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PAPIER-ZEITUNG 231 Kr.7 Zukunft ein kleines Mittheilungsblatt auf Kosten der Gesell schaft herauszugeben. Nach lebhafter Debatte wird beschlossen, über diesen Punkt in einer späteren Versammlung zu verhandeln. Namens der Kassen-Revisoren berichtet Herr Steindecker, dass die Kasse in bester Ordnung befunden wurde; er beantragt Entlastung des Kassirers. Die Versammlung vollzieht dieselbe und dankt zugleich dem Herrn Stadthagen, welcher das Amt des Kassirers nunmehr 20 Jahre ununterbrochen verwaltet hat, für seine selbstlose Mühewaltung. Es folgt die Neuwahl des Vorstandes; es werden gewählt bezw. wiedergewählt die Herren G. Könitzer zum ersten, P. Filzhuth zum zweiten Vorsitzenden, E. Baumeister und C. Kulbe zu Schriftführern, W. Hartmann, Georg Taubei und L. Rad Stern zu Beisitzern. Die Wahl der technischen Kommission wird, da mehrere Mitglieder sich für eine grundsätzliche Umgestaltung der Thätig- keit dieser Körperschaft ausgesprochen haben, bis zur nächsten Sitzung vertagt. Schluss der Sitzung 12 Uhr. Wicks’ Typengiessmaschine Die Verwendung der auf der bekannten Maschine zu einem ausserordentlich niedrigen Preise hergestellten Typen dehnt sich immer mehr aus. Seit Kurzem hat der Erfinder auch seinen Wunsch, die Times mit seinen Typen gedruckt zu sehen, verwirklichen können. Die grosse Firma Bradbury, Agnew & Co in London hatte bereits für den Satz der englischen humoristischen Wochenschrift Punch die Petit - Schrift der Wicks’schen Maschine verwandt, und seit etwas mehr als einem Monat entschlossen sich auch die Besitzer der Times zu einem Versuch mit der Borgis-Schrift aus dieser Maschine. Die Zeitung wurde zuerst am 6. Dezember v. J. zum Theil aus dieser Schrift gesetzt, nachdem wenige Tage vorher etwa zwei Millionen Buchstaben geliefert waren. Folgender Plan liegt dem ganzen Unternehmen zu Grunde: Die Wicks Rotary Typecasting Co, Besitzerin der Patente für die Typengiess maschine, liefert täglich etwa 220000 Borgis-Typen; wenn der Guss der Nonpareille - Typen begonnen werden kann, etwa 630000. Diese werden auf einer Kastenbein-Setzmaschine ge setzt und dann stereotypirt. Dann gehen die gesetzten Kolumnen in die Giesserei zurück, ohne dass sie abgelegt zu werden brauchen. Die Giesserei verkauft die Sehrift wie sie dieselbe von der Druckerei empfängt, d. h. gesetzt, mit Ausschluss usw., zu sehr niedrigem Preise an andere Buchdrucker, die die Typen, von denen nur eine Matrize genommen wurde, sehr gut verwenden können. Die Druckerei der Times hält fort während einen Vorrath von etwa vier Millionen Borgis-Typen. In der gleichen Nummer des »British and Colonial Printer«, der wir vorstehende Nachrichten entnehmen, steht eine Anzeige der Wicks’ Rotary Typecasting Co, in der Borgis-Schrift, ein mal in der Times stereotypirt, die zu 7*/ a d bis 1 Sh (etwa 62 Pf. bis 1 M.) für das englische Pfund angeboten wird. Petit- Schrift vom Punch, nach einmaligem Druck der Auflage, 8 d bis 1 Sh 1 d (etwa 72 Pf. bis 1 M. 8 Pf.). Die in der Buchdruckerei der Times benutzten Kasten- beinschen Setzmaschinen sind eine verhältnissmässig alte Er findung. Im Jahre 1874 wurden sie gekauft und bis 1879 lediglich zu Versuchen benutzt, bis sie dann als Betriebs maschinen aufgenommen wurden. Seitdem wurden einerseits verschiedene Verbesserungen an den Maschinen durch die Ingenieure des eigenen Betriebes angebracht, andererseits ver suchten viele Erfinder die Besitzer der Times zum Kaufe anderer Setzmaschinen zu bewegen. Da der hauptsächlichste Nachtheil der Kastenbein-Maschine in dem umständlichen Ab- lege-Apparat liegt, so wurden alle möglichen Ersatzmechanismen hierfür probirt, ohne dass man bisher zu einem befriedigenden Ausweg kam. Da bei Gebrauch der Typen aus der Wicks- sehen Maschine das Ablegen ganz überflüssig wird, hat man hiermit das einfachste Mittel, die vorhandenen Maschinen zu benutzen, ohne unter dem Mangel in ihrer Konstruktion zu leiden. Das deutsche Buchgewerbe in Paris 1900 (Nach dem »Leipziger Tageblatt«) Nachdem das Deutsche Reich die Einladung der Regierung der französischen Republik zur Betheiligung an der Welt- Ausstellung in Paris 1900 angenommen und Ober-Regierungsrath Dr. Richter zum Reichskommissar bestellt hatte, ist von diesem s. Z. die Ausgestaltung und Durchführung der Deutschen Buchgewerbe-Ausstellung dem Zentralverein für das gesammte Buchgewerbe in Leipzig, der sich inzwischen zum Deutschen Buchgewerbe-Verein entwickelt hat, übertragen worden. Der Deutsche Buchgewerbe-Verein, welcher bereits die buchge werbliche deutsche Kollektiv-Ausstellung auf der Welt-Aus stellung in Chicago 1893, sowie die buchgewerbliche Ausstellung auf der Sächsieh-Thüringischen Industrie- und Gewerbe-Aus stellung in Leipzig mit Erfolg durchführte, sah es als eine Ehrensache an, dass das deutsche Buchgewerbe die äussersten Anstrengungen mache, um durch Ausstellung der besten deutschen Erzeugnisse mit der hervorragenden buchgewerblichen Leistungs fähigkeit Frankreichs und einiger anderer Länder in erfolgreichen Wettbewerb treten zu können. Wie die zahlreichen, im Laufe des Jahres 1899 eingelaufenen Anmeldungen erwiesen, hat er sich in dieser Beziehung der lebhaftesten Unterstützung aller hervorragenden buchgewerblichen Kreise Deutschlands zu er freuen gehabt. Aber nicht nur dieses Entgegenkommen des Buchgewerbes selbst, sondern auch die ihm von König Albert von Sachsen sowie von Kaiser Wilhelm II. gewordene Auf munterung liessen ihn besonders freudig an die schwierige Arbeit gehen. So ist denn im Laufe des verflossenen Jahres die für die Deutsche Buchgewerbe-Ausstellung ernannte, aus den Herren Kommerzienrath Julius F. Meissner (Meissner & Buch), Adolf Tietze, Theodor Naumann (C. G. Naumann), Heinrich Flinsch (Ferd. Flinsch), Georg Giesecke (Scheiter & Giesecke), Konsul Otto Harrassowitz, Dr. Oskar von Hase (Breitkopf & Härtel), C. Friedr. Hübel (Hübel & Denck), Arthur Meiner (Johann Ambrosius Barth), Moritz Merfeld, Hofrath Professor Dr. Schreiber und Heinrich Wagner (Wagner & Debes) bestehende Kommission an die Arbeit gegangen. Mit Hingebung und in unermüdlicher Arbeit hat es sich dabei der Geschäftsführer des Deutschen Buchgewerbe-Vereins, Herr Arthur Woernlein, angelegen sein lassen, das umfangreiche Werk fördern und errichten zu helfen. Den Ausstellern wurde ein Raum zugesichert, wie er keiner anderen Nation der Welt, äusser Frankreich, für buchgewerbliche Zwecke zur Verfügung steht. Zu diesem Zwecke ist das deutsche Haus in der »Völker strasse« ausersehen worden, das deutsche Repräsentationsgebäude, welches in erster Linie der Vertretung der Reichsregierung dienen, in zweiter zur Ausstellung deutscher Kultur-Erzeugnisse (Buchdruckerkunst, grafische Künste) und von Gegenständen zur Veranschaulichung der Fortschritte der sozialen Fürsorge (soziale Ausstellung) verwendet werden soll. Das deutsche Haus am Quai d’Orsay zu Paris geht jetzt seiner Vollendung entgegen. Mit glücklichem Griff hat Kaiser Wilhelm selber den Plan desselben ausgewählt, der von dem Regierungsbaumeister Johann Radke in Berlin stammt und die prächtigen Nürnberger Bauten deutscher Renaissance zum Vorbild genommen hat. Es wird sich unter den Bauten der verschiedenen Nationen ohne Zweifel vortheilhaft hervorheben; seine mit vergoldetem Kupfer gedeckten Thürme, seine Dächer in bunten Ziegeln, seine Holz- arehitektur und Wandmalerei verleihen ihm einen flotten, fröh lichen Eindruck. In diesem Gebäude wird die Ausstellung des deutschen Buchgewerbes in acht Räumen untergebracht sein; das ganze Erdgeschoss mit seinen fünf Hallen gehört dem deutschen Buchgewerbe, im Obergeschoss gehören ihm drei. Zwei grosse Hallen werden zu ebener Erde dem deutschen Verlags buchhandel gewidmet; ihnen schliesst sich ein hochelegantes und praktisch eingerichtetes Lesezimmer an, in welchem wissen schaftliche, kunstgewerbliche und kunstwissenschaftliche Zeit schriften — keine Tageszeitungen —, theils gebunden, theils in Lieferungen ausliegen werden. Ein grösserer Raum nimmt den übrigen Theil des Verlagsbuchhandels, sowie den Musik- und Landkartenverlag auf, ein kleinerer den Werk- und Accidenzdruck. An diesen gliedert sich die Abtheilung für Schriftgiessereien zur Aufnahme von Schriftproben und Probe drucken, woran sich die mit dem Buchgewerbe eng verwandte Gruppe der fotomechanischen Künste schliesst. Ihre Be schickung wird von Geheimrath Lewald - Berlin und Professor Miethe - Charlottenburg geleitet. Die nach dem Obergeschoss gelegte zweitheilige Treppe führt zunächst in einen für die »Exposition Frederic le Grand« bestimmten grossen Saal, neben dem sich das Empfangszimmer des Reichskommissars und weiter ein grosser Saal mit der Gruppe des Holzschnittes, des Kupferdruckes, des Farben druckes, der Chromolithografie befindet. Hier wird auch ein Theil der Erzeugnisse der Reiehsdruckerei, u. A. die Gruppe der chalkografischen Arbeiten des Professors Röse-Berlin aus-