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Pariser Glückwunsch- und Menü-Karten Nachdruck verboten Das Bestreben, den Gratulationskarten originelles Aussehen zu geben und sie nach Möglichkeit dem Zwecke, dem sie dienen, oder der Idee, die sie ausdrücken, anzupassen, macht sich bei den letzten Erscheinungen dieser Art in hohem Grade be merkbar. Die Motive, die zu diesem Zwecke verwendet werden, haben zum Theil poetisches, zum Theil humoristisches Gepräge. Bei den ersteren wird der Glückwunsch zumeist von einer Blumengabe begleitet, die in gemalter, gepresster oder applizirter Arbeit auf der Karte hervortritt. Die Karte behält selten die altgewohnte viereckige und flache Gestalt. Sie besteht manch mal aus zwei gleichen Kartontheilen, welche wie zu einem Heft chen zusammengeknickt sind; der Glückwunsch befindet sich dann auf der Innenfläche, während die äussere mit allerlei Bildern verziert ist, wobei die Ränder der Kartonblätter nicht geradlinig, sondern in Zacken, ä jour geformt, oder auch den Umrissen der dargestellten Bilder entsprechend ausgeschnitten sind. Das Bild drückt entweder die freundschaftlichen Gefühle des Spenders in symbolischen Blumen aus, oder es entspricht dem Wunschinhalte durch allerlei glückbringende Gegenstände, wie Kleeblätter, Glücksfliegen, kleine rosige Schweinchen, Mistelzweige usw. Oft sind mehrere dieser Talismane mit einander auf dem Bilde vereinigt. Bei einer anderen Gattung von Gratulationskarten ist der Karton zu beiden Seiten eingeknickt, sodass die aufliegenden Theile in der Mitte zusammenkommen und hier gleichsam nach beiden Seiten hin zwei Klappdeckel bilden. Die Verzierung befindet sich dann auf den letzteren. Sehr zierlich ist in dieser Art eine Karte aus weissem Glanzkarton, auf der die Klappdeckel so geformt sind, dass sie zusammen ein Herz bilden. Dieses ist mit erhaben gearbeiteten und gemalten Veilchen bedeckt. Der Glückwunsch ist auf der Innenfläche angebracht, überdies ist diese, wie die meisten gefalteten Karten, von einem schmalen Seidenbändchen durchzogen, welches oben zu einer Schleife gebunden ist. Obgleich Veilchen auf Wunschkarten nichts Ungewöhnliches sind, so wird ihnen doch häufig durch originelle Anordnung Frische verliehen. So besteht eine Karte aus zwei natürlich gemalten und ausgestanzten Veilchensträussen, die mit den hervorstehenden grünen Blättern nach innen zusammengestellt sind. Auf dem Hellgrün dieser Blätter ist der Glückwunsch in Golddruck angebracht. Eine Wunschkarte hat die Form eines Strausses und ist aus vielen Schichten zusammengesetzt. Als Unterlage, die jedoch ganz zugedeckt ist, dient ein 8 cm langes gezacktes Blatt aus Karton, auf welchem sich auch der Wunsch in Golddruck vorfindet. Darunter sind viele einzelne stark ge zackte und grün schattirte Blätter von verschiedener Grösse so befestigt, dass sie nur an den dünnen Stielen mit dem Stiel des unteren Blattes Zusammenhängen, mit den gezackten Enden aber abstehen. Zwischen diese Blätter ist ein in durchbrochener Arbeit ausgeführter hell-lilafarbener Hollunderzweig geschoben. Bei einer anderen Karte sind zwei Kartonblätter mittels eines Goldstiftes verschiebbar in einer Ecke zusammengefügt, von denen das untere glatt ist und den Glückwunsch trägt, das obere aber eine kleine in blauen Schattirungen sehr fein aus geführte von Blumenzweigen umgebene Landschaft darstellt. Eine Glückwunschkarte, welche zugleich einen zierlichen Gebrauchsgegenstand bildet, hat die Gestalt und Grösse eines wirklichen l'ächers kleinerer Art. Auf den einzelnen Theilen sind unten hellblau lackirte Holzstäbe und höher hinauf in regelmässigen Abständen drei Veilchensträusschen dargestellt, von denen das oberste das grösste ist. Die Theile sind mit einem Stifte zusammengehalten und oben von einem lilafarbenen Seidenbande durchflochten. Beim Entfalten des Fächers bilden sich drei konzentrische Veilchenbogen, und auf den frei gebliebenen Stellen sind dichterische Widmungen in Fantasie schrift angebracht. Die beiden Ecktheile bilden grün lackirtes Holz nach, und alle Fächertheile sind auf beiden Seiten gleich ausgearbeitet, sodass der Fächer auf beiden Seiten ver wendbar ist. Noch ein originelles Kartenmotiv will ich erwähnen, dessen sich vielleicht ein Neffe seinem Goldonkel oder ein bummelnder Student seinem »Alten« gegenüber bedienen könnte. Die viereckige Karte hat ziemlich grossen Umfang und enthält auf der unteren Fläche einen Wunsch. Oben ist in Natur grösse ein etwas verbrauchtes Leder-Portemonnaie gemalt, aus dessen weitgeöffneten Fächern erschreckende Leere gähnt. In einiger Entfernung ist auf dem Rande der Karte eine alte kupferne Scheide-Münze (ein Sous) hingeworfen und darunter lesen wir die vielsagende Aufschrift »l’etat de mes finances«. (Der Stand meiner Finanzen.) Auch unter den NLenü-Karten sind einige neue Einfälle zu verzeichnen. Wir finden hier vorerst eine Nachbildung des modernen Briefpapieres: himmelblaue oder resedagrüne Karten mit dünner weisser Umrandung und in der linken Oberecke mythologische Figuren in gepresster Ausführung weiss hervor tretend. Als humoristisches Motiv nenne ich eine längliche Karte, auf deren oberem, zu einer Galerie ausgeschnittenen Rande drei Katzen sitzen. Die Katzen zu beiden Seiten sind als elegante Salonhelden mit Monocle und Zylinderhut, die mittlere als Modedame mit einem Fantasiehut dargestellt, und über den drei Charakterköpfen wölbt sich ein grosser rother Regenschirm, den die Dame aufgespannt hält. Neuartig der Form nach sind runde, sechs- und achteckige Menü-Karten, deren Rand entweder von einem Blumenkranz oder von einem ausgestanzten Spitzenmuster geziert ist. Ganz apart ist ein Menü, welches in plastischer Ausführung einen runden Tisch und um diesen herum drei elegante Damen in Kostümen aus dem 18. Jahrhundert in hohen Lehnstühlen sitzend darstellt. Die Damen scheinen lächelnd in dem Speiseverzeichniss zu lesen, welches auf die Tischplatte gezeichnet ist. Die Figuren sind auf beiden Seiten gleich ausgeführt, und das Ganze nimmt, neben dem Gedeck aufgestellt, beträchtlichen Raum ein. Probenschau Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren-Faches die Neues oder Bemerkenswerthes bieten, kostenfrei beschrieben Kaisertafelkarten von Förster & Borries in Zwickau. Nicht weniger als sieben verschiedene neue Muster hat vorstehende Firma für diesen Zweck angefertigt. Bis auf eine Karte sind sie sämmtlich mit dem blind hocbgeprägten Medaillon des Herrschers geschmückt. Die Umrahmung dazu bilden der Reichsadler, Eichen- und Lorbeerzweige sowie Fahnendraperien. Zum Theil sind auch kleine Seebilder mit Kriegsschiffen ver wendet. Das Beste an den Karten ist jedoch das Medaillon, welches überall weiss auf farbigem oder Goldgrund steht und sich auf diese Weise wirkungsvoll abhebt. Die Sorgfalt der Ausführung ist bei der Herstellerin sprichwörtlich geworden und bedarf daher keiner Erwähnung. Kaisertafel- und Kaiserpostkarten von Louis Koch in Halber stadt. Die Karten für die Festtafel am Geburtstage des Kaisers haben Hochformat. Sie tragen auf der oberen Hälfte der Vorder seite das wohlgetroffene Bildniss des Kaisers in Kürassier-, Generals- oder Marine-Uniform mit Mütze. Alle drei Aufnahmen sind gut gelungen, vorzüglich die letztgenannte. Die Ausführung geschah in Lichtdruck, während eine Zusammenstellung von Reichswappen, Krone und Eichzweigen unter dem Bilde in vollen Farben vom Stein gedruckt wurde. Die Karte, die auf Wunsch des Bestellers auch als Doppelkarte geliefert wird, macht einen vornehmen und würdigen Eindruck. Die gleichen Bilder wurden in derselben Ausstattung auch zum Schmuck von drei Postkarten verwandt. Postkarten zu Kaisers Geburtstag von Hermann Schunke, Buch druckerei in Schweidnitz. In der linken Ecke dieser Karten sind drei breite schräge Flächen in den Reichsfarben an gebracht, im mittleren weissen Feld befindet sich ein bekränztes Lichtdruck-Bildniss des Kaisers mit der Ueberschrift »Heil Kaiser Dir.« Die Karten sind wirksam und zweckentsprechend. Jahrhundertpostkarten von G. Friedrich in Leipzig. Die runde Jahreszahl hat den Hersteller dieser Ansichtskarten auf den Gedanken gebracht, in den Ziffern Bilder unterzubringen. Demgemäss ist die Karte mit einer grossen 1900 in Bronzedruck bedeckt und in den rundlichen Oeffnungen der letzten drei Ziffern erscheinen wunderhübsche kleine Bildchen aus Leipzig. Aussen sind die Ziffern mit bunten Blumen umgeben. Auf einer anderen Karte sind dieselben Plätze durch die Bilder des Kaiserpaares und des Kronprinzen ausgefüllt und darunter steht »Zur Erinnerung an den Geburts tag S. M. Kaiser Wilhelm II.«. Die gesetzlich geschützten Karten sind gut und sorgfältig ausgeführt.