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Nr. 81. PulSmtzer Tageblatt. — Montag, den 8. April 1929. Seite 2. sein für eine fortgesetzte Weiterverbreitung des Geoanlens der Unfqllverhütung auf breitester Grundlage zum Wohle unseres ganzen Volkes. Ohorn. (Obstbauverein.) Das 20. Stiftungsfest des Obstbauvereins Ohorn am 6. April brachte wie feine Vorgänger viel des Belehrenden, Unterhaltenden und Ergötzlichen. Herr Kul- turinspektor Müller von der Firma Hauber, Tolkewitz, sprach in gewandter, freier Rede über das Thema: »Lohnender Obstbau im ländlichen Kleingarten" und verstand es, über die Bodenbearbei tung, über die Sortenwahl, über Pflanzung, Düngung, Schnitt der Obstbäume, wie über Schädlingsbekämpfung in so anschaulicher, instruktiver Weise zu reden, daß man ihm noch gern länger zuge hört hätte. Er erntete für seine Darbietungen reichsten Beifall. Der Schriftführer de« Vereins brachte den Vereinsbericht: »Zwan zig Jahre Obstbauverein Ohorn". Auch ihm wurde herzlich ge dankt. Im Anschluß an diesen Bericht erfolgte die Ucberreichung se eines Präsentkorbes an drei langjährige Verwalter von Bereias- Smtern Lie Herren Max Wehner, 20 Jahre Kassierer des Verein«, Ernst Berger, 20 Jahre Vertrauensmann, und der Schristjührer, der gleichfalls sein Amt 20 Jahre verwaltet hat, waren die also Geehrten. Eie dankten herzlich. Hieraus brachte der Vorsitzende des Bienenzüchtervereins Ohorn, Herr Ewald Prescher, in warmen Worten die Glückwünsche seine« Vertins zum 20jährigen Bestehen des Odstbauoereins zum Ausdruck Zur Unterhaltung sangen die Damen Frau Frido Engler und Frau Wella Philipp ihre immer gern gehörten, heimatlichen vuettgcsänge. Auch sic hatten wie sonst stärksten Beifall. Herr Max Wehner hatte die Geschichte de« Vereins in Form eine« Taselliedes gefaßt, da« beim gemeinsamen Essen gesungen wurde. Wir danken ihm für seine gelungene Gabe. Ergötzlich wirkten die beiden Lustspiele: »Wenn man im Dunkeln küßt' und »Herr Knullerich in der Badewanne", die wie das ernste Volksftück: „Ehrliche Arbeit" von Mitgliedern und Freun den de» Vereins lobenswert dargeboten wurden, sodaß man den Damen und Herren beifallsfreudig dankte. Alles in allem, e« war ein gehaltvoller, abwechselungsretcher Abend! Möge der Verein auch unter der Führung Max Wehners wachsen, blühen und ge deihen I St. — (Zurückstellung vom Schulbesuch.) Bei gebrechlichen, kränklichen oder geistig unreifen Kindern kann nach einer Verordnung des Volksbildungsministeriums durch den Schulleiter nach Gehör des Schularztes und des Klassen lehrers der Schuleintritt bis zu einem Jahre aufgehoben oder der bereits begonnene Schulbesuch bis zum Ende des be gonnenen Schuljahres unterbrochen werden. Ueber Beschwerden der Erziehungsberechtigten gegen diese Anordnungen des Schul leiters entscheidet das Bezirksschulamt, das vor seiner Ent scheidung den Bezirksarzt zu hören hat. So verspäteter Ein tritt oder veranlaßte Unterbrechung des Schulbesuches kann weder eine Verlängerung der Schulpflicht überhaupt noch der Grundschulpflicht im Besonderen zur Folge haben, wenn die Kinder die Ziele erreichen, die für das Ende der einen oder der anderen Schulpflicht aufgestellt sind. — (Folgenschweres Autounglück aus der Bautzner Landstraße.) Am Sonntag gegen 9 Uhr vormittags war auf der von Dresden über Bühlau—Weißig nach Bautzen führenden Landstraße unweit Fischbach beim Kilometerstein 13,4 ein sehr schweres Autounglück zu ver zeichnen. Der 50 Jahre alte, in Wilschdorf, Gendarmerie - bezirk Rähnitz — Hellerau, auf der Dresdner Straße 24 wohnhafte Schneidermeister Otto Pleyl hatte mit seiner Limousine eine Fahrt nach Bautzen unternommen. An der selben beteiligten sich dessen 51jährige Ehefrau und der befreundete Steuerassistent Wilhelm Leuchel nebst Frau. Infolge der schmierigen Straßenverhältnisse und Glätte kam das vom Eigentümer selbst gesteuerte Fahrzeug an der vor erwähnten Stelle ins Schleudern, geriet die dort befindliche Böschung hinab und überschlug sich mehrfach. Dabei wurden Schneidermeister Pleyl verhältnismäßig leicht, seine Ehefrau dagegen tödlich verletzt. Auch das mitfahrende Ehepaar Leuchel erlitt verschiedenartige und zum Teil ganz erhebliche Verletzungen, es mußte nach Anlegung von Notverbänden mittels Krankenauto nach dem Carolahaus in Dresden über führt werden. Nach erfolgter polizeilicher Aufhebung wurde der Leichnam der gelöteten Frau Pleyl nach dem Friedhof gebracht. Der stark beschädigte Kaftwagen mußte abgeschleppt werden. — Der in Weißig stationierte Gendarmeriebeamte hatte sofort nach Bekanntwerden des Unglücks die Unfall kommission des Kriminalamtes Dresden, das Uebersallkommando des Polizeipräsidiums und die Gendarmerieabteilung in Arns dorf alarmiert sowie bei der Dresdner Feuerwehr zwei Kranken autos angefordert, die tn kürzester Zeit an der Unfallstelle eintrafen, von der verschiedene photographische Aufnahmen angefertigt wurden. Der leichtverletzte Schneidermeister konnte zur weiteren Vernehmung mit nach dem Dresdner Kriminal amt fahren. Der auf jener Hauptstraße stets herrschende überaus lebhafte Kraftwagenverkehr hatte zur Folge, daß viele Fahrzeuge an der fraglichen Stelle abstoppten bezw. anhielten und deren Insassen das tiefbedauerliche Unglück betrachteten. Kamenz. (Ernennung.) Der in Kamenz stationierte Zollinspektor Piersig ist mit Wirkung vom 1. März d. I. ab zum Bczirkszollkommissar ernannt worden. Dresden. (Polizeipräsident a.D. Le Maistr ech.) Am Donnerstag starb in Dresden der frühere Polizeipräsi dent von Dresden Geheimer Rat Albin Hugo Le Maistre im Alter von über 90 Jahren. Nach Vollendung feiner juristischen Studien war er von 1864 an als Aktuar beim Gerichtsamt Chemnitz tätig, arbeitete später am Amtsgericht Pirna, in der Kreisdirektion Zwickau und im Ministerium des Innern. 1875 übernahm er den Posten eines Amts hauptmanns in Freiberg. Und 1882 eines solchen in Pirna. 1893 wurde ihm die Leitung der Poltzeidirektion Dresden übergeben, von der er 1904 zurücktrat. — (Industrie- und Handelskammern.) Die bisherigen Handelskam mern im Freistaat Sachsen haben nach dem Gesetz vom 2i. Mürz 1929 die Bezeichnung Industrie- und Handels kammern erhalten. Bautze«. (Aus der Stadtverordneten sitzung.) Die Stadtverordneten genehmigten in ihrer letzten Sitzung die Errichtung eines Umspannwerkes in Rattwitz, dessen Kosten sich aus 450000 Mark stellen. Diese Gelder sollen aus den Rücklagen des Elektrizitätswerkes entnommen s werden. — Weiter soll ein Säuglingsheim errichtet werden. Die Kosten hierfür belaufen sich auf 35000 Mark. Chemnitz. (Sächsischer Notarrag.) Der 7. Sächsische Notartag wird Sonnabend, den 13. April, nachmittags 4 Uhr in Chemnitz, Hotel Continental abgehalten. Chemnitz. (Zur Affäre Maushagen — Tauber.) In der Affäre Maushagen—Tauber ver öffentlicht Justizrat Dr. Wilde folgende Mitteilung: Als Vertreter des Herrn Generalintendanten Tauber teile ich mit, daß der Herr Oberstaatsanwalt in der Sache Inten dant Tauber und Verlagsdirektor Maushagen folgenden Beschluß erlassen hat: Aus den Darstellungen, die Generalintendant Tauber und Verlagsdirektor Maus hagen zu den gegenseitigen Anzeigen gegeben haben, er gibt sich, daß ein öffentliches Interesse, die Angelegenheit gegen beide oder gegen einen von beiden strafrechtlich von Amts wegen weiter zu untersuchen, nicht besteht. Es wird deshalb beiden überlassen, ihre gegenseitigen An zeigen im Wege der Privatklage weiter zu verfolgen. * Chemnitz. (Anschlag auf einen Personen zug.) Wie die Reichsbahndirektion mitteilt, wurde der Personenzug Nr. 1708 auf der Fahrt zwischen Markers dorf—Taura—Auerwalde—Köthensdorf durch Steine ge fährdet, die an einem Straßenübergang auf dem Gleis aufgebaut worden waren. Das Hindernis wurde un mittelbar vor Durchfahrt des Zuges durch die Aufmerk samkeit eines Güterbodenarbeiters beseitigt, der sich nach Dienstschluß auf dem Nachhausewege befand. Annaberg i. Erz. (EineAdam-Ries-Gedenk- feier.) Auf der dicht vor den Toren der Stadt Anna berg am Nordabhang des Pöhlberges liegenden althistori schen „Riesenburg" in Wies« fand eine Gedenkfeier anläß lich des 370. Todestages von Adam Ries, Deutschlands größtem Rechenmeister seiner Zeit, statt. Bürgermeister Seidel-Wiesa hielt hierbei die Gedächtnisrede. — Adam Ries wurde nach den neuerlichen geschichtlichen Feststellun gen am 23. Dezember 1492 zu Staffelstein bei Lichtenfels (Reg.-Bez. Bamberg) in Bayern geboren, wandte sich nach vorübergehenden Aufenthalten in Eibenstock, Schneeberg und Wittenberg dem damals in Blüte stehenden erzgebirgi- schen Silberbergbau zu, war Rezeß- sowie Gegenschreiber auf dem Bergamt zu Annaberg und starb am 30. März 1559 auf der genannten „Riesenburg", einem alten befestig ten Vorwerk, des ehemals im 14. Jahrhundert zur Herr schaft Wolkenstein im Wettiner Land gehörte. (1641 im 30jährigen Krieg zerstört). Das Grab von Adam Ries ist bisher unbekannt geblieben. Neuerdings glaubt man je doch nach den Forschungen unter Mithilfe des Wünschel rutengängers Friedrich Voigt aus Buchholz auf der Spur der Grabstätte zu sein und im Frühjahr sollen jetzt die Nachgrabungen fortgesetzt werden. Leisnig. (NeuerKursusinderSächsischen Landes-Fahr- und -Reitschule.) Mit dem 1. April hat ein neuer dreimonatiger Ausbildungskursus der Sächsischen Landes-Fahr- und -Reitschule zu Leisnig begonnen. Die Schule ist jetzt in der Lage, diesen Voll kursus für 150 Mark je Schüler zu gewähren, worin die Kosten für Unterbringung, Futter- und Lehrgeld enthalten sind. Da die Schule nur einige Stellen noch zur Ver fügung hat, werden Anmeldungen umgehend an die Direk- tion der Landes-Fahr- und -Reitschule erbeten. Sächsischer Wettmfchützenabend. Der Vorstand des sächsischen Wettinschützenbundes im Freistaat Sachsen hielt in Dresden unter Vorsitz des Justizrats Dr. Lehmann ei«e vollbesuchte Sitzung ab. Es galt, die Schießordnung für das 15. Wettinbundesschießen, das vom 3. bis mit 10. August d. I. in Zittau ab gehalten wird, durchzuberaten. Zittau wird keine Fell scheiben beschießen lassen; dafür werden aber 24 Stand, Pistolen- und Kleinkaliberscheiben beschossen. Die Haupt versammlung des Wettinschützenbundes soll am 4. August, vormittags, das Fest einleiten, wenngleich schon am 3. August, Uhr. das Schießen beginnen soll. Das Einzelwettschießen wird am 5. August, )42 Uhr, beginnen, das Gesellschaftsschießen (Fahnenbandschießen) kann während der ganzen Woche erfolgen, und zwar können diesmal die Schützen einzeln antreten. Gruppenzwang findet nicht statt. Aus der Bundcskasse wurde ein Betrag von 5000 Mark für Preise beim Bundesfest ausgesetzt, es wird auch eine Buudesmeisterschaft sowohl auf Aufgelegt- wic auf Freihandstand ausgeschossen werden. Zum Lohnstreil in der Metallindustrie. In dem Lohntarifstreit in der großsächsischen Metall industrie einschließlich Arbeitgeberschutzverband fanden am 5. und 6. d. M. Verhandlungen im Reichsaroeitsministe- rium statt. Zu dem vorläufigen Verhandlungsergebnis werden die Parteien bis zum 15. d. M. Stellung nehmen. Die bürgerliche Einheitsfront. Die Volksrechtspartei (Reichspartei für Volksrecht und Aufwertung) hat nunmehr ebenfalls ihre Zustimmung zu der von den bürgerlichen Parteien beschlossenen Er klärung aussprechen lassen, so daß lediglich bis jetzt die Demokratische Partei dem Zusammenschluß fernbleibt. Ein Streit mit tödlichem Ausgang. Beamte der Mordkommission des Kriminalamies Dresden wurden nach Lommatzsch gerufen. Dort war der Kraftdroschkenbesitzer Wilhelm H. in seiner Wohnung mit seinem Bruder in Streit geraten, der in Tätlichkeiten ausartete. Um ihren hart bedrängten Mann vor den An griffen seines Bruders zu schützen, griff die 27 Jahre alte Ehefrau H. zu einer Pistole und tötete ihren Schwager durch einen Schutz in die Schläfe. Sie will in Notwehr ge handelt haben, da sie ihren Mann von seinem Bruder am Leben bedroht glaubte. Nach den Erörterungen erscheint dieses glaubhaft. Hochverratsprozeß gegen einen sächsischen Kommunisten. Der vierte Strafsenat des Reichsgerichts hat unter dem Vorsitz des Senatspräsidenten Lorenz gegen den Re dakteur des kommunistischen „Kämpfer" in Chemnitz, Ernst Hauschild, verhandelt. Hauschild stand unter der An klage der Vorbereitung zum Hochverrat und ist, entgegen dem Anträge des Oberreichsanwalts, der den Angeklagten freigesprochen haben wollte, wegen Vorbereitung zum Hochverrat im Sinne des Z 86 des Reichsstrafgesetzbuches und wegen Vergehens gegen den s 7 Abs. 4 des Gesetzes zum Schutze der Republik zu einem Jahr und drei Mona ten Festungshaft und zu 200 Mark Geldstrafe verurteilt worden. Besserung der Chemnitzer Wasserverhältnisse. Da sich die Zuflüsse zu den Talsperren in den letzten Tagen etwas gebessert haben, hat der Rat der Stadt Chemnitz eine teilweise Aufhebung der Einschrünkungs- maßnahmen im Wasserverbrauch beschlossen. Aufgehoben wird das Verbot des Spülens der Spülaborte mit Leitungswasser. Es ist aber die Spülwassermenge nach Möglichkeit einzuschränken. Das Badeverbot wird dahin gemildert, datz Sonnabends gebadet werden darf. Ferner ist aufgehoben die Einschränkung, das Waschhaus nur an einem Tage im Monat zu benutzen. Verboten bleibt da gegen das Abspritzen von Kraftwagen und anderen Wagen, das Laufenlassen von Wasser in Standaborten und dergleichen, das Wischen und Scheuern mit reinem Lei- tungswasser. Das Abkochen des Trinkwassers ist nicht mehr erforderlich. Wie-ereLniriti des Zentrums in die Reichsregierung? Nach der Einigung über den gekürzten Reichsetat zwischen den Koalitionsparteien. Die Verhandlungen, die seit 14 Tagen von den Finanz sachverständigen der Reichstragsfraktion der Deutschen Volks partei, des Zentrums, der Demokraten und der Sozialdemo- !raten über den Etat und das Steuerprogramm der Regie rung geführt wurden, haben ihren offiziellen Abschluß mit einer Einigung gefunden, an der auch die Bayerische Volks partei beteiligt ist. Die Finanzsachverständigen haben einen sehr umfang, reichen Antrag formuliert, der Gegenstand einer Beratung des Neichskabinetts war, das darüber zu entscheiden hatte, ob es das gesamte Etat- und Steuerprogramm im Sinne dieser Einigung zwischen den Parteien umrverfen wollte. Man rechnet mit einer Annahme der Vorschläge durch das Kabinett. Am Montag sollen dann die Führer der Reichs tagsfraktionen über die Einigung unterrichtet werden und gleichzeitig über die politischen Folgerungen aus dieser Eini gung beraten, also wieder über die Bildung der Großen Koalition. Man ist in gewissen parlamentarischen Kreisen optimistisch, man spricht sogar bereits davon, daß schon am Mittwoch die Abgeordneten von Guörard, Steger wald und Ersing als Vertreter des Zentrums in das Reichskabinett wieder eintreten könnten und daß der Haus haltsausschuß des Reichstages auf Grund des Einigungspro gramms in ziemlich kurzer Zeit den Etat erledigen könne. Die Deutsche Volkspartei wird jetzt zu prüfen haben, ob sie auf Grund dieser Vereinbarung ohne weitere Voraussetzungen in die Große Koalition eintreten und auf die Bildung der Großen Koalition in Preußen endgültig ver- zichten will. Leichte Erkrankung des Reichspräsidenten. Berlin. Der Reichspräsident hat, wie erst nachträglich bekanntgegeben wird, in den Ostertagen unter einer leichten Grippe mit Magenstörungen gelitten, die den Reichspräsi denten zwang, das Zimmer zu hüten. Die laufenden Geschäfte wurden in der letzten Woche vom Reichspräsidenten zwar weitergeführt, sämtliche Vorträge und Empfänge waren jedoch abgesagt. Der Grippeanfall ist jetzt überwunden, io daß seit Sonnabend die ständigen Vorträge des Staatssekretärs und des Reichspressechefs wieder ausgenommen wurden. Der Reichspräsident muß sich aber noch längere Zeit eine gewisse Zurückhaltung bei Empfängen und bei Ausgängen auf erlegen, so daß in der nächsten Woche von ihm auch nur di« dringenden Arbeiten erledigt werden. Unerwartetes Ergebnis -er österreichischen Regierungskrise. . ' Die bisherige Koalition gefestigt. Wien. Nunmehr hat auch der Oesterreichische Landbund zu der neu geschaffenen innerpolitischen Lage Stellung ge nommen. Der Vollzugsausschuß billigte den Beschluß, an der alten bürgerlichen Koalition festzuhalten. Eine länger« Besprechung zwischen Vertretern des Landbundes und der Groß-deutschen Dolkspartei brachte ebenfalls eine völlig« Einigkeit und zeigte, daß die Gegensätze zwischen beiden Par teien verschwindend gering sind. Don Tag zu Tag wird immer mehr erkennbar, daß der Ansturm der Opposition gegen vr. Seipel kein ehrlicher Kampf war, sondern nur ein Vorwand, um eine Verständigung in der Mietensrage zu' hintertreiben. Der Verlauf der bisherigen Besprechungen zwischen den Mehrheitsparteien hat gezeigt, daß die un erwartet aufgetauchte Regierungskrise, statt die Koalition zu erschüttern, den Zusammenschluß der nichtmarxistischen Par teien gegen die Sozialdenwkratie eigentlich nur gefestigt und verstärkt hat. Die Reparationsverhandlungen im kritischen Stadium. Paris. Die mündlichen Besprechungen der schriftlich fixierten Fragen der deutschen Delegation über das Memo randum der vier Gläubigerstaaten haben zu keinem Ergebnis geführt. Die Situation ist daher wieder einmal bis aufs äußerste gespannt. Der Vorsitzende Owen Poung wohnte den Besprechungen bei, die zwischen Or. Schacht und den Delegierten der vier Gläubigerländer statt fanden. Moreau, Pirelli, Stamp und Francqui gaben ihre Forderungen ziffernmäßig bekannt. Die Zahlen wurden von der deutschen Delegation zusammengestellt und in Gegenwart der amerikanischen Delegation den Ver tretern der Hauptgläubigerländcr gemeinsam mitgeteilt. Da eine Diskussion über die Gesamtsumme der Gläubigcr- forderungen unmöglich schien, zogen sich die deutschen Delegierten zurück, während die Gläubiger unter sich die Be sprechungen fortsetzten.