeschlossen werden, hat sich der Bund der Berliner Buchdruckereibesitzer mit einer Ein gabe an das Königl. Polizei-Präsidium gewandt und um Auskunft gebeten, ob der § 616 BGB. überhaupt auf gewerb liche Arbeiter bezogen werden könne. Darauf hat das Polizei- Präsidium unterm 20. Dezember folgende Antwort ertheilt: Die in dem gefälligen Schreiben vom 6. d. Mts. aufgeworfene Frage ist nach diesseitigem Dafürhalten dahin zu beantworten, dass der § 616 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, weil über den in diesem Paragrafen behandelten Gegenstand die Gewerbeordnung keine Sonder schriften enthält, auch auf das gewerbliche Arbeitsverhältniss An wendung zu finden haben wird. Indessen wird, da der § 616 nach der Ansicht der bedeuten deren Kommentatoren des Bürgerlichen Gesetzbuches dispositiver Natur sein soll, nichts entgegen stehen, die Anwendung desselben auf dem Wege des Vertrages auszuschliessen. Ob diese Ausschliessung im Wege eines Nachtrages zur Arbeitsordnung rechtswirksam, d. h. mit der Wirkung erfolgen kann, dass eine besondere Abmachung mit jedem einzelnen Arbeiter überflüssig wird, bleibt zwar nach dies seitigem Dafürhalten zweifelhaft und ist vom Richter zu entscheiden; jedoch wird gegen die Aufnahme der bezüglichen Bestimmung in die Arbeitsordnung mit Rücksicht auf § 184 b der Gewerbeordnung von Aufsichtswegen nichts eingewendet werden können. Im Interesse der Arbeiter wird gleichwohl der dortigen Er wägung anheimgestellt, von einer solchen Bestimmung Abstand zu nehmen. gez. Friedheim An den Vorstand des Bundes der Berliner Buchdruckereibesitzer (Innung) Infolgedessen hat der Bundesvorstand seinen Mitgliedern anheimgegeben, die Anwendung des § 616 BGB auf dem Wege des Vertrages auszuschliessen und glaubt z. Z. von der Ver öffentlichung eines Nachtrages zur Arbeitsordnung absehen zu sollen. B. Wirkung des Alkoholgenusses Dr. Marcuse weist in der »Umschau« nach, dass Alkohol auch in mässigen Mengen auf die körperlichen und geistigen Funktionen des Menschen nachtheilig wirkt. Unter Anderm berichtet er über Versuche an Schriftsetzern. Ein Gelehrter namens Aschaffenburg liess vier Setzer je zweimal ohne und mit einer etwa 36 g Alkohol enthaltenden Menge (etwa 8/10 Liter) griechischen Weines setzen. Die Menge der an den Alkohol tagen innerhalb einer Stunde gesetzten Lettern war unter den acht Versuchen keinmal grösser, aber siebenmal kleiner als an den Normaltagen; die Differenz betrug durchschnittlich 8,7 pCt. Buchdrucker-Unterstützung. Während im Monat September an 2227 arbeitslose Mitglieder des Verbandes der Deutschen Buchdrucker Unterstützung gezahlt wurde, betrug die Zahl der Unterstützten im Monat Oktober wieder 2193, gerade wie im August des Jahres, somit hatte thatsächlich im Monat Sep tember die Arbeitslosigkeit ihren Höhepunkt erreicht. Trotz der Abnahme der arbeitslosen Buchdrucker fand im Oktober eine bedeutende Mehrausgabe statt: im September 35984 M. 55 Pf., im Oktober 38 787 M. 57 Pf., was in der Erhöhung der Unterstützungssätze seinen Grund hat, welche auf der General- Versammlung des Verbandes in Mainz beschlossen wurde. Im Oktober 1898 wurden nur an 1875 Mitglieder 27992 M. 45 Pf. verausgabt. Die 944 reisenden Mitglieder im Oktober 1899 setzen sich nach dem Bericht der Hauptverwaltung zusammen aus 753 deutschen Verbandsmitgliedern und 191 Ausländern, darunter 100 Oesterreicher, 39 Ungarn, 21 Schweizer, 10 Dänen, 9 Elsass-Lothringer, 9 Norweger und je 1 aus Belgien, Frank reich und Serbien. Die 1249 am Orte unterstützten Mitglieder vertheilen sich auf 1058 Setzer, 174 Drucker und 17 Giesser, g. 100 jähriges Jubelfest. Die Firma J. B. Hirschfeld, Buch- und Steindruckerei in Leipzig, beging am 1. d. Mts. die Feier ihres 100jährigen Bestehens. Unter allgemeiner Theilnahme der Fach-Vereinigungen und der Leipziger Behörden, mit Glück wünschen von allen Seiten, u. A. von der Reiehsdruckerei und den Staatsdruckereien in St. Petersburg und Wien bedacht, feierte der jetzige Inhaber Herr Johannes Bernhard Hirschfeld, dem der Herzog!. Sachsen-Ernestinische Haus-Orden verliehen wurde, den Tag im Kreise seiner Angestellten. Von den letzteren sind etwa zwanzig seit mehr als 25 Jahren bei der Firma beschäftigt, und dem ältesten derselben, dem Schriftsetzer Eduard Krüger, der am 25. April 1850 in die Dienste von J. B. Hirschfeld trat, wurde bei dieser Gelegenheit das All gemeine Ehrenzeichen verliehen, g. Am 2. Januar feierte die Buchhandlungs-Firma von Zahn & Jaensch in Dresden ihr 50 jähriges Bestehen, g. Letzte Ehrung. Unter überaus zahlreicher Betheiligung aller litterarischen, künstlerischen und wissenschaftlichen Vereine wurde am 2. d. M. auf dem Trinitatisfriedhofe in Dresden die irdische Hülle des am 31. Dezember 62 Jahre alt verstorbenen Stadtraths und Schriftstellers Dr. phil. Karl August Emil Bierey dem Schoosse der Erde übergeben. Der Entschlafene, Sohn des Hofbuchbinders Bierey in Dreden, war ein in ganz Deutsch land und über dessen Grenzen hinaus bekannter Tages-Schrift steller. Der Verein »Dresdner Presse,« dessen Begründer und erster Vorsitzender er war, dankt ihm viel, da er dessen materielle und geistige Interessen in uneigennützigster Weise allezeit förderte. Unter den vielen ehrenden Ansprachen, die am Sarge gehalten wurden, zeichnete sich die des Herrn Kom- merzienrath Hahn, der im Auftrage der Association internationale littöraire et artistique sprach, ganz besonders aus. g.