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796 PAPIER-ZEITUNG Nr. 22 Waarenzeichen Vor einer Reihe von Jahren habe ich eine Anzahl Klischees für Kaffee- und Theepackungen von meinen Zeichnern entwerfen lassen und einer Firma A. eine Theepackung, aus diesen Klischees zusammen gesetzt, geliefert. Kürzlich habe ich auch auf der Packung einer Firma B. eines jener Klischees angebracht. Ich höre nun plötzlich, dass die Firma A. sich die ganze Packung als Waarenzeichen habe eintragen lassen, und dass sie der Firma B. die Weiterführung der angeschafften Packungen auf Grund des Ge setzes für Waarenzeichen verbiete, weil das eine Seiten-Klischee (eine Karawane) in der gesetzlich geschützten Packung vorkäme. Hat nun die Firma A. das Recht, der Firma B. die Weiterführung der Packung zu verbieten? Jedenfalls würde dies jedem gesunden Rechtsgefühl widerstreben; denn ich bin der erste Hersteller jener Karawanenzeichnung und brauche mir doch wohl kaum gefallen zu lassen, dass irgend eine Firma, welcher ich ein derartiges Klischee auf ihre Packungen gedruckt habe, dasselbe als Waarenzeichen für sich eintragen lässt und mir auf diese Weise die oft nicht unerheblichen Kosten der ersten Entwürfe sowie der in einer grossen Fabrik zahl reichen Klischees zu nichte macht. M. Es kommt darauf an, ob die von der Firma B. benutzte Packung derjenigen, welche die Firma A. als Waarenzeichen sich hat eintragen lassen, so ähnlich ist, dass die Gefahr der Verwechslung im Verkehr vorliegt. Ist dies der Fall, so kann die Firma A. der Firma B. die Weiterführung der fraglichen Packung auf Grund des § 12 des Waarenzeichen-Gesetzes untersagen, soweit die Firma B. die Packung für Waaren derselben Art benutzt, für welche der Firma A. die Packung eingetragen ist. Hat der Fragesteller die für A. als Waaren zeichen eingetragene Packung in derselben Ausführung vorher für sich als Flächenmuster schützen lassen, und besteht dieser Schutz noch, so kann er gegen A. auf Löschung des Waaren- Zeichens klagen. Um den Schwierigkeiten zu begegnen, die lithografischen Anstalten dadurch bereitet werden, dass Jemand die von ihnen auf den Markt gebrachten Etiketten oder Packungen dem wesent lichen Inhalt nach für sich als Waarenzeichen eintragen lässt, hat eine grosse lithografische Anstalt, welche hauptsächlich Etiketten für Wein, Spirituosen und andere Getränke anfertigt, sich eine Agentur in diesen Waaren zugelegt und lässt sich nun sämmtliche von ihr entworfenen neuen Etiketten für diese Waaren als Waarenzeichen schützen. Das Beispiel dürfte sich für viele lithografische Anstalten zur Nachahmung empfehlen. Berichte unserer Korrespondenten Aus Russland Moskau, 22. Februar/6. März 1900 Die Papier-Zeitung hat für uns Russen dieselbe Bedeutung eines Fachorganes wie für das deutsche Papierfach, und wir sind darauf angewiesen, unsere Angelegenheiten auf deren Spalten durchzusprechen. Wir erkennen es dankbar an, dass die Redaktion, bei aller und völlig korrekter Bevorzugung der ihr näher liegenden Interessen der deutschen Papier-Industrie, den Vorgängen im Auslande volle Aufmerksamkeit schenkt. Aus der Mittheilung Ihres Petersburger Korrespondenten in Nr. 17 ist ersichtlich, dass auch die russischen Fabrikanten sich zu rühren und den Schlaf aus den Augen zu reiben be ginnen. Nur fürchte ich, dass die Herren die Sache am ver kehrten Ende anfassen, wenn sie auf Preiserhöhung losgehen oder gar von Syndikaten schwärmen. Petersburg muss sich wieder den Vorwurf gefallen lassen, dass es aus dem bekannten Guckloch nach Westeuropa starrend, den Spruch russischer Volksweisheit: »Was dem Deutschen gesund, ist dem Russen der Tod« vergessen hat. Unsere Preise sind hoch genug, denn sonst könnte uns Finland bei einem Zolle von 2 Kopeken das Pfund nicht mit noch 2 Kopeken das Pfund und besserer Waare unterbieten. Wenn die russischen Fabrikanten nicht aus kommen können, so ist daran einzig und allein deren Zurück bleiben in technischer, geschäftlicher und kultureller Hinsicht schuld. Der auf unserer Schule und Presse lastende Druck lässt unsern Verbrauch sich nur langsam entwickeln. Den infolge der schwachen Kaufkraft des russischen Volkes ohnehin schwachen Verbrauch noch durch erhöhte Preise einzuschränken heisst ebenso kulturwidrig wie unklug handeln. Und gar die Syndikatsidee! Diese ist unmöglich, weil sich nur die wenig sten Fabriken hier zu Lande spezialisiren können, ausserdem würde ein Syndikat, wie die Erfahrung lehrt, auf allseitigen heftigsten Widerstand stossen. Wahr ist es, dass die Papiermacher mit den jetzigen Preisen nicht auskommen und zum grossen Theil mit Verlust arbeiten, aber die Ursache liegt tiefer als in den Preisen. Es würde zu weit führen, die sämmtlichen Gründe anzuführen, ich nenne nur die hauptsächlichsten: schlechte Wirthschaft namentlich bei den Aktienfabriken, völlige Desorganisation, ja Anarchie, im Papierhandel. Statt von Syndikaten zu träumen,, sollten die Herren Fabrikanten daran gehen, die Betriebskosten zu ver billigen, und gegen die zum Himmel schreienden Missbräuche im Geschäfte einzuschreiten. Man sollte aufhören, notorisch zahlungsunfähige Kunden mit Waaren zu überhäufen, bei übel berüchtigten Schikaneuren sich um Aufträge herumzuschlagen und 10—12 Monatswechsel nach % jähriger Wartezeit mit Dank anzunehmen. Ferner sollte dem grässlichen Unfug der Pro visionszahlung und der Festgeschenke (zu Weihnachten und Ostern) an das Personal der Abnehmer ein unerbittliches Ende gemacht werden. Auch sollten Normalien für Format und lewicht ausgearbeitet werden, damit die unglaublichen Fan tastereien der Kundschaft aufhören, welche den Fabriken normales Arbeiten unmöglich machen. Man sollte den Kunden endlich den einfachen Gedanken beibringen, dass Papier sozu sagen auch Waare ist, und zwar eine sehr wichtige Waare. Charakteristisch für die jetzige Anschauung ist der allgemein übliche Ausdruck: »ich nehme Papier«, statt »ich kaufe Papier«. Wenn Ihr Herr Korrespondent ein Syndikat (Papier vereinigung) auf der dargelegten Basis gründlicher Gesundung des Geschäfts sowie einträchtigen Zusammenhaltens gegenüber den Auswüchsen der bisherigen Praxis denkt, so kann er der vollsten Sympathie und der thatkräftigsten Mitwirkung seiner Berufsgenossen versichert sein, und man wird seinen in Aus sicht gestellten weiteren Mittheilungen mit grösstem Interesse entgegensehen, ii. Lagerkasten Lagerkasten spielen eine Hauptrolle in der heutigen Kar- tonnagen-Industrie und können in den grössten Fabriken sowie in den kleinsten Buchbindereien, die sich mit Kartonnagen- Arbeiten befassen, hergestellt werden. Die Anfertigung der Kasten kann auf die verschiedenste Art erfolgen. Schon in der Mitte des vorigen Jahrhunderts haben derartige Pappkasten dem Sehreinerhandwerk einen grossen Theil seines Arbeitsfeldes streitig gemacht. Im Beginn seiner Entwicklung ist der Lagerkasten ausschliesslich aus Pappe gefertigt worden. Jetzt aber wird auch viel Holz dazu verwandt, sogar viel amerikanisches Holz zu diesem Zwecke eingeführt, dieses ist aber, weil es zu leicht Feuchtigkeit an zieht, nicht besonders zu empfehlen. Bei Verwendung des selben muss der Fabrikant gewärtig sein, seine Kasten nach einigen Tagen krumm und schief zurückzuerhalten. 1. Anfertigung von Lagerkästen im Grossbetrieb Zunächst werden die Zargen (Seitenwände), meist aus Kien holz, mittels Kreissäge nach angegebenem Maass zugeschnitten. Die Stärke des zu verarbeitenden Holzes wird je nach dem Gebrauchszweck des Kastens und dem mit dem Besteller ver einbarten Preise bemessen. Hierauf werden die Seitenwände zusammengenagelt, und zwar kurz auf lang, weil die meisten Kästen die kurze Seite aus dem Regal sehen lassen. Ist die lange Seite sichtbar, dann muss man lang auf kurz nageln, weil die sichtbaren Seiten des Kartons glatt und gefällig aussehen müssen. Es empfiehlt sich, die Kanten vor dem Nageln zu leimen. Sodann werden die Böden, fast immer aus grauer Pappe, genau nach der Grösse der Zarge winklig zugeschnitten, auf geklebt und mit kleinen Nägeln an den Rändern festgenagelt. Meist werden dann dreikantige Ecken eingenagelt, die den Kästen festen Halt geben. Nun werden die Deckel so zugeschnitten, dass der Rand je nach der Höhe des Kastens 2—5 cm beträgt. Die Deckel ränder werden so abgeritzt, dass nach innen ein Einlege streifen geklebt werden kann, welcher den Rand stärker erscheinen lässt, und die Ecken regelmässig ausgeschnitten. Zwischen dem Kasten und dem Deckel muss so viel Luft bleiben, dass letzterer gut locker passt. Jetzt werden die Deckel an den Ecken mit gutem grauem oder schwarzem Leinen so zusammengezogen, dass die Leinen streifen von innen nach aussen gelegt werden. So entstehen weniger Falten, als wenn es umgekehrt gemacht würde. Bei dem hierauf folgenden Rändeln der Deckel und Unter theile wird Kleister verarbeitet. Die Streifen werden durch den Rändel-Apparat gezogen, der die Streifen gleichmässig und sauber mit Kleister versieht und lange Streifen hinter einander verarbeitet, also viel Zeit erspart. Nach dem Rändeln wird alles zum Ueberziehen und Aus-