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Wasser- und fettdichte Papiere Berlin, 30. Januar 1900 Angeregt durch den Artikel »Imprägniren der Papiere mit Zapon« in Nr. 8 der Papier-Zeitung theile ich Folgendes mit: Meine Erfahrungen bestätigen, dass ein Papier, welches durch in Alkohol, Amylacetat oder andere Lösungsmittel gelöstes Pyroxilin (Schiessbaumwolle, Nitrozellstoff) imprägnirt wird, sicheren Schutz gegen Wasser, Fett, Luft und schwache Säuren erhält. Auf dieser Erfahrung beruht mein deutsches Reichspatent Nr. 86938, welches mir bereits am 27. Dezember 1895 ertheilt wurde. Wenn nun auch das Zapon-Imprägnirungs-Verfahren zur Konser- virung von Handschriften, Dokumenten und andern wichtigen Schrift stücken praktische Anwendung finden mag, weil es dabei nicht so sehr auf den Kostenpunkt ankommt, so dürfte dasselbe sich doch für den allgemeinen Gebrauch, namentlich für solche Papiere, die zu andern gewerblichen Zwecken verwendet werden sollen, viel zu theuer stellen. Ausserdem ist die Gesundheitsschädlichkeit des Geruches von Amylacetat so bedeutend, dass kaum eine allgemeine Anwendung in grösserem Maasse zu erwarten ist. Mein patentirtes Verfahren gestattet nun eine bedeutend vortheil- haftere Herstellung. Sie beruht in der Hauptsache darauf, dass nicht jedes gewöhnliche, sondern ein extra präparirtes stark hydrozellstoff- haltiges Papier verwandt und mit einer entsprechenden Lösung von Pyroxilin überzogen wird, wobei man das Lösungsmittel wieder gewinnt. Das hydrozellstoffhaltige Papier ist deshalb gewählt, weil das Lösungsmittel auch den Hydro-Zellstof soweit löst, dass das Pyroxilin sich fester mit der Papierfaser verbindet, als das bei andern Papieren der Fall ist. Ich habe sehr oft die Erfahrung gemacht, dass bei Imprägnirung gewöhnlicher Papiere die Pyroxilinschicht bei an dauernder Einwirkung von Wasser sich von dem Papier wieder löst. Dies ist bei stark hydrozellstoffhaltigem Papier nicht der Fall Wenn nun die Herstellung des Fabrikates bei Anwendung des patentirten Verfahrens sich auch bedeutend vortheilhafter stellt, als die Selbst-Imprägnirung durch Zaponlack, so steht das fertige Fabrikat, welches unter dem Namen »Resistenzpapier« im Handel ist, doch so hoch im Preise, dass es nur für solche Gegenstände gebraucht werden kann, die einen unbedingten Schutz gegen Wasser, Fett, schwache Säuren undLut't haben müssen, und wobei der Preis der Verpackung nicht so sehr ins Gewicht fällt. Dasselbe würde sich daher wohl eignen zum Einpacken von hygroskopischen Chemikalien, für foto grafische Papiere, Platten und Films, für polirte Metall-Gegenstände, insbesondere für leicht rostende Stahl- und Eisenwaaren, für Schnupf- und feine Rauchtabake, für feine Konfitüren, zur Auflage in Senf- und Konservenbüchsen, zum Konserviren von Butter und Käse, zum Ein packen von Munition, Patronen und Dynamit. »Resistenzpapier« wird in der Fabrik von Gebr. Herzheim in Düren und Berlin, hergestellt. Alfred Herzheim Keine Frachtermässigung für Papier und Lumpen-Halbstoff?! Die Eisenbabnverwaltungen haben, wie es scheint, bei Einholung von Gutachten über Frachtsätze keine glückliche Hand. Das haben wir beim Papier gesehen, welches hauptsächlich in Folge der Kurz sichtigkeit eines »sachverständigen« westfälischen Papierfabrikanten in der Allgemeinen Wagenladungsklasse blieb, während sich doch über die Berechnung des Spezialtarifes I garnicht mehr streiten lässt. Die vorjährige Juniversammlung des Vereins Deutscher Papierfabrikauten, zu der alle Zweige unserer mannigfaltigen Industrie ihre Vertreter gestellt hatten, war wenigstens eiahellig von der Nothwendigkeit des billigeren Frachtsatzes überzeugt, aber der Vorstand des Vereins, der doch zur Abgabe eines Gutachtens am berufensten gewesen wäre, ist in der wichtigen Angelegenheit nicht einmal gefragt worden. Danach kann man fast annehmen, es sei der Tarifkommission überhaupt nicht ernst mit der beabsichtigten Frachtermässigung gewesen. Aehnlich wie dem Papier ist es dem Lumpenhalbstoff ergangen, für den die Firma Cremer & Neven eine Frachtermässigung beantragt hatte, wie aus dem Aufsatz »Tarifirung von Lumpenhalbstoff« in Nr. 93 v. J. der Papier-Zeitung hervorgeht. In diesem Falle war es der Münchener Handelskammer vorbehalten, ein Gutachten abzugeben, und sie entledigte sich dieser Aufgabe, indem sie die Interessenten ihres Bezirks um Rath fragte. Unter diesen ist zunächst ein Hadern- händler, der selbstverständlich dagegen ist. Der Mann ist kurzsichtig, hat Angst, dass ihm ein paar Ladungen Lumpen entgehen könnten, weil dann der fertige Halbstoff aus dem Rheinland bezogen werden könnte, und bedenkt garnicht, dass gerade eine Frachtermässigung einer all gemeinen Mehrverarbeitung von Hadern die Wege ebnen würde. Warum musste überhaupt ein Hadernhändler gefragt werden? Man fragt doch auch nicht die Holzschleifer wegen Ermässigung der Papier frachten und die Holzhändler, ob eine Frachtermässigung für Zellstoff am Platze sei! Das Gutachten dieses ganz und gar unsachverständigen Herrn ist aber allem Anschein nach für die Handelskammer mit ausschlaggebend gewesen. Die von dem geiragten Papierfabrikanten geäusserte Ansicht, Lumpenhalbstoff könne nicht auf eine Stufe mit Holz- und Strohzell stoff gestellt werden, kann ich nicht theilen. Im Gegentheil sind diese drei Stoffe ganz eng miteinander verwandt, mindestens so nahe, wie Zeltungs- mit Braunholzpapier. Alle drei sind 1. Halbstoffe für die Papierfabrikation, 2. im Preise, der doch in Tariffragen eine Hauptrolle spielt, un gefähr gleichwerthig. Holzzellstoff bewegt sich — vom Abfall abgesehen — in der Preislage von rund 15 bis 30 M., während ich z. B. ungebleichte Jute noch unter dem billigsten Zellstoffpreis gekauft habe, und anderseits die besten Hadernhalbstoffe, die zum Versand in Frage kommen, die höchsten Zellstoff- oder Strohstoffpreise nicht übersteigen. Für die Frachtermässigung des Lumpenhalbstoffes spricht aber ausserdem noch, dass für ihn die Möglichkeit, in trockenem Zustande zum Ver sand zu kommen, weit weniger vorhanden ist wie für seine Verwandten aus Holz und Stroh. Das von dem Sachverständigen vorgeschlagene Trocknen an der Luft würde zwar die Faserfestigkeit erhalten, aber die Gefahr der Beschmutzung, die den gebleichten Stoffen sehr nach theilig wäre, durch den mehrfachen Transport usw. in sich bergen und überdies ziemlich kostspielig sein. Es müssten grosse Trocken schuppen gebaut werden, und die Löhne würden ziemlich bedeutend sein; ich glaube mit 2 Pf. Kosten die 100 kg nicht zu hoch zu greifen. Sollte das wirklich an dem Artikel noch verdient werden? Eine künst liche Trocknung aber auf Trocken Zylindern erfordert eine noch theurere Anlage, die sich wohl eine grosse Zellstofffabrik, nicht aber eine Halbstoffmühle mit vielleicht 1000 oder 2000 kg Tageserzeugung leisten kann. Es bleibt also nur der Weg übrig, den Halbstoff auf der Pappenmaschine oder in Abtropfkästen bis auf etwa 40pCt. Trocken gehalt zu entwässern und feucht zu versenden. Nehmen wir aber selbst an, er würde auf 60 pCt. entwässert, was vielleicht durch noch maliges Auspressen der nassen Pappen möglich ist, so ist dennoch für das Halbfabrikat Lumpenhalbstoff nach dem jetzt gütigen Spezial tarif I bedeutend mehr zu zahlen als für das Ganzfabrikat Papier nach der allgemeinen Wagenladungsklasse, wie aus nachfolgender Tabelle klar hervorgeht. Kilo meter Fracht für 100 kg in Pfennigen Kracht für 100 kg in Pfennigen bei Stoff von 60 pCt. Trockengehalt Allg.Wgldkl. Klasse B Sp.-T. I Sp.-T. II Sp.-T. III SP;T Sp.-T. II Sp.-T. III 50 42 29 24 19 49 40 82 100 72 54 44 34 90 78 57 150 102 80 65 45 133 108 75 200 132 102 82 56 170 187 93 250 162 125 100 67 208 167 112 800 192 147 117 78 245 195 180 350 222 170 185 89 283 225 148 400 252 192 152 100 820 252 167 450 282 215 170 111 858 288 185 500 812 237 187 122 395 812 206 600 872 282 222 144 470 370 240 Also erst bei Spezialtarif III ein kleiner Vortheil gegenüber Papier, das auch noch zu hohe Fracht zahlt, und damit ist wohl der Beweis erbracht, dass die Versetzung in diese Klasse das Mindeste ist, was man bescheidenerweise fordern kann. Die wenigen Halbstofffabriken, die es giebt, sind auf den Versand angewiesen und können ohne billige Frachten auf die Dauer nicht bestehen. Aber auch viele Papierfabrikanten haben ein Interesse an der Erhaltung der Halbstoffwerke, da bei geringem Bedarf die eigene Herstellung theurer kommt als wenn man von einer gut eingerichteten Halbstofffabrik kauft. Mancher kleinere Papierfabrikant ist dadurch in der Lage, auch einmal ein besseres Papier mit gutem Nutzen zu arbeiten, und Hadernpapier wird doch noch vielfach dem reinen Zellstoffpapier vorgezogen. In diesem jedoch ist der kleinere Unter nehmer gegenüber den grossen Werken, die ihren Zellstoff selbst er zeugen, fast wehrlos. Auch sind .mir einige »Fälle bekannt, in denen die nicht mehr lohnende Papiermacherei an den Nagel gehängt wurde und an ihrer Stelle jetzt Halbstoff erzeugt wird. Den Hauptnutzen von der billigeren Fracht haben also kleinere und mittlere Fabrikanten. Warum sollen wir uns aber in unserer Industrie nicht auch einen Mittelstand erhalten? Ein billigerer Frachtsatz für Halbstoff aber dient diesem Zweck in nicht zu unterschätzendem Maasse. Die letzten Jahre haben durch Neugründung oder Erweiterung bestehender Halbstoffanlagen gezeigt, dass die Nachfrage nach dem Artikel wächst, und wenn die Holzpreise noch weiter steigen, wird man wohl noch viel mehr als bisher zur Verarbeitung von Hadern zurückkehren. Einen »Verein der Halbstofffabrikanten« giebt es nicht, dazu ist die Industrie noch zu unbedeutend, aber der Papierfabrikanten- Verein kann sich der Sache annehmen, die doch für viele seiner Mit glieder von Interesse ist. Es giebt ja auch eine ganze Anzahl Papier fabriken, die nebenbei Halbstoff zum Verkauf herstellen, und der Verein holt keine fremden Kastanien aus dem Feuer, wenn er die Sache unterstützt. Dass der Frachtsatz für Lumpenhalbstoff ebenso wie der für Papier einmal ermässigt werden wird, ist bei der jetzigen Behandlung wohl zweifellos, aber das »Wann« ist doch auch von Wichtigkeit. Eine Eingabe des Vereins macht jedenfalls mehr Eindruck, als die einer einzelnen Firma, und vielleicht gilt bei der Tarifkommission die Vertretung der deutschen Papierindustrie ausnahmsweise doch etwas mehr als ein x-beliebiger Hadernhändler Felix Günther in Fa. Otto Günther