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Buchgewerbe Buchbinderei * * Buchdruck * * * *** Buchhandel * * * Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung 414 Sachliche Mittheikungen Anden kostenfreie Aufnahme > Nr. 12 Mitarbeiter und Berichterstattei erhalten angemessene Bezahlung Berliner Typographische Gesellschaft Zu der am Dienstag, 13. Februar d. J., abends 9 Uhr, in den unteren Räumen des Architektenhauses, Wilhelmstrasse 92/93, stattfindenden Sitzung werden die geehrten Mitglieder mit der Bitte um pünktliches und zahlreiches Erscheinen ergebenst eingeladen. Der Vorstand Tages-Ordnung: 1. Geschäftliches. 2. Aufnahme neuer Mitglieder. 3. Grafische Rundschau. 4. Diskussion über die von der Generalversammlung gegebenen Anregungen: a) bezüglich des Vereinsorgans b) betreffs der Agitation. 5. Ausloosung entbehrlicher Sammlungsdrucksachen. MF" Gäste willkommen! Ta Von 8 Uhr ab liegen die neuesten Fachschriften im Vereins-Lokale zur Benutzung aus. Die Sitzung vom 30. Januar wurde im Saale B. des Archi- tekten-Hauses abgehalten und von Herrn Könitzer geleitet. Im Versammlungsräume waren eine Anzahl neuer Kalender, welche Herr Ernst Morgenstern freundlichst zur Verfügung ge stellt hatte, sowie die Entwürfe der Titel-Konkurrenz, welche die Schweizer Graphischen Mittheilungen veranstaltet hatten und von dem Herausgeber Herrn August Müller der Gesellschaft freundlichst überlassen worden waren, ausgestellt. I Von den Firmen Julius Sittenfeld, Paul Müller, Dr. Loevin- sohn & Co. in Berlin, Beit & Co. in Hamburg, Gister & Co. in Wien und Stürtz in Würzburg waren Kalender und andere Drucksachen eingegangen, für welche der Vorsitzende den Gebern den Dank der Gesellschaft aussprach. Die Herren Kurt Mehl, Gustav Knorr, Erwin Brucker und Paul Schultz wurden als Mitglieder aufgenommen. Sodann hielt der Direktor der Bibliothek des Königlichen Kunstgewerbe-Museums, Herr Dr. P. Jessen, den angekündigten Vortrag über Die Kunst und das Kunstgewerbe Der Vortragende führte etwa Folgendes aus: Die Bewegung, welche durch das ganze Kunstgewerbe geht, hat sich erfreulicher weise auch auf das Buchdruckgewerbe ausgedehnt. Es hat sich gezeigt, dass es nicht an tüchtigen Kräften und auch nicht am guten Willen fehlt. Jetzt ist es an der Zeit, darüber nach zudenken, was zu geschehen hat, damit die Bewegung nicht als vorübergehende Mode im Sande verläuft. Hier und da zeigt sich, dass man zuviel auf Aeusserlichkeiten hält, und wenn man von gewisser Seite die moderne Richtung in bestimmte Regeln zu zwängen versucht, so ist das kein gutes Zeichen. Die moderne Bewegung im ganzen Kunstgewerbe lässt sich nicht in Regeln festlegen, ebensowenig wie die grosse Kunst, die empfunden sein will und immer weiterer Entwicklung fähig ist. Im Buchdruck ist es nothwendig, dass wir uns den Sinn für gute Raumvertheilung, Farbengebung und richtiges Ver- hältniss der Schrift zum Schmuck aneignen. Das lässt sich aber nicht nach Regeln erlernen, sondern beruht auf künstle rischer Ausbildung des Geschmacks. Zunächst ist die Buch druckerkunst und die Kunst des Setzens noch zu sehr ein gesponnen von einer sehr thätigen, aber immerhin einseitigen Fachpresse und einem dementsprechend gestalteten Vereins leben. Im Laufe der Jahre ist die Fühlung mit der Kirnst ver loren gegangen, und jetzt zeigt sich die Nothwendigkeit, den Buchdruck wieder mit der grossen Kunst, der Malerei, Plastik und Architektur in Beziehung zu bringen. Der künstlerisch behandelte Buchdruck ist eben nur ein Glied in der grossen Kette, welche die Kunst im Allgemeinen bildet; er ist ent standen aus der Handschriften-Kunst und Miniatur-Malerei, an welcher auch die grössten Künstler ihrer Zeit gearbeitet haben. Auch die berühmten Kupferstecher des vorigen Jahrhunderts haben es nicht verschmäht, die für den Buchdruck nothwendigen Kleinigkeiten herzustellen. Darum haben diese Arbeiten auch Theil an der grossen Kunst ihrer Zeit. Man muss einräumen, dass die Engländer uns in dieser Hinsicht voraus sind, und es ist für uns beschämend, dass unsere urdeutschen Schriften erst auf dem Wege über Amerika wieder bei uns modern geworden sind. In Amerika und in England wird der Buchdruck besser gepflegt als bei uns. Die Ausstattung selbst der billigsten Klassiker ausgaben dort ist ein Beweis dafür, dass der Buchdruck mit der grossen Kunst in Verbindung steht. Man möge sich nur vergegenwärtigen, dass Künstler, wie Walter Crane, der auf allen Gebieten des kunst- gewerblichen Lebens vorbildlich thätig gewesen ist, der die riginalmuster für Tapeten, für Stickereien usw. geschaffen hat, auch für den Buchdruck zeichnete. William Morris aber setzte sein Leben daran, den Buchdruck in künstlerische Bahnen zu lenken; er hat sich nicht nur die Typen und das Schmuck- Material für seine Werke selbst geschaffen, sondern auch das Papier selbst ausgewählt und die ganze Herstellung seiner in voller Unabhängigkeit ausgestatteten Werke selbst in der Hand behalten und darum den Buchdruck wirklich als Kunst-Handwerk ausgeübt. Es darf hierbei nicht unerwähnt bleiben, dass in England und auch in Amerika ganz andere Preise für Bücher gezahlt werden, als wir sie bei uns gewohnt sind. In Amerika schuf Bradley aus sich heraus Typen und Ornamente im Geiste der grossen Kunst; in Belgien wandte sich van de Velde, der als Maler und Architekt einen grossen Namen hat, und nach dem sich ein selbständiger Stil im Kunst gewerbe nennt, auch dem Buchdruck zu. Auch bei uns ist es nöthig, dass die Meister der grossen Kunst für den Buchdruck gewonnen werden. Um dies zu erreichen, müssen die Ange- gehörigen des Buchdruckgewerbes Antheil nehmen an den Fragen der gesammten dekorativen Kunst und aus ihren engen Kreisen heraustreten. Dieselben Grundsätze, welche für den Buchdruck maassgebend sind, sind es für alle anderen Kunst gewerbe. Das Kunstgewerbe unterscheidet sich von der Malerei dadurch, dass es nicht unabhängig wie jene ist. Der Maler kann seine Ideen unbeschränkt in Raum und Farbe ausgestalten. Die Erzeugnisse des Kunstgewerbes sind beschränkt durch den Zweck, dem sie dienen sollen, und eine Hauptforderung für das Kunstgewerbe ist es eben, dass seine Erzeugnisse zweck entsprechend seien. Von dem Stuhle z. B. verlangen wir, dass er uns im Rücken, an der richtigen Stelle, eine gute Stütze bietet, von der Kanne, dass ihr Henkel sich bequem erfassen lässt und nicht etwa gerade dort, wo die Hand ihn halten soll, durch Verzierungen und Schnörkel für diesen Zweck ungeeignet wird. Dieser Forderung haben unsere Erzeugnisse in den letzten Jahren vielfach nicht entsprochen, daher kommt die starke Einfuhr von Gebrauchsgegenständen aus Ländern, wo man darin gewissenhafter war. Ebenso verhält es sich auch mit der Schrift. Sie soll gut lesbar, in den Raumverhältnissen gut bemessen und von schöner Form sein. Das Beiwerk muss als solches behandelt werden und darf die Wirkung der Schrift nicht beeinträchtigen. Sehen wir uns die hier ausgelegten Kalender an, so finden wir, dass bei vielen derselben der Zweck des Kalenders nicht genügend gewürdigt wurde, weil das Kalendarium nebensächlich und der dekorative Schmuck als Hauptsache behandelt ist. Eine weitere Forderung an die Erzeugnisse des Kunstgewerbes ist die Echtheit des Materials. Wohin wir sehen, finden wir statt des echten Materials Surro gate. Hierher gehören das Lederpapier, die Tapeten, welche Steinfliesen und die Papiere, welche Krokodil- oder Schlangen haut vorstellen. Ueberall sucht man das Publikum über die Art des Materials zu täuschen. Wie anders wirkt das gewachsene, echte Leder gegenüber den künstlichen Nachahmungen, die doch nur das ungeübte Auge blenden können, während sie das künstlerisch-gebildete verletzen. Eine dritte Forderung für die kunstgewerblichen Erzeugnisse geht dahin, dass die Technik die Arbeitsweise zur vollen Geltung zu bringen und nicht durch allerlei Kniffe zu verheimlichen suche. Dasselbe gilt