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722 PAPIER-ZEITUNG Nr. 20 im Widerstande gegen Zerknittern zu Tage treten lässt. Ich will ganz absehen von Fällen, wo Reisslänge und Dehnung mit Ach und Krach genügen, und auch das Knittern schlecht liegt, d. h. wo ein gröberer Fehler gemacht worden ist, sei es, dass zu mürbe Hadern, vielleicht zu viel Baumwolle verwandt oder zu schnell und rösch gemahlen wurde; hier interessiren nur Fälle, in denen Reisslänge und Dehnung zufriedenstellen d. h. die gestellten Bedingungen etwas überschreiten, und doch trotz aller möglichen Milde und Vorsicht bei der Knitterprobe die unangenehmen Reiss- und Bruchlöcher zu Tage treten, die in der Durchsicht wie ein gestirnter Himmel aussehen, wobei jedoch dem Papiermacher durchaus nicht himmlisch zu Muthe wird. Mit der rechten Hand ballt man dann gewöhnlich das unglückselige Stück Papier vollends zusammen, schleudert es in den ersten besten Winkel oder Ausschusskasten, und mit der linken kratzt man sich hinter dem Ohre. Genügen Reisslänge und Dehnung nicht, so ist die Ursache gewöhnlich bald entdeckt, besonders die mangelnde Reisslänge ist wohl stets auf ungenügende Stoffzusammensetzung oder Be schaffenheit zurückzuführen, sodass man im Augenblicke nicht abhelfen kann. Beim Widerstande gegen Zerknittern jedoch liegt die Sache anscheinend meist schwieriger, obgleich Abhilfe gewöhnlich an der Papiermaschine geschaffen werden kann. 'er Fabrikant weiss, wie sehr Reisslänge und Dehnung im Zusammenhänge stehen, d. h. dass erhöhte Dehnung verringerte Reisslänge — und umgekehrt — zur Folge hat. In Fabriken, in denen in die Bütte, aus der man arbeitet, nichts mehr zu geleert, d. h. wo büttenweise gearbeitet wird, hat man Gelegen heit ein Papier ganz gleicher Zusammensetzung innerhalb mehrerer Stunden zu beobachten und oft zu prüfen. Mir ist hierbei aufgefallen, dass oft ein Papier beim Beginn der Arbeit in jeder Beziehung besser genügte, und sich die Werthe von Dehnung und Widerstand gegen Knittern erst bei fortschreitender Arbeit verringerten, während die Reisslänge fast stets zunahm. Hat das Papier bei Beginn, d. h. nach etwa halbstündigem Laufe, in jeder Beziehung, also auch im Widerstande genügt, und ändern sich die Werthe nach 1 bis 2 und 3 Stunden, so hat der Holländersaal d. h. die ganze Stoffvorbereitung mit der Sache nichts zu thun, und der Grund des Uebelstands liegt in der Papiermaschine. Ich habe die Bemerkung gemacht, dass Dehnung und Widerstand gegen Knittern Hand in Hand gehen, der Widerstand gegen Knittern aber auf dieselben Einflüsse stärker reagirt als die Dehnung; d. h. es nehmen niemals Reisslänge und Widerstand gegen Knittern zu und Dehnung ab, auch nicht Reisslänge und Dehnung zu und Knittern ab, sondern die Dehnung geht mit dem Widerstande zurück und zwar letzterer stärker, während die Reisslänge steigt. Ich möchte hierbei auf analoge Erscheinungen hinweisen, die bei den Untersuchungen zu Tage getreten sind, welche im vergangenen Jahre von Herrn Direktor Schacht und mir be züglich der Bestimmung des Einflusses der Leimung auf die Papierfestigkeit gemacht wurden, und die sich, abgesehen von den Ergebnissen bezügl. Leimung folgendermaassen zusammen fassen lassen: »Maschinenpapiere haben hohe Reisslänge neben minderer Dehnung und minderem Knitterwiderstand, geschöpfte Papiere haben geringere Reisslänge neben hoher Dehnung und grösstem Widerstand gegen Knittern.« Nach dieser Betrachtung hat man einen Fingerzeig, wo abzuhelfen ist, wenn während der Arbeit auf der Papiermaschine die Werthe von Dehnung und Widerstand von Stunde zu Stunde sinken. Geschöpfte Papiere verdanken ihre hohen Werthe in Dehnung und Knitterwiderstand dem vorsichtigen Trocknen, daher kommt auch die Regel der Normalpapiermacher: »Wenn die Normalien nicht genügen, muss langsamer gearbeitet werden,« was immer dann erfolgreich ist, wenn die Schuld nicht am Stoff liegt. Man trocknet langsamer, bürdet der vorhandenen Zylindertrockenfläche eine geringere MengePapier zurTrocknung auf, die Zylinder werden weniger heiss gehalten, das Trocknen nähert sich um ein Weniges mehr dem zarten Trocknen der Handpapiere. Grosse Zylindertrockenfläche ist daher für den Fabrikanten von Normalpapieren eine Hauptsache, und die Kenntniss der Temperaturen jedes einzelnen Zylinders im Inneren ist ausserordentlich werthvoll, neuerdings durch ge eignete Apparate auch leicht erreichbar. Aus Vorstehendem ist zu ersehen, dass die Reisslänge recht gut, sogar sehr gut genügen kann, während die Dehnung vielleicht noch schwach, der Widerstand gegen Zerknittern aber nicht mehr genügt, und ich möchte daher fast sagen, dass, da durch die Art und Weise des Gebrauches von Papier im ge wöhnlichen Leben der Knitterwiderstand eine besonders her ¬ vorragende Rolle spielt, unsere jetzigen Normalien in Bezug auf Reisslänge zu hoch gegriffen sind, und mehr Gewicht auf Knittern und Dehnung gelegt werden sollte, dadurch würde viel eher als durch Vorschrift hoher Reisslängen erreicht, dass sieh unsere Normalpapiere den alten, gutenHandpapieren nähern. Dr. G. Schumann Erzeugung der deutschen Papier industrie Das Reichsamt des Innern erliess voriges Jahr unter Mit hilfe der Fachvereine Fragebogen an alle Fabrikanten Deutsch lands, um möglichst zutreffende Angaben über die deutsche Erzeugung zu erhalten und bei Abschluss neuer Handelsver träge jeden Industriezweig nach seiner Bedeutung zu berück sichtigen. Aus den eingelaufenen Antworten ergab sich ein genaues Bild der deutschen Waaren-Erzeugung, des Verbrauchs an in- und ausländischen Rohstoffen usw. im Jahr 1897. Die Angaben der einzelnen Firmen werden streng geheim gehalten, von den Gesammtzahlen der einzelnen Industrien veröffentlicht die Reiehsregierung diejenigen, deren Kenntniss dem Ausland keine Waffe gegen uns in die Hand giebt. Nachstehende Angaben betreffen die Papier-Erzeugung. Menge Werth der Erzeugung dz M. Holzschliff 7690000 26427906 Zellstoff 2506980 48414169 Papier und Pappen. . 7779757 204700764 (Die angegebene Holzschliff-Menge kann sich nur auf feuchten Schliff beziehen. Red.) In nächster Nummer werden die über die Papierverarbeitung gewonnenen Ergebnisse veröffentlicht. Preisverständigung zwischen skandinavischen und deutschen Papierfabrikanten Am 20. d. Mts., Vormittag 10 Uhr, findet in Hamburg, Streits Hotel, eine Versammlung aller deutschen, norwegischen und schwedischen Natron-Zellstofffabrikanten statt, welche gleichzeitig Papierfabriken besitzen und Manila, Seips, Sealings- papiere usw. erzeugen, um über Maassnahmen im Interesse des Verkaufs zu berathen. (Vergl. »Verein schwed. Papierfabr.« in Nr. 19.) Diese Annäherung zwischen deutschen und skandi navischen Fabrikanten ist hocherfreulich, sie war aber nur möglich, weil die Vertheuerung sämmtlicher Rohstoffe die Ver hältnisse aufs Aeusserste verschärft hatte, und weil das Zu sammengehen einzelner Gruppen von Papierfabrikanten in Deutschland gezeigt hat, dass durch gemeinsame Schritte Besserung der allgemeinen Lage erzielbar ist. Für Anfang Mai ist eine weitere Sitzung in Kopenhagen geplant, zu welcher sämmtliche Papierfabrikanten eingeladen werden sollen, welche für die Ausfuhr arbeiten. Probenschau Elfenbein-Glace-Karton der Elberfelder Papierfabrik A.-G. in Elberfeld. Wir erhielten von der Firma eine Reihe Muster ihrer mit obigem Namen bezeichneten Sonder-Erzeugnisse, die zum Beweis ihrer Druckfähigkeit theils in Stein- theils in Licht druck hergestellte Bilder tragen. Trotz der vielen satten Farben ist der Druck vollkommen geschlossen, und die Bilder (Ansichtskarten von der Pariser Weltausstellung) sehen wie Original-Aquarelle aus. Der vorzügliche weisse Karton sieht wie sogen. Kunstdruck-Karton aus, ist aber ohne Oberflächen- Strich hergestellt. Unter Kunstdruck-Papier oder -Karton ver steht man im Gegensatz zu den früher üblichen, mit dicker Erdeschicht gestrichenen Papieren solche mit sehr feinem Strich. Damit war ein grosser Fortschritt erzielt, jedoch war noch immer nicht ausgeschlossen, dass beim Bedrucken mit vielen satten Farben auf der Stein- oder Buchdruckpresse unter hohem Druck, wie es beim Bilderdruck oft unvermeidlich ist, sich einzelne Theilchen der Streichmasse vom Papier abhoben, wo durch weisse (unbedruckte) Fleckchen im Bild entstanden. Diese Gefahr ist bei Verwendung des ohne mineralischen Strich hergestellten Kartons beseitigt. Wie uns die Firma mit- theilt, ist der Karton mittels besonderen Verfahrens im Stoff (d. h. im Holländer) präparirt, und dem sei die spiegelglatte, dem feinen amerikanischen Kunstdruck in Glätte und Gleich mässigkeit völlig ebenbürtige Oberfläche des fertigen Kartons zu danken.